Afroamerikaner
Afroamerikaner ist eine Selbstbezeichnung vorwiegend von Bürgern der USA, die sich mit dieser Bezeichnung kritisch auf die Geschichte der Versklavung ihrer afrikanischen Vorfahren beziehen und sich damit von Bezeichnungen wie "Nigger" oder "Farbige", die ihrer Rassifizierung dienten, abgrenzen. Die ca. 500.000 Vorfahren wurden aus Afrika zwischen 1619 und 1808 versklavt und vor allem in die Karibik und nach Nordamerika verschleppt. Eine weitere Selbstbezeichnung ist Black, das wie das deutsch Schwarze aus politischen Überlegungen konsequent groß geschrieben wird. [1]
In der Afromerikanistik in der Tradition Melville Herskovits bezieht sich der Begriff Afroamerikaner allgemein auf Amerikaner der verschiedenen Staaten, die afrikanische Vorfahren haben. [2]
Geschichte der Afroamerikaner
Seit 1619 wurden Afrikaner gekauft und per Schiff in den amerikanischen Süden gebracht. 1807 wurde der Import von Sklaven formal verboten, aber das Verbot wurde kaum beachtet. 1860 lebten in den USA 3,5 Millionen versklavte Afroamerikaner in den südlichen Bundesstaaten und 500.000 freie Afroamerikaner im ganzen Land. Die Sklaverei war sehr umstritten. Das Anwachsen des Abolitionismus kulminierte in der Wahl Abraham Lincolns zum Präsidenten der USA und war einer der Gründe für die Sezession der Konföderierten Staaten von Amerika, die den amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) auslöste.
Die Emancipation Proclamation von 1862 erklärt alle Sklaven in der Konföderation für frei; sie enthielt Ausnahmen für alle Sklaven in den Territorien, die sich nicht losgesagt hatten. Auf diese Weise wurde kein Sklave unmittelbar befreit, da das US-Recht über die konförderierten Staaten zu diesem Zeitpunkt faktisch keine Wirkung hatte. Das Thirteenth Amendment to the United States Constitution (1865) befreite alle Sklaven, auch die in den Staaten, die sich nicht abgespalten hatten. Während der Reconstruction erhielten Afroamerikaner im Süden das Recht zu wählen und öffentliche Ämter inne zu haben, sowie eine Reihe anderer Rechte, die ihnen vorher verweigert worden waren. Nach dem Ende der Reconstruction 1877 entzogen die weißen Landbesitzer den Schwarzen mit einer Vielzahl von Maßnahmen wieder das Wahlrecht, worin sie auch durch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes unterstützt wurden. Sie errichteten ein System der Segregation der Rassen und terrorisierten die Schwarzen mit Gewalt einschließlich Lynchjustiz. Den schwarzen Landarbeitern und Pächtern ging es kaum besser als vor dem Bürgerkrieg.
Die verzweifelte Lage der Afroamerikaner im Süden löste die Great Migration, die große Wanderungsbewegung im frühen 20. Jahrhundert aus. Sie führte zusammen mit dem Anwachsen der intellektuellen und kulturellen Elite im Norden zu einem Erstarken des Kampfes gegen die Gewalt und die Diskriminierung von Afroamerikanern. Eine der wichtigsten der neu entstehenden Gruppen war die National Association for the Advancement of Colored People. Sie führte einen langen juristischen Kampf, um die Segregation zu beenden, der in der Entscheidung des obersten Gerichtshofs Brown vs. Board of Education (1954) kulminierte. Danach war die Rassentrennung in Schulen verfassungswidrig.
Der Fall Brown vs. Board of Education war ein Meilenstein in der Geschichte der Bürgerrechtsbewegung. Sie war Teil einer langfristigen Strategie um die Jim Crow - Segregation im öffentlichen Erziehungswesen, in Hotels, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in der Arbeitswelt und beim Wohnungsbau zu beenden und Afroamerikanern die Möglichkeit, das in der Verfassung garantierte Wahlrecht auch tatsächlich ausüben zu können, zu sichern. Die Bewegung erreichte in den 1960ern unter Führern wie Dr. Martin Luther King, jr., Whitney Young und Roy Wilkins, Sr ihren Höhepunkt. Zur gleichen Zeit sprach sich der Sprecher der Nation of Islam Malcolm X und später Stokely Carmichael von der Black Panther Party für Black Power aus. Die Ideen des schwarzen Nationalismus und des Panafrikanismus fanden breite Unterstützung unter einem Teil der Afroamerikaner. Die Bürgerrechtsbewegung führt zu einem Anwachsen der schwarzen Mittelschicht (Sportler, Musiker, Schauspieler und Politiker wie Colin Powell oder Condoleezza Rice), während sich die Lebensbedingungen der armen Mehrheit spätestens seit Ende der 70er Jahre rasch wieder verschlechterten. Afroamerikaner stellten einen überproportional hohen Anteil an der rasch wachsenden Zahl der Gefangenen in den Gefängnissen und waren besonders stark von dem Rückgang der Realeinkommen in den unteren Einkommensschichten betroffen.
Die Situation in den USA heute
Sprachgebrauch
African-American ist neben Black der derzeit gebräuchliche Begriff, und hat Afro-American abgelöst; Negro als als rassistische Zuschreibung wird nicht mehr verwendet.
