Satanismus

verschiedene Bewegungen, die sich positiv auf Satan oder das gesellschaftlich als das Böse angesehene beziehen
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Der Begriff Satanismus (nicht zu verwechseln mit Teufelsanbetung) ist relativ neu. Er wurde nachweislich zum ersten Mal von Robert Southey explizit verwendet, welcher auf diese Weise seinen Gegner Lord Byron zu diskreditieren suchte.

Unter diesem Begriff wurden und werden vielerlei geistige Strömungen zusammengefasst, welche oftmals keinen zwingenden Zusammenhang aufweisen. Als Kriterium gilt hierbei in der Regel, dass die Figur des Satans mehr oder weniger im Mittelpunkt steht.

Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung kann der britische Magier Aleister Crowley weder als Satanist, noch als Vordenker des Satanismus eingestuft werden. Crowleys Maxime "Tu was du willst!" (repräsentiert durch das Wort "Thelema") korrespondiert nur bei oberflächlicher Betrachtung mit satanistischen Ideen. Tatsächlich fordert Crowley eine Einstimmung des menschlichen Individuums auf seinen "wahren Willen" - ein Konzept, welches eine stark mystische Ausrichtung hat. Ein solcher Universalismus ist mit Satanismus, welcher das individuelle Ich zum Maßstab der Dinge erhebt, nicht vereinbar.

Die erste Person, welche den Satanismus nachweislich als eigenständiges (d.h. achristliches) und kohärentes Religionssystem kodifiziert hat, ist Anton Szandor LaVey. Dies bedeutet nicht, dass jeder explizite Satanist mit diesem System konform geht, aber eine entsprechende Alternative ist bislang noch nicht entwickelt und verbreitet worden.

Satanismus in diesem Sinne ist - frei nach Friedrich Nietzsche - jenseits von Gut und Böse. Invertchristliche Motive dienen hier lediglich einer ästhetischen Abgrenzung von der gesellschaftlichen Homogenität, welche weiterhin stark durch christliche Wertvorstellungen geprägt ist.

Zur etymologischen Relevanz der Satansfigur

Der Begriff Satanismus bezieht sich etymologisch auf den Kulturraum der monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam), denn nur in diesen Religionen findet sich die Vorstellungen von einem Widersacher des einzigen Gottes, welcher den Namen Satan trägt. Allerdings geht die Idee einer dualistisch angelegten Welt, in der ein Kampf zwischen Gut und Böse ausgefochten wird, zurück auf ältere Religionen wie z.B. den Zoroastrismus und seinen Religionsgründer, Zarathustra. In gnostischen Strömungen wurde dieser Glaube aufgenommen und sowohl außerhalb als auch innerhalb des Christentums weit verbreitet und teilweise bis ins Extreme gesteigert.

Judentum

Im Judentum ist Satan derjenige, der die Seite der Anklage am Richterstuhl Gottes vertritt. Diese traditionelle Auffassung lebt weiter in der Person des Advocatus diaboli, der diese Funktion bei Verhandlungen am Stuhl Petri ausführt. Im Buch Hiob wurde Satan sogar als einer der Söhne Gottes bezeichnet, der in der Hierarchie der Engel so weit oben stand, dass er Zutritt zu Gottes Hofstaat hatte. Im Judentum bestand aber zu keinem Zeitpunkt Zweifel darüber, dass Gott über Satan stand. Eine polarisierende Deutung der Welt als ein Kampf Gut gegen Böse mischte sich erst später aus anderen religiösen Strömungen (persische und babylonische Religionen) in die Kultur der Juden und war zunächst wenig bedeutsam und sichtbar.

Satan wurde in späteren jüdischen Mythologien (apokryphes Buch Henoch) als gefallener Engel beschrieben, der sich zusammen mit seinen Anhängern gegen Gottes Willen auflehnt und zur Strafe auf die Erde verbannt wurde.

Christentum

Erst im neuen Testament wurde der Teufel mit der universellen Verführungen gegen Gott identifiziert. Dazu zählte schließlich auch die Sendung oder gar Indentifizierung mit der Schlange im Paradies. Im Christentum wird der er als Gegner und Widersacher (hebräisch: Satan) des christlichen Gottes gesehen. In gnostischen Strömungen wurde Satan später mit dem römischen Gott Luzifer, dem "Lichtbringer", gleichgesetzt. Während im Laufe der Jahrhunderte alle nicht-christlichen ("heidnischen") Religionen in Europa von den Christen ausgerottet wurden, erhielt der Teufel eine Vielzahl von Beinamen und neuen Gesichtern, da man die alten Gottheiten zu Feinden Gottes erklärte: eine der bekannteren Darstellungen ist die des bocksbeinigen Hirtengottes Pan.

