Wort des Jahres

Schlagwort, das für ein charakteristisches Ereignis oder eine bezeichnende Diskussion des abgelaufenen Jahres steht
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Mit Wort des Jahres wird ein Schlagwort bezeichnet, das für ein charakteristisches Ereignis oder eine bezeichnende Diskussion des abgelaufenen Jahres steht und aus diesem Grund besonders hervorgehoben wurde.

Deutschland

Wort des Jahres

Die Wörter des Jahres werden seit 1972 regelmäßig von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden als sprachlicher Jahresrückblick herausgegeben und seit 1978 in der Zeitschrift Der Sprachdienst publiziert.

Ausgewählt werden solche Wörter und Phrasen, die die öffentliche Diskussion des betreffenden Jahres besonders bestimmt haben, die für wichtige Themen stehen oder sonst als charakteristisch erscheinen. Die Worthäufigkeit spielt für die Entscheidung keine Rolle. Auch ist mit der Auswahl keine Wertung bzw. Empfehlung verbunden.

Die Auswahl der Spitzenwörter erfolgt stets im Dezember durch eine Fachjury. Diese besteht aus dem Hauptvorstand sowie den wissenschaftlichen Mitarbeitern der GfdS.

Unwort des Jahres

Das Unwort des Jahres wird jährlich von der Jury der Aktion „Unwort des Jahres“ an der Universität Frankfurt am Main bestimmt; hierzu kann aber jeder Vorschläge einreichen. Geeignet sind Begriffe „aus der aktuellen öffentlichen Kommunikation“, die nach Ansicht der Juroren „sachlich grob unangemessen sind und möglicherweise sogar die Menschenwürde verletzen“. Zusätzlich wurde von der Jury „Menschenmaterial“ als Unwort des 20. Jahrhunderts gewählt.

Viele der gewählten „Unworte“ standen unter massiver Kritik. Entlassungsproduktivität und sozialverträgliches Frühableben wurde nach Aussage der Kritiker nahezu nicht benutzt, Humankapital und Ich-AG bewusst falsch verstanden.

Da die Benennung der Worte und Unworte des Jahres „in erster Linie als Anregung zu mehr sprachkritischer Reflexion“[1] dienen, stellt gerade die kritische öffentliche Diskussion einen Erfolgsfaktor für die Juryarbeit dar.

Das bedrohte Wort

Im Dezember 2006 rief die eine Initiative den Wettbewerb Das bedrohte Wort zur Wahl des "schönsten bedrohten Wortes" aus. Eine mit der deutschen Sprache verbundenen Persönlichkeiten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz besetzte Jury vergibt - offenbar in ironischer Absicht - den "Käseigel", eine von der Künstlerin Laura Kikauka als Unikat gestaltete Plastik. Mit der Aktion solle auch solchen Wörtern zu mehr Aufmerksamkeit verholfen werden, die sonst nicht prämiert würden, weil sie zu veralten drohen, erklärt der Initiator des Wettbewerbs, der Berliner Autor Bodo Mrozek.

Auflistung

Von 2001 bis 2003 nominierte die GfdS auch einen Satz des Jahres.

Jahr Wort des Jahres Unwort des Jahres Satz des Jahres
2006 Fanmeile[2] Freiwillige Ausreise[3]
2005 Bundeskanzlerin Entlassungsproduktivität
2004 Hartz IV Humankapital
2003 Das alte Europa Tätervolk Deutschland sucht den Superstar.“
2002 Teuro Ich-AG Es gibt nur ein' Rudi Völler!
2001 Der 11. September Gotteskrieger Und das ist (auch) gut so!
2000 Schwarzgeldaffäre national befreite Zone
1999 Millennium Kollateralschaden
1998 Rot-Grün sozialverträgliches Frühableben
1997 Reformstau Wohlstandsmüll
1996 Sparpaket Rentnerschwemme
1995 Multimedia Diätenanpassung
1994 Superwahljahr Peanuts
1993 Sozialabbau Überfremdung
1992 Politikverdrossenheit ethnische Säuberung
1991 Besserwessi ausländerfrei
1990 Die neuen Bundesländer
1989 Reisefreiheit
1988 Gesundheitsreform
1987 Aids, Kondom
1986 Tschernobyl
1985 Glykol
1984 Umweltauto
1983 heißer Herbst
1982 Ellenbogengesellschaft
1981 Nulllösung
1980 Rasterfahndung
1979 Holocaust
1978 konspirative Wohnung
1977 Szene
1971 aufmüpfig

Österreich

Nachdem sich zeigte, dass bei der Wahl zum deutschen Unwort des Jahres immer mehr Wörter zur Auswahl standen, die von deutschen Politikern oder Medien geprägt wurden, mit Österreich dagegen keinen Bezug hatten, wurde 1999 das erste Mal von der Karl-Franzens-Universität Graz im Zuge des Projekts Österreichisches Deutsch, sowohl ein Wort als auch ein Unwort des Jahres ermittelt.

