Schloss Marienburg (Pattensen)

Schloss in Pattensen (Region Hannover)
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. März 2007 um 02:55 Uhr durch Michael Gäbler (Diskussion | Beiträge) (Kreisstraße K 505). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Schloss Marienburg befindet sich im südlichen Niedersachsen südwestlich von Schulenburg (einem Ortsteil von Pattensen in der Region Hannover) und nordwestlich von Nordstemmen (einer Gemeinde im Landkreis Hildesheim) auf dem Marienberg. Das Schloss bildet zusammen mit dem Bahnhof von Nordstemmen, der als königlicher Bahnhof für das Schloss erbaut wurde, ein Ensemble.

Blick von Nordstemmen

Das Schloss gehörte der Königin Marie und wurde in den Jahren 1857 bis 1867 von den Architekten der Hannoverschen Architekturschule Conrad Wilhelm Hase, Frühling und Edwin Oppler erbaut. Die Königin Marie lebte dort nur ein Jahr, bis sie 1867 ihrem Mann König Georg V. von Hannover nach Wien in das Exil folgte. Als Privatbesitz von Königin Marie wurde das Schloss von Preußen nach der Annexion des Königreiches Hannover nicht enteignet; es blieb im Besitz der Welfen. Im Jahr 2005 wurde ein Teil des Schlossinventars versteigert. Das Schloss Marienburg ist der offizielle Wohnsitz der Prinzen von Hannover in Niedersachsen und ist im Sommerhalbjahr als Museum zugänglich, während das Schlossrestaurant nahezu ganzjährig geöffnet ist. Die Schlosskapelle steht für kirchliche Amtshandlungen zur Verfügung, da die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers die Schlosskapelle auf eigene Kosten renoviert hat.

Lage

Das Schloss befindet sich auf 135 m Höhe am Südwesthang des aus Buntsandstein bestehenden Marienbergs, der den südöstlichen Teil des Schulenburger Bergs darstellt. Der Marienberg wird westlich vom Adenser Berg begrenzt und südöstlich von dem Fluss Leine und der Kreisstraße K 505 berührt. Von der Südseite des Schlosses aus gibt es einen weiten Blick über das Leinetal.

Vorgeschichte des Marienbergs

Im Norden des Schulenburger Bergs befindet sich am Waldrand auf der Höhe von 110 m eine Gruppe von sieben bronzezeitlichen Hügelgräbern. Im April 1911 fanden Forstarbeiter dort bei Rodungsarbeiten einen spätneolithischen bis frühbronzezeitlichen Gegenstand aus dünnem Goldblech mit einem Durchmesser von 17,5 cm und mit Verzierungen von je zwei parallelen Linien neben beiden Ränder. Er wird wegen seiner mondsichelähnlichen Form als Lunula bezeichnet, könnte als Halsschmuck gedient haben und ist in Irland hergestellt worden.[1] Bei der Einebnung der Hügelgräber wurden Äxte, Messer, Armringe aus Bronze, Steingeräte und Keramik mit Merkmalen der endsteinzeitlichen Michelsberger Kultur gefunden.

Das Schloss ist in eine alte Befestigungsanlage (Höhenlinien 110 bis 120 m) hineingebaut worden, dessen mächtiger Erdwall (Sachsenwall genannt) fast die gesamte Kuppe des Marienberges (früher Rehberg genannt) umschließt. Die Ausgangslage zum Bau der Wallanlage war hier besonders günstig, da die Südwestseite durch die Sachsenschlucht und die Südseite der Bergkuppe durch einen natürlichen Steilhang gesichert war, den man nur geringfügig nachzuarbeiten brauchte, um hier jeden Angriff von vorneherein zu vereiteln. Die anderen Abhänge mussten durch aufwendigere Maßnahmen gesichert werden. Dort war es notwendig, einen Wall von 700 Meter Länge zu errichten und diesen an besonders gefährdeten Stellen noch zusätzlich mit einem Graben zu versehen. Unter Berücksichtigung der Hanglage erreicht der Wall noch heute stellenweise eine Höhe von 8 Metern und eine Breite von 10 bis 15 Metern. Über den Aufbau des Walles gibt es noch keinerlei Aufschlüsse. Es kann aber angenommen werden, dass er in Holz-Erde-Konstruktion errichtet worden ist, wobei die vorgenommenen Holzeinbauten dem Erdkörper die erforderliche Stabilität verleihen sollten. Die Krone des Walles wird mit einer Brustwehr ausgestattet gewesen sein, um den Verteidigern bei einem Angriff ausreichende Deckung zu verschaffen.

Die Befestigung umschließt eine Fläche von 6,22 Hektar. Bei Gefahr konnte sie einer größeren Menschenmenge mit ihrem Hab und Gut, einschließlich des Viehs, Zuflucht bieten. Ungeklärt ist, ob es für Notfälle im Innenraum eine feste Bebauung gegeben hat. Die lebenswichtige Wasserversorgung konnte durch eine Quelle gesichert werden, die sich am östlichen Wallabschnitt befindet und dort durch eine Lücke nach außen in den Sachsenhain abfließt.

