Barfüßigkeit

Zustand unbekleideter Füße
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Barfüßigkeit oder Bloßfüßigkeit bedeutet ohne Fußbekleidung (altertümlich: „baren Fußes“, „bloßen Fußes“), also ohne Schuhe und Strümpfe zu gehen.

Barfußlaufen in der Natur.


Geschichte

Zivilisation und Rückgang der Barfüßigkeit

Im Laufe der Entwicklung der menschlichen Zivilisation setzte sich mehr und mehr das Tragen von Schuhen durch, da ihre Schutzfunktion und Bequemlichkeit meist erwünscht ist. Wegen hohen Herstellaufwands in vor- und frühindustrieller Zeit war ihre Benutzung einerseits ein Privileg der Reichen und der Amtsträger, ansonsten für Tätigkeiten und Situationen vorbehalten, in denen sie entscheidende Vorteile boten.

Für Leute aus dem Volk war Barfußgehen ein übliches Mittel, um Geld zu sparen. In Deutschland war es Mitte des 20.Jahrhunderts (zumindest bei der Landbevölkerung) noch üblich, dass Kinder im Frühling, Sommer und Herbst barfuß gingen und die entsprechende Hornhaut entwickelten.

Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde es möglich, Schuhe industriell so kostengünstig zu produzieren, dass heute Geldersparnis kein Motiv mehr zum Barfußlaufen ist. Selbst die einfachen Leute in armen Ländern besitzen in der Regel einfaches Schuhwerk wie z.B. Zehenstegsandalen.

Die heutige Barfußbewegung

 
Zehenringe an nackten Füssen

Unter dem Eindruck der Hippie-Kultur gingen in den 1970er und 1980er Jahren viele junge Menschen auch in der Öffentlichkeit barfuß. In der Folgezeit verblasste diese Erinnerung, während Marken- und Konsumtrends an Gewicht gewannen. Dennoch gibt es weiterhin Menschen, die gerne mit nackten Füßen den Untergrund spüren, das Gefühl der freien Bewegung erleben und ganz einfach barfuß wandern, einkaufen, reisen oder Sport treiben wollen.

Als "Barfußbewegung" wurden die Anhänger dieser Aktivitäten vor allem durch das Internet sichtbar, mit dessen Hilfe sie sich zu Diskussionsgruppen und gemeinsamen Aktionen zusammenfanden und auch Werbung für ihr Anliegen machten. Dieser Personenkreis legt ausdrücklich Wert auf die Feststellung, dass diese Aktivitäten nicht erotisch motiviert sind, und grenzt sich dadurch ganz bewußt von den Anhängern des Fußfetischismus ab.

Mit der Gründung des ersten Barfußpfads bei Bad Sobernheim wurde ein Freizeittrend eingeleitet, der inzwischen breite Bevölkerungskreise anspricht und auch zur Förderung des Fremdenverkehrs beiträgt. Zum Stand Mai 2006 gibt es im deutschsprachigen Raum über 30 vergleichbare Einrichtungen, die teilweise mehr als hunderttausend Besucher pro Jahr anlocken (Quelle: Weblink Barfußparkführer). Die meist positive Berichterstattung der Medien über diese Möglichkeiten unproblematischen Barfußgehens[1] gibt der Barfußbewegung zusätzlichen Rückhalt.

Gesundheitsaspekte

 
Wassertretbecken am Barfußpfad des "Hexenwassers" bei Söll in Tirol.

Möglicher Nutzen von Barfußaktivitäten

Viele Lebensreformer -- der populärste war Sebastian Kneipp -- haben das Barfußlaufen als wichtiges Element der Gesundheitsvorsorge empfohlen. Kneipp begründete das vor allem mit einem durchblutungsfördernden Abhärtungseffekt[2]. Dadurch wird der Kreislauf gestärkt und vermehrt Körperwärme freigesetzt. In der Kneipptherapie wird Barfußgehen auf nassen Böden, im Wasser (Wassertreten), auf taufrischen Wiesen (Tautreten) oder Schnee (Schneegehen) unter anderem als Mittel gegen Erkältungskrankheiten eingesetzt.

Auch heute empfehlen Ärzte und Physiotherapeuten, insbes. Orthopäden, das Barfußgehen als Bestandteil einer gesunden Lebensweise[3]. Vor allem Kinder sollen möglichst viel barfuß laufen, um ihre Fußmuskulatur zu kräftigen und ihre korrekte Zehenstellung lebenslang zu behalten. Das verringert das Risiko von Fußschäden wie zum Beispiel Senkfüßen, Spreizfüßen, Plattfüßen oder dem als Spätschaden gefürchtenen Hallux valgus, der auch durch die Damenschuhmode begünstigt wird und oftmals nur operativ korrigiert werden kann. Doch auch ältere Menschen können vom Barfußgehen profitieren, z.B. durch Schulung ihrer Sensomotorik zur Verringerung des Sturzrisikos[4]

Rehakliniken mit orthopädischen und psychsomatischen Schwerpunkten richten häufig Barfußpfade zur Nutzung im Kurbetrieb ein. Die Ärzte und Physiotherapeuten gehen davon aus, dass Barfußgehen auf unterschiedlichen Untergründen die Behandlung von körperlich oder psychisch bedingten Beschwerden des Bewegungsapparats unterstützen kann. Fußgymnastikübungen können das sinnvoll ergänzen.

Dies wird wie folgt erklärt: Beim Gehen stellen Füße und Wirbelsäule eine funktionale Einheit dar. Hierbei wirkt eine durch regelmäßiges Barfußlaufen durchtrainierte Fußmuskulatur als Stoßdämpfer, was den Bandscheiben sehr zugute kommt. In den Feinheiten des Bewegungsablaufs stimmen sich Füße und Wirbelsäule automatisch aufeinander ab. Deshalb können sich durch die intensive Bewegung der Füße beim Barfußgehen auf abwechslungsreichem Boden schmerzhafte (oftmals psychisch bedingte) Wirbelblockaden lösen. Solange die Zehenbeweglichkeit in Schuhen eingeschränkt ist, kann diese Wirkung nicht zum Tragen kommen. Umgekehrt sind Beeinträchtigungen des Körpers (Körperfehlfunktionen, Verspannungen usw.) an der Fußsohle spürbar. Durch Fußreflexzonenmassage oder Barfußlaufen lässt sich die Einschränkung gut therapieren.

Die Betreiber von Barfußparks werben unter anderem mit dem Argument, dass auch beim Barfußlaufen auf natürlichen Wegen die Fußreflexzonen aktiviert und dadurch positive Auswirkungen auf die Organe erreicht werden. Durch das Barfußlaufen wird neben der Fußmuskulatur auch die Wadenmuskulatur aufgebaut und gekräftigt. Deshalb werden Barfußspaziergänge in Verbindung mit Kneippanwendungen für die Behandlung von Venenleiden wie zum Beispiel Krampfadern eingesetzt. Der als Ausflugsziel bekannte Barfußpark Dornstetten dient unter anderem auch als Therapieeinrichtung für das naheliegende Venensanatorium.

Laufsportler und Sportmediziner wie z. B. Thomas Wessinghage empfehlen Barfußlaufen auch als Trainingsergänzung für den Laufsport (Quelle findet sich im Weblink Barfußwandern). Dieser Vorschlag beruht auf der Erfahrung, dass sich beim Barfußlaufen von alleine eine stoßfreie und gelenkschonende Gangart entwickelt, bei der vor allem der Vorderfuß aktiv ist (der so genannte Ballengang im Gegensatz zum Fersengang). Fersengang in wenig gedämpften Schuhen kann zu Gelenkschäden (Kniegelenk, Hüftgelenk, Rücken) führen.

