Wurzen

Große Kreisstadt im Landkreis Leipzig, Sachsen, Deutschland
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Vorlage:Infobox Ort in Deutschland

Wurzen ist eine Große Kreisstadt im Norden des Muldentalkreises in Sachsen.

Geografie und Verkehr

Sie liegt an der Mulde, etwa 25 km östlich von Leipzig, an der ältesten deutschen Ferneisenbahnlinie Leipzig–Dresden und an der Bundesstraße B 6. Die B 107 verläuft westlich der Stadt. Im Südosten grenzt das Stadtgebiet an den Wermsdorfer Forst. Der dort entspringende Mühlbach fließt durch das Stadtgebiet. Die südlich der Stadt verlaufende A 14 ist über den Anschluss ‚Grimma (ca. 20 km) zu erreichen.

Ortsgliederung

  • Wurzen (Stadt)
  • Dehnitz
  • Nemt
  • Roitzsch
  • Kühren-Burkartshain mit Birkenhof, Burkartshain, Kornhain, Kühren, Mühlbach, Nitzschka, Oelschütz, Pyrna, Sachsendorf, Streuben, Trebelshain und Wäldgen.

Geschichte

Auf der Wurzener Stadtflur (Crostigall) konnte durch jüngere archäologische Grabungen eine Siedlungskontinuität von ca. 6000 Jahren nachgewiesen werden. Die ältesten Siedlungszellen der heutigen Stadt sind - wie der Ortsname - slawischen Ursprungs. Wurzen wird 961 urkundlich erstmalig als Burgward erwähnt. Die Burg und die spätere Marktsiedlung bezogen ihre Bedeutung aus ihrer Lage am Übergang der Via Regia über den Fluss Mulde. Wurzen gehörte zeitweilig zum Bistum Merseburg, kam nach 995 an das Bistum Meißen. Bischof Herwig gründete 1114 ein Kollegiatstift, das im 16. Jahrhundert protestantisch wurde und noch besteht (Domkapitel). Eine Marktsiedlung wurde östlich der älteren Burgsiedlung um 1150 von den Bischöfen von Meißen angelegt. Die Entwicklung der Stadt erreichte im 15. und 16. Jahrhundert einen Höhepunkt, als die Bischöfe von Meißen zeitweise hier residierten und eine nennenswerte Bautätigkeit entfalteten (Schloss, Domerweiterung, Stadtkirche St. Wenceslai). Nach der Teilung der wettinischen Lande (1485) wurde die Schutzherrschaft über Wurzen und das Wurzener Land von den Ernestinern und Albertinern gemeinsam ausgeübt. Beide Linien waren letztendlich auf eine Säkularisierung des bischöflichen Territoriums aus, was u. a. 1542 zur so genannten „Wurzener Fehde“ („Fladenkrieg“) führte.

 
Wurzen Mitte des 17. Jahrhunderts

1581 kam Wurzen an das seit 1547 inzwischen albertinische Kursachsen, das Wurzen und das Stiftsgebiet („Wurzener Land“) durch eine eigens eingesetzte Stiftsregierung verwalten ließ (bis 1818). Im 17. und 18. Jh. erfolgte der durch Pestepidemien (besonders 1607), Stadtbrände und Kriegsfolgen verursachte wirtschaftliche Niedergang der Stadt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1637 („Wurtznische Creutz- und Marter-Woche“) von den Schweden geplündert und fast vollständig niedergebrannt.Auch der Nordische Krieg, besonders aber der Siebenjährige Krieg und die Napoleonischen Kriege ließen die Stadt verkümmern. Erst nach der Verkleinerung Sachsens nach dem Wiener Kongress (1815) und dem Straßenbrückenbau über Mulde und Flussaue (1830/32)setzte wieder ein bemerkenswerter Aufschwung ein.

