Defibrillation

Unterbrechen einer gestörten Herzerregung durch einen Strompuls
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Die Defibrillation ist eine Behandlungsmethode gegen die lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen Kammerflimmern und Kammerflattern, bei der durch starke Stromstöße die Herzaktivität wieder hergestellt werden soll. Das verwendete Gerät nennt man Defibrillator oder im Medizin-Jargon Defi.

Indikationen

Die Defibrillation kann ausschließlich im Rahmen der Reanimation beim sogenannten Kammerflimmern und Kammerflattern eingesetzt werden.

Kammerflimmern bedeutet, dass alle Herzmuskelzellen durch eine fehlerhafte Erregungsbildung am Herzen zittern, aber zu keiner koordinierten Aktion fähig sind. Dadurch kann das Herz nicht mehr pumpen, es entsteht ein Herzstillstand. Es ist kein Puls mehr tastbar.

Kammerflattern ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine pulslose ventrikuläre Tachykardie. Dabei werden extrem hohe (> 200) Pulsfrequenzen erreicht. Das Herz schlägt zwar wie wild, es wird aber kein Blut mehr gefördert. Auch hier ist kein Puls mehr tastbar.

In beiden Fällen werden alle Organe nicht mehr mit Blut versorgt. Beide Rhythmusstörungen enden unbehandelt tödlich. Kammerflimmern ist die häufigste tödliche Herzrhythmusstörung bei Erwachsenen.

Die beiden Diagnosen können mit einem einfachen 3-Kanal-EKG gestellt werden.

Ursache für beides kann zum Beispiel ein Herzinfark sein. Aber auch Stromschläge oder Medikamenten- und Drogenintoxikationen (z.B. die hochgiftige Bio-Droge Eibe) können diese Bilder verursachen.

Zeigt das Herz überhaupt keine elektrische Aktivität (Asystolie) oder bewirkt die elektrische Aktivität keinerlei mechanische Reaktion des Herzens (PEA - Pulslose elektrische Aktivität, bzw. EMD - Elektro-Mechanische Dissoziation), hat eine Defibrillation keinen Effekt.


Therapieprinzip

Das Therapieprinzip besteht darin, durch Applikation eines elektrischen Schocks von außen das gesamte Leitungssystem des Herzens zu depolarisieren. Danach kann sich der normale Herzrhythmus (Sinusrhythmus) spontan wieder einstellen. Reicht die applizierte Energie nicht aus, oder liegt eine schwerwiegende Schädigung des Herzens vor, bleibt das Kammerflimmern bestehen bzw. beginnt von neuem.

Vorgehen im Rahmen der Reanimation

Beim Erwachsenen wird zunächst mit einer Energie von 200 Joule defibrilliert. Erreicht der erste "Schuß" nicht die gewünschte Wirkung, wird sofort erneut mit 200 J defibrilliert. Anschließend wird die Energie auf 360 J erhöht und ein weiterer Versuch unternommen. Bleibt auch dieser erfolglos, wird zunächst mechanisch und medikamentös weiter reanimiert. Damit soll erreicht werden, dass das Herz ausreichend mit Sauerstoff versorgt ist, was nach derzeitigen Forschungsstand notwendig ist, damit es in einen physiologischen Rhythmus wechseln kann.

Nach ca. einer Minute wird erneut ein Dreier-Zyklus mit je 360 J probiert, anschließend wieder reanimiert. Bei Mißerfolg kann dieser Zyklus nach einer Minute wiederholt werden. Danach wird man die Defibrillationshäufigkeit deutlich reduzieren: Jeder "Schuß" verursacht verbrennungsähnliche Gewebeschäden. Zudem sinkt in fast allen Fällen die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Reanimation massiv ab, wenn bereits mehrfach erfolglos defibrilliert wurde, was auch ein Anzeichen für eine lange Reanimationsdauer ist. Ausnahmen sind hypotherme und vergiftete Patienten.

Zwischen den Defibrillationsversuchen wird der Patient üblicher Weise intubiert, und es werden Medikamente verabreicht, die die Herzkraft steigern sollen, gleichzeitig aber die Erregbarkeit senken.