Hautärzte sagen, dass es bei der Behandlung von Fußpilz wichtig sei, für trockene Haut zu sorgen und Schweißfüße zu vermeiden. Fuß- und Nagelpilze finden nur im feuchtwarmen Klima von geschlossenen Schuhen gute Bedingungen für ihre Ausbreitung, nicht aber am bloßen Fuß. Am Fußpilz Erkrankte sollten Rücksicht und/oder Sorgfalt walten lassen, um nicht fahrlässig zur Ursache für die Ansteckung anderer zu werden!


Gegenanzeigen

Zwar wird das Barfußlaufen in der Natur von vielen Ärzten als gesundheitlich wertvoll empfohlen, gleichzeitig wird aber vor Überanstrengung vorgeschädigter Füße, vor allem auf hartem Boden, und vor hygienischen Problemen in der Stadt gewarnt[4][5].

Im Falle von Verletzungen oder Erkrankungen des Bewegungsapparats kann Barfußlaufen zu Überlastungsschäden führen. In solchen Fällen sollten barfüßige Aktivitäten nur mit ärztlicher Erlaubnis und unter Betreuung durch einen kundigen Physiotherapeuten zum Einsatz kommen.

Zuckerkranke müssen größte Vorsicht walten lassen. Durch Wahrnehmungs- und Wundheilungsstörungen, die durch Diabetes verursacht werden, entsteht die Gefahr, dass selbst kleine Verletzungen zum Verlust von Gliedmaßen führen können. In diesem Stadium der Krankheit sollen sie nicht mehr barfuß laufen.

Datei:Barfusslaufen Stadt.jpg
Barfußgänger auf Straßenpflaster.

Barfüßigkeit als Risiko

Verletzungen

Schnitt- und Stichwunden oder Insektenstiche stellen ein Risiko beim Barfußgehen dar. Deshalb ist Tetanus-Impfschutz für jeden besonders zu empfehlen, der gerne barfuß läuft. Ggf. sind auch Gegenmaßnahmen gegen Insektengiftallergie zu treffen. In speziellen Biotopen kann es auch in Mitteleuropa Giftschlangen geben. Kinderspielbereiche und Freibäder müssen, damit sie zum Barfußgehen geeignet sind, von Scherben, Nägeln, Dosen u. ähnl. freigehalten werden; zur Vermeidung von Bienenstichen sollten die Wiesen in diesen Bereichen regelmäßig gemäht werden. Auf Barfußpfaden ist ebenfalls eine regelmäßige Wartung unbedingt erforderlich.

Zur Minimierung der genannten Risiken ist Umsicht beim Gehen und eine auf die Bedingungen des Barfußlaufens abgestimmte Fußpflege (die nicht mit kosmetischer Fußpflege identisch ist) zu empfehlen. Detailinformation dazu findet sich z.B. in der unter Weblinks angegebenen Quelle "Gesundes Leben auf freiem Fuß".

Befürworter des Barfußgehens betrachten die bei angemessener Vorsicht seltenen Verletzungen der nackten Füße als Bagatellen. Sie betrachten es als vorteilhaft, stattdessen keine durch Schuhe ausgelösten Beschwerden wie Druckstellen, Hühneraugen, Ballenzehen etc. zu bekommen und ganz generell den gesundheitlichen Nutzen des Barfußgehens zu verspüren.

Im allgemeinen ist das Barfußgehen in der Natur weniger gefährlich und gesünder als in der Stadt, wo harte Böden und versteckte Glasscherben die Hauptgefahr darstellen - schließlich ist der menschliche Fuß aufgrund der Evolution des Menschen optimal an das Barfußgehen in der Natur angepasst.

Verkehrssicherheit

In den Verkehrsgesetzen vieler Länder gibt es keine eindeutigen Regelungen, ob barfuß Auto fahren erlaubt ist. In Deutschland gibt es keinerlei derartige Regelung in der Straßenverkehrs-Ordnung oder im daraus abgeleiteten Bußgeldkatalog. §23 StVO stellt klar, dass der Fahrer die Verantwortung für die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs und seine Bedienung hat, gibt jedoch keinerlei Anhalt für ein Barfußverbot. Damit besteht zunächst keine Rechtsgrundlage für die Verhängung von Geldbußen wegen barfüßigen Autofahrens. Falls tatsächlich ein unfallvermeidendes Bremsmanöver fehlschlägt, hat dies natürlich Auswirkungen auf die Schuldfrage und sich daraus ergebende Bußgelder und Haftpflichten.

