Fußball-Weltmeisterschaft 1974

Zehnte Ausspielung des bedeutendsten Turniers für Fußball-Nationalmannschaften
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Fußball-Weltmeisterschaft 1974 – Deutschland
Fußball-Weltmeisterschaft 1974
Anzahl Nationen 96 (16 Endrunde)
Weltmeister BR Deutschland
Austragungsort BR Deutschland
Eröffnung 13. Juni 1974
Endspiel 7. Juli 1974
Zuschauer 1.900.000 (Ø 50.000 pro Spiel)
Tore 97 (Ø 2,6 pro Spiel)
Torschützenkönig Grzegorz Lato (Polen) 7 Tore

Die 10. Fußball-Weltmeisterschaft wurde vom 13. Juni bis zum 7. Juli 1974 in der Bundesrepublik Deutschland ausgetragen. Am Turnier nahmen sechzehn Nationalmannschaften teil, die in 38 Spielen den Sieger ermittelten. Hierbei war die Endrunde erstmals in eine erste und zweite Finalrunde unterteilt. Die Ersten und Zweiten aus den vier Gruppen der ersten Finalrunde wurden in zwei Gruppen der zweiten Finalrunde zugeteilt. Zum Schluss spielten die jeweils Ersten um den WM-Titel und die Zweiten um den dritten Platz.

Teilnehmer

Die Bundesrepublik Deutschland gewann das Turnier nach einem 2:1-Sieg über die Niederlande im Finale von München und wurde damit zum zweiten Mal nach 1954 Fußball-Weltmeister. Den dritten Platz belegte die Mannschaft Polens, die mit Grzegorz Lato, der während des Turniers sieben Tore erzielte, auch den Torschützenkönig stellte.

Die 1974 erstmals in Deutschland ausgetragene Fußball-Weltmeisterschaft fand in neun verschiedenen Städten statt. Insgesamt rund 1,9 Millionen Besucher verfolgten die Begegnungen des dreiwöchigen Turniers in den Stadien.

Gastgeber und Austragungsorte

Am 6. Juli 1966 erhielt die Bundesrepublik Deutschland während des FIFA-Kongresses in London den Zuschlag für die Weltmeisterschaft 1974. Das Votum war einstimmig. Doch auch die unterlegenen Mitbewerber Argentinien und Spanien gingen nicht leer aus. Argentinien bekam die Ausrichtung der WM 1978 und Spanien die Ausrichtung der WM 1982 zugesprochen. Spanien hatte somit fast 16 Jahre Zeit, um sich auf die WM 1982 vorzubereiten, bis heute einsamer FIFA-Rekord.

Bereits drei Monate zuvor, am 16. April 1966, erhielt die bayerische Landeshauptstadt München den Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele 1972. Das Jahr 1966 bedeutete somit einen Durchbruch für die bundesdeutsche Sportdiplomatie, da Deutschland 21 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Herrschaft wieder für würdig befunden wurde, die beiden bedeutendsten internationalen Sportveranstaltungen auszurichten.[1]

20 Jahre nach dem legendären Wunder von Bern fand die 10. Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland statt, jedoch hatten die Organisatoren Pech mit dem Wetter. Es war ein äußerst verregneter Sommer, der in dem skandalösen Regenspiel Bundesrepublik Deutschland − Polen in der zweiten Finalrunde gipfelte.

Die Spiele wurden an folgenden Orten ausgetragen:

 
Austragungsorte der WM 1974
  • Berlin: Das Olympiastadion, die Heimstätte von Hertha BSC war mit 85.000 Plätzen (davon 61.800 Sitzplätze) das größte deutsche Stadion während der WM 1974. In dem für 25 Millionen Mark umgebauten Stadion fanden drei Spiele der ersten Finalrunde statt.
  • Dortmund: Im für 33 Millionen Mark neu errichteten Westfalenstadion − der Heimat von Borussia Dortmund, die zu jener Zeit in der 2. Liga spielten − fanden 53.600 Zuschauer platz (davon 16.500) Sitzplätze. Das kleinste Stadion der Weltmeisterschaft von 1974 war Austragungsort von drei Spielen der ersten und einem Spiel der zweiten Finalrunde.
  • Düsseldorf: Das Rheinstadion von Fortuna Düsseldorf war Austragungsort zweier Erstrunden- und dreier Zweitrundenbegegungen. Die 70.100 Zuschauer (31.600 Sitzplätze) fassende Spielstätte wurde vor dem WM-Turnier für 24 Millionen Mark umgebaut.
  • Frankfurt am Main: Im Waldstadion fand am 13. Juni 1974 das Eröffnungsspiel zwischen Brasilien und Jugoslawien statt. Daneben wurden im Stadion der Frankfurter Eintracht zwei weitere Spiele der ersten Finalrunde und zwei Spiele der zweiten Finalrunde ausgetragen. Das für 27 Millionen Mark umgebaute Stadion fasste 62.200 Besucher (davon 29.200 Sitzplätze).
  • Gelsenkirchen: Das für 55 Millionen Mark neu errichtete Parkstadion war die Heimat des Fußballklubs Schalke 04. Die 70.000 Zuschauer (darunter 36.000 Sitzplätze) fassende Spielstätte war Austragungsort von zwei Spielen der ersten und drei Spielen der zweiten Finalrunde.
  • Hamburg: Im für 17 Millionen Mark umgebauten Volksparkstadion fanden drei Erstrundenspiele statt. Die Heimat des Hamburger SV bot Platz für 65.000 Zuschauer (davon 28.000 Sitzplätze).
  • Hannover: Im Niedersachsenstadion von Hannover 96 fanden zwei Spiele der ersten Finalrunde und zwei Spiele der zweiten Finalrunde statt. Das 60.400 Besucher (40.850 Sitzplätze) fassende Stadion wurde für die Weltmeisterschaft für 26 Millionen Mark umgebaut.
  • München: Im für die Olympischen Sommerspiele 1972 für 85 Millionen DM (ohne Dach) errichteten Olympiastadion fanden drei Spiele der Vorrunde und das Endspiel sowie das Spiel um Platz drei statt. Das Stadion des FC Bayern München verfügte über 76.000 Plätze (davon 44.200 Sitzplätze).
  • Stuttgart: Das Neckarstadion, Heimat des VfB Stuttgart, war Schauplatz dreier Erstrunden- und eines Zweitrundenspiels. Das für 22 Millionen Mark umgebaute Stadion bot 72.200 Plätze (davon 34.400 Sitzplätze).

