Das Pergamonmuseum ist Teil des Museumsensembles auf der Berliner Museumsinsel. Es wurde zwischen 1910 und 1930 nach Plänen von Alfred Messel undLudwig Hoffmann für den von Carl Humann entdeckten Pergamonaltar, die Sammlung nachantiker "deutscher" Kunst der Gemälde- udn Skulpturengalerie, die vorderasiatische Abteilung mit hettitischen, assyrischen, babylonischen und persischen Kunstwerken sowie die Islamische Kunst-Abteilung u.a. mit der Mschatta-Fassade erbaut. Jede dieser Abteilungen wurde ursprünglich eingeständig bezeichnet, erst seit 1958 führt der gesamte Bau den Namen "Pergamonmuseum", der bis dahin für die Säle der Antikensammlung im ostflügel reserviert war. Heute beherbergt es die Antikensammlung, das Vorderasiatische Museum und das Museum für Islamische Kunst. Das Pergamonmuseum war 2005 mit etwa 960.000 Besuchern das meistbesuchte Berliner Museum und das am besten besuchte deutsche Kunstmuseum. Auch von 1999-2003 war es jeweils das meistbesuchte Berliner Museum.


Geschichte
Das erste Pergamonmuseum
Das erste Pergamonmuseum wurde 1897 - 1899 durch Fritz Wolff (1847-1921) erbaut und 1901 eröffnet mit der Enthüllung des von Adolf Brütt geschaffenen Bildnisses von Carl Humann. Der Lichthof des damaligen Museumsbaus enthielt bereits weitere Architektur aus Pergamon, Priene und Magnesia.
Nach dem Abriss des ersten Pergamonmuseums 1908 waren die Pergamenischen Bildwerke bis zur Vollendung des Nachfolgebaus in der östlichen Säulenhalle des Neuen Museums untergebracht.
Zum ersten Pergamonmuseum vgl. grundlegend Volker Kästner,Das alte Pergamonmuseum. Berliner Museumspläne gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in Forschungen und Berichte 26, 1987, S. 29-56 Berlin (Ost)1987.
Das zweite Pergamonmuseum
Da die bei den Ausgrabungen in Babylon, Uruk, Assur und Ägypten gefundenen Monumentalobjekte im ersten Bau nicht adäquat gezeigt werden konnten und dieser außerdem bald Schäden zeigte (das Fundament war abgesackt, wäre allerdings bei entsprechendem politischen Willen durchaus reparabel gewesen), gab es seit 1906 Planungen von Wilhelm von Bode, dem 1905 neu berufenen Generaldirektor der damals Königlichen, seit 1918 Staatlichen Museen für einen Neubau an gleicher Stelle. In diesem sollten neben den antiken Architekturen im Nordflügel die deutsche Kunst der Nachantike im Deutschen Museum, im Südflügel die Vorderasiatische Abteilung und (seit 1927 geplant) die Islamische Kunst-Abteilung unterkommen.
Seit 1907 plante Alfred Messel den monumentalen Dreiflügelbau in straffen neuklassizistischen Formen. Da er 1909 starb, übernahm sein engster Freund, der Berliner Baustadtrat Ludwig Hoffmann, die Ausführung des Baues. Außerdem waren die Architekten Wilhelm Wille, Walter Andrae für die Einrichtung der Vorderasiatischen Abteilung und German Bestelmeyer für die Einrichtung des Deutschen Museums sowie Ernst Kühnel, der gemeinsam mit Hoffmann die Islamische Kunstabteilung mit der Mschatta-Fassade entwickelte, an dem Projekt beteiligt. 1910 begannen die Bauarbeiten, die durch den Ersten Weltkrieg, die Revolution 1918 und die Inflation 1922/1923 verzögert wurden. Erst 1930 konnte der Bau der Dreiflügelanlage im Wesentlichen abgeschlossen und die vier Museen darin eröffnet werden. Nicht fertigestellt waren zu diesem Zeitpunkt die von Messel und Hoffmann geplante Kolonnadenhalle am Kupfergraben sowie der zwischen dem Neuen Museum und dem Kupfergraben geplante Flügel für die Ägyptische Museum Berlins mit der Nofretete.