Von Ihrer Größe her scheint die Befestigungsanlage der Zufluchtsort einer größeren Bevölkerung gewesen zu sein, wobei zur Frage der Zeitstellung keine genauen Aussagen möglich sind. Beim Durchbruch des Walles für die nördliche Zufahrt zum Schloss wurden bronzezeitliche Funde gemacht: Urnenscherben, Holzkohle, eine Bronzespirale, Steingeräte und viele Gefäßscherben. Diese Funde kommen aus der Aufschüttungserde und geben keine Hinweise auf den Zeitpunkt der Erbauung. Vielfach ist die Anlage in die Eisenzeit (ca. 750 v. Chr. bis Chr. Geburt) datiert worden. Sie gehört aber eher in das frühe Mittelalter und könnte dann eine sächsische Befestigung gegen Karl den Großen gewesen sein[2].

Im Nordwesten auf der Anhöhe Hohe Warte (Höhe 172,5 m) stand ein mittelalterlicher Wartturm mit einem auf der Südostseite vorgelagerten 100 m langen und 1 m hohen Wall und einem vorliegenden Graben sowie weiteren südwestlichen Befestigungen. An der Nordostseite der Hohen Warte stand im 20. Jahrhundert die Ausflugsgaststätte Marienberg, bei deren Brautschau sich viele Brautpaare an den Pfingstfesten kennenlernten. Die Gaststätte wurde durch einen nächtlichen Brand zerstört und wegen des Fehlens von ausreichendem Löschwasser nicht wieder aufgebaut.

Geschichte des Schlosses Marienburg

 
Eingang des Schlosses

Am 14. April 1857 übertrug König Georg V. von Hannover den Schulenburger Berg und ein darauf zu erbauendes Schloss in einer Schenkungsurkunde seiner Gemahlin, der Königin Marie, als Privateigentum. Das Schloss sollte als Sommerresidenz dienen.

In den Jahren 1857 bis 1864 wurde das Schloss im Auftrag von Georg V.[3] im neugotischen Stil durch den Architekten Conrad Wilhelm Hase unter Mitwirkung des Architekten Frühling auf dem Rehberg im Leinetal errichtet (ursprünglich war der Bau auf dem erheblich näher an Hannover gelegenen Stemmer Berg vorgesehen, der heute zur Barsinghäuser Ortschaft Stemmen gehört, aber die dortigen Bauern wollten die gewünschten Grundstücke nicht verkaufen). Die Inneneinrichtung erfolgte zunächst durch Conrad Wilhelm Hase, wurde aber ab Oktober 1864 von seinem Schüler Edwin Oppler teilweise entfernt und im Stil der englischen Neugotik umgestaltet, weil Edwin Oppler den Stil von Conrad Wilhelm Hase und dessen Materialien Gips und Gusseisen ablehnte. Erhalten blieb die Innenausstattung von Conrad Wilhelm Hase jedoch in der Bibliothek (dem Vorzimmer des Königs), im Fremdenzimmer, in der Halle des Hauptturms und im Nebenzimmer; auch Teile seines Gestühls im Rittersaal blieben vorhanden. Edwin Oppler nahm folgende bauliche Änderungen vor: Anstelle der kleinen Räume neben dem Speisesaal legte er die morning hall an, erhöhte den Südwestturm um ein Geschoss, gab ihm ein Kegeldach, fügte einen Anbau zwischen dem Südostturm und der Stirnseite des Ostflügels an und erstellte einen Wintergarten in der Form einer gotischen Basilika. Wegen der Niederlage des Königreichs Hannover 1866 im Krieg gegen Preußen wurde die Innenausstattung des Rittersaales und des Speisesaales von Edwin Oppler nicht fertiggestellt.

Das Schloss ist von König Georg V. nie bewohnt worden, da er ins österreichische Exil gehen musste. Seine Frau Marie bewohnte das Schloss ein Jahr lang. Dann musste auch sie die nun preußische Provinz Hannover verlassen. Sie folgte ihrem Mann ins Exil. Danach stand das Schloss 80 Jahre leer. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss für 12 Jahre von einem Zweig der Welfen bewohnt, der aus der damaligen sowjetischen Besatzungszone von Schloss Blankenburg in den Westen geflüchtet war. Heute wird das Schloss nur noch von einem Verwalter bewohnt. Einige Räume werden vom Prinzen von Hannover bei offiziellen Empfängen genutzt. Neben der musealen Nutzung dienen weitere Schlossräume als Depot für Kunstgegenstände.

Die heutige Ausstattung stammt aus verschiedenen Welfenschlössern. Schloss Marienburg kann nur im Rahmen einer kostenpflichtigen Führung besichtigt werden.