Qualifikation

Hauptartikel: Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 1974

Die Bewerbungsfrist zur Teilnahme an der Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 1974 endete am 30. Juni 1971. Die Auslosung der Qualifikationsgruppen fand am 17. Juli 1971 in Düsseldorf statt. Von 99 gemeldeten Nationen nahmen schließlich 92 an der Qualifikation teil.[2]. Neben dem amtierenden Weltmeister Brasilien und Gastgeber Deutschland konnten sich vierzehn weitere Mannschaften für die WM-Endrunde qualifizieren. Überraschend dabei war insbesondere das Ausscheiden Englands gegen Polen, das dann bei der WM zur Überraschungsmannschaft wurde, den dritten Platz belegte sowie den erfolgreichsten Torschützen stellte. Damit fehlte mit England nur ein Ex-Weltmeister. Mit Zaire nahm zum ersten Mal eine Mannschaft aus Schwarzafrika und mit Australien zum ersten Mal eine Mannschaft des 5. Kontinents teil. Der DDR gelang ihre einzige Endrundenteilnahme; Haiti konnte sich erstmals qualifizieren.

9 aus Europa   Bulgarien   BR Deutschland   DDR   Italien   Jugoslawien
    Niederlande   Polen   Schottland   Schweden  
4 aus Südamerika   Argentinien   Brasilien   Chile   Uruguay  
1 aus Nord- und Mittelamerika   Haiti        
1 aus Afrika   Zaire        
1 aus Asien und Ozeanien   Australien        

Modus und neuer WM-Pokal

Datei:FIFA World Cup trophy.png
Der FIFA World Cup

Die WM 1974 wurde nach einem neuen Modus ausgetragen. Zwar bildeten die 16 Teilnehmer wie gehabt vier Gruppen mit je vier Mannschaften, von denen sich jeweils die ersten beiden für die nächste Runde qualifizierten. Das Turnier wurde aber nicht im K.-o.-System fortgesetzt, sondern in zwei Zwischenrunden-Gruppen mit je vier Mannschaften. Die Sieger der zweiten Finalrunde bestritten das Endspiel um die Weltmeisterschaft, die Zweitplatzierten das Spiel um Platz 3.

Bei Punktgleichheit mehrerer Mannschaften in den Gruppenspielen entschied zunächst die Tordifferenz und dann die Anzahl der erzielten Treffer über die Platzierung. Bei übereinstimmenden Punkten und Toren hätte in der ersten Finalrunde das Los, in der zweiten Finalrunde zunächst das Ergebnis der ersten Runde und schließlich ebenfalls das Los über den endgültigen Tabellenstand entschieden.

Ein Unentschieden im Finale sowie im Spiel um den dritten Platz hätte zunächst zur Verlängerung der Spielzeit geführt. Hätte auch die Verlängerung keine Entscheidung gebracht, wäre der Sieger im Spiel um Platz 3 direkt im Elfmeterschießen ermittelt worden. Beim Endspiel hätte es eine Neuansetzung innerhalb der nächsten Tage gegeben. Erst nach einem Unentschieden trotz Verlängerung im zweiten Finale hätte ein Elfmeterschießen die Weltmeisterschaft 1974 entschieden [3].

Da Brasilien in Mexiko zum dritten Mal Weltmeister geworden war und damit den Coupe Jules Rimet auf Dauer behalten durfte, wurde ein neuer Pokal, der FIFA World Cup gestiftet, den der Italiener Silvio Gazzaniga entwarf. Dieser Pokal ist 36 cm hoch, besteht aus 18 Karat Gold, hat einen Sockel mit zwei Kränzen aus Malachit-Halbedelsteinen und zeigt zwei Menschen, die mit ihren hochgereckten Armen eine Weltkugel halten.

Auslosung

Die Auslosung der WM-Endrunde fand am 5. Januar 1974 im großen Sendesaal des Hessischen Rundfunks in Frankfurt statt. Die überschaubare Veranstaltung wurde weltweit von schätzungsweise 800 Millionen Menschen verfolgt.

