Das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) ist das größte Warenhaus Kontinentaleuropas, gelegen in der Tauentzienstraße in Berlin-Schöneberg am Wittenbergplatz, und das bekannteste Warenhaus Deutschlands.

Geschichte
Kaiserreich und Weimarer Republik: Die Ära Jandorf
Der Kaufmann und Kommerzienrat Adolf Jandorf gründete 1905 ein Kaufhaus, das vom Architekten Johann Emil Schaudt mit fünf Etagen und ca. 24.000 m² Verkaufsfläche gestaltet wurde und eröffnete es im April 1907 als „Kaufhaus des Westens“. Unter der Bezeichnung Neuer Westen wurden die großen städtebaulichen Erweiterungen von Tiergarten, Charlottenburg und Wilmersdorf nach der Gründung des Deutschen Reiches 1870/71 inoffiziell zusammengefasst.
Jandorf konzipierte sein sechstes Kaufhaus nach dem Vorbild amerikanischer Warenhäuser, indem er viele kleine Fachgeschäfte unter einem Dach vereinte. Die Fassade wurde wie bei den umliegenden Wohnhäusern horizontal gegliedert und nur durch einen Mittelrisaliten hervorgehