Hexenverfolgung

systematische Jagd und Tötung von vermeintlichen Hexen
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Als Hexenverfolgung wird die Verfolgung von Frauen oder Männern bezeichnet, man als Hexen verstand Die Verfolgung sollte

  1. Schadenszauber abwehren
  2. die eigene religiöse Integrität wahren, oder (im Christentum)
  3. die Seele der Verirrten retten.

Geschichte

Altertum

Hexenverfolgung lassen sich bereits in den alten Hochkulturen nachweisen. Magie wurde sorgfältig beobachtet, Hexerei wurde als schwarze Magie gefürchtet. Sowohl in Babylonien (Codex Hammurabi: Wasserprobe) als auch in Ägypten sind Hexenverfolgungen nachweisbar.

Auch die Bibel kennt Hexen (Hexe von Endor) und ordnet ihre Verfolgung an: „Zauberinnen sollst du nicht leben lassen“ (Exodus 22,17).

Christentum

Das Römische Reich betreibt ursprünglich Hexenverfolgungen in einem den römischen Christenverfolgungen vergleichbaren Ausmaß.

Die alte Kirche hält sich bei diesen Verfolgungen eher zurück. Wohl kommt es zu Exzessen, wie im Martyrium der als Hexe verfolgten neuplatonischen Philosophin Hypatia durch christliche Mönche (415), ein explizites Programm für Hexenverfolgungen gab es jedoch noch nicht, da die Kirche die damit verbunden Ansichten und Praktiken als Aberglaube ablehnte.

Im Gegenteil stellte die Synode von Paderborn 785 den Glauben an Hexen und ihre Verfolgung unter Strafe: Wer vom Teufel verleitet nach heidnischem Glauben behauptet, dass es Hexen gibt und sie auf dem Scheiterhaufen verbrennt, wird mit dem Tode bestraft. was Karl der Große per Gesetz bestätigte.

Die Krise der Kirche des Mittelalters

Die eigentliche Entstehung der christlichen Hexenverfolgung beginnt im 13. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Inquisition.

Als Faktoren des Zustandekommens der Hexenverfolgungen sind u.a. verschiedene Krisen anzusehen:

  1. die Christianisierung, die Durchsetzung der monotheistischen christlichen Religion im vollen erwünschten Sinn war in der Bevölkerung gescheitert. Sie blieb christlich verbrämt heidnisch. Insbesondere der Dämonenglaube erfreute sich weiter hohen Zuspruchs.
  2. zahlreiche Ketzerbewegungen erschütterten die katholische Weltkirche. So zogen sich Menschengruppen ganzer Landstriche angewidert von Welt und Klerus zurück (Katharer) oder führten ein an urchristlicher Gerechtigkeit orientiertes Leben (Waldenser u.v.a.).

Das Hexenbild Thomas v. Aquins

Thomas von Aquin, der über das Mittelalter hinaus maßgebliche katholische Theologe und Philosoph, schuf für ein verändertes "kirchliches" Hexenbild die theoretische Grundlage. Nach seiner Auffassung schlossen die Menschen, wenn sie Hexen würden, mit dem Teufel einen Pakt, der bis zum sexuellen Verkehr reiche. Kritischen Einwänden, es handele sich dabei um Hysterie-Phänomene, Angst oder Phantasieprodukte, hielt er entgegen:

"Einige behaupten, dass es in der Welt keine Zauberei gäbe, dass diese lediglich in den Vorstellungen der Menschen existiere, die sie mit Naturerscheinungen in Verbindung bringen, deren Ursachen ihnen unerklärlich sind. ...Jene Menschen glauben nicht, dass die Teufel jemals anders existierten als in der Einbildung des Volkes. Sie erklären die Existenz der Teufel damit, dass der Mensch die Ängste, die seinem eigenen Hirn entstammen, mit dem Teufel in Verbindung bringe; und da bei starker Erregung der Phantasie in den Vorstellungen des Menschen jene Bilder erscheinen, an die er denkt, so scheint es dem Menschen in einem solchen Zustand bisweilen, als ob er den Teufel wirklich sähe. Aber der wahre Glaube lehnt das ab, und wir, die ihm folgen, glauben, dass die Dämonen vom Himmel verstoßene Engel sind, dass sie infolge der Feinheit ihrer Natur vieles tun können, was wir nicht vermögen, und dass es Leute gibt, die veranlassen, das zu tun und die deshalb auch Schädlinge genannt werden."

Waren die Hexenverfolgungen Christenverfolgungen?

Bis ins 13. Jahrhundert galt die Exkommunikation als die höchste kirchliche Strafe. Die Häretiker waren damit aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen, körperliches Leid wurde ihnen jedoch nicht zugefügt.

1215 fordert das 4. Laterankonzil die Anwendung konkreter Gewalt gegen verurteilte Ketzer. 1220 sagt Kaiser Friedrich II. staatliche Hilfe zu bei der Verfolgung von Ketzern .
1224 fügt er die Androhung der Todesstrafe durch Verbrennung hinzu.
1235 setzt Papst Gregor IX. die Inquisition ein. Die Kirche lehnt nunmehr das Prinzip der Nichtexistenz von Hexen ab.
1238 Kaiser Friedrich II. ordnet die Todesstrafe durch Verbrennen an gegen alle der Verschwörung gegen Gott und dem Praktizieren des Teufelskultes überführten Ketzer.
1252 Papst Innozenz IV. genehmigt die Folter zur Wahrheitsfindung.

