Die aramäische Sprache (Aramäisch) gehört zum nordwestlichen Zweig der semitischen Sprachen, die ein Zweig der afro-asiatischen Sprachfamilie sind. Das Aramäische ist mit dem Hebräischen eng verwandt. Die wissenschaftliche Untersuchung dieser Sprache betreibt die Aramaistik.
Der Sprachcode nach ISO 639-3 ist arc
.

Übersicht
- Altes Aramäisch
- Altaramäisch
- Frühes Altaramäisch (bis ca. 700 v.Chr.; Sfire-Stelen u.a.)
- Spätes Altaramäisch (ca. 7./6. Jhdt. v. Chr.; Hermopolis-Papyri)
- Reichsaramäisch
- Achämenidisches Reichsaramäisch (ca. 5.-3. Jhdt. v. Chr.; Elephantine-Papyri u.a.)
- Nachachämenidisches Reichsaramäisch (ab ca. 200 v. Chr.)
- Biblisch-Aramäisch (größtenteils)
- Nabatäisch
- Palmyrenisch
- Dialekte der galiläischen und babylonischen Targume
- Altostaramäisch
- Altsyrisch
- Ostmesopotamisch (u.a. Inschriften aus Hatra)
- Altwestaramäisch
- Dialekte zur Zeit Jesu (galiläisch, samarisch, judäisch etc.)
- Altaramäisch
- Mittelaramäisch
- Ostaramäisch
- Westaramäisch
- Jüdisch-Palästinisch
- Samaritanisch
- Christlich-Palästinisch
- Neuaramäisch
- Neuostaramäisch
- Neuwestsyrisch (Turoyo)
- Neuostsyrisch
- Neumandäisch
- Neuwestaramäisch (z.B. in Maalula)
- Neuostaramäisch
Sprachgeschichte
Die ältesten bisher bekannten Zeugnisse des Aramäischen stammen aus dem 10. oder 9. Jh. v. Chr. Bereits in assyrischer Zeit kam dem Aramäischen als internationaler Handels- und Diplomatiesprache große Bedeutung zu. Neuassyrische Reliefs zeigen nebeneinander Schreiber, die mit einem Griffel auf Tontafeln schreiben, sich also vermutlich der akkadischen Sprache bedienten, und Schreiber mit Schriftrollen, die aramäische Texte verfassen. Aramäische Inschriften des 7. Jh. sind zum Beispiel aus Zincirli und Nerab in Nordsyrien/Südostanatolien bekannt.
Im mehrsprachigen Perserreich wurde Aramäisch unter den Achämeniden zu einer der offiziellen Reichssprachen („Reichsaramäisch“); es war von Kleinasien und Ägypten bis zum Indus verbreitet. Die immer größer werdende Bedeutung spiegelt sich auch im Alten Testament wider, wo einige Textpassagen in aramäischer Sprache verfasst sind. Da das Hebräische in der 2. Hälfte des 1. Jt. v. Chr. Zeit die Schriftzeichen des Aramäischen übernommen hat (sog. Quadratschrift), werden innerhalb des Judentums heute beide Sprachen in derselben Schrift mit 22 Konsonantenzeichen geschrieben. Andere Dialekte wie das Palmyrenische, Nabatäische, Syrische etc. entwickelten eigene Schriftformen.
In Palästina verdrängte das Aramäische das Hebräische zunehmend. Zur Zeit Jesu wurde dort überwiegend aramäisch gesprochen, und aramäische Wendungen innerhalb des griechischen Neuen Testaments, z. B. Abba (eine Anrede Gottes im Gebet (aramäisch: „Lieber Vater“), Pascha, Hosanna, zeigen, dass Aramäisch auch die Sprache Jesu war. Auch zahlreiche Texte, die in Qumran gefunden wurden, sind aramäisch verfasst. Da in der rabbinischen Literatur das Wort 'aramäisch' aber mit heidnisch gleichgesetzt war, bezeichnete man die Sprache lieber als „syrisch“. Um die Zeitenwende war Aramäisch neben der griechischen Koine die allgemein gebrauchte Verkehrssprache des Nahen Ostens.