Aus der Sicht des Christentums ist der Satanismus eine Ideologie, die sich weder mit dem christlichen Glauben vereinbaren, noch auf ihm aufbauen lässt. Als Kritik des christlichen Glaubens bleibt der Satanismus auf halbem Wege stehen, indem nicht alle Dogmen verworfen werden, sondern in positiver Hinwendung Bezug auf Satan genommen wird. Die als wesentlich betrachtete Abkehr der Satanisten von den christlichen Dogmen, sozusagen als zur Schau getragene Antithese des christlichen Glaubens, erscheint somit, im Gegensatz etwa zum Atheismus, als merkwürdig inkonsequent.

Islam

Dem Islam ist die Vorstellung, dass Schaitan Widersacher Gottes oder eine Art Kräfte-Gegenpol ist, fremd. Das Prinzip Gut gegen Böse als Gegenkräfte ist hier nicht anwendbar. Denn nur Allah ist der absolut Mächtige, Schaitan ist dagegen lediglich Versucher der Menschen, dem Allah eine Frist gesetzt hat. Schaitan ist nicht allmächtig - aber gefährlich für die Menschen, solange sie wanken und sich Allah nicht völlig ergeben. Folglich gibt es im Islam in der Regel in keiner Form Sekten oder Glaubensrichtungen, die sich irgendwie mit der Verherrlichung des Teufels auseinandersetzen.

Satanismus in der Literatur

Ursprünglich meinte man mit Satanismus eine geistige Strömungen in der Literatur, hauptsächlich in England, welcher sich mit dem Bösem auseinandersetzte. Der Begründer war John Milton ("Paradise Lost", in dem der Satz "Lieber ein Fürst in der Hölle als ein Sklave im Himmel" auftaucht). Die berühmtesten Autoren dieser Strömung waren Marquis Donatien Alfonse Francois de Sade ("Les 120 jeunes de Sodome"), dessen grausame, Gewalt und Vergewaltigung verherrlichende Werke weltberühmt sind (nach ihm ist der "Sadismus" benannt), und Lord Byron ("Der Korsar", "Childe Harolds Pilgerfart"), der sich selbst als Inkarnation des Satans sah.

Satanismus als geistige Strömung

Satanistische Ideologien

In den meisten satanistischen Ideologien steht die Anbetung oder Anrufung des Teufels, Satans, Luzifers oder von Dämonen tatsächlich nicht im Vordergrund. Satan wird als ein Symbol für den Widerstand gegen die Dogmen der Religionen gesehen. Im Zentrum steht stattdessen im allgemeinen die Beanspruchung der eigenen Göttlichkeit, die oft im Ausleben der Sexualität (z.B. rituelle Sexualmagie) zum Ausdruck gebracht wird. Der Mensch wird zum Maß der Dinge und ist sein eigener Gesetzgeber, was sich oft auch in einem weltanschaulichen Sozialdarwinismus ausdrückt. Die Individualität steht im Vordergrund und Okkultismus und Satanismus sind in den meisten Fällen zu trennen. Satanismus hat nichts mit dem Opfern von Tieren zu tun, sondern mit dem Ausleben des Selbst.

Während Religionen/Philosophien wie das Christentum, der Islam oder der Hinduismus dem Pfad der rechten Hand zugeordnet werden, bezeichnen sich satanistische Gruppierungen als dem Pfad zur linken Hand zugehörig. Vereinfachend handelt es sich hierbei um eine Unterscheidung zwischen Glaubensrichtungen in denen (Pfad der rechten Hand) die Auslöschung des Selbst (Versöhnung des Selbst mit der Schöpfung, indem die Gebote eines Schöpfergottes befolgt werden; Verschmelzung, Einswerden, Auflösung des Selbstes in einem als illusionär betrachteten Nirvana, Einzug in den Himmel etc.) im Fokus liegt, und zwischen solchen Schulen und Lehren (Pfad zur linken Hand), die das Bewusstsein individueller Existenz als besonderes Geschenk und Chance, als auslösendes Agens für eine Entwicklung des menschlichen Potenzials erachten. Hinsichtlich der Position des individuellen Selbstes einem Allganzen gegenüber, geht es beim linkshändigen Pfad um die Abspaltung von diesem (falls vorhandenem) Allganzen; eine bewusste Abtrennung oder um die sog. "Selbstvergottung", die allerdings nicht im christlichen Sinne zu verstehen ist, sondern eher im Sinne eines "Erkenne dich selbst - und lebe dich".