Für die Auslosung wurden die qualifizierten Mannschaften in vier Töpfe aufgeteilt. Die Zuordnung erfolgte nach einem Beschluss der FIFA vom selben Tage. Als Grundlage dienten neben einer Beurteilung des Leistungsvermögens, welches sich aus früheren Erfolge und augenblicklicher Resultaten addierte, auch geographische, kontinentale sowie sportpolitische Aspekte. Eine Besonderheit war, dass zum Zeitpunkt der Auslosung erst fünfzehn der insgesamt sechzehn Teilnehmer bekannt waren, da in der Qualifikationsgruppe 7 ein Entscheidungsspiel zwischen Spanien und dem sich schließlich qualifizierenden Jugoslawien nötig war, welches erst am 13. Februar 1974 stattfand. Die vier Töpfe waren schließlich:

  • Topf 1: Brasilien, Italien, Deutschland, Uruguay (die vier Erstplatzierten der WM 1970)
  • Topf 2: Argentinien, Chile, Holland, Schottland (Südamerika und Westeuropa)
  • Topf 3: Polen, Bulgarien, DDR, Jugoslawien bzw. Spanien (Osteuropa)
  • Topf 4: Zaire, Australien, Haiti, Schweden (Außenseiter)

Deutschland und Brasilien waren bereits vorab als Kopf der Gruppen 1 und 2 gesetzt. Bei der rund 35 Minuten dauernden Auslosung wurden durch den Schöneberger Sängerknaben Detlef Lange[4] die restlichen Mannschaften aus den einzelnen Töpfen zugelost. Hierbei wurden aus Topf 2 die Mannschaften aus Argentinien und Chile nicht Brasilien oder Uruguay zugelost, um südamerikanische Duelle in der Vorrunde zu verhindern.[5] Die Auslosung ergab folgende Gruppeneinteilung:

Gruppe 1 Gruppe 1 Gruppe 3 Gruppe 4
  Chile   Brasilien   Uruguay   Argentinien
  BR Deutschland   Schottland   Niederlande   Italien
  DDR   Jugoslawien   Bulgarien   Polen
  Australien   Zaire   Schweden   Haiti

Eröffnungsfeier

Bei der Eröffnungsveranstaltung in Frankfurt am Main wurde jedes teilnehmende Land durch Folkloregruppen oder Popkünstler repräsentiert. Sie verbargen sich unter riesigen Fußbällen auf dem Stadionrasen, die sich zu ihrem Auftritt öffneten. Für die Bundesrepublik trat eine Trachtengruppe von der Mosel auf, für die DDR Frank Schöbel und eine gemischte Tanzgruppe mit dem Lied Freunde gibt es überall. Für Polen sang dessen populärste Sängerin Maryla Rodowicz, für Brasilien spielte eine Sambatanzgruppe.

Zum ersten Mal wurde die WM nicht durch ein Spiel des Gastgebers, sondern des amtierenden Weltmeisters eröffnet. Dies blieb dann auch so bis zur WM 2002. Erst bei der WM 2006 bestritt wieder der Gastgeber das Eröffnungsspiel.

Spielergebnisse

Erste Finalrunde

In der Vorrunde fand das einzige jemals ausgetragene Länderspiel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR statt. Die DDR gewann durch ein Tor von Jürgen Sparwasser überraschend mit 1:0 und konnte so den ersten Platz in der Gruppe 1 erringen. Es war das einzige Spiel, das die Bundesrepublik während dieser WM verlor, und die Niederlage führte in der folgenden Nacht im Mannschaftshotel zu einer legendären Aussprache der bundesdeutschen Mannschaft („Nacht von Malente“).

Nach dem Sieg der DDR über die BR Deutschland erhielt die DDR-Mannschaft auf ihrer Siegesfeier eine telefonische Bombendrohung. Besonders pikant ist dabei, dass die Bild-Zeitung vor dem Spiel gegen die DDR titelte „Wie wir heute gewinnen“. Am nächsten Tag lautete die Schlagzeile "Auf alle Fälle so nicht, Herr Schön!".

Positiver Effekt dieser Niederlage war jedoch, dass die Bundesrepublik als Vorrundenzweiter in der Zwischenrundengruppe B spielte und somit nicht gegen die als deutlich schwerer eingeschätzten Gegner Brasilien, Argentinien und Niederlande antreten musste.

Während der Ersten Finalrunde wurden 63 Tore in 24 Spielen erzielt.

Gruppe 1

Rang Land Tore Punkte
1   DDR 4:1 5:1
2   BR Deutschland 4:1 4:2
3   Chile 1:2 2:4
4   Australien 0:5 1:5
14. Juni 1974 in Berlin
  BR Deutschland -   Chile 1:0 (1:0)
14. Juni 1974 in Hamburg
  DDR -   Australien 2:0 (0:0)
18. Juni 1974 in Hamburg
  Australien -   BR Deutschland 0:3 (0:2)
18. Juni 1974 in Berlin
  Chile -   DDR 1:1 (0:0)
22. Juni 1974 in Berlin
  Australien -   Chile 0:0
22. Juni 1974 in Hamburg
  DDR -   BR Deutschland 1:0 (0:0)

Gruppe 2

Rang Land Tore Punkte
1   Jugoslawien 10:1 4:2
2   Brasilien 3:0 4:2
3   Schottland 3:1 4:2
4   Zaire 0:14 0:6
13. Juni 1974 in Frankfurt
  Brasilien -   Jugoslawien 0:0
14. Juni 1974 in Dortmund
  Zaire -   Schottland 0:2 (0:2)
18. Juni 1974 in Gelsenkirchen
  Jugoslawien -   Zaire 9:0 (6:0)
18. Juni 1974 in Frankfurt
  Schottland -   Brasilien 0:0
22. Juni 1974 in Frankfurt
  Schottland -   Jugoslawien 1:1 (0:0)
22. Juni 1974 in Gelsenkirchen
  Zaire -   Brasilien 0:3 (0:1)

Gruppe 3

Rang Land Tore Punkte
1   Niederlande 6:1 5:1
2   Schweden 3:0 4:2
3   Bulgarien 2:5 2:4
4   Uruguay 1:6 1:5
15. Juni 1974 in Düsseldorf
  Schweden -   Bulgarien 0:0
15. Juni 1974 in Hannover
  Niederlande -   Uruguay 2:0 (1:0)
19. Juni 1974 in Dortmund
  Niederlande -   Schweden 0:0
19. Juni 1974 in Hannover
  Bulgarien -   Uruguay 1:1 (0:0)
23. Juni 1974 in Düsseldorf
  Schweden -   Uruguay 3:0 (0:0)
23. Juni 1974 in Dortmund
  Niederlande -   Bulgarien 4:1 (2:0)