Bezeichnungen, die Menschen aufgrund körperlicher und kultureller Eigenschaften als "anders" oder "fremd" kategorisieren, werden als rassifizierende Begriffe kritisiert. Da Rassismus und Kolonialismus auch Begriffe und Sprache geprägt haben, die der Fremdbeschreibung der "Anderen" und "Fremden" dienten, werden diese Begriffe aus einer Rassismus kritischen Perspektive abgelehnt. Aus der Erfahrung, dass rassistisches Denken und rassistisches Handeln noch immer gesellschaftlich Menschen ausschließen, wird mit der Forderung, selbst zu bestimmen, wie man sich bezeichnet, versucht, rassistische Redeweisen zu verdeutlichen und sie zu brechen. So bezieht sich Afro-American und African-American sowie Black oder Schwarze auf die Erfahrungen der Unterdrückung und bewusst nicht auf die Rassifizierung durch die Beschreibung äußerlicher Merkmale. [3]
One-Drop-Rule
Zu Zeiten von Sklaverei und Segregation galten alle Menschen mit 'einem Tropfen schwarzen Blutes' als schwarz. Damals wurden diese als Negro oder Colored bezeichnet. In den letzten Jahren wurde die rassistische Zuschreibung der sogenannten 'One-Drop-Rule' jedoch zunehmend hinterfragt und von der Antidiskriminierungs- und Bürgerrechtsbewegungen bloßgestellt.
Statistiken
Verteilung der afroamerikanischen Bevölkerung nach dem United States Census Bureau in den USA (Volkszählung 2000)
Region | Absolute Anzahl | Verteilung der afroamerikanischen US-Bevölkerung |
---|---|---|
Südstaaten | 19.528.231 | 53,6 % |
Mittlerer Westen | 6.838.669 | 18.8 % |
Nordosten | 6.556.909 | 18,0 % |
Westen | 3.495.625 | 9,6 % |
Entwicklung der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA
Jahr | Anzahl | Anteil der US-amerikanischen Bevölkerung |
---|---|---|
1790 | 757.208 | 19,3 % |
1800 | 1.002.037 | 18,9 % |
1810 | 1.377.808 | 19,0 % |
1820 | 1.771.656 | 18,4 % |
1830 | 2.328.642 | 18,1 % |
1840 | 2.873.648 | 16,8 % |
1850 | 3.638.808 | 15,7 % |
1860 | 4.441.830 | 14,1 % |
1870 | 4.880.009 | 12,7 % |
1880 | 6.580.793 | 13,1 % |
1890 | 7.488.788 | 11,9 % |
1900 | 8.833.994 | 11,6 % |
1910 | 9.827.763 | 10,7 % |
1920 | 10,5 Millionen | 9,9 % |
1930 | 11,9 Millionen | 9,7 % |
1940 | 12,9 Millionen | 9,8 % |
1950 | 15,0 Millionen | 10,0 % |
1960 | 18,9 Millionen | 10,5 % |
1970 | 22,6 Millionen | 11,1 % |
1980 | 26,5 Millionen | 11,7 % |
1990 | 30,0 Millionen | 12,1 % |
2000 | 34,6 Millionen | 12,3 % |
2005 | 35,0 Millionen | 12,1 % |
Großstädte mit überwiegend afroamerikanischer Bevölkerung sind u.a. Detroit, Atlanta, Memphis, Baltimore, Newark (bei New Jersey) oder Washington D.C..
Afroamerikaner in Süd- und Mittelamerika
Im weiteren Sinne umfasst der Begriff „Afroamerikaner“ alle Bevölkerungsgruppen afrikanischer Abstammung in Nord-, Mittel- und Südamerika, etwa die Afrobrasilianer, Afrokolumbianer, Afrokubaner oder die Haitianer. Diejenigen Bevölkerungsgruppen Süd- und Mittelamerikas werden auch als Afro-Lateinamerikaner von den nordamerikanischen Afroamerikanern unterschieden.
Neben diesen Begriffen existieren verschiedene Bezeichnungen, die sich vorwiegend auf die Verschleppung von Menschen aus Afrika in die Regionen Lateinamerikas und der Karibik beziehen.
Dazu zählen:
- die Garifuna in Mittelamerika, die gesellschaftlich in der Karibik (vgl. Kariben) integriert sind.
- die Maroons der Karibik und Surinames/Guyanas, die in einer afrikanischen Diaspora leben
- die Schwarzen Seminolen (black seminole) in Florida und Oklahoma, die sich in der Gesellschaft der Seminolen integriert haben.
Quellen
- ↑ Vgl. Arndt/Hornscheidt: Afrika und die deutsche Sprache. Münster 2003
- ↑ Vgl. Rossbach de Olmos, Lioba und Bettina E. Schmidt (Hg.), Ideen über Afromerika — Afroamerikaner und ihre Ideen. Beiträge der Regionalgruppe Afroamerika auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Göttingen 2001. Einleitung [], eingesehen am 26.03.2007
- ↑ Vgl. Arndt/Hornscheidt: Afrika und die deutsche Sprache. Münster 2003
Literatur
- Susan Arndt/Antje Hornscheidt (2004): Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerkt. Münster. ISBN 3-89771-424-8
- John Hope Franklin, Alfred A. Moss, Jr.: Von der Sklaverei zur Freiheit. Die Geschichte der Schwarzen in den USA. Propyläen Taschenbuch, Berlin 1999, ISBN 3-548-26550-2