Flamenco ist die Bezeichnung für eine Gruppe von Liedern und Tänzen aus Andalusien, maßgeblich hervorgegangen aus der Bevölkerungsgruppe der Gitanos (wir würden Zigeuner sagen). Die Andalusier nannten diese Leute "Flamencos".
Woher der Name "Flamenco" stammt ist bis heute noch nicht geklärt. Die am weitesten verbreitete Theorie besagt, dass es damals eine Gruppe von Gitanos gab, die eine Sonderstellung einnahmen (konkret besaßen sie mehr Rechte als die anderen 'Zigeuner'), da ihre Söhne sich im flämischen (Flamen) Heer ausgezeichnet hatten. So kam es, dass sie sich noch am ehesten in den spanischen Dörfern und Städten integrieren konnten. Laut dieser Theorie wurden sie deshalb von den Einheimischen als 'Flamencos' bezeichnet.
Sie wurden - wie in vielen Ländern - in ihrer Heimat verfolgt und vertrieben. Daher gehört auch das Schwermütige und das Leid, welches besonders im Gesang zu erkennen ist, zur Flamenco-Musik.
Durch die Vertreibung der Gitanos kamen viele unterschiedliche neue Einflüsse in die Musik. So ist es auch zu erklären, dass viele hörbar arabisch klingenden Melodien im Flamenco zu finden sind.
Schwierig für Westeuropäer ist, das die meisten Flamenco-Formen nicht im 3/4- oder 4/4-Takt gespielt werden, sondern aus 12 Einheiten bestehen, die unterschiedlich betont werden. Dadurch entsteht auch der interessante Rhythmus (der Compás) des Flamenco.
Flamenco besteht traditionell aus dem Cante (Gesang), Toque (Spiel der Gitarre, Rhythmus) und dem Baile (Tanz).
Wichtige Formen und ihre regionale Herkunft
- die Sevillanas: Sevilla (siehe Feria de Sevilla und die Wallfahrt zu El Rocío): Ein schneller 3/4-Tanz in Dur oder Moll, der oft bei Festen getanzt wird
- die Bulerías: Jerez de la Frontera: schmissiger Tanz und oft die Paradeform für Gitarristen, da sehr schwer zu spielen.
- Soleares: wunderschöne oft langsame Stücke
- Solea por Bulerias: eine Soleares mit Bulerias-Harmonie
- Fandangos de Huelva: Huelva
- Alegrías: Cádiz
- Malageñas: natürlich Málaga
- der Taranto und Cante de las Minas: Almería und Jaen
- Tientos
- Tarantos
- Rumba: oft sehr schnell gespielt, oft gespielt von den Gipsy Kings. Nicht zu verwechseln mit der lateinamerikanischen Rumba!
- Tangos: sehr schöne 4/4-Form mit einprägsamen Rhythmus (Nicht zu verwechseln mit dem lateinamerikanischen Tango!)
- Tanguillo
- Colombianas
- Farruca: sehr zackige Form, oft spektakulär getanzt
- Seguiriya
- Garrotin
- Granaina
- Zambra: sehr arabisch klingende Form
- Saeta: Gesang der meist an Ostern in der Semana Santa zu ehren der Virgen (Jungfrau Mutter Gottes) in den Prozessionen gesungen wird.
- Martinete: Sehr traurige art des Singens. Wird meistens als die Gedanken der zu tode verurteilten interpretiert.
Cante
Der Gesang ist äußerst schwierig und für Nichteinheimische kaum verständlich, da die coplas (Gesangsteil) oft sehr lokalgebunden und deswegen in starken Dialekten vortragen werden. Man unterscheidet generell den cante grande oder cante hondo vom cante chico: das ist in etwa die E-Musik und die U-Musik des Flamenco. Wer erlebt hat, mit welcher Inbrunst ein sogenannte cante chico wie die Alegrías vorgetragen werden kann, wird diese Begriffe mit Vorbehalt benutzen. Typisch für den cante hondo sind u.a. die Seguiriyas, der Taranto, der Fandango, die Soleá (oder Soleares), die Malageñas. Typische Vertreter des cante chico sind Alegrías, Bulerías, der Tango flamenco, die Rumba und auf jeden Fall auch die bekannten Sevillianas.
Texte sind meist überliefert und werden wenig verändert. Sie ergeben übersetzt oft keinen oder nicht erkennbaren Sinn. Themen sind meist unerreichte Liebe, das Leid und Ungerechtigkeit.
Toque
Die Gitarre ist wohl das wichtigste Instrument des Flamenco und wird meist nur von Männern gespielt. Flamencogitarren sind anders als normale klassische Gitarren flacher und perkussiver gebaut, und haben einen durchdringenden Klang, da sie sich auch unverstärkt "gegen" Sänger und TänzerIn durchsetzen müssen. Es gibt noch viele kleinere Handwerksbetriebe in Spanien, wo die Flamenco-Gitarren per Hand gebaut werden.
Die Technik der Flamenco-Gitarre weicht in Handhaltung und Spielweise erheblich von klassischer Spielweise ab.
Die wichtigsten Techniken sind:
- Pulgar-Technik - die spezielle Daumentechnik des Flamenco
- Picado - die hart klingende Melodiespielweise
- Alzapua - eine sehr schnelle Daumenbewegung, die in etwa dem Spiel mit einem Plektrum gleicht
- Arpeggio - eine schwierige Zupftechnik
- Tremolo - diese Technik gleicht dem des klassischen Tremolo, wobei diese mit Zeigefinger, Ringfinger, Mittelfinger und Zeigefinger ausgeführt wird und nicht wie im klassischen mit Ringfinger, Mittelfinger und Zeigefinger.
- Rasgueados - verschieden klingende druckvolle Technik, bei der , je nach Rasgueado, 3 oder 4 Finger in schneller Abfolge gespielt werden. Es entsteht ein "rasselnder Ton"
- Golpe - ist die Bezeichnung für das Klopfen mit dem Finger auf die Gitarrendecke. Deshalb haben Flamenco-Gitarren meist einen Hartplastik-Schlagschutz vom Schallloch bis zum Steg.
- Apagado - Dies ist eine spezielle Abdämpftechnik, kann sowohl mit der linken oder rechten Hand während des Spiels benutzt werden.
Der Gitarrist begleitet traditionell den Sänger oder die Tänzerin. Dabei ist der Compás, das Wichtigste. Soloeinlagen nennt man Falseta und spezielle Teile für die Tänzerin Escobilla.
Als Schlagwerk dient meist die Cajón (auch Rumbakiste genannt)- eine Holzkiste, die innen mit Drähten verspannt ist und so ein komplettes Schlagzeug simulieren kann. aber auch Tabla und andere Trommeln werden benutzt.
Traditionell werden auch die Kastanietten verwendet - zwei Löffelförmige Hölzer, die mit den Händen zum Klappern gebracht werden. Im modernen Flamenco verlieren sie jedoch immer mehr an Bedeutung.
Sehr wichtig sind auch die Palmas ("Handflächen") - das Klatschen. Es gibt zwei Arten von Palmas: Palmas claras, die lauten peitschenden und Palmas sordas, die leisen, dumpf geklatschten. Gute Palmeros sind rar, da diese oft mehrere Minuten sehr schnell und genau, sowie oft versetzt mit einem zweiten Palmero klatschen müssen.
Zu den Palmas werden bei den Flamencos, also denen, die es wirklich beherrschen, oft auch Kontras eingesetzt. Kontras werden sehr oft mit dem Mund als eine Art Schnalzlaut asynchron zu den Palmas eingebracht.
Baile
Der Tanz ist das Zentrum des Flamencos. Was auch nicht verwunderlich ist, da chronologisch erst der Tanz aufkam, dann der Rhythmus und zuletzt die Gitarre. Die TänzerInnen brauchen höchste Konzentration. Sie sind völlig im Zentrum des Geschehens. Die anderen Musiker sind dem Tänzer/der Tänzerin untergeordnet und passen sich dem Tanz an. Es gibt sehr komplizierte und schöne Choreographien.
Der Flamenco ist eine echte Volkskunst. In peñas flamencas (eine Art Verein) werden wöchtentlich Künstler eingeladen und gemeinsam angesehen und angehört.
Wichtige Flamenco-Gitarristen
- Carlos Montoya
- Ramon Montoya
- Nino Ricardo
- Paco de Lucía
- Paco Peña
- Vicente Amigo
- Rafael Riqueni
- Gerardo Nunez
- Tomatito
- Manolo Sanlucar
- Paco Cepero
bekannte deutsche Flamenco-Gitarristen:
- Volker Schulz (El Bruto)
- Jan Hengmith
- Thomas Hickstein
- Oliver Oppermann