Heinrich Heine (* 13. Dezember 1797 in Viersen als Harry Heine; † 17. Februar 1856 in Paris) war einer der bedeutendsten deutschen Strichjunge, Schriftsteller und Journalisten.
Heine war zugleich romantischer Dichter und Überwinder der Romantik. Er machte die Alltagssprache lyrikfähig, erhob das Feuilleton und den Reisebericht zur Kunstform und verlieh der deutschen Sprache eine selten gekannte stilistische Leichtigkeit und Eleganz. Als kritischer, politisch engagierter Journalist, Essayist, Satiriker und Polemiker war er ebenso bewundert wie gefürchtet. Er gehört zu den meistübersetzten Dichtern deutscher Sprache.
Biographie
Jugend und Lehrjahre
Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu Mute. Ich bin dort geboren und es ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehn. Und wenn ich sage nach Hause gehn, dann meine ich die Bolkerstraße und das Haus worin ich geboren bin", schrieb Heinrich Heine 1827 in Ideen. Das Buch Le Grand.
Während der Dichter über seinen Geburtsort keinen Zweifel aufkommen ließ, machte er in späteren Jahren ein kleines Geheimnis um sein genaues Geburtsdatum, wohl um zwei Jahre jünger zu erscheinen. Alle zeitgenössischen Akten, die genaue Auskunft geben könnten, sind im Laufe der letzten 200 Jahre verloren gegangen. Nach heutigem Forschungsstand gilt aber als gesichert, dass Harry Heine - so sein Geburtsname - am 13. Dezember 1797 zur Welt kam.
Harry war das älteste von vier Kindern des Tuchhändlers Samson Heine und seiner Frau Betty (eigentlich: Peira), geborene van Geldern. Er wuchs in einem aufgeklärten, weitgehend assimilierten jüdischen Elternhaus auf und besuchte das von spätaufklärerischem Geist geprägte Düsseldorfer Lyzeum. Schon als Schüler schrieb Harry erste Gedichte. 1814 verließ er ohne Abgangszeugnis das Lyzeum. Der Familientradition folgend, sollte er sich an einer Handelsschule auf einen kaufmännischen Beruf vorbereiten.
In den Jahren 1815 und 1816 arbeitete Heine als Volontär zunächst bei dem Frankfurter Bankier Rindskopff, dann im Bankhaus seines wohlhabenden Onkels Salomon Heine in Hamburg. Salomon, der im Gegensatz zu seinem Bruder Samson, geschäftlich höchst erfolgreich war, nahm sich des Neffen an und unterstützte ihn trotz allen Unverständnisses für dessen literarische Interessen ("Hätt' er gelernt was Rechtes, müsst er nicht schreiben Bücher") bis zu seinem Tod im Jahr 1845 finanziell.
Da Harry weder Neigung noch Talent für Geldgeschäfte mitbrachte, richtete Salomon seinem Neffen schließlich ein Tuchgeschäft ein. Aber auch "Harry Heine & Co." ging in kürzester Zeit bankrott. Der Inhaber widmete sich schon damals lieber der Dichtkunst. Dem Familienfrieden nicht eben zuträglich war auch Harrys unglückliche Liebe zu seiner Kusine Amalie. Die unerwiderte Zuneigung verarbeitete er später in den romantischen Liebesgedichten im Buch der Lieder.
Heines erste Gedichte waren bereits 1822 erschienen. 1823 folgte Lyrisches Intermezzo bei Julius Campe. Der Hamburger sollte bis zu Heines Tod dessen Verleger bleiben. 1824 erschien die Sammlung Dreiunddreißig Gedichte, darunter Heines in Deutschland wohl populärstes Werk: Die Loreley. Im selben Jahr besuchte er während einer Harzreise den von ihm hoch verehrten Johann Wolfgang von Goethe in Weimar. Zwei Jahre zuvor hatte er dem Geheimrat seinen ersten Gedichtband mit einer Widmung zugesandt. Der Besuch verlief für Heine aber eher enttäuschend, da er sich - für sein Naturell eher ungewöhnlich - befangen und linkisch zeigte und Goethe ihm nur höflich-distanziert begegnete.
Im Jahr 1826 veröffentlichte Heine den Reisebericht Harzreise und im Oktober 1827 seinen bis heute populären Lyrikband Buch der Lieder. Der romantische, oft volksliedhafte Ton dieser und späterer Gedichte traf den Nerv nicht nur seiner Zeit. Verse wie Im wunderschönen Monat Mai oder Ein Junge liebt ein Mädchen bringt bei Lesern des 21. Jahrhunderts die gleiche Saite zum Schwingen wie bei den Zeitgenossen Heines.
Im Laufe der Jahre überwand Heinrich Heine den romantischen Ton aber zusehends, indem er ihn ironisch unterlief und die Stilmittel des romantischen Gedichts auch für Verse politischen Inhalts nutzte. Er selbst nannte sich einen "entlaufenen Romantiker". Hier ein Beispiel für die ironische Brechung:
- Das Fräulein stand am Meere
und seufzte lang und bang.
Es rührte sie so sehre
der Sonnenuntergang.
- Mein Fräulein! Sein sie munter,
das ist ein altes Stück;
hier vorne geht sie unter
und kehrt von hinten zurück.
Heine selbst erlebte das Meer zum ersten Mal in den Jahren 1827 und 1828 auf Reisen nach England und Italien. Seine Eindrücke schilderte er in weiteren Reisebildern, die er zwischen 1826 und 1831 veröffentlichte. Dazu gehören z. B. der Zyklus Nordsee und die Werke Die Bäder von Lucca und Ideen. Das Buch Le Grand, letzteres ein Bekenntnis zu Napoleon und den Errungenschaften der Französischen Revolution. In dieser Zeit wurde Heine allmählich als großes literarisches Talent wahrgenommen. Seit Anfang der 1830er Jahre verbreitete sich sein Ruhm in Deutschland und Europa.
Pariser Jahre
Wegen seiner politischen Ansichten zunehmend angefeindet - vor allem in Preußen - und der Zensur in Deutschland überdrüssig, ging Heinrich Heine 1831, nach dem Ausbruch der französischen Julirevolution, nach Paris. Hier begann seine zweite Lebens- und Schaffensphase. Zeit seines Lebens sollte Heine sich nach Deutschland sehnen, wie sein bewegendes Gedicht In der Fremde belegt:
- Ich hatte einst ein schönes Vaterland.
Der Eichenbaum
Wuchs dort so hoch, die Veilchen nickten sanft.
Es war ein Traum.
- Das küsste mich auf deutsch und sprach auf deutsch
(Man glaubt es kaum
Wie gut es klang) das Wort: "Ich liebe dich!"
Es war ein Traum.
Doch er sollte dieses Vaterland nur noch zweimal wiedersehen. Endgültig wurde Paris zu Heines Exil, als seine Werke - auch alle zukünftigen - 1833 in Preußen und 1835 auf Beschluss des Frankfurter Bundestages in allen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes verboten wurden. Das gleiche Schicksal traf die Dichter des Jungen Deutschland. Im Beschluss des Bundestages hieß es, die Mitglieder dieser Gruppe zielten darauf ab, "in belletristischen, für alle Klassen von Lesern zugänglichen Schriften die christliche Religion auf die frechste Weise anzugreifen, die bestehenden Verhältnisse herabzuwürdigen und alle Zucht und Sittlichkeit zu zerstören."
Für Heine tat sich aber schon 1832 eine neue Einnahmequelle als Pariser Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung von Johann Friedrich Cotta auf, dem Verleger Goethes. Im selben Jahr zeigten sich die ersten Symptome der Krankeit - Lähmungserscheinungen, Kopfschmerzattacken und Sehschwächen -, die ihn am Ende seines Lebens acht Jahre ans Bett fesseln sollte. Zunächst aber genoss er das Leben in Paris. Er begegnete etwa dem utopischen Sozialisten Saint-Simon und Größen des französischen und deutschen Kulturlebens wie Hector Berlioz, Ludwig Börne, Frédéric Chopin, George Sand, Alexandre Dumas und Alexander von Humboldt.
