Pangenesistheorie

widerlegtes Erklärungsmodell der Evolutionsbiologie
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Pangenesis ist ein Begriff aus der Genetik und war methodischer Ansatz Charles Darwins bei seiner Arbeit "Die Variation von Tieren und Pflanzen unter Domestikation", welche er im Jahre 1868 betrieb. Wie auch die Präformationslehre zählt sie zu den historischen Theorien der Vererbungslehre. Sie geht davon aus, dass die Keimzellen das Sammelbecken für Bestandteile des ganzen Körpers bilden. Bekannt ist die Hypothese bereits seit der Antike:

Der Samen geht von dem gesamten Körper aus; gesunder von gesunden Teilen und kranker von kranken Teilen. (Hippokrates, 460-377 v. Chr.)

Gregor Mendel lehnte die Pangenesistheorie Darwins entschieden ab.

Darwin entwickelte die Pangenesistheorie in seinen späten Werken als Konzession an Vertreter lamarckistischer Auffassungen wegen bestimmten Anpassungsphänomenen, die er nicht mit seiner Selektionstheorie erklären zu können glaubt:

Es wird fast allgemein zugegeben, daß die Zellen oder die Einheiten des Körpers sich durch Theilung oder Prolification fortpflanzen, wobei sie zunächst dieselbe Natur beibehalten und schliesslich in die verschiedenen Gewebe und Substanzen des Körpers verwandelt werden. Aber ausser dieser Vermehrungsweise nehme ich an, dass die Zellen vor ihrer Umwandlung in völlig passive oder 'gebildete Substanz' kleine Körnchen oder Atome abgeben, welche durch den ganzen Körper frei circulieren und welche, wenn sie mit gehöriger Nahrung versorgt werden, durch Theilung sich verfielfältigen und später zu Zellen entwickelt werden können, gleich denen von denen sie herrühren. Diese Körnchen können der Deutlichkeit halber Zellenkeimchen genannt werden, oder da die Zellentheorie nicht vollständig begründet ist, einfach Keimchen ... Endlich nehme ich an, dass die Keimchen in ihren schlummernden Zustande eine gegenseitige Verwandtschaft zueinander haben, welche zu ihrer Aggregation entweder zu Knospen oder zu den Sexualelementen führt. Um genauer zu sprechen, so sind es nicht die reproduktiven Elemente, auch nicht die Knospen, welche neue Organismen erzeugen, sondern die Zellen selbst durch den ganzen Körper. Diese Annahmen bilden die provisorische Hypothese, welche ich Pangenesis genannt habe." [1]

Das folgende Zitat zeigt eindeutig, dass Darwin weit lamarckistischer im Sinne einer Vererbung erworbener Eigenschaften gedacht hat, als wir das heutzutage wahr haben wollen: "Bei Variationen, welche durch die directe Einwirkung veränderter Lebensbedingungen verursacht werden ... werden die Gewebe des Körpers nach der Theorie der Pangenesis direct durch die neuen Bedingungen afficiert und geben demzufolge modificirte Nachkommen aus, welche mit ihren neuerding erlangten Eignehümlichkeiten den Nachkommen überliefert werden. ..."

Bedenken gegen diese Pangenesistheorie ergeben sich zunächst aus experimentellen Befunden. So versucht beispielsweise Galton, ein Vetter Darwins, dessen Theorie zu beweisen. Dazu überträgt er Blut von nicht grau gefärbten Kaninchen auf graue in der Erwartung, die Nachkommenschaft werde gescheckt. Dieser Versuch verläuft negativ und so tritt Galton 1876 gegen die somatische Induktionslehre auf, die eine spezifische Beeinflussbarkeit der Keimzellen durch das Soma postuliert. Er vertritt stattdessen die Hypothese der Unabhängigkeit des Erbgutes vom Soma, jene Theorie, die der Freiburger Zoologe August Weismann im Jahr 1892 klassisch formuliert hat. [2].

  1. Charles Darwin: Das Variieren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication (übersetzt von Victor Carus), 2 Bände, Stuttgart 1868, Band II, p. 491 f.
  2. August Weismann: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung