Homogenisierung, Pragmatisierung und Relativierung
Also bevor ich den Autoren der Seite zuviel Stress mache, weil sie vielleicht mit meinen angestrebten Änderungen unglücklich sind, will ich hier mal schreiben, was ich gerne ändern würde.
Jungfräulichkeit: Ich würde dieses Wort auch in der oberen Liste durch Ehelosigkeit ersetzen. Jungfräulichkeit wird ja auch nicht gefordert.
Dann würde ich gerne einen echten Bezug zur Bibelstelle Mt12,19 herstellen: Dort wird beschrieben, wie sich Leute "um des Himmels willen" kastrieren. Kastration wird von keiner katholischen Gemeinschaft verlangt. Es geht Jesus darum, zu zeigen, dass es Leute gibt, die etwas ganz verrücktes (nur wenigen ist es gegeben es zu fassen) tun, um Gott nahe sein zu können. Kastration ist da nur ein Beispiel, es kommt praktisch nie vor. Kinderlosigkait als Wunsch war damals auch sehr sehr unüblich, und das ist wohl das, was man schreiben sollte. Meiner Meinung nach sollte der zweite evangelische Rat "Kinderlosigkeit" heissen.
Und dann will ich die Räte noch relativieren:
Matthäus 19,21 warnt zwar vor einer Überbewertung und einer zu starken Bindung an irdische Güter. Aber es ist dahingestellt, ob das in den Gemeinschaften irgendeine Relevanz hat. Wenn sich jemand statt einem Porsche eine Kirchenorgel wünscht und statt Reisen nach Japan welche nach Bolivien oder Afrika und er hat von der Ausbildung her kaum Möglichkeiten, das entsprechende Geld zu verdienen, der geht am besten in einen Orden, weil er diese irdischen Güter dann einfach so bekommt.
Entscheidend ist doch der Eintritt in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, womit die Möglichkeiten des Anhäufens von Privateigentum begrenzt werden. Jemand, der sich selbst als Finanztrottel kennengelernt hat, wird im Kloster von seinen Daseinsängsten befreit.
Nochmal zur Keuschheit: Es geht also um Ehelosigkeit (weil das sonst mit dem Gemeinschaftseigentum rechtlich problematisch würde) und um Kinderlosigkeit, von mir aus wegen Matthäus 19,21. Dass man aber keinen Sex haben soll, steht nirgends, und ich denke, dass die meisten Ordensleute nach dem Eintritt in das Kloster genauso viel oder wenig Sex haben wir vorher. In diesem Sinn gibt es also keine faktische Wirkung des Keuschheitsgebotes. Sexuelle Aktivitäten werden im Kloster mit unglaublicher Präzision ignoriert, was mir als Christen nichts ausmacht, weil in der Bibel steht ja nichts von einem Ignorierverbot.
Nochmal: Meiner Meinung nach sollte der zweite evangelische Rat "Kinderlosigkeit" heissen.
Nun noch zum Gehorsam. Das ist insofern heikel, als Mt20,26 zwar die einfachen Brüder und Schwestern leitet, aber den Ordensoberen einen ziemlich schwarzen Peter zuschiebt. Die können sich manchmal darauf berufen, dass sie einem höheren Ziel dienen, aber das ist im Einzelfall fraglich. Oft schlägt ja eine fehlende sexuelle Befriedigung in Machtgier um, oder eine Klostergemeinschaft erscheint einem jungen machtgeilen Menschen als geeignetes Target seiner Gelüste. Mit etwas Herrscher-Talent ist man da schnell an der Spitze.
Deshalb gibt es in manchen Gemeinschaften auch die Auffassung dieses dritten Rates als Gehorsam dem Willen Gottes gegenüber. Diese Definition ist von der menschlichen Schwäche der Machtgeilheit befreit, aber es läßt sich halt leider immer so schwer sagen, was Gott jetzt genau will.
Ich plädiere deshalb dafür, den dritten Rat "Demut und Nächstenliebe" zu nennen. Das läßt den einfachen Schwestern und Brüdern einen Teil ihrer Verantwortung und vermeidet das Mißverständnis, dass jetzt die Oberen tun könnten was sie wollten.
Jetzt sind diese Gedanken auf meinem eigenen Mist gewachsen, weshalb ich da keine Quellen angeben kann und ich schon irgendwie verstehen kann, wenn man meine Version nicht einfach in die Wikipedia übernehmen will. Aber die alte Version so stehen zu lassen, wo sie doch offensichtlich Müll ist, nur weil ein paar Katholen aich damit einbalsamieren, kann es ja auch nicht sein, oder?
Wahl der geeignetesten Bibel-Übersetzung
In der ursprünglichen Version des Artikels wurde bei den Bibelstellen auf die Luther-Übersetzung verlinkt. Ich habe das jetzt geändert und auf die Rev.Elberfelder verlinkt.
Vor allem bei der Stelle, auf die sich der Keuschheitsrat stützt, macht das einen grossen Unterschied:
Luther: Vorlage:Bibel2 : zur Ehe unfähig
Elberfelder: Vorlage:Bibel2 : Verschnittene
Vulgata: Vorlage:Bibel2 : eunuchi
Am klarsten finde ich hier die Vulgata. Bei den anderen Übersetzungen ist m.E. schon viel zu viel Interpretation drin. Da ich von den Lesern nicht verlangen will, dass sie Latein können, habe ich mich für die Elberfelder entschieden, weil die m.E. der Vulgata am nächsten kommt.
Ich würde mich freuen, wenn jemand Argumente für oder gegen die eine oder andere Version hier diskutieren würde.