Folgende Worte und Unworte wurden seitdem von Sprachwissenschaftlern ausgewählt:

Jahr Wort des Jahres Unwort des Jahres Satz des Jahres Unspruch des Jahres
2006 Penthouse-Sozialismus Ätschpeck Nimm ein Sackerl für mein Gackerl Daham statt Islam
2005 Schweigekanzler Negativzuwanderung Österreich ist frei!“
2004 Pensionsharmonisierung Bubendummheiten
2003 Hacklerregelung Besitzstandswahrer „Kinder statt Partys.“
2002 Teuro der Rücktritt vom Rücktritt „Bin schon weg – bin schon wieder da!“
2001 Nulldefizit nichtaufenthaltsverfestigt
2000 Sanktionen soziale Treffsicherheit
1999 Sondierungsgespräch Schübling

Liechtenstein

Nach dem Vorbild Deutschlands und Österreichs wird seit 2002 auch in Liechtenstein ein Wort und Unwort des Jahres ermittelt.

Folgende Wörter und Unwörter wurden seitdem ausgewählt:

Jahr Wort des Jahres Unwort des Jahres Satz des Jahres Dialektwort des Jahres
2006 Souveränität - «Hunde an die Leine» Zualosa-Bank1
2005 Koalitionsharakiri Auberginenfürze «Für das Leben»
2004 Lesesäcke Papier-Liechtensteiner «Goht's noch?»2
2003 Souveränität Theologischer Sondermüll «Liechtenstein ist wieder nach Wien, fast, heimgekehrt.»
2002 Dualismus Verfassungsgegner «Ohne Fürst sind wir nichts»

1 auf Hochdeutsch: «Zuhörer-Bank» 2 auf Hochdeutsch: (sinnmässig) «Geht es dir eigentlich noch gut?»

Von der Resonanz ermutigt, veröffentlichten die Initiatoren Daniel Quaderer und Günther Meier 2003 ein Buch Wörter des Jahres von 1970 - 2003. Und bildeten mit einigen Ostschweizer die Jury für ein Schweizer Pendant.

Schweiz

Deutschschweiz

Für die Deutschschweiz wurden erstmals 2003 ein Wort des Jahres, ein Unwort des Jahres und ein Satz des Jahres gewählt. Seit 2004 wird auch die Pressemitteilung des Jahres gekürt.

Jahr Wort des Jahres Unwort des Jahres Satz des Jahres Pressemitteilung (Titel)
2006 Rauchverbot erweiterter Selbstmord 5 «Ich kann das!» 4
2005 Aldisierung erlebnisorientierte Fans «Deutschland – wir kommen!» 1
2004 Meh Dräck (mehr Dreck) Ökoterror «Switzerland – zero points.» 2 «Gipfeli geklaut»  3
2003 Konkordanz Scheininvalide «Wählt Blocher, er hat diese Strafe verdient.»  
Nach der geschafften Qualifikation zur Fußball-WM 2006.
Nach der Einlage von Piero Esteriore beim Eurovision Song Contest 2004.
Originaltext der Pressemitteilung der St. Galler Stadtpolizei vom 21. März 2004: Gipfeli geklaut – Am Sonntag Morgen, kurz nach 07:00 Uhr, musste die Stadtpolizei St. Gallen an den Hauptbahnhof ausrücken. Ein junger Mann entwendete beim Bahnhofkiosk zwei Gipfeli, ohne diese zu bezahlen. Bei der genaueren Überprüfung der Person, konnte eine grössere Menge rezeptpflichtiger Medikamente sichergestellt werden. Der Mann wird diesbezüglich beim Untersuchungsamt St. Gallen zur Anzeige gebracht.
von Doris Leuthard vor ihrer Wahl zur Bundesrätin.
Im Zusammenhang mit dem Mord an Corinne Rey-Bellet

Rätoromanische Schweiz

Das rätoromanische Wort des Jahres 2005 ist Porta Alpina. 2004 war es «Mesiras da sparg» (= Sparmaßnahmen).

Südtirol

Im Jahr 2005 begann man in Südtirol ebenfalls nach dem Wort des Jahres und dem Unwort des Jahres zu suchen - jeweils eigene für die 3 Landessprachen (deutsch, italienisch und ladinisch). Initiatoren hier sind die Sprachstelle im Südtiroler Kulturinstitut, das Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit der EURAC und das Forschungszentrum Sprachen der Freien Universität Bozen. Zum ersten Südtiroler Wort des Jahres in deutscher Sprache wurde „Feinstaub“, zum Unwort des Jahres „Fahrsicherheitszentrum“ gekürt.

Literatur

  • Daniel Quaderer, Günther Meier: Wörter des Jahres von 1970 - 2003. 270 Wörter, die in Liechtenstein für Aufsehen sorgten. Alpenland Verlag AG, Schaan 2003. ISBN 3-905437-05-8

Siehe auch

Quellen

  1. Satzung der Jury "Wort des Jahres"
  2. Wort des Jahres 2006 (Platz 1 bis 10) bei gfds.de (PDF-Dokument)