Phosphofructokinase: Schalter in der Glycolyse; EC2.7.1.11
Die doppelte Rolle der Glycolyse besteht in der Bereitstellung von Bausteinen für andere Biosynthesewege ("Sammelphase") und der Gewinnung chemischer Energie in Form von ATP ("Gewinnphase"). Bei aerobem Stoffwechsel stellt auch NADH,H+ eine Form chemischer Energie dar (bei anaerobem Verlauf wird NAD+ durch die LDH-Reaktion regeneriert). Zur Erfüllung dieser Bedürfnisse muss der Glucoseumsatz an solchen Enzymen reguliert werden, die irreversibel arbeiten und spezifisch für die Glycolyse sind. Kandidaten hierfür sind die Reaktionen der Phosphofructokinase (PFK) und der Pyruvatkinase (PK); die Hexokinasereaktion scheidet aus, da ihr Produkt, G-6P ein multifunktioneller Metabolit ist. Als wichtigste Kontrollstelle gilt heute die Phosphofructokinase (PFK). Das Leberenzym, ein 340 kDa Tetramer, wird durch höhere ATP-Konzentrationen inhibiert, d.h. die Michaeliskonstante (Km-Wert) des Substrates F-6P wird erhöht (d.h. seine Bindungsstärke erniedrigt).
Diese Eigenschaften der PFK (genauer: PFKI) bilden den wichtigsten Aspekt molekularer Erklärungen des Pasteur-Effektes, wonach bei Umschaltung auf aeroben Stoffwechsel der Metabolitenstrom in der Glycolyse gedrosselt wird, um einen gleichbleibenden Energiestatus der Zelle zu gewährleisten.
Fortpflanzung von Energiesignalen
- In der Zelle
PFKI besitzt ihr katalytisches Zentrum am N-Terminus, das regulatorische Zentrum am C-Terminus eines durch Genduplikation entstandenen Fusionsproteins. Beide Hälften zeigen infolgedessen Sequenzhomologien, unterlagen aber, entsprechend ihrer Aufgabe, getrennten Optimierungsprozessen: der katalytische Teil bindet die Substrate Fructose-6-phosphat (F-6P) und ATP. ATP nimmt bei höheren Konzentrationen auch einen (niederaffinen) Bindungsplatz am regulatorischen Teil ein und wirkt von dort aus als allosterischer Inhibitor. Diese Funktion teilt es mit weiteren endogenen Energieüberschusssignalen der Zelle (NADH,H+ und Citrat). Sind hingegen Energiemangelsignale (AMP, ADP)vorhanden, so wird das Enzym allosterisch aktiviert. Solange AMP und ADP vorherrschen, determinieren sie das Geschehen.
- Im Organismus
Seit längerem ist bekannt, dass PFKI nicht nur durch eines seiner Substrate (ATP) inhibierbar ist, sondern auch durch eines seiner Produkte (F-1.6BP) in vitro aktiviert werden kann ("verkehrtes Enzym"). In der Zelle tritt der letztere Effekt vermutlich nicht auf, da F-1.6BP durch Aldolasetätigkeit nie die erforderliche Gleichgewichtskonzentration erreicht. Man fand jedoch, dass ein Isomeres, das Fructose-2.6-bisphosphat (F-2.6BP), ein physiologischer allosterischer Aktivator ist. F-2.6BP vermittelt Hungersignale (zu niedriger Blutzucker), die vom Organismus über Glucagon oder Adrenalin ausgesandt werden. Nach Art eines "dritten Messengers" dient es zur Fortpflanzung von "Hungersignalen" entlang der Signaltransduktionskette Glucagon - cAMP in der Leber(vergl. "second messenger").
F-2.6BP ist das Produkt einer weiteren, spezialisierten Phosphofructokinase (PFKII). Diese “ PFK II”, eigentlich ein Fusionsprotein aus Phosphofructokinase und Fructose2.6-Bisphosphatase, gehört zu den interkonvertierbaren Enzymen, d.h. ihre Aktivität wird durch Proteinkinase A (PKA) und damit indirekt durch hormonelle Signale reguliert: Phosphorylierung eines einzigen Serinrestes schaltet die Kinaseaktivität ab, während gleichzeitig die Phosphataseaktivität angeschaltet wird. Das von Glucagon ausgehende Signal bewirkt also, dass F-2.6BP nicht mehr verfügbar ist. Hierdurch kommt der Metabolitenstrom der Glycolyse an PFKI zum Erliegen. In der Leber wird der resultierende G-6P Stau durch Überführung in Glucose abgebaut, die als Neutralmolekül an den Blutkreislauf abgegeben werden kann. Das Glucagonsignal "zu geringer Blutzucker" ist damit beantwortet.
Das gegenläufige (Insulin-) Signal "zu hoher Blutzucker" wird offenbar über ein extrem pH-abhängiges Aktivitätsprofil realisiert. Die Aktivierung der PFK1 beinhaltet nicht nur Konformationsänderungen der individuellen Untereinheiten, sondern auch Aggregatbildung zu höheren Oligomeren, wobei der Wert n von der Spezies, auch vom Organ, abhängt.
- Phosphofructokinase in der Photosynthese
Durch Lichtenergie entsteht in Pflanzen ATP und NADPH,H+ für Biosynthesen. Gleichzeitig entsteht durch Kohlendioxid-Fixierung (Assimilation) bei C3-Pflanzen 3-Phosphoglycerat (3-PG), ein Intermediat sowohl von Glycolyse als auch der Glucose-Biosynthese (Glyconeogenese). Bei Energieüberschuss ist der letztere Weg gefragt, der schließlich zum Energiespeicher Stärke führt. Verfügbarkeit von 3-PG reguliert (hemmt) PFKII wodurch die Gluconeogenese ein- die Glycolyse aber ausgeschaltet wird Energieüberschusssignale der Zelle (ATP in tierischen, 3-PG in pflanzlichen Geweben) verhindern also allgemein die Bildung überflüssigen ATPs.