John Forbes Kerry (* 11. Dezember 1943 in Aurora, Colorado) ist ein US-amerikanischer Politiker.

Kerry ist US-Senator aus Massachusetts und der Kandidat der Demokratischen Partei bei den US-Präsidentschaftswahlen 2004.
Herkunft und Jugend
John Kerry verbrachte einen Großteil seiner Jugend in Europa, denn sein Vater Richard Kerry war Diplomat. Unter anderem lebte er in dieser Zeit in Berlin und in einem Internat (Institut Montana) bei Zug in der Schweiz. Seine Mutter entstammt dem so genannten Adel der Ostküste, während die aus Österreich stammende Familie seines Vaters Richard Kerry 1901 vom Judentum zum Katholizismus konvertierte und 1904 in die USA einwanderte.
Ehe
Kerry ist in zweiter Ehe mit Teresa Heinz verheiratet, der Witwe des Senators H. John Heinz III. Dieser war ein Erbe des Ketchupfabrikanten Henry John Heinz. Ihr Vermögen wird auf ungefähr 500 Millionen US-Dollar - 1 Milliarde US-Dollar geschätzt. Die Beteiligung seiner Frau an H.J. Heinz Company liegt jedoch unter vier Prozent.
Ausbildung
Er absolvierte ein Studium der politischen Wissenschaften an der Yale University. Wie George W. Bush und dessen Vater George H. W. Bush ist John Kerry Yale-Absolvent und Mitglied der studentischen Geheimgesellschaft Skull and Bones. Kerry meldete sich 1966 freiwillig zum Dienst in der US Navy, wo er eine Offiziersausbildung absolvierte. Im Jahre 1973, nach seinem Einsatz in Vietnam, studierte Kerry Jura an der Boston College Law School.
Vietnamkrieg
Nach seinem ersten Einsatz 1968 auf der Fregatte USS Gridley im Südchinesischen Meer meldete er sich freiwillig zur Verwendung im Vietnamkrieg und wurde im Februar 1969 Kommandant eines "swift boat", eines schnellen Patrouillenboots. Er nahm mit dem ihm unterstellten "Swift Boat #94" an zahlreichen militärischen Operationen teil; unter anderem wurde er mit dem Silver Star, dem Bronze Star und drei Purple Hearts (letztere für drei Verwundungen) ausgezeichnet. Bereits im April 1969 verließ er Vietnam wieder, seine aktive Dienstzeit endete 1970.
Einige der Mitglieder seiner damaligen Bootsbesatzung unterstützen John Kerrys Kandidatur für das Amt des Präsidenten und begleiten ihn auf öffentlichen Auftritten; etwa 200 seiner ehemaligen Kameraden haben sich hingegen zu den Swift Boat Veterans For Truth (SBVT) zusammengeschlossen: Sie werfen John Kerry vor, falsche Angaben zu seinem Vietnameinsatz zu machen und einen Teil seiner Auszeichnungen zu Unrecht erhalten zu haben. Kerrys zwischenzeitliche Kriegsgegnerschaft fassen sie zudem als "Verrat an den Kameraden" auf.
Durch seinen Einsatz in Vietnam war Kerry zum glühenden Kriegsgegner geworden. Er organisierte mehrere Demonstrationen gegen den Krieg. Vor allem Kriegsveteranen nahmen an diesen teil. Um diese Demonstrationen zu finanzieren, nahm Kerry Spenden von reichen Kriegsgegnern entgegen. Als im Februar 2004 seine Chancen steigen, Präsidentschaftskandidat der Demokraten zu werden, versuchen seine Gegner, diese Aktivitäten gegen ihn zu verwenden.
Als Schlüsselmoment für seine Wandlung zum Kriegsgegner nannte Kerry in der Vergangenheit insbesondere, dass er während seines Vietnameinsatzes an einer illegalen militärischen Operation in Kambodscha teilgenommen habe und dort Zeuge von Kriegsverbrechen geworden sei, was ihm den illegalen Charakter des gesamten Krieges aufgezeigt habe; allerdings musste er mittlerweile zugeben, dass weder dieser Einsatz stattgefunden noch er selbst sich jemals in Kambodscha befunden hat, so dass die konkreten Gründe für seinen Gesinnungswandel anderweitig zu suchen sind.