Gruppe 4

Rang Land Tore Punkte
1   Polen 12:3 6:0
2   Argentinien 7:5 3:3
3   Italien 5:4 3:3
4   Haiti 2:14 0:6
15. Juni 1974 in München
  Italien -   Haiti 3:1 (0:0)
15. Juni 1974 in Stuttgart
  Polen -   Argentinien 3:2 (2:0)
19. Juni 1974 in München
  Polen -   Haiti 7:0 (5:0)
19. Juni 1974 in Stuttgart
  Argentinien -   Italien 1:1 (1:1)
23. Juni 1974 in München
  Argentinien -   Haiti 4:1 (2:0)
23. Juni 1974 in Stuttgart
  Polen -   Italien 2:1 (2:0)

Zweite Finalrunde

Gruppe A

Rang Land Tore Punkte
1   Niederlande 8:0 6:0
2   Brasilien 3:3 4:2
3   DDR 1:4 1:5
4   Argentinien 2:7 1:5
26. Juni 1974 in Gelsenkirchen
  Niederlande -   Argentinien 4:0 (2:0)
26. Juni 1974 in Hannover
  Brasilien -   DDR 1:0 (0:0)
30. Juni 1974 in Gelsenkirchen
  Niederlande -   DDR 2:0 (1:0)
30. Juni 1974 in Hannover
  Brasilien -   Argentinien 2:1 (1:1)
3. Juli 1974 in München
  Argentinien -   DDR 1:1 (1:1)
3. Juli 1974 in Dortmund
  Niederlande -   Brasilien 2:0 (1:0)

Gruppe B

Rang Land Tore Punkte
1   BR Deutschland 7:2 6:0
2   Polen 3:2 4:2
3   Schweden 4:6 2:4
4   Jugoslawien 2:6 0:6
26. Juni 1974 in Düsseldorf
  BR Deutschland -   Jugoslawien 2:0 (1:0)
26. Juni 1974 in Stuttgart
  Polen -   Schweden 1:0 (1:0)
30. Juni 1974 in Frankfurt
  Polen -   Jugoslawien 2:1 (1:1)
30. Juni 1974 in Düsseldorf
  BR Deutschland -   Schweden 4:2 (0:1)
3. Juli 1974 in Frankfurt
  BR Deutschland -   Polen 1:0 (0:0)
3. Juli 1974 in Düsseldorf
  Schweden -   Jugoslawien 2:1 (1:1)

Das Zwischenrundenspiel Polen - Deutschland am 3. Juli 1974 im Frankfurter Waldstadion ging als „Wasserschlacht“ in die Fußballgeschichte ein. Vor Spielbeginn machte ein Wolkenbruch den Rasen unbespielbar. Die Feuerwehr versuchte mit Walzen das Wasser vom Platz zu bekommen. Gemeinhin galt Polen damals als die technisch bessere Elf; aufgrund der widrigen Platzverhältnisse konnte sie ihre Stärke jedoch nicht ausspielen und Deutschland qualifizierte sich für das Finale mit einem 1:0-Sieg. Insgesamt wurden in der Zwischenrunde 30 Tore in 12 Spielen geschossen.

Spiel um Platz 3

6. Juli 1974 München   Polen -   Brasilien 1:0 (0:0)

Tor:

Finale

7. Juli 1974 München   BR Deutschland -   Niederlande 2:1 (2:1)


Stadion: Olympiastadion München

Zuschauer: 75.334 (ausverkauft)

Schiedsrichter: John Taylor (England)

Linienrichter: Alfonso Gonzalez Archundia (Mexiko) und Ramon Barreto (Uruguay)

  Deutschland:
MaierVogts  , Beckenbauer  , Schwarzenbeck, Breitner  Bonhof, Hoeneß, OverathGrabowski, G. Müller   , Hölzenbein

  Niederlande:
JongbloedSuurbier, Rijsbergen (68. de Jong), Haan, KrolJansen, Neeskens    , Van Hanegem  Rep, Cruyff    , Rensenbrink (46. R. van de Kerkhof)

Tore:

Gelbe Karten: Vogts (4.), van Hanegem (22.), Neeskens (39.), Cruyff (45., auf dem Weg in die Halbzeitpause).


Direkt nach dem Anstoß, nach 30 Sekunden, startete der holländische Spieler Johan Cruyff ein Solo. Cruyff drang in den deutschen Strafraum ein und wurde von Uli Hoeneß unsanft gefoult. Bis dahin hatte noch kein deutscher Spieler den Ball berührt. Der englische Schiedsrichter John Taylor entschied auf Strafstoß − umstritten, denn das Foul geschah unmittelbar an der Strafraumgrenze. Neeskens trat zum Elfmeter an und erzielte ein Tor. Kurios war, dass der Kommentator der ARD, Rudi Michel, Berti Vogts als Verursacher des Elfmeters sah. Deutschland konnte sich im Folgenden nur langsam von diesem Schock erholen, wurde dann jedoch stärker. Hölzenbein trat in der 25. Minute an, ließ im Strafraum zwei Niederländer stehen und wurde vom dritten (Jansen) zu Fall gebracht. Der englische Unparteiische entschied erneut auf Strafstoß. Der Fall von Hölzenbein sollte daraufhin allerdings als eine der berühmtesten Schwalben in die WM-Geschichte eingehen.