Vom 30. September bis 3. Oktober 2005 fand eine Ausstellung von Kunstgegenständen statt, die im Zeitraum vom 5. Oktober bis 15. Oktober durch das Auktionshaus Sotheby’s auf dem Schloss zur Versteigerung angeboten wurden. Unter den angebotenen Gegenständen befinden sich auch Möbelstücke und eine größere Anzahl Gemälde. Während dieser Zeit war das Betreten des Schlosses zwar ohne Führung erlaubt, jedoch musste dazu der dreibändige Auktionskatalog erworben werden. Die Auktion ergab 37 Mio. €. Damit gründete Ernst August eine Stiftung, die dem Erhalt des Schlosses und weiterer Besitztümer dienen soll.

Kreisstraße K 505

Die Kreisstraße K 505 wurde 1935 im Dritten Reich unterhalb des Marienberges von dem Reichsarbeitsdienst errichtet und mit Platanen bepflanzt; ein Gedenkstein weist am Straßenrand unterhalb der Sachsenschlucht darauf hin. Seitlich der Straße befindet sich ein ehemaliger Flussarm der Leine, der als Feuerlöschteich für das Schloss Marienburg dient.

Die beiden Bürger Conrad Kösel und Rudolf Ohlmer aus Adensen wollten am Ende des 2. Weltkrieges die Sprengung der Marienbergbrücke und der Schulenburger Leinebrücke durch deutsche Soldaten verhindern. Während der Rückfahrt von den beiden Brücken wurden sie am 6. April 1945 auf der K 505 kurz vor Adensen von den heranrückenden Panzern der US-Army in ihrem Fahrzeug erschossen.

An der Marienbergbrücke beginnt ein Wanderweg, der unterhalb des Marienberges durch das Leinetal nach Schulenburg führt; in Schulenburg gibt es Bushaltestellen der Linie 310. An der Marienbergbrücke zweigt von der K 505 die Bergstraße K 210 (Marienbergstraße) ab, die über den Marienberg zum Parkplatz des Schlosses Marienburg und von da aus inmitten einer Allee weiter zur Kreisstraße K 506 führt; dort an der Einmündung in die K 204 befindet sich die Bushaltestelle der Linie 310 Marienburg(Leine) Abzw. Nord.

Die K 505 verläuft über die Leinebrücke nach Nordstemmen. Am 2. Kreisel zweigt nach links die L 410 (Hauptstraße) ab, die zum Nordstemmer Bahnhof führt.

Literatur

Überblick

  • Isabel Arends: Ausflug „ohne Nebelkappe“ zu Schloss Marienburg. In: Hannoversche Geschichtsblätter. Neue Folge 59. Hannover 2005, S. 189-199.
  • Jan Brinkmann: Geschichten aus Niedersachsen. Land&Forst Edition. Landbuch Verlagsgesellschaft, Hannover 2004, ISBN 3784206700.

Karten zur Vorgeschichte

  • Geländeaufnahme 1:2500 Die Marienburg bei Nordstemmen durch Studenten der Technischen Hochschule Hannover im Juli 1960. Feldvergleich und Ergänzungen durch H. Weber im Mai 1984. In: Flurnamenkarte 1:10.000 Blatt 5/2 Alferde, Landkreis Hannover o. J. (nach 1984).
  • Geländeaufnahme 1:3125 von A. Umlauff, Herbst 1895, Blatt XXXII Ringwall der Marienburg bei Nordstemmen. Siehe auch die Seiten 11, 14 und 50. In: Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen. Original-Aufnahmen und Ortsuntersuchungen bearb. von August von Oppermann und Carl Schuchhardt. Hannover 1888 -1916.
  • Zeichnung nach Schünemann 1949. In: W. Netzel: Vor- und frühgeschichtliche Befestigungen im Großraum Hannover. Schriftenreihe zur Heimatkunde, herausgegeben vom Kreislehrerverein Hannover-Land Nr. 10/11, 1968. Seite 21.
  • Plan der Wallanlagen um Schloss Marienburg (nach Heine). In: Hery a. Lauer: Archäologische Wanderungen in Südniedersachsen. Ein Führer zu Sehenswürdigkeiten der Ur- und Frühgeschichte. Band III, Verlag H. Lauer, Angerstein 1988, Seite 60.

Baugeschichte

  • Kiesow, Gottfried: Schloss Marienburg. Deutscher Kunstverlag 1963.
  • Conrad Wilhelm Hase. Baumeister des Historismus. Ausstellungskatalog. Historisches Museum am Hohen Ufer, Hannover 1968. Seite 17-22: Baugeschichte der Marienburg, Quellenangabe von Bauzeichnungen und Abbildungen.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bremen, Niedersachsen. Deutscher Kunstverlag 1977. Seite 767 bis 768, Grundriss des Schlosses Seite 769.
  • Isabel Arends: Gothische Träume. Die Raumkunst Edwin Opplers auf Schloß Marienburg. Hannoversche Studien Band 11. 380 Seiten. Hannover 2006. ISBN 3-7752-4961-3

Quellen

  1. Quelle: Hans-Jürgen Häßler: Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 2002, Seite 501.
  2. Schautafel am Eingang der Marienburg am 28.5.2006
  3. Margret Zimmermann/Hans Kensche: Burgen und Schlösser im Hildesheimer Land, S. 122; Verlag Lax Hildeheim 1998

Vorlage:Koordinate Artikel