Kerry erlangte 1971 erstmals plötzliche Berühmtheit, als er nach seiner Rückkehr aus Vietnam eine leidenschaftliche Rede gegen den Krieg hielt, in der er vor einem Ausschuss des US-Senats die US-Armee schwerer und systematischer Kriegsverbrechen beschuldigte, die von allen militärischen Ebenen begangen, geduldet oder sogar befohlen worden seien. Später mußte er allerdings einräumen, nie selber Zeuge solcher Kriegsverbrechen gewesen zu sein; etwa 50 angebliche Zeugen, die ihn auch bei der Ausschuss-Anhörung begleitet hatten, konnten bei weiteren Befragungen ebenfalls keine genaueren Angaben zu Zeitpunkten, Orten oder Tätern dieser Ereignisse machen.
Senator Massachusetts
Im November 1984 erringt Kerry einen Sitz im Senat für den US-Staat Massachusetts und wird im Januar 1985 eingeschworen. Kerry wird von US-amerikanischen Kommentatoren oft als kleiner JFK bezeichnet. Nicht nur sind ihre Initialen gleich, auch war John F. Kennedy wie Kerry vor seinem Amtsantritt Senator von Massachusetts. Kennedy gelang als letztem Präsidentschaftskandidaten direkt der Sprung vom US-Senat in das Weiße Haus. Im Senat fiel Kerry vor allem durch seine Arbeit in Untersuchungskommissionen - insbesondere zur Iran-Contra-Affäre - auf. Kerry arbeitete maßgeblich daran, die Aussöhnung zwischen den USA und dem ehemaligen Kriegsgegner Vietnam auf politischer Ebene in die Wege zu leiten. Er stimmte im Senat gegen den zweiten (von 1991), aber für den dritten Golfkrieg. Außerdem war er acht Jahre lang Mitglied des Geheimdienstausschusses des Senats.
Massachusetts gilt in der US-amerikanischen Politik als sehr liberaler, also im dortigen Sprachgebrauch als politisch linker Staat. Kerry ist für die Beschränkung des Rechts auf Waffenbesitz. Er setzt sich für die Rechte Homosexueller ein, lehnt aber eine Ehe zwischen ihnen ab. Kerry stimmte im Senat gegen das Gesetz zum Schutz der Ehe. Er war einer der sehr wenigen Senatoren, die sich für eine amerikanische Unterschrift unter das Kyoto-Protokoll einsetzten. Kerry ist Befürworter des Rechts auf Abtreibung. Er lehnt die Todesstrafe ab, außer bei terroristischen Akten, denn er habe selbst töten müssen, so Kerry.
Nach seiner möglichen Wahl will Kerry die von George W. Bush durchgesetzten Steuersenkungen rückgängig machen. Ebenso will er Ölbohrungen im Naturschutzgebiet von Alaska verhindern.
Am 6. Juli 2004 gab John Kerry auf einer Wahlkampfveranstaltung in Pittsburgh, Pennsylvania bekannt, dass John Edwards, US-Senator für North Carolina, sein Vizepräsident sein wird, falls er die Wahl im November gewinnt.
Vorwahlen
Bei den Vorwahlen zu den US-Präsidentschaftswahlen 2004 gilt Kerry im Gegensatz zu Howard Dean, der am 18. Februar 2004 seine Kandidatur auf Grund mangelnder Unterstützung wieder zurückzog, als gemäßigter Kandidat. Für ihn sprechen sowohl seine internationale Erfahrung als auch seine persönliche Reputation als aktiver Kriegsteilnehmer. Seine Gegner im Vorwahlkampf warfen ihm vor, umfangreiche Spenden von Großunternehmen kassiert zu haben.