Am 31. Juli 1838 wurde Wurzen an das deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen (Leipzig-Dresdner Eisenbahn). Über die Mulde wurde die erste Eisenbahnbrücke Deutschlands gebaut. Danach kam es zur stürmischen Entwicklung als Industriestadt (besonders Lebensmittel- und Textilindustrie, Metallverarbeitung). Die Einwohnerzahl vervierfachte sich zwischen 1850 und 1914. Auch im 20. Jh. setzte sich diese Entwicklung bis in die 70er Jahre fort. Nach der deutschen Wiedervereinigung ist erneut eine starke wirtschaftliche und demografische Regression eingetreten, die Einwohnerzahl sinkt in bedrohlichem Maße und das Durchschnittsalter der Einwohner steigt an.

Während der Zeit von 1935 - 1945 beherbergte die Stadt ein Wehrbezirkskommando und während des 2. Weltkrieges mehrere Flak-Einheiten.

Am 1. Oktober 2006 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Kühren-Burkartshain eingemeindet.

Besonderheiten

Wurzen und das die Stadt hauptsächlich östlich der Mulde umgebende so genannte „Wurzener Land“ gehörten bis 1581 nicht zu den wettinischen Landen, sondern waren weltlicher Besitz der Bischöfe von Meißen, die mehrmals, seit 1487 immer häufiger und länger in Wurzen residierten. Auch nach der „Kapitulation“ und „Resignation“ des letzten Bischofs Johann von Haugwitz 1581 wurde das Gebiet noch bis 1818 von einer eigens eingesetzten kursächsischen Stiftsregierung verwaltet. Erst danach kam das Wurzener Land als Amtsbezirk im eigentlichen Sinne zu Sachsen.

Wurzen liegt am Ökumenischen Jakobspilgerweg, der 2003 vom sächsischen Jugendpfarramt initiiert und eingerichtet wurde. Im Wurzener Land folgt dieser Wanderweg weitgehend der alten Trasse der mittelalterlichen Via Regia. Wie keine zweite Stadt in Mitteldeutschland besitzt Wurzen Erinnerungen an die mittelalterliche Jakobspilgerschaft: Jakobsplatz, Jakobsgasse und – bis zum 30-jährigen Krieg daran gelegen – die Jakobskirche, der Jakobskirchhof und das Jakobshospital.

In Folge der stürmischen Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Wurzen auch recht zeitig die Arbeiterbewegung. Julius Künzel war in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts eine Zeitlang der einzige sozialdemokratische Stadtrat in Sachsen. 1903 wurde in Wurzen ein Unterbezirk der SPD gegründet. Während der Novemberrevolution agierte in Wurzen einer der ersten Arbeiter- und Soldatenräte im damaligen Sachsen. Albert Kuntz wirkte bis 1923 als prominentes KPD-Mitglied in Wurzen, u. a. im Stadtrat. 1926 gelang einer Koalition aus SPD und KPD die Mehrheit im Stadtrat zu stellen und mit Georg Boock erstmalig einen sozialdemokratischen Bürgermeister zu wählen.

Wurzen ist seit 2002 eines der Pilotprojekte im Freistaat Sachsen für den so genannten „Stadtumbau Ost“. Durch die demografische und wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte bedingt, gilt es erstmalig in der Geschichte Sachsens einen planmäßigen Rückbau städtischer Wohnsubstanz und die sinnvolle Neunutzung der beräumten Flächen zu organisieren.

Wurzen gilt weiten Kreisen als Neo-Nazi-Hochburg (z. B. 11,8 % für die NPD bei der Europawahl 2004) mit lokal stark verankerter Szene, die regelmäßig „Jagd auf Andersdenkende“ macht. Am 7. November 2004 wurde ein Bombenanschlag auf den demokratischen Verein „Netzwerk für demokratische Kultur e. V.“ verübt, der überregional bekannt wurde. Der Verein setzt sich u.a. für eine Alternative zum rechtsextremistischen Mainstream für Jugendliche in Wurzen ein.

Partnerstädte

Wirtschaft

Einen wirtschaftlichen Schwerpunkt bildet die Produktion von Gebäck- und Süßwaren. Darüber hinaus sind in der Stadt eine größere Anzahl leistungsstarker mittelständischer Maschinenbaubetriebe und Spezialfirmen (Transportanlagen, Beleuchtungsgerätebau, Filzfabrikation) ansässig.

Baudenkmäler und Erinnerungsstätten

 
Die Mühlenwerke am Mühlgraben

Söhne und Töchter der Stadt

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