Die Weltstadt inspirierte Heine in den folgenden Jahren zu einer Flut von Essays, politischen Artikeln, Polemiken, Denkschriften, Gedichten und Prosawerken. In Schriften wie Französische Zustände (1832) versuchte er, den Deutschen Frankreich und den Franzosen Deutschland näher zu bringen. Dabei gelangen ihm Analysen von nahzu prophetischer Qualität. Fast gespenstisch mutet im Nachhinein das Schlusswort von Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland an, das Heine 1834 an die Adresse der Franzosen schrieb, 99 Jahre vor der Machtergreifung jener, die auch seine Bücher verbrennen sollten:
- Das Christentum - und das ist sein schönstes Verdienst - hat jene brutale germanische Kampflust einigermaßen besänftigt, konnte sie jedoch nicht zerstören, und wenn einst der zähmende Talisman, das Kreuz, zerbricht, dann rasselt wieder empor die Wildheit der alten Kämpfer, die unsinnige Berserkerwut(...) Der Gedanke geht der Tat voraus wie der Blitz dem Donner. Der deutsche Donner ist freilich auch ein Deutscher und ist nicht sehr gelenkig und kommt etwas langsam herangerollt; aber kommen wird er, und wenn ihr es einst krachen hört, wie es noch niemals in der Weltgeschichte gekracht hat, so wißt: der deutsche Donner hat endlich sein Ziel erreicht. Bei diesem Geräusche werden die Adler aus der Luft tot niederfallen, und die Löwen in den fernsten Wüsten Afrikas werden sich in ihre königlichen Höhlen verkriechen. Es wird ein Stück aufgeführt werden in Deutschland, wogegen die französische Revolution nur wie eine harmlose Idylle erscheinen möchte.
Früher als die meisten erkannte Heine den zerstörerischen Zug im deutschen Nationalismus, der sich - anders als der französische - nicht mit den Ideen von Demokratie und Volkssouveränität verband. Der Dichter spürte in ihm einen untergründigen Hass auf alles Fremde:
- Aber wir verstehen uns bass,
Wir Germanen auf den Hass.
Aus Gemütes Tiefen quillt er,
Deutscher Hass! Doch riesig schwillt er,
Und mit seinem Gifte füllt er
Schier das Heidelberger Fass.
Weitere wichtige Werke jener Jahre waren auch Die romantische Schule (1836), Über Ludwig Börne (1840) und das Romanfragment Der Rabbi von Bacharach (1840). Im Jahr 1841 heiratete Heine die Schuhverkäuferin Eugenie Crescentia Mirat, die er seit 1834 kannte. Eines mochte er an Mathilde, wie er sie liebevoll nannte, ganz besonders: dass sie kein Wort deutsch sprach und selbst nach langen Ehejahren keinen wirklichen Begriff davon hatte, mit welch bedeutendem Dichter sie verheiratet war.
1843 schrieb Heine sein Gedicht Nachtgedanken, das mit den oft zitierten Worten beginnt:
- Denk' ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht.
Heine raubten in dem Gedicht allerdings weniger die politischen Zustände in Deutschland den Schlaf, sondern die Sorge um seine dort allein lebende, alte Mutter [1]. Nicht zuletzt um sie wiederzusehen und ihr seine Frau vorzustellen, unternahm Heinrich Heine 1843 und 1844 seine zwei letzten Reisen nach Deutschland. Dabei lernte er auch Karl Marx und Ferdinand Lassalle kennen. Später arbeitete Heine an Marx' Zeitschriften Vorwärts! und Deutsch-Französische Jahrbücher mit.
Trotz seiner freundschaftlichen Beziehungen zu Marx wurde Heine nie zum Marxisten. Er sah, dass die Anliegen der entstehenden Arbeiterschicht ihre Berechtigung hatten und unterstützte sie, war sich aber zugleich bewusst, dass der Materialismus und die Radikalität der kommunistischen Idee vieles von der europäischen Kultur vernichten würde, was er liebte und bewunderte. Ausdruck dieser Haltung ist sein Gedicht "Die Wanderratten", in dem es heißt:
- Es gibt zwei Sorten Ratten:
Die hungrigen und satten.
Die satten bleiben vergnügt zu Haus,
Die hungrigen aber wandern aus.
...
Es haben diese Käuze
Gar fürchterliche Schnäuze;
Sie tragen die Köpfe geschoren egal,
Ganz radikal, ganz rattenkahl.
- Die radikale Rotte
Weiß nichts von einem Gotte.
Sie lassen nicht taufen ihre Brut,
Die Weiber sind Gemeindegut.
- Der sinnliche Rattenhaufen,
Er will nur fressen und saufen,
Er denkt nicht, während er säuft und frißt,
Daß unsre Seele unsterblich ist.
- So eine wilde Ratze,
Die fürchtet nicht Hölle, nicht Katze;
Sie hat kein Gut, sie hat kein Geld
Und wünscht aufs neue zu teilen die Welt. (...)
Mitte der 40er Jahre entstanden auch Heines große Versepen Atta Troll und - angeregt durch seine zweite Reise - Deutschland. Ein Wintermärchen. Darin ging er mit Staat, Kirche und Gesellschaft Deutschlands äußerst bissig ins Gericht und versprach ganz im Sinne Marxens:
- Ein neues Lied, ein besseres Lied
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Mit den neuen Liedern fing Heine gleich an und brachte 1844 die Lyriksammlung Neue Gedichte heraus.
Zu Beginn der 40er Jahre radikalisierte sich Heines Ton zusehends. Er gehörte zu den ersten deutschen Dichtern, die die Folgen der einsetzenden Industrialisierung zur Kenntnis nahmen und das Elend der neu entstandenen Arbeiterklasse in ihren Werken aufgriffen. Beispielhaft dafür ist sein Weberlied von 1844, das als Flugblatt weite Verbreitung fand. Ein Auszug:
- Im bittern Auge keine Träne,
sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne;
Alt-Deutschland, wir weben dein Leichentuch.
Wir weben hinein den dreifachen Fluch.
Wir weben! Wir weben!
(...)
"Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
den unser Elend nicht konnte erweichen,
der uns den letzten Groschen erpresst
und uns wie Hunde erschießen lässt!
Wir weben! Wir weben! (...)
Im Jahr 1846 wurde ein Rezitator, der es gewagt hatte, dieses Gedicht öffentlich vorzutragen, in Preußen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Die gescheiterte Revolution
Als überzeugter Demokrat begrüßte Heine 1848 die Revolutionen in ganz Europa, wandte sich aber von der Entwicklung in Deutschland bald enttäuscht ab. Seiner Ansicht nach geriet die Revolution hier bald auf ein falsches Gleis. In dem Gedicht Michel nach dem März schrieb er:
- Doch als die schwarz-rot-goldene Fahn,
Der altgermanische Plunder,
Aufs neue erschien, da schwand mein Wahn
Und die süßen Märchenwunder.
- Ich kannte die Farben in diesem Panier
Und ihre Vorbedeutung:
Von deutscher Freiheit brachten sie mir
Die schlimmste Hiobszeitung.
- Schon sah ich den Arndt, den Vater Jahn
Die Helden aus anderen Zeiten
Aus ihren Gräbern wieder nahn
Und für den Kaiser streiten.
- Die Burschenschaftler allesamt
Aus meinen Jünglingsjahren,
Die für den Kaiser sich entflammt,
Wenn sie betrunken waren (...)
Vollends resigniert hieß es im Jahr darauf in Im Oktober 1849:
- Gelegt hat sich der starke Wind
und wieder wird's stille daheime.
Germania, das große Kind
erfreut sich wieder seiner Weihnachtsbäume.