 
Sondermarke zur WM 1974

Den fälligen Strafstoß verwandelte Paul Breitner zum 1 : 1. Die Deutschen spielten nach dem Ausgleich überlegen. Beckenbauer scheiterte jedoch mit einem Freistoß an Jongbloed. Vogts und Grabowski vergaben ebenfalls gute Chancen zur Führung. In der 42. Minute passte Bonhof nach schöner Vorarbeit in die Mitte zu Gerd Müller. Der ließ − bedrängt von zwei Holländern − den Ball zunächst etwas abprallen, drehte sich blitzschnell um die eigene Achse und erwischte Jongbloed auf dem falschen Fuß. Der Ball rollte flach ins linke Eck − 2 : 1 für Deutschland, ein Tor, wie es nur Gerd Müller erzielen konnte.

Die zweiten 45 Minuten wurden zur Abwehrschlacht der Deutschen. In der 48. Minute köpfte Bonhof nur um Zentimeter am linken Pfosten vorbei. Danach waren die Niederländer spielbestimmend, scheiterten aber mit zahlreichen Chancen (Rep, van Hanegem) am deutschen Torwart Maier. Ein regulärer Treffer durch Gerd Müller zum 3 : 1 wurde wegen angeblichem Abseits nicht anerkannt. In der 85. Minute verweigerte der Schiedsrichter einen klaren Strafstoß zugunsten von Hölzenbein. Neeskens verfehlte kurz vor Schluss knapp das Tor und die deutsche Mannschaft hielt letztendlich mit dem nötigen Glück den Vorsprung.

Weltmeister Bundesrepublik Deutschland

Die Spieler der Weltmeistermannschaft von 1974.

Spieler, die während der WM zum Einsatz gekommen sind:

Spieler, die während der WM nicht zum Einsatz gekommen sind:

Trainer: Helmut Schön und Co-Trainer: Jupp Derwall

Siehe auch: Fußball-Weltmeisterschaft 1974/Deutschland

Nach dem Gewinn des WM-Titels kam es im deutschen Lager zu einem Eklat. Zum Festbankett hatte der DFB um OK-Chef Hermann Neuberger die Spielerfrauen ausgeschlossen und bestand auf dieser Entscheidung. Einige Spieler, darunter Gerd Müller, erklärten daraufhin empört ihren Rücktritt aus der Nationalelf.

Statistik

Beste Torschützen

Name Land Tore
Grzegorz Lato Polen 7
Johan Neeskens Niederlande 5
Andrzej Szarmach Polen 5
Ralf Edström Schweden 4
Gerd Müller Deutschland 4
Johnny Rep Niederlande 4

Die Stars der Weltmeisterschaft

Organisation und Umfeld

Organisationskomittee

Zur Planung von Ablauf und Durchführung der Weltmeisterschaft 1974 wurde ein WM-Organisationskomitee (kurz OK) eingesetzt, dessen Hauptquartier sich in der Otto-Fleck-Schneise am Stadtrand von Frankfurt befand. Präsident des OK war der spätere DFB-Chef Hermann Neuberger.

Pressechef des Organisationskomittes war Dr. Wilfried Gerhardt, der für die Medienarbeit und Betreuung der Journalisten zuständig war. Komplettiert wurde das Team durch den Protokollchef Hartmut Nevries sowie den Verantwortlichen für die Stadien und die Betreuung der Schiedsrichter, Hans Lang.

Für die Organisation der Eröffnungsfeier im Frankfurter Waldstadion und der Schlußfeier vor dem Müchener Finale zeigte sich Arno Scheurer verantwortlich. Der offizielle Stadionsprecher der Fußball-Weltmeisterschaft war ZDF-Redakteur Helmut Bend.[6]

Datei:Wm74-bus-heck.jpg
WM 1974 - Tip und Tap auf einem Omnibus (Nachbau)

Visuelles Erscheinungsbild

Das Logo der Fußball-Weltmeisterschaft von 1974 stellte einen stilisierten rollenden Fußball dar, unter dem der Schriftzug „WM 74“ stand.

Nach World Cup Willie bei der WM 1966 und Juanito in Mexiko 1970 gab es zum dritten Mal bei einer Weltmeisterschaft ein Maskottchen. Dabei handelte es sich um Tip und Tap, zwei lachende kleine Jungen mit roten Bäckchen und Hasenzähnchen im schwarzweißen DFB-Dress, auf denen „WM 74“ zu lesen war. Der kleinere der beiden war der schwarzhaarige Tip, der einen Fußball unter dem Arm trug. Sein Kumpel Tap − der sich weitaus schlechter als Tip verkaufte − war blond, mit einem fröhlichen Winken. Der Name der Maskottchen ging auf das bei Kindern verwendete Auswahlverfahren „Tip-Tap“ vor einem Fußballspiel zurück, wobei jeweils ein Fuß an den anderen gesetzt wird und derjenige, der zuerst den Fuß des Gegners berührt, als Erster die Mannschaftsmitglieder wählen darf.

Die vom Saarbrücker Grafiker Horst Schäfer geschaffenen Maskottchen waren sehr beliebt und wurden im Umfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 weitreichend vermarktet. So gab es beispielsweise Tip und Tap als Plüschfiguren oder Schlüsselanhänger. Zudem fand sich das Abbild der Maskottchen auch auf Krawatten, Kinderschlafanzügen, Bierkrügen, Senfgläsern sowie anderen Konsumartikeln wieder.