Nach §44 der "Unfallverhütungsvorschrift Fahrzeuge" der Berufsgenossenschaften müssen Berufskraftfahrer Schuhe tragen, die den Fuß fest umschließen. Dies ist eine Sicherheitsrichtlinie, deren Einhaltung von den Vorgesetzten eingefordert werden muss. Ebenso müssen Fahrlehrer dieses Barfußverbot auch gegenüber den Fahrschülern aussprechen.

Praktische Versuche haben gezeigt, daß man bei einer Vollbremsung einen längeren Bremsweg hat, wenn man keine Schuhe trägt, weil der Fuss nicht so stabilisiert ist, als wenn man festes Schuhwerk trägt. Dadurch kann man einen nicht so hohen Druck auf das Bremspedal ausüben. Das war auch bei Testpersonen der Fall, die in der Regel nur barfuß fahren.

Andererseits kann es in bestimmten Situationen durchaus geboten sein, barfuß Auto zu fahren. Das ist dann der Fall, wenn aufgrund der getragenen Fußbekleidung ein gefahrloses Betätigen der Pedalvorrichtungen nicht gewährleistet ist und geeignetes Schuhwerk nicht zur Verfügung steht, wie z.B. beim Fahren mit offenen, nicht am Fuß befestigten Schuhen, Schuhen mit hohem Absatz oder Riemen- oder Zehenstegsandalen. Diese geben den Füßen ohnehin kaum Stabilität beim Bremsen, bergen aber die Gefahr des Hängenbleibens an den Pedalen bzw. des Blockierens der Pedalwege. In einem solchen Fall erscheint es zweckmäßig, die möglichen Folgen eines Fahrens mit ungeeigneten Schuhen und die Möglichkeit eines verlängerten Bremsweges beim barfüßigen Fahren gegeneinander abzuwägen.

Arbeitssicherheit

Viele Tätigkeiten sollten wegen möglicher Gefährdung der Füße nicht barfuß ausgeübt werden. Für solche Arbeiten sind im Beruf Sicherheitsschuhe vorgeschrieben. Sinnvollerweise überträgt man das auch auf Arbeiten im privaten Bereich, z.B. die Pflege von Stalltieren, Bauarbeiten und das Bewegen von Lasten.

Sonstiges

  • In der hellenistischen Plastik war Barfüßigkeit ein Zeichen für die Göttlichkeit der oder des Dargestellten
  • Julia Roberts heiratete barfuß den Countrysänger Lyle Lovett
  • Shakira und Joss Stone tanzen und singen auf der Bühne meist barfuß
  • Cesaria Evora trägt entsprechend der Tradition ihrer Heimat der Kapverdischen Inseln keine Schuhe
  • Peter Jackson geht gerne barfuß, nutzt es aber wohl meist, um in eigener Sache Werbung zu machen
  • Die Musiker der Band Einstürzende Neubauten treten manchmal barfuß auf
  • Die Schauspielerin Jodie Foster ist auf einem Großteil der von ihr veröffentlichten Fotos barfuß abgebildet und erscheint zu Interviews generell barfuß
  • Auch der schwedische Sänger Harpo ("Moviestar") tritt fast nur barfuß auf und gilt als ausgemachter Barfußfan

Einzelnachweise

  1. Martin Cyris im Spiegel-Portal: Das nackte Vergnügen
  2. Sebastian Kneipp: Meine Wasserkur, Kempten 1892 Textbeispiel
  3. Angelika Unger im Stern-Portal: Schuhe aus!
  4. a b netdoktor.de: netdoktor.de: Barfußlaufen: Positiver Effekt für ältere Menschen
  5. netdoktor.de: Barfußlaufen nur in der Natur gesund

Literatur