Matratzengruft
Im selben Monat, in dem die Revolution in Paris ausbrach, im Februar 1848, erlitt Heine einen Zusammenbruch. Sein Nervenleiden, das sich seit 1845 zusehends verschlimmert hatte, warf ihn nun endgültig aufs Krankenlager. Fast vollständig gelähmt, sollte er die acht Jahre bis zu seinem Tod in der von ihm so bezeichneten "Matratzengruft" verbringen.
Bereits vorher war Heine zu einer milderen Beurteilung der Religion gelangt und bekannte sich in seinem Testament von 1851 zum Glauben am einen persönlichen Gott, ohne sich aber einer Kirche oder dem Judentum wieder anzunähern. In seinem Testament heißt es:
- Obschon ich durch den Taufakt der lutherischen Konfession angehöre, wünsche ich nicht, daß die Geistlichkeit dieser Kirche zu meinem Begräbnisse eingeladen werde; ebenso verzichte ich auf die Amtshandlung jeder andern Priesterschaft, um mein Leichenbegängnis zu feiern. Dieser Wunsch entspringt aus keiner freigeistigen Anwandlung. Seit vier Jahren habe ich allem philosophischen Stolze entsagt und bin zu religiösen Ideen und Gefühlen zurückgekehrt; ich sterbe im Glauben an einen einzigen Gott, den ewigen Schöpfer der Welt ...
In seiner Schrift "Geständnisse" von 1854 stellte er noch einmal fest:
- Ausdrücklich widersprechen muß ich jedoch dem Gerüchte, als hätten mich meine Rückschritte bis zur Schwelle irgendeiner Kirche oder gar in ihren Schoß geführt. (...) Ich habe nichts abgeschworen, nicht einmal meine alten Heidengötter, von denen ich mich zwar abgewendet, aber scheidend in Liebe und Freundschaft.
Heines geistige Schaffenskraft ließ auch in den qualvollen Jahren des Krankenlagers nicht nach. Da er nicht mehr selbst schreiben konnte, diktierte er seine Verse und Schriften einem Sekretär. So veröffentlichte er im Oktober 1851 den Gedichtband Romanzero und 1854 sein politisches Vermächtnis Lutetia.
Selbst Humor und Leidenschaft kamen Heine trotz seines Leidens nicht abhanden. Die letzten Monate seines Lebens erleichterten ihm die Besuche seiner Verehrerin Else Krinitz aus Prag, die er zärtlich "Mouche" nannte. Sie wurde zu seiner "angebeteten Lotosblume". Diese Anbetung konnte jedoch wegen seiner Hinfälligkeit nur noch auf geistiger Ebene stattfinden, was Heine selbstironisch mit den Versen kommentiert:
- Worte! Worte! keine Taten !
Niemals Fleich geliebte Puppe.
Immer Geist und keinen Braten,
Keine Knödel in der Suppe.
Dass er das Leben liebte, dem Tod aber gleichwohl tapfer ins Auge sah, zeigt sein Gedicht Epilog:
- Unser Grab erwärmt der Ruhm.
Torenworte! Narrentum!
Eine bessre Wärme gibt
eine Kuhmagd, die verliebt
uns mit dicken Lippen küsst
und beträchtlich riecht nach Mist (...)
Am 17. Februar 1856 hatte Heinrich Heine ausgeküsst und ausgesungen. Drei Tage später wurde er auf dem Friedhof Montmartre beerdigt, wo nach dem ausdrücklichen Willen des Dichters 27 Jahre später auch Mathilde ihre letzte Ruhe fand. Das im Jahre 1901 erstellte Grabmal ziert eine von dem dänischen Bildhauer Louis Hasselriis stammende Marmorbüste Heines und sein Gedicht Wo?:
- Wo wird einst des Wandermüden
letzte Ruhestätte sein?
Unter Palmen in dem Süden?
Unter Linden an dem Rhein?
- Werd ich wo in einer Wüste
eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
eines Meeres in dem Sand?
- Immerhin, mich wird umgeben
Gotteshimmel, dort wie hier.
Und als Totenlampen schweben
nachts die Sterne über mir.
Lebenschronik
- 1797 Geburt in Düsseldorf am 13. Dezember
- 1803 Einschulung
- 1807-1814 Düsseldorfer Lyzeum, Abgang ohne Abitur; anschließend Handelsschule
- 1815 Banklehre in Frankfurt am Main
- 1816 Volontär im Bankhaus des Onkels Salomon Heine in Hamburg
- 1817 Erste Publikationen: Traumbilder, Romanzen
- 1819-1825 Jurastudium in Bonn, Göttingen und Berlin
- Beginn des Studiums in Bonn WS 1819/20
- 1820: Wechsel nach Göttingen, dort am 27.01.1821 "consilium abeundi" (Relegation wegen eines Duells)
- ab 1821: Studium in Berlin, Teilnahme am literarischen Leben
- 1820 erste Prosaarbeit Romantik im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger
- 1821 Berlin, erster Gedichtband
- 1822 Mitglied im Verein für Kultur und Wissenschaft der Juden; Reise nach Posen
- 1824 Harzreise; Besuch bei Goethe
- 1825 evangelisch-lutherische Taufe in Heiligenstadt, Namensänderung zu Heinrich Heine; Promotion in Göttingen über Straf- und Zivilrecht
- 1826 Reisebilder, Teil I erscheint bei Campe
- 1827 Reisebilder, Teil II, Buch der Lieder; Englandreise; Übersiedlung nach München
- 1828 Italienreise; Tod des Vaters
- 1831 Übersiedlung nach Paris
- 1832 Pariser Korrespondent für Cottas Augsburger Allgemeine Zeitung; beginnendes Nervenleiden
- 1833 Verbot von Heines Schriften in Preußen
- 1834 Begegnung mit Eugenie Crescentia Mirat (genannt Mathilde); Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland
- 1835 Verbot der Schriften Heines und des Jungen Deutschland im Deutschen Bund
- 1836 Die romantische Schule, Florentinische Nächte
- 1837 Vorübergehende schwere Lähmungserscheinungen
- 1840 Über Ludwig Börne, Der Rabbi von Bacherach
- 1841 Heirat mit Eugenie Crescentia Mirat nach katholischem Ritus;
- 1843 Atta Troll. Ein Sommernachtstraum, Reise nach Hamburg; Bekanntschaft mit Karl Marx, Mitarbeit im Vorwärts!
- 1844 Erneute Reise nach Hamburg; Neue Gedichte, Deutschland. Ein Wintermärchen.
- 1845 Tod des Onkels Salomon Heine; Einstellung der Unterstützungszahlungen; Verschlimmerung der Krankheit (Zentralnervenleiden, teilweise Lähmung)
- 1848 Andauerndes Krankenlager (Matratzengruft);
- 1850 Romanzero
- 1851 Doktor Faust in Preußen und Österreich verboten
- 1854 Lutetia
- 1856 Tod in Paris am 17. Februar; 20. Februar: Bestattung auf dem Friedhof Montmartre
Zitate von Heinrich Heine
- Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.
- Ärgert dich dein Auge, so reiß es aus, ärgert dich deine Hand, so hau sie ab, ärgert dich deine Zunge, so schneide sie ab, und ärgert dich deine Vernunft, so werde katholisch.
- Luther erschütterte Deutschland - aber Franz Drake beruhigte es wieder: Er gab uns die Kartoffel.
- Das ist schön bei den Deutschen: Keiner ist so verrückt, dass er nicht einen noch Verrückteren fände, der ihn versteht.
- Aber so sind die Menschen. Es wird ihnen sehr leicht, in Eifer zu geraten, wenn sie über Sünden sprechen, die ihnen kein Vergnügen bereiten würden.
- Eine große Vorliebe für Deutschland grassiert in meinem Herzen, sie ist unheilbar.