Die palästinischen Targume (Bibelübersetzungen) und der palästinische bzw. Jerusalemer Talmud dokumentieren das Jüdisch-Palästinische, welches wie das Christlich-Palästinische und das Samaritanische zum Westaramäischen Sprachzweig gehört. Daneben gab es das Ostaramäische. Es wird vertreten durch die Sprache, in der der babylonische Talmud verfasst wurde. Nahe verwandt ist das Mandäische. Ein weiterer wichtiger Vertreter des Ostaramäischen ist das Syrische, das z. B. in der Peschitta (aramäische Bibelübersetzung) und in Schriften der sog. Kirchenväter dokumentiert ist.
Aus Teima in Arabien sind aramäische Inschriften bekannt, die um 500 v. Chr. datieren. Auch im Gebiet der Nabatäer wurden zahlreiche aramäische Inschriften gefunden, wie auch auf dem Sinai. Aus parthischer Zeit stammen zahlreiche Ostraka in aramäischer Sprache aus Nisa in Turkmenistan. Dabei handelt es sich vor allem um Wirtschaftstexte, Bestellungen der Palastküche.
Mit der Ausbreitung des Islams wurde das Aramäische zunehmend vom Arabischen zurückgedrängt; heute wird es in Form des Neu-Aramäischen in verschiedenen Dialekten nur noch in einigen Dörfern im Libanon, in der Türkei, in Syrien, im Irak und im Iran, meist von Christen, gesprochen. Die Anzahl der aramäisch-sprachigen Menschen in Syrien wird mit rund 5000 angegeben.
Sprachen, die aus dem Alt- und Mittel-Aramäischen hervorgegangen sind, werden heute von ca. 7 Millionen Menschen gesprochen, die vornehmlich in Australien, in den USA, in Kanada, in Brasilien, in Argentinien, in Mexiko, im Libanon, in Jordanien, in Syrien, im Irak und in Europa (z. B. in Deutschland oder Österreich) leben.
Literatur
- Beyer, Klaus: Einleitung, in: ders.: Die aramäischen Texte vom Toten Meer, Göttingen 1984, S. 20–153 (Abriss der Sprachgeschichte von der Antike bis zur Moderne, geschrieben von einem der führenden Semitisten der Gegenwart)
- Beyer, Klaus: Die aramäischen Inschriften aus Assur, Hatra und dem übrigen Ostmesopotamien, Göttingen 1998. ISBN 3-525-53645-3
- Degen, Rainer: Altaramäische Grammatik der Inschriften des 10.-8. Jh. v. Chr., Wiesbaden 1969.
- Gzella, Holger: Tempus, Aspekt und Modalität im Reichsaramäischen, Wiesbaden 2004. ISBN 3-447-05094-2
- Hug, Volker: Altaramäische Grammatik der Texte des 7. und 6. Jh.s v. Chr., Heidelberg 1993. ISBN 3-927552-03-8
- Macuch, Rudolf: Grammatik des samaritanischen Aramäisch, Berlin u.a. 1982. ISBN 3-11-008376-0
- Müller-Kessler, Christa: Grammatik des Christlich-Palästinisch-Aramäischen.
- Segert, Stanislav: Altaramäische Grammatik, 4. Aufl. Leipzig 1990. ISBN 3-324-00123-4
- Arnold, Werner: Das Neuwestaramäische. 5. Bde. Wiesbaden 1989f.
Weblinks
- lerne Syrisch
- Comité des jeunes Araméens de Liège
- Apprendre l'araméen
- La langue araméenne, informations et bibliographie
- club des jeunes syriaques catholique (groupe araméen)
- Stiftung zum Erhalt des Aramäischen Kulturerbes
Siehe auch: Sprache