Sicherheit

Die Weltmeisterschaft 1974 stand vor dem Hintergrund terroristischer Bedrohungen, wie der Geiselnahme und Ermordung israelischer Athleten zwei Jahre zuvor bei den Olympischen Spielen von München, unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Nach Drohungen der Roten Armee Fraktion, einen Raketenanschlag auf das Hamburger Volksparkstadion zu verüben, und der Ankündigung eines Mordanschlages der Irisch-Republikanischen Armee auf schottische Nationalspieler, beschrieben die Sicherheitskräfte die Vorbereitungen wie folgt: „Das Massaker von München hat das Bewusstsein verändert, es gibt jetzt nichts mehr, was nicht für möglich gehalten wird.“[7] Aus diesem Grund wurden im Vorfeld der Weltmeisterschaft Planspiele durchgeführt, um insgesamt 20 Alarmfälle, darunter Anschläge von Extremisten, Geiselnahmen von Angehörigen der deutschen Nationalspieler und Krawalle in Stadien zu proben.

Die Quartiere der sechzehn Mannschaften wurden besonders geschützt und glichen bewaffneten Festungen. Besonderen Schutz genoss die Auswahl der DDR nach einer Bombendrohung, als sie während der zweiten Finalrunde nach Ratingen bei Düsseldorf umgezogen war. Auch die Mannschaft Chiles, die wegen der Militärjunta in ihrem Heimatland starken Protesten ausgesetzt war, wurde in ihrem von Stacheldraht und Polizei umgebenen Quartier im Berliner Schloss Glienicke stark bewacht.

Vor den Stadien selbst, deren Ränge mit Kameras überwacht wurden, fanden erstmals stichprobenartige Leibesvisitationen statt, um das Einbringen von Angriffsgegenständen zu verhindern. Unter die Stadionzuschauer wurden beispielsweise in Hannover rund 900 Ordner und 600 Polizisten gemischt, sodass bei einem ausverkauften Spiel eine Sicherheitskraft auf 40 Zuschauer kam.

Ebenfalls unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen standen die Spielbesuche Prominienter wie US-Außenminister Henry Kissinger, Fürst Rainier von Monaco oder Bundeskanzler Helmut Schmidt. Hier wurden zum Personenschutz gepanzerte Wagen sowie ein Heer Polizisten mit Maschinenpistolen eingesetzt. Da eine Gefährdung jedoch trotz der Sicherheitsmaßnahmen nicht auszuschließen war, folgte dem gepanzerten Mercedes 600 von Bundespräsident Gustav Heinemann beim Besuch des Eröffnungsspiels unmittelbar ein fahrbarer Operationssaal. Ein zu großes Risiko war den Verantwortlichen der geplante Besuch des jugoslawischen Staatschefs Tito, der daraufhin abgesagt wurde. [8]

Schiedsrichter

Bereits im Februar 1974 wurden von der Schiedsrichterkommision der FIFA die 30 Schiedsrichter ausgewählt, die später die 38 WM-Spiele leiteten und dabei sowohl als Schieds- wie auch als Linienrichter fungierten. Hinzu kamen vier weitere Unparteiische des DFB, die jedoch nur als Linienrichter eingesetzt wurden. Die 34 Auserwählten trafen sich bereits eine Woche vor dem Eröffnungsspiel in Frankfurt, wo sie gemeinsam im Esso-Motor-Hotel untergebracht waren. In der Vorbereitung wurden vor allem theoretische Schulungen durchgeführt, um eine einheitliche Regelauslegung zu erreichen.

Die in den einzelnen Begegnungen eingesetzten Unparteiischen wurden von der FIFA-Schiedsrichterkommision erst ein bis zwei Tage vor jedem Spiel festgelegt. Damit wollte man das Schiedsrichtergespann zum einen vor möglichen Beeinflussungen bewahren, und zum anderen bot dieses Vorgehen die Möglichkeit, einen Spielleiter bei schlechten Leistungen relativ unauffällig zu ersetzen.

Die Leistungen der Unparteiischen während des Turniers wurden überwiegend gut bewertet. Sie arbeiteten konsequent und unauffällig, sodass sich die Veranstaltung positiv von zuvor ausgetragenen Weltmeisterschaften unterschied. Es entwickelte sich ein Trend zum härteren Durchgreifen der Unparteiischen, was sich in einer bis dahin nicht gekannten Anzahl von Verwarnungen und Platzverweisen widerspiegelte. So wurden, nachdem bei der Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko kein einziger Spieler die rote Karte zu sehen bekam, 1974 bereits in der ersten Finalrunde vier Spieler vom Platz verwiesen. Zudem gingen die Schiedsrichter erstmals mit deutlicher Härte gegen Spielverzögerungen vor.[9]

 
Offizieller Bus der Deutschen Nationalmannschaft bei der WM 1974

Unterkünfte und Transport

Die Ansprüche der Teilnehmer an ihre Unterkunft waren recht unterschiedlich. So zog es die Brasilianer auf das Herzogenhorn, einem Berg im Schwarzwald, Italien in das Schlosshotel Monrepos bei Ludwigsburg, die DDR in ein Sporthotel und Jugoslawien in die ehemalige Sommerresidenz der Rothschilds − das Hotel Sonnenhof in Königstein im Taunus. Die Schotten fanden ihr Quartier in einer alten umfunktionierten Mühle, Polen im Hotel Sonne-Post in Murrhardt bei Stuttgart. Spartanischer waren die Mannschaften aus Uruguay in der Sportschule Duisburg-Wedau sowie Haiti in der Sportschule Grünwald bei München untergebracht.[10]

Die bundesdeutsche Mannschaft war vier Wochen vor Beginn der Weltmeisterschaft in der Sportschule Malente (Schleswig-Holstein) untergebracht. Nach der Vorrunde wohnte sie in einer Sportschule in der Nähe von Duisburg und vor dem Endspieltag in Grünwald bei München.