Zweiter Weltkrieg und dessen Folgen
Während der Luftangriffe auf Berlin wurde das Pergamonmuseum schwer getroffen; viele Ausstellungsstücke wurden an sichere Orte ausgelagert, die Monumentalstücke wurden zum Teil eingemauert. 1945 sicherten Kunstschutzoffiziere der Roten Armee alle beweglichen Bestände im Ostteil Berlins für ein großes Siegesmuseum Stalins. Erst 1958 wurden ein Großteil der Bestände an die DDR zurückgegeben. Jedoch befinden sich immer noch erhebliche Teile der Sammlungen völkerrechtswidrig in den Depots des Puschkin-Museums in Moskau und der Eremitage in Sankt Petersburg. Die Rückkehr dieser Bestände, darunter der berühmte Schatz des Priamos, ist 1990 zwischen der Bundesrepublik und Russland vertraglich festgelegt worden, wurde jedoch bisher durch das russische Parlament, die Duma, und durch Museumsdirektoren in Moskau verhindert.
Ausstellung
Das Pergamonmuseum enthält Sammlungen dreier Museen: der Antikensammlung, des Museums für Islamische Kunst und des Vorderasiatischen Museums. Das Museum zeigt verschiedene Stücke antiker Monumentalarchitektur, zu den wichtigsten und bekanntesten Ausstellungsstücken zählen:
- der Pergamonaltar
- das Markttor von Milet
- das Ischtar-Tor und die Prozessionsstraße von Babylon
- die Mschatta-Fassade
Antikensammlung
- Hauptartikel: Antikensammlung Berlin
Die Antikensammlung geht auf die brandenburgischen Kurfürsten zurück, die Objekte des klassischen Altertums sammelten. Mit dem Kauf der Sammlung eines römischen Archäologen 1698 wurde die eigentliche Antikensammlung begründet. Erstmalig der Öffentlichkeit zugänglich wurde ein Teil der Sammlung mit der Eröffnung des Alten Museums 1830. Bedeutende Teile der Sammlung wurden durch die archäologischen Grabungen in Olympia, Samos, Pergamon, Milet, Priene und Didyma ergänzt.
Mit der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch die Antikensammlung geteilt. 1959 wurde das Pergamonmuseum in Ost-Berlin wiedereröffnet, die in West-Berlin befindlichen Bestände wurden bis 1995 im Stüler-Bau gegenüber dem Schloss Charlottenburg ausgestellt.
Die Antikensammlung ist derzeit an zwei Standorten untergebracht: im Pergamonmuseum und im Hauptgeschoss des Alten Museums. Der Sammlungsteil im Pergamonmuseum zeigt Kunstwerke der griechischen und römischen Antike: Baukunst, Skulpturen, Inschriften, Mosaiken, Bronzen und Schmuck. Die beiden Hauptanziehungspunkte sind der Pergamonaltar aus dem 2. Jahrhundert v. Chr., dessen Skulpturenfries beeindruckend den Kampf der Götter mit den Giganten darstellt, sowie das Markttor von Milet aus römischer Zeit. Hauptstücke sind ferner die hocharchaische Berliner Göttin aus Keratea (Attika) sowie die spätarchaische Thronende Göttin aus Tarent (Italien).
Museum für Islamische Kunst
- siehe Hauptartikel: Museum für Islamische Kunst (Berlin)
Vorderasiatisches Museum
Im Vorderasiatischen Museum werden Exponate aus archäologischen Grabungen deutscher Wissenschaftler, unter anderem der Deutschen Orient-Gesellschaft, gezeigt, die im Bereich der sumerischen, babylonischen und assyrischen Hochkulturen ausgegraben wurden. Dazu zählen viele monumentale Baudenkmäler, Reliefs und auch kleinere Kult-, Schmuck- und Gebrauchsgegenstände.