Bei einem Herzstillstand ohne sichtbare elektrische Aktivität (Asystolie) kann Suprarenin (ein Adrenalin-Präparat]]) gegeben werden, um das Herz zum Schlagen oder wenigstens zum Flimmern zu bringen. Anders als in schlechten Filmen wird es jedoch nicht direkt in den Herzmuskel injeziert, sondern entweder über eine Vene oder über den Endotrachealtubus gegeben. Die endobronchiale Applikation ist jedoch nur bei wenigen Medikamenten sinnvoll möglich, der Wirkstoff wird dabei über die Alveolen aufgenommen.

Gefahren

Wird eine Defibrillation bei normalen Herzrhythmus versehentlich durchgeführt (z.B. bei Bewusstlosigkeit aus anderer Ursache) kann dadurch Kammerflimmern ausgelöst werden.

Daher ist es bei einer Defibrillation sehr wichtig, dass die Helfer nicht leitend mit dem Patienten verbunden sind: Sie begäben sich sonst in Lebensgefahr.

Geräte

Mittlerweile gibt es neben manuellen Defibrillatoren auch halbautomatische und vollautomatische.

Manueller Defibrillator

Bei einem manuellen Defibrillator entscheidet der Benutzer ohne jeden Hinweis des Gerätes, ob er es für notwendig hält, einen "Schock" auszulösen. Dafür ist es notwendig, dass das Gerät das EKG des Patienten anzeigen kann. Zudem ist Erfahrung notwendig, um Artefakte, wie zum Beispiel Schrittmacherimpulse im EKG richtig zu deuten.

Bekannte Geräte sind Lifepak 5, Lifepak 10, Lifepak 12 und CorPuls 08/15.

Halbautomat

Der Halbautomat ist vor allem im Rettungsdienst im Einsatz. Er schlägt dem Bedienpersonal aufgrund einer selbst durchgeführten Analyse des Herzrhythmus vor, ob eine Defibrillation erfolgen sollte. Der Anwender triff jedoch eine eigene Entscheidung. Dazu steht im ein EKG-Bild zur Verfügung.

Bekannte Vertreter sind das Lifepak 250 und Lifepak 300. Auch für das Lifepak 12 gibt es ein Zusatzmodul, durch das es zum Halbautomaten wird.

Vollautomat

Der vollautomatische Defibrillator entscheidet selbständig über die Defibrillation. Aus Sicherheitsgründen muß der "Schuß" dennoch über einen Knopfdruck ausgelöst werden - es darf kein Helfer ihn mehr berühren.

Vollautomaten können mittlerweile auch implantiert werden. Ihre Elektroden haben dann direkten Kontakt zum Herzmuskel und werden bei Bedarf ausgelöst. Durch den direkten Kontakt sind viel geringere Energien möglich, der Patient merkt häufig nur einen leichten Schlag - so ähnlich wie beim Anfassen eines Weidezauns.

Externe, vollautomatische Defibrillatoren werden mittlerweile an vielen öffentlichen Orten vorgehalten - in vielen Münchner U-Bahnhöfen stehen diese dem Ersthelfer zur Verfügung. Ein erster Patient wurde in München so bereits erfolgreich wiederbelebt. Auch der Oberbürgermeister Christian Ude hat in seinem Dienstwagen einen solchen Defibrillator, um Erste Hilfe leisten zu können.

Auch die sogenannten First Responder, sich immer mehr etablierende Vorausfahrzeuge des Rettungsdienstes, setzen automatische Defibrillatoren ein. Eine Defibrillation sollte möglichst schnell erfolgen. Nach Ansicht einiger ist auch die schnelle Zubringung und der professionelle Einsatz des Defibrillators die Haupt-Existenzberechtigung der First-Responder.

Verfahren

Man unterscheidet die monophasische und biphasische Defibrillation. Letztere ist das modernere Verfahren und kommt mit deutlich geringeren Energien aus. Das wird durch eine speziell gesteuerte Energieabgabe erreicht. Für die Patienten ist das schonender.

Dennoch sind auch biphasische Geräte mit den bekannten Werten 200 und 360 J beschriftet: Sie entsprechen in ihrer Wirkung monophasischen Geräten dieser Leistung.

Ähnliche Anwendungen

Verwandt mit der Defibrillation ist die elektrische Kardioversion. Auch hierbei wird mit einem elektrischen Schock das Herz depolarisiert, um jedoch andere Herzrhythmusstörungen zu beenden. Im Gegensatz zur Defibrillation wird der Schock automatisch nur in einer bestimmten Phase des Herzzyklus abgegeben, um die Entstehung von Kammerflimmern zu vermeiden.