Mercedes-Benz stellte jeder Nationalmannschaft einen Omnibus in entsprechender Lackierung mit den Landesfarben zur Verfügung. Als Skandal wurde das Verhalten der DDR gewertet. Diese hatte Ihren Bus zunächst nicht angenommen, weil Hammer und Zirkel fehlten. Durch die massive Intervention der ostdeutschen Delegation wurde das Nationalsymbol der DDR schließlich doch noch angebracht. Ein Nachbau des westdeutschen Exemplars wurde auf der IAA 2005 in Frankfurt am Main vorgestellt. Er ist im neuen Mercedes-Benz Museum in Stuttgart-Bad Cannstatt zu besichtigen.

Finanzierung

Der Etat für die Organisation der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 durch den Weltverband FIFA als Veranstalter und dem Deutschen Fußball-Bund als seinem Organisator betrug rund 80 Millionen DM. Die Finanzierung der Summe trug sich selbst, sodass anders als beim Bau der Stadien − für den die öffentlichen Haushalte rund 238 Millionen DM aufbrachten − die Organisation des Großereignisses selbst ohne eine Finanzierung aus Steuermitteln auskam.

Auf der Erlösseite standen an erster Stelle rund 30 Millionen Mark, die aus dem Verkauf der Eintrittskarten umgesetzt wurden. Die nächsten großen Einnahmeposten waren 18 Millionen Mark aus Fernsehhonoraren sowie 20 Millionen Mark aus der Bandenwerbung in den Stadien. Hinzu kamen etwa 12 Millionen Mark an Gebühren durch Lizenzvergaben unterschiedlichster Art, beispielsweise für WM-Schallplatten und Bücher, das WM-Emblem sowie die WM-Maskottchen Tip und Tap. Außerdem erzielten die Veranstalter noch weitere Einnahmen wie einen Fünfprozentanteil an der Glücksspirale oder einen Achtprozentanteil, den die FIFA aus sämtlichen Spielen erhielt, die die sechzehn Teilnehmer vier Wochen vor und vier Wochen nach der WM austrugen.

Sämtliche Einnahmen kamen in einen gemeinsamen Topf, aus dem zunächst alle Aufwendungen bestritten wurden. Hierzu zählten der Organisations- und Verwaltungsapparat sowie die Kosten für Funktionäre, Schiedsrichter und vor allem für die 16 Mannschaften. So erhielt jeder teilnehmende Verband Reisekosten für 25 Personen sowie 3.000 Mark für Unterkunft und Verpflegung, beginnend vier Tage vor seinem ersten bis zwei Tage nach seinem letzten Spiel. Der verbliebene Gewinn von rund 40 Millionen Mark nach Steuern wurde anhand eines festgelegten Schlüssels aufgeteilt. 65 Prozent des Betrags gingen mit einem Anteil, der sich nach dem jeweiligen Zuschauerzuspruch errechnete, an die Teilnehmerverbände, 10 Prozent an die FIFA und 25 Prozent an den DFB, der somit einen eigenen Gewinn von 10 Millionen Mark verbuchen konnte[11].

 
Das Olympiastadion in München war Austragungsort des Endspiels

Zuschauer und Stadien

Berichterstattung

Neuheit der 1974 in Deutschland stattfindenden 10. Weltmeisterschaft war die erstmalige Übertragung des gesamten Turniers im Farbfernsehen.[12] Weltweit verfolgten rund 900 Millionen Fernsehzuschauer in 112 Ländern die Spiele. Keine Übertragungen gab beispielsweise in der Sowjetunion und in China.

Die weltweiten Übertragungsrechte verkaufte die FIFA für 18 Millionen Mark an die beiden deutschen Fernsehanstalten ARD und ZDF, die sie ihrerseits ins Ausland weiterverkauften. Die Kosten für den technischen Aufwand der Übertragungen beliefen sich auf rund 22 Millionen Mark, von denen ein Teil über die Vermietung von Fernsehstudios oder die Einrichtungen der Sprecherplätze zum Selbstkostenpreis an die angeschlossenen ausländischen Fernsehanstalten weitergegeben wurde.

Die weltweiten Übertragungen begannen rund zehn Minuten vor dem Anpfiff des Spiels. Zunächst wurde − vor allem für die Zuschauer außerhalb Deutschlands − in einem drei Minuten dauernden Film die Stadt, in der das Spiel stattfand, porträtiert. Die letzte Einstellung des Films zeigte das jeweilige Stadion von außen, von dem mit Beginn der Liveübertragung auf eine Gesamtsicht des nun vollen Stadions umgeschaltet wurde. Die restlichen sieben Minuten zeigten das Einlaufen der Mannschaften, das Abspielen der Nationalhymnen sowie die Platzwahl. Beim Spiel selbst gab es Bilder aus fünf Kamerapositionen: zwei Führungskameras an der Seitenmitte, je eine Kamera hinter den Toren und eine Kamera in Nähe der Trainerbänke.

Fazit

Mit nur 2,55 Toren pro Spiel brachte die Weltmeisterschaft 1974 einen neuen Minusrekord. Nie zuvor waren im Schnitt so wenige Tore gefallen.

