Vögel

Unterklasse der Wirbeltiere
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Weiteres siehe: Die Vögel


Vögel
Thalassarche melanophris

Schwarzbrauenalbatros (Photo Uwe Kils)

Systematik
Stammgruppe: Neumünder (Deuterostomia)
Stamm: Chordatiere (Chordata)
Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata)
Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Klasse: Vögel (Aves)
Unterklassen

Die Vögel (Aves) (von althochdeutsch: fogal zu: fliegen) bilden neben den Amphibien (Amphibia), Reptilien (Reptilia) und Säugetieren (Mammalia) eine Klasse von Landwirbeltieren (Tetrapoda). Die Wissenschaft von den Vögeln ist die Ornithologie. Die Vögel leben auf allen Kontinenten; es gibt rund 9000 lebende Arten von Vögeln.

Allgemeine Kennzeichen

  • Das Gefieder bestimmt das äussere Gesamtbild der Vögel wesentlich: Der Körper ist von Federn bedeckt. Diese Strukturen aus Kreatin dienen beim Fliegen als Tragfläche und Steuerfläche, einer aerodynamisch günstigen Verkleidung des Körpers, und als Isolation, die sogar meist je nach Temperatur und Wind veränderbar ist. Ferner hat das Gefieder Farben und dient oft der sexuellen Werbung. Bei Wasservögeln ist es wasserdicht und sorgt für Auftrieb. Das Gefieder wird zu bestimmten Zeiten (Mauser) gewechselt.
  • Alle heute lebenden Vögel besitzen einen Schnabel ohne echte Zähne. Es gibt aber ausgestorbene Arten von bezahnten Vögeln.
  • Alle bekannten Vogelarten besitzeh eine konstante Körpertemperatur (Endothermie, Homoiothermie).
  • Mit wenigen Ausnahmen (zum Beispiel Laufvögel, Pinguine) sind Vögel flugfähig.
  • Das Vogelskelett ist leicht gebaut, es besitzt zur Gewichtsreduzierung hohle Knochen. Der Anteil der Knochenmasse macht nur 8 bis 9% der Gesamtmasse aus, während er bei einigen Säugern bis zu 30% betragen kann. Das sehr grosse Brustbein hat einen vorspringenden Kiel, der als Ansatzpunkt für das Paket der Flugmuskeln dient. Die Knochen sind grösstenteils hohl.
  • Die Herzschlagfrequenz ist hoch: Die maximale Herzschlagfrequenz eines Strauss beträgt 178 Schläge pro Minute, diejenige eines Haussperlings 900 und schliesslich diejenige eines Blaukehlkolibris 1260 Schläge pro Minute.
  • Das Zentralnervensystem ist stark entwickelt und unter den Sinnesorganen sticht besonders die Leistungsfähigkeit des Auges hervor.
  • Die Vogellunge mit ihren Luftsäcken ist komplizierter gebaut als die aller anderen Wirbeltiere.
  • Von den oben genannten Eigenschaften sind nur die Federn allein bei den Vögeln zu finden - so existieren (oder existierten) fliegende Tiere auch bei den Säugetieren (Fledermäuse) und Reptilien (Flugsaurier), Eier werden auch von Reptilien und Lurchen gelegt und selbst die Schnabelform ist nicht auf die Vögel beschränkt geblieben.

Entwicklungsgeschichte (Evolution)

Die Vögel entwickelten sich im Erdzeitalter der Trias. Ihre Vorfahren waren nach Ansicht der Mehrzahl der Forscher kleine Raubdinosaurier (Theropoden).

Der älteste bekannte Vogel ist der Archaeopteryx. Er besass den heutigen Vögeln ähnlich Flügel. Fossilien wurden in den Solnhofener Plattenkalken (Oberer Jura) gefunden. Er ist nach seinen Federn benannt: Archaeoperyx bedeutet altertümliche Feder beziehungsweise Urflügel.

Die Verkaufsgeschichte der einzelnen Fossilexemplare, die Fundbeschreibung und Benennung spiegeln die Kämpfe zwischen Kreationisten und Anhängern der Biologischen Evolution wieder: Archaeopteryx zeigt Merkmale von Reptilien und Vögeln, ein unbefiedertes Skelett mit schlechter Erhaltung kann leicht fehlbestimmt werden, was jahrelang beim Harlemer Exemplar der Fall war. Ob Archaeopteryx als direkter Vorfahre der Vögel in Frage kommt ist nicht klar. Viele meinen, dass er auf einem blind endenden Zweig des Stammbaumes einzuordnen ist.

Die Arten aus dem Jura hatten noch Kiefer mit Zähnen, eine lange Schwanzwirbelsäule und bewegliche, bekrallte Mittelhandknochen. Vermutlich waren sie - wie einige Sauropoden schon warmblütig. Auch die aus der späteren Kreide-Formation erhaltenen Wasservögel waren bezahnt. Die heutigen Vogelgruppen mit ihren unbezahnten Kiefern haben sich seit Anfang des Tertiärs herausgebildet.


Wie kamen die Vögel phylogenetisch zu ihren Federn?

1995 in China entdeckte Urvögel aus der Unterkreide waren bezüglich Krallenhand, Bauchrippen und Beckenbau dem Archäopteryx ähnlich. Doch zeigten manche Versteinerungen Federn und ein kräftiges Brustbein wie heutige Vögel, ferner einen Schnabel ohne Zähne und schwanzwärts nur mehr eine kurze Wirbelsäule. Als man 1998 einen [[Gefiederte Dinosaurier|gefiederten Minisaurier]] (Caudipteryx) fand, war die Entwicklung der Vögel, ihrer Federn und teilweise auch des Vogelflugs fast geklärt.

Demnach entwickelten die Vogelvorfahren zunächst sowohl an den Vorder- als auch an den Hinterextremitäten Federn, offenbar zum Gleitflug von Baum zu Baum. Die Flügelbildungen an den Hinterextremitäten wurden im Laufe der Evolution reduziert, so dass lediglich die Arm- und Handschwingen zum Fliegen übrigblieben

Nach einer anderen These bildeten sich die Federn zuerst zum Schutz vor Wärmeverlust bei bodenlebenden, zweibeinigen Sauriern. Auch heutige Vögel haben Tausende von relativ einfach gebauten Flaumfedern, aber nur ca. 50 Schwingenfedern. Eine Entwicklung von isolierendem Flaum zu komplexeren Flugfedern macht auch die Zwischenstufen der Entwicklung plausibler, die für das Fliegen noch ungeeignet waren.

Die Vögel entfalteten sich schließlich in der Kreidezeit zu großer Artenvielfalt, erlitten aber an deren Ende einen großen Verlust ihrer Artenzahl. Im frühen Tertiär traten große, fleischfressende Laufvögel auf, die damals die Rolle der noch nicht entwickelten Raubtiere einnahmen. Vogelfossilien aus dem Eozän (Grube Messel) belegen eine vielfältige Vogelwelt, wobei die einzelnen Arten nicht nur heute noch lebenden Gruppen zuzuordnen sind.

Die Pinguine sind im Meer um die Antarktis sehr erfolgreich und setzen ihre Flügel zum Schwimmen ein.

Sinne der Vögel

Die Sinnesleistungen der Vögel unterscheiden sich nicht grundlegend von den Säugetieren. Allerdings gibt es aufgrund der anderen Lebensweise Unterschiede in der Konstruktion und der Gewichtung der einzelnen Sinne, die es oft schwer machen sich vorzustellen, wie Vögel ihre Umwelt wahrnehmen.


Sehen

Je nach Ökologie besitzen Vogelaugen zahlreiche Spezialanpassungen. So können Eulen bei Nacht zwar mehr sehen als Tagvögel oder der Mensch, ihr Sehen ist allerdings weniger auf Sehschärfe, als auf Lichtausbeute ausgerichtet. Dies funktioniert aufgrund gleicher Physik wie bei lichtstarken Objektiven, die ebenfalls mit wenig Licht auskommen, sich dabei aber Schärfeprobleme, besonders mit der Tiefenschärfe einhandeln. Wanderfalken sind dagegen auf Tagjagd optimiert, sie können kleine Objekte wie Beutevögel über Entfernungen von über einem Kilometer ausmachen und verfolgen. Zumindest kleine Vögel sind in der Lage, UV-Licht zu sehen, bei großen Vögeln wird das UV-Licht vom Glaskörper des Auges zu stark ausgefiltert. Viele Arten besitzen nicht nur drei Farbrezeptoren wie der Mensch, sondern einen zusätzlichen Farbrezeptor für UV-Licht. Zwei Grundtypen von UV-Rezeptoren sind nachgewiesen, einer mit einem Maximum von ca. 405 Nanometern einer mit 375 Nanometern. Der Nutzen des UV-Lichtes ist sehr unterschiedlich:

  • Mäuse-Urin leuchtet im UV-Bereich, mäusejagende Greife können so von oben eine Landschaft auf ihren Mäusereichtum beurteilen.
  • Bei Früchten kann der Reifegrad ganz anders beurteilt werden, manche Schimmelpilze besitzen im UV-

Bereich andere Farben und fallen so besser auf.