Besondere Anziehungspunkte sind das babylonische Ischtar-Tor, ein Teil der davor gelegenen Prozessionsstraße sowie die Thronsaalfassade Nebukadnezar II..
Masterplan Museumsinsel
Im Rahmen des Masterplans Berliner Museumsinsel soll das Pergamonmuseum zu einem Zentrum des Ensembles ausgebaut werden, da es attraktiv an das Neue Museum, das Bodemuseum, die Alte Nationalgalerie und das neue Eingangsbauwerk angebunden werden kann.
Im Jahr 2000 wurde für die Umbauarbeiten ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, den der Kölner Architekt Oswald Mathias Ungers gewann. Nach seinen Plänen soll der Bau saniert werden. Wegen der schweren Eingriffe, die Ungers in die weitgehend seit 1930 unverändert erhaltene Originalsubstanz des Pergamonmuseums plant, sind die Pläne von Ungers umstritten. Das bestehende Zugangsgebäude im Ehrenhof aus den 1980er Jahren soll durch einen abstrahierten Portikus ersetzt werden und der bislang nach Süden offene Hof durch einen vierten aufgeständerten Flügel geschlossen werden.
Die Verbindung zu den anderen Museumsbauten soll über eine weitgehend in den Sockelgeschossen verlaufende Archäologische Promenade erfolgen. Auch diese ist wegen der Kosten und des pädagogischen Konzepts umstritten. Das Pergamonmuseum wird ab 2008 für eine unbestimmte Zeit abschnittsweise saniert. Die Finanzierung ist derzeit nicht gesichert.
Lage
- Anschrift: Pergamonmuseum, Bodestraße 1-3, 10178 Berlin
- ÖPNV: Berlin, U-Bahnstation Friedrichstraße, S-Bahn-Station Hackescher Markt
Literatur
- Wilhelm von Bode, Denkschrift 1907, in Wilhelm von Bode, Mein Leben, Berlin 1930
- Carl Watzinger, Theodor Wiegand, Berlin 1944
- Volker Viergutz, Berliner Museumskrieg. Ein unveröfentlichtes Kapitel der Lebenserinnerungen Ludwig Hoffmanns in Berlin und Geschichte und Gegenwart. Jhrb. D. Landesarchivs Berlin 1993, S. 85-112, Berlin 1993
- Olaf Matthes, Das Pergamonmuseum, Berlin-Edition, Berlin 1999 (2-Aufl. 2006)
- Nicola Küsemann, Vom Zweistromland zum Kupfergraben. Vorgeschichte und Entstehungsjahre (1899-1918) der Vorderasiatischen Abteilung der Berliner Museen vor fach- und kulturpolitischen Hintergründen, in Jhb. Der Berliner Museen N.F. 42, 2000, Beiheft (Diss FU Berlin 1999), Berlin 2000
- Volker Viergutz, „Das hätten wir in der Brüderstraße uns auch nicht träumen lassen.“ Anmerkungen zur Freundschaft von Ludwig Hoffmann und Alfred Messel, in Berlin und Geschichte und Gegenwart. Jhrb. D. Landesarchivs Berlin 2001, S. 73-124, Berlin 2001
- Carola Wedel (Hrsg.), Das Pergamonmuseum in Berlin, Nicolai-Verlag Berlin 2005
- Nikolaus Bernau, Die Berliner Museumsinsel, Stadtwandel-Verlag Berlin 2006
Darüber hinaus ist zu verweisen auf die abgeschlossene Dissertation von
- Robert Habel, Berlin, zum Lebenswerk von Alfred Messel
- sowie auf die Architektur- und Museumsgeschichte des Pergamonmuseums behandelnde und vor dem Abschluss stehende Dissertation von Nikolaus Bernau, Berlin "Das Pergamonmuseum in Berlin. Der Gründungsbau des wilhelminischen Neuklassizismus und die Debatte um Nationalkunst und Nationalmuseum".