Satanistische Organisationen

Die Church of Satan

Die Church of Satan (CoS) wurde offiziell am 30.4. 1966 von Anton Szandor LaVey in San Francisco gegründet. Diese internationale Organisation ist in den USA offiziell als Kirche anerkannt, verzichtet jedoch auf die ihr rechtlich zustehende Steuerbefreiung. Die CoS repräsentiert jenen Satanismus, wie er 1967 durch LaVeys "Satanic Bible" kodifiziert wurde. Ihr Sitz befindet sich mittlerweile in New York City.

Die CoS ist zentralistisch organisiert. Ihre Leitung (der "Order of the Trapezoid") setzt sich aus den beiden Hohepriestern (jeweils ein Mann und eine Frau) und dem Entscheidungsgremium der "Council of Nine" zusammen. Mitgliedschaften in der CoS können entweder passiv oder aktiv sein. Aktive Mitglieder können sich entweder als Medienrepräsentanten (sog. "Agents") engagieren, oder einer "Grotto" beitreten.

Die sog. "Grottos" sind lokale Interessengruppen der CoS. Einige Grottos treten öffentlich auf und verfügen sogar über eigene Homepages, andere ziehen es vor, im Verborgenen zu operieren. Der Leiter einer Grotto ist öffentlich lediglich dazu autorisiert, sich im Namen seiner Grotto, nicht aber im Namen der CoS zu äußern. Die einzelnen Grottos haben keine zwingende Verbindung außer dem gemeinsamen Bekenntnis zum Satanismus, wie er von LaVey kodifiziert wurde.

Satanismus in Subkulturen

Vielen Subkulturen wird nachgesagt, dass ihre Szenegänger dem Satanismus frönen würden, wobei man sich darunter unwissentlich meistens Jugendsatanismus vorstellt. Dies ist jedoch in den allermeisten Fällen vollkommen falsch.

Die Gothic-Subkultur findet sich wohl am häufigsten mit diesem Vorurteil konfrontiert. Zwar sind viele Grufties mit den Begriffen des ideologischen Satanismus oberflächlich vertraut, jedoch kommen die wenigsten von ihnen auf die Idee, nachts am Friedhof Hühner dem Teufel zu opfern. Auch hier ist allenfalls Protestsatanismus in der Jugendkultur verbreitet.

Auch die Heavy-Metal-Subkultur bedient sich stellenweise an satanistischen Symbolen. Mit welcher Häufigkeit und mit Ernsthaftigkeit, hängt ausgesprochen stark davon ab, in welcher Subszene des Heavy-Metal man sich bewegt. In den meisten Subszenen werden entgegen aller Vorurteile tatsächlich nur sehr selten satanistische Symbole verwendet, und entsprechendes Gedankengut ist gar nicht präsent. In der Subszene Death Metal ist eine antichristliche bis satanische Symbolik vereinzelt vorzufinden, was in erster Linie jedoch mit dem Ziel der Provokation geschieht. In der Black Metal Szene dagegen ist satanische Symbolik ein essentieller Bestandteil der Subkultur, und auch entsprechende philosophische Strömungen lassen sich dort häufiger ausmachen. Aber auch in letzterer Szene erweisen sich die allgemeinen Vorstellungen von Blutopfern als Vorurteil.

Literatur

Wissenschaftlich erfasste Verschwörungstheorien u. a. über Satanismus und Freimaurerei:

  • Wolfgang Bittner: Angriffe gegen die deutsche Freimaurerei 1970-1995. Selbstverlag der freimaurerischen Forschungsgesellschaft "Quatuor Coronati e. V.", Bayreuth 1996, 289 S. (erhältlich beim Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Vereinigten Großlogen von Deutschland, Bruderschaft der Freimaurer, Emser Straße 12-13, 10710 Berlin)