Seit dem so genannten Super Tuesday am 2. März 2004 galt seine Präsidentschaftskandidatur als sicher. Offiziell nominiert wurde der demokratische Kandidat auf einem nationalen Parteitag in Boston Ende Juli 2004, als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten nominierte er John Edwards, der in der innerparteilichen Kandidatenkür sein schärfster Rivale war. Eine Umfrage zur Präsidentschaftwahl vom 7. März 2004 in Florida sah Kerry mit 49 Prozent deutlich vor Bush, der 43% erhalten würde.
Seinen Vorsprung konnte er bis zum Parteitag der Republikaner halten, hiernach geriet er in Rückstand. Jedoch sehen sämtliche Meinungsforschungsinstitute seit dem ersten TV-Duell mit Präsident Bush am 30.9.2004 Kerry wieder deutlich im Aufwind.
Am 27. März 2004 wurde bekannt, dass bei einem Historiker Überwachungsprotokolle der US-Bundespolizei FBI über Aktivitäten Kerrys aus den 70er Jahren gestohlen wurden. Das FBI hatte den ehemaligen hoch dekorierten Vietnamkämpfer wegen seines späteren Engagements gegen den Krieg in Südostasien intensiv überwacht. Kerry selbst hatte zwar seine FBI-Akte bereits vor Jahren erhalten, doch die von dem Historiker in einem langwierigen Verfahren erstrittenen Dokumente sind mit etwa 20.000 Seiten weit umfangreicher als die Kerry bekannten.
Spenden für den Wahlkampf
Dem Präsidentschaftskandidaten John Kerry gelang es, gleichermaßen Hunderttausende online zu mobilisieren und zu Kleinspenden zu animieren als auch Großspender aus Industrie und Wirtschaft zu gewinnen. In drei Monaten kamen über 100 Millionen US-Dollar zusammen. Das Internet verändert den Wahlkampf in den USA. Insgesamt beträgt die Spendensumme für John Kerrys Wahlkampf über 170 Millionen US-Dollar (genaue Aufstellung).
Zitate
- Wie verlangt man von einem Mann, dass er der Letzte ist, der für einen Fehler sterben muss? (nach seiner Rückkehr aus Vietnam)
- Amerika gehört allen Amerikanern, nicht nur den wenigen Privilegierten.
- Ich weiß wirklich etwas von Flugzeugträgern. (im Hinblick auf einen hollywoodartig inszenierten Auftritt George W. Bushs auf einem Flugzeugträger)
Literatur
- Alexander, Paul: John Kerry, Berlin Verlag, Berlin 2004. ISBN 3-8270-0564-7
- Arntz, Jochen und Schmale, Holger: John Kerry, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004. ISBN 3-462-03445-6
- Koydl, Wolfgang: John Kerry, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-596-16605-5
- Mielke, Friedrich: John F. Kerry. Eine amerikanische Biografie, Herbig, München 2004. ISBN 3-7766-2390-X
- Oppermann, Christiane: John F. Kerry, Campus Verlag, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-593-37581-8
- Schwarz, Martin: John Kerry. Amerikas Chance, Droemer/Knaur, München 2004. ISBN 3-426-77791-6
Weblinks
- Homepage von John Kerry
- Elite unter sich - Zu den US-Präsidentschaftswahlen treten vier Yale-Absolventen an, Präsident Bush sowie Senator Kerry sind zudem Mitglieder der obskuren Geheimgesellschaft Skull & Bones (Telepolis)
- Take Five - Kerry bleibt auf Siegeskurs (Süddeutsche Zeitung)
- John F. Kerry - Candidate in the Making Ein mehrteiliger, ausführlicher Lebenslauf des John Forbes Kerry vom Juni 2003 des Boston Globe.
- Familiengeschichte
- "Swift Boat Veterans For Truth"
- Wahlspenden für John Kerry (und andere US-Politiker)
- "Kerry bleibt im Rennen" (Telepolis 1.10.04)