  • Es gibt einige Vogelarten, bei denen sich die Geschlechter im für uns sichtbaren Licht nicht unterscheiden,

wohl aber im UV-Licht. Stare oder einzelne Meisenarten (Blaumeisen) sind dafür ein Beispiel. Die meisten Vogelarten können mehr Bilder pro Sekunde unterscheiden als wir Menschen. In der Vogelhaltung werden daher Neonröhren nicht mit 50 Hertz betrieben, da dieses Licht für Vögel flimmert. Vogelaugen sind anders als bei Säugern fest in der Schädelkapsel fixiert, also unbeweglich. Je nach ökologischer Anpassung ist die Fähigkeit zum räumlichen Sehen von Art zu Art sehr unterschiedlich. Bei Artengruppen, bei denen entscheidend ist, dass sie andern nicht zum Raub zu fallen (z. B. Tauben und Hühnervögel), sind die Augen seitlich am Kopf angeordnet. Dies erlaubt einen fast vollständigen Rundblick um 360°, die Überlappung der Sichtfelder und damit die Fähigkeit zum räumlichen Sehen ist aber relativ gering. Das andere Extrem stellen Eulen dar. Bei ihnen sind die Augen nebeneinander an der Vorderseite des Kopfes angeordnet (also wie bei Menschen). Die Sichtfelder der Augen überlappen sehr stark, entsprechend gut ist daher auch das räumliche Sehvermögen. Die geringe seitliche Ausdehnung des Sichtfeldes wird durch eine sehr starke Beweglichkeit der Halswirbelsäule ausgeglichen, Eulen können ihren Kopf um bis zu 270° drehen.

Magnetsinn

Bei einigen Arten, besonders bei Zugvögeln, ist ein Sinn für das Magnetfeld der Erde nachgewiesen. Dieser Sinn ist wahrscheinlich im rechten Auge des Vogels und/oder im Schnabel lokalisiert. Der Magnetsinn im Auge funktioniert wahrscheinlich mit Hilfe der so genannten Radikalpaarbildung. Hierbei lässt das ins Auge fallende Licht bestimmte Moleküle zu Radikalen zerfallen. Diese Reaktion könnte durch das Erdmagnetfeld beeinflusst werden. Der Magnetsinn im Schnabel funktioniert durch eingelagerte magnetische Teilchen, die sich nach dem Magnetfels der Erde ausrichten und so einen Reiz auf das umliegende Nervengewebe ausüben.

Gehör

Das Gehör differiert von Art zu Art. Im Allgemeinen ist der Frequenzbereich, den Vögel hören können, kleiner als beim Menschen. Anders ist es beim zeitlichen Auflösungsvermögen, dieses liegt über dem des Menschen. Ornithologen müssen sich bei vielen Lautäußerungen von Vögeln damit behelfen, dass sie sie aufnehmen und verlangsamt abspielen, um die Details hören zu können.


Gleichgewichtsorgane

Vögel besitzen mehrere unabhängige Gleichgewichtsorgane. Neben einem Gleichgewichtsorgan im Ohr, sitzt ein zweites Organ im Becken, das zum Beispiel beim Sitzen auf Ästen die Körperlage analysiert. Vögel, bei denen dieses Organ zerstört ist, können ohne Gesichtssinn auf Störungen wie zum Beispiel das Drehen des Sitzastes nicht mehr richtig reagieren.



 
Kopf- und Schnabelform
 
Gefieder
 
Darmkanal und Fußformen
aus Meyers Konversationslexikon 1888

Ordnungen und Familien der Vögel

Die Klasse der Vögel ist die artenreichste der Landwirbeltiere. Sie umfasst etwa 9.000 Vogelarten mit ca. 35.000 Unterarten. Von ihren zwei Unterklassen (Urkiefer- und Neukiefervögel) ist erstere klein und bis auf 6 Ordnungen ausgestorben. Hierhin gehören insbesondere die Laufvögel, die wegen des fehlenden Brustbeinkamms flugunfähig sind. Von den weiteren etwa 33 Ordnungen umfasst jene der Sperlingsvögel fast 60 Prozent aller Arten. In dieser Gruppe ist wiederum die Unterordnung der Singvögel (Oscines) die umfangreichste. Eine systematische Übersicht findet sich unter Systematik der Vögel.


Vogelschutz

Die Zahl der Vogelarten nimmt ab. Die aussterbenden Arten betrafen oft Inselpopulationen; sie wurden durch den Menschen oder von ihm eingeführte andere Tierarten ausgerottet. Gegenwärtig gelten über 10% der 9000 rezenten Vogelarten als gefährdet. Sie werden in sogenannten roten Listen aufgeführt.


Siehe auch

Standvögel, Zugvögel, Vogelzug, Ausgestorbene Vögel, Vogeluhr, Portal Lebewesen, William Turner, Conrad Gesner, Carl von Linné, Konrad Lorenz

Literatur

Einhard Bezzerl, Roland Prinzinger - Ornithologie, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart, 2. Auflage, 1990