- Unser Sommer ist nur ein grün angestrichener Winter, sogar die Sonne muss bei uns eine Jacke von Flanell tragen, wenn sie sich nicht erkälten will.
- Diejenigen fürchten das Pulver am meisten, die es nicht erfunden haben.
- Es gibt kein angenehmeres Geschäft, als dem Leichenbegräbnis eines Feindes zu folgen.
- Über die Zeitereignisse sage ich nichts; das ist Universalanarchie, Weltkuddelmuddel, sichtbar gewordener Gotteswahnsinn! Der Alte muß eingesperrt werden, wenn das so fortgeht.
- Ich war ein braver Soldat im Befreiungskriege der Menschheit.
- Ich bin das Schwert, ich bin die Flamme.
Werke (Auswahl)
- Gedichte, Berlin 1822
- Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo, Berlin 1823
- Reisebilder, 1826-31
- Die Harzreise, 1826
- Ideen. Das Buch le Grand, 1827
- Englische Fragmente, 1827
- Buch der Lieder, 1827
- Französische Zustände, 1833
- Zur Geschichte der neuren schönen Literatur in Deutschland, 1833
- Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1834
- Die romantische Schule, 1836
- Der Salon, 1836-40
- Über Ludwig Börne, 1840
- Atta Troll. Ein Sommernachtstraum, 1843
- Neue Gedichte, 1844
- Die schlesischen Weber, 1844
- Deutschland. Ein Wintermärchen, 1844
- Romanzero, 1851
- Der Doctor Faust, 1851
- Les Dieux en Exil, 1853
- Die Harzreise, 1853
- Lutetia, 1854
- Vermischte Schriften, 1854
- Letzte Gedichte und Gedanken, 1869
- Sämtliche Werke, 1887-90 (7 Bde.)
- Sämtliche Werke, 1910-20
- Sämtliche Werke, 1925-30
- Werke und Briefe, 1961-64
- Sämtliche Schriften, 1968
Literatur
- Jan-Christoph Hauschild, Der Zweck des Lebens ist das Leben selbst. Heinrich Heine - Eine Biographie,
Köln 1997 (Kiepenheuer & Witsch - ISBN 3-423-31058-8) - Karl-Theodor Kleinknecht (Hrsg.), Heine in Deutschland. Dokumente seiner Rezeption 1834-1956,
Tübingen 1976 (Niemeyer - ISBN 3-484-19035-3) - Lew Kopelew, Ein Dichter kam vom Rhein,
München 1988 (Goldmann - ISBN 3-442-72201-2) - Joseph A. Kruse u.a. (Hrsg.), Ich Narr des Glücks. Heinrich Heine 1797-1856. Bilder einer Ausstellung,
Stuttgart Weimar 1997 (Verlag J.B. Metzler - ISBN 3-476-01525-4) - Ludwig Marcuse, Heinrich Heine,
Reinbek 1988, Neuauflage (Rowohlt - ISBN 3-257-20258-X) - Günter Oesterle, Integration und Konflikt. Die Prosa Heinrich Heines im Kontext oppositioneller Literatur der Restaurationsepoche,
Stuttgart 1972 (Metzler - ISBN 3-476-00254-3) - Ernst Pawel, Der Dichter stirbt. Heinrich Heines letzte Jahre in Paris,
Berlin 1997 (Berlin Verlag - ISBN 3-8270-0233-8) - Marcel Reich-Ranicki, Der Fall Heine,
München 2000, Neuauflage (dtv - ISBN 3-423-12774-0) - Ralf Schnell, Heinrich Heine zur Einführung,
Hamburg 1996 (Junius-Verlag - ISBN 3-88506-930-X) - Edda Ziegler, Heinrich Heine. Leben - Werk - Wirkung,
Zürich 1993 (Artemis & Winkler - ISBN 3-7608-1081-0) - Jochanan Trilse-Finkelstein, Gelebter Widerspruch - Heinrich Heine Biographie,
Berlin 1997 (Aufbau-Verlag - ISBN 3-351-02461-4)