Spielerische Glanzpunkte des Turniers setzte vor allem die Mannschaft der Niederlande, welche mit Spielern wie Johan Cruijff, Johan Neeskens oder Johnny Rep bereits vor dem Turnier zu den Favoriten gehörte. Mit ihrem als totaalvoetbal oder Fußball total bezeichneten Konzept revolutionierte die holländische Mannschaft der WM 1974 um Bondscoach Rinus Michels den Fußball der kommenden Jahre. Bei dem von Individualität und Kreativität geprägten 4-3-1-2-Spielsystem schalten sich alle zehn Feldspieler in Angriff und Verteidigung ein. Verließ ein Spieler seine Position, rückte sofort ein anderer nach. Niemand war an seine Position gebunden, Abwehrspieler gingen in den Sturm, Stürmer halfen in der Defensive aus. So begeisterte die Niederländische Mannschaft die Zuschauer und stürmte bis ins Endspiel.[13]

Bei der WM 1974 hatte zum zweiten Mal in der Geschichte eine Mannschaft gewonnen, die im Turnier zuvor bereits einmal geschlagen wurde − und zum zweiten Mal hieß die Mannschaft Deutschland. Wie zuvor 1954 zeigte die deutsche Nationalelf, dass sie eine typische „Turniermannschaft“ ist, die sich von Spiel zu Spiel steigern kann. So wuchsen die Spieler erst im Verlauf des Turniers zu einer Mannschaft zusammen. Maßgeblichen Anteil hieran hatte Franz Beckenbauer, der neben seinen weltweit Anerkennung findenden Leistungen auf dem Spielfeld auch außerhalb des Platzes Verantwortung übernahm.

Trotz der unveränderten Dominanz von Südamerikanern und vor allem Europäern, markierte das Turnier in Deutschland den Beginn eines Wendepunktes in der Geschichte der FIFA und des Weltturniers. Zwar war die Bilanz der teilnehmenden „Fußball-Entwicklungsländer“ Zaire, Australien und Haiti mit einem Remis, acht Niederlagen und 2:33 Toren sportlich noch enttäuschend, jedoch wurden mit der im Vorfeld der Weltmeisterschaft stattfindenden Wahl des Brasilianers Joao Havelange zum ersten nicht-europäischen Präsidenten der FIFA die Weichen für die Zukunft gestellt. Bereits zum Zeitpunkt der WM 1974 bildeten die Länder außerhalb der traditionellen WM-Säulen Europa und Lateinamerika die Mehrheit der FIFA-Mitglieder. Die von Havelange im Wahlkampf eingeschlagene Strategie wollte dieser Tatsache Rechnung tragen. So versprach er den „Fußball-Entwicklungsländern“ eine Verdopplung der nicht-amerikanischen sowie nicht-europäischen Präsenz beim Weltturnier, Hilfe beim Bau und der Modernisierung von Stadien, technische und medizinische Unterstützung sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des dortigen Fußballs. Vor allem dies wird als Grund für die Wahl Havelanges angesehen, für dessen Wahl schließlich vor allem die Stimmen der Verbände Afrikas und Asiens ausschlaggebend waren.[14] Die 1974 begonnene Entwicklung führte bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien zu einer Aufstockung des Teilnehmerfeldes auf 24, und der versprochenen Verdopplung der afrikanischen, asiatischen sowie nord- und mittelamerikanischen Startplätze. Mit dem erstmaligen erreichen eines Viertelfinales durch die afrikanische Mannschaft von Kamerun bei der WM 1990 in Italien etablierten sich die früheren „Exoten“ endgültig als erstzunehmender Bestandteil der Fußball-Weltmeisterschaften.

Bemerkenswertes

Die einzige Mannschaft, die im Turnier keine Niederlage hinnehmen musste, war nicht Weltmeister Deutschland, sondern Schottland. Nach einem Sieg und zwei Unentschieden waren sie mit Brasilien und Jugoslawien punktgleich und schieden lediglich aufgrund der schlechteren Tordifferenz bereits nach der Ersten Finalrunde aus.

Siehe auch

Fußball-Weltmeisterschaft/Rekorde

Literatur

Bemerkungen und Einzelnachweise

  1. Dietrich Schulze-Marmeling: Die Geschichte der FIFA-Fußballweltmeisterschaft aus Das Parlament, Nr. 19 vom 8. Mai 2006
  2. rsssf.com: World Cup 1974 finals
  3. Kicker Sonderheft WM 74, S. 131
  4. zdf.de: Ein Elfjähriger schreibt Fußball-Geschichte
  5. Karl Adolf Scherer:Die Deutschen in einer Gruppe: Die Auslosung am 5. Januar 1974 aus Fußballweltmeisterschaft 1974, S.114 ff.
  6. Kicker Sonderheft WM 74: Wo die Nacht zum Tage wird...
  7. Edgar Fuchs: Ein Polizist für 40 Zuschauer aus Fußball 74 - Weltmeisterschaft, S. 168
  8. Edgar Fuchs: Ein Polizist für 40 Zuschauer aus Fußball 74 - Weltmeisterschaft, S. 168 f.
  9. Edgar Fuchs: Das Geheimnis der Männer in Schwarz aus Fußball 74 - Weltmeisterschaft, S. 156 f.
  10. Franz Beckenbauer: Die Quartiere: Brasilien ging auf den Berg, Italien zog ins Schloß aus WM 74, S. 40 ff.
  11. Kicker Sonderheft WM 74, S. 62
  12. fifaworldcup.yahoo.com: Deutschland 1974
  13. Ron Wijckmans: Wollt ihr den totalen Fußball?“ - David gegen Goliath auf dem Spielfeld
  14. Dietrich Schulze-Marmeling: Die Geschichte der FIFA-Fußballweltmeisterschaft aus Aus Politik und Zeitgeschichte: Fußballweltmeisterschaft 19/2006 vom 8. Mai 2006, S. 14
Commons: Category:FIFA World Cup 1974 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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