Immer noch ist Hexerei für die Kirche offensichtlich kein die Existenz dergestalt bedrohendendes Vergehen wie die anderen Ketzereien. Dies wird deutlich in der Anweisung Papsts Alexander IV. vom 20. Januar 1260:

"Die euch übertragene Sache ist so wichtig, dass ihr euch davon nicht abhalten lassen dürft durch die Verfolgung anderer Arten von Verbrechen. Deshalb sollen Prozesse gegen Wahrsagerei und Zauberei nur dann von euch angestrengt werden, wenn sie offensichtlich durch die Häresie hervorgerufen sind; in anderen Fällen muss man sie bei den seit altersher dafür eingesetzten Richtern belassen".
Das neue Hexenverständnis

Zu den Merkmalen einer Hexe gehören: der Flug zum Teufel, des Pakt mit ihm samt Sexualverkehr (in Gestalt von incubus und succubus), was sie allein noch nicht zum Häretiker machte. Entscheidend war das noch fehlende „soziale“ Element einer Verschwörung. Dieses machte man im Hexensabbat, einer orgiastischen Versammlung, in der die Schwarze Messe den Gipfelpunkt bildete. Man nannte diese „Organisation“ Synagoge des Satans, in der man die gewissermaßen die Existenz der Kirche bedrohende Konkurrenz ortete, die es auszuschalten galt. Die Zugehörigkeit zu dieser Organisation machte den Verdächtigen zum Häretiker. Sie zu „beweisen“, war mittels der Folter kein Problem.

Somit entstand ein vermischendes Neuverständnis der Hexen. Nicht mehr der Schaden, den die Hexen anrichten, war ihr entscheidendes Merkmal, sondern der Abfall vom Glauben. Nunmehr bildeten sie eine -geistliche- Gefahr; die Kirche ging gegen ihre Gläubigen (im Gefolge Augustins mit Zwang und Feuer „für ihre Seelenrettung“) mit Gewalt vor.

Die europäische Hexenverfolgung

So kam es zu den europäischen Hexenprozessen, die von 1450-1750 ihren Höhepunkt mit zahllosen Todesopfern erreichte 80 % davon waren Frauen; dazu eine hohe Zahl weiterer zu Konfiskation, Haft oder Galeere Verurteilter.

Die ideologische Grundlage Handlungsanweisung für die Hexenverfolgung bildeten die 1484 herausgegebene Bulle Summis desiderantes von Papst Innozenz VIII. wie der von zwei Dominikanern verfasste Hexenhammer (Malleus Maleficarum) englischer Text. Letzterer bildete den Höhepunkt einer Unzahl zeitgenössischer Handbücher über Bekämpfung der Hexerei, die durch den Buchdruck weite Verbreitung fanden ([siehe Beispiele], der sich nicht nur der Zauberei, sondern besonders den Frauen als solchen gegenüber als feindlich erwies..

Die Verfolgung von Hexen wurde von allen Kirchen - katholischen, lutherischen, reformierten, anglikanischen und puritanischen – bejaht und unterstützt. Die Verfolgung von zu Hexen erklärten Frauen und Männern forderte nach einer Schätzung mehr als 100.000 Todesopfer. Ein großer Teil der Bevölkerung wie auch ein Teil des Klerus (u.a. Friedrich Spee), der die Hexenjagd aus christlichen Motiven ablehnte, wurde im Hexenhammer zu Häretikern erklärt und mithin der Verfolgung preisgegeben (Hairesis maxima est opera maleficarum non credere Es ist eine große Häresie, nicht an das Wirken von Hexen zu glauben.).

Hexenverfolgungen als Massenphänomen wurden durch die Kirche beabsichtigt, eingeleitet und gesteuert. Dabei spielte die Inquisition die maßgebliche Rolle. Sie war nicht der Scharfrichter, das ließ sie durch weltliche Gerichte erledigen, sie war der Ermittler und Erbringer der Beweise. In vollem Bewusstsein, und trägt dafür die Verantwortung.

Unter Klerikern gab es ebenso Befürworter wie Gegner der Hexenjagd (die dann oft ebenfalls als Zauberer denunziert wurden).

Die Rechnung der anfangs krisenerschütterten Kirche ging auf. Die Denunziationen aus der breiten Bevölkerung mehrten sich. Die Inquisition wurde zu einem machtvollen Instrument. Neue Krisen wie die Aufklärung sollten nicht nur die erneut die Kirchen erschüttern, sondern auch die Hexenverfolgungen beenden.

Im Vatikan geht man heute davon aus, dass die Bulle gegen die Hexerei mehr als 300.000 Menschen das Leben kostete, davon etwa 85 Prozent Frauen. Insgesamt sollen etwa drei Millionen Menschen vor die Inquisitoren gestellt worden sein, etwa jeder Fünfzigste wurde verbrannt.

Auch in nichtchristlichen Religionen bzw. erst in jüngerer Zeit christianisierten Regionen kommt es immer wieder zu Hexenverfolgungen, Zauberei oder Magie. So sind im Moment insbesondere die Fälle der sog. "Kinderhexen" im Kongo in die Aufmerksamkeit gerückt. Hexenprozesse

Daten und Zahlen

Letze Hinrichtungen:

  • 1610 in Holland
  • 1684 in England
  • 1745 in Frankreich
  • 1775 in Deutschland
  • 1782 in Glarus/Schweiz
  • 1792 in Posen/Polen (auch 1793)

Hingerichtete seit 1500 (geschätzt)

  • 100 000 in überlieferten Unterlagen festgehalten
  • 200 000 nach Robbins
  • 200 000 - 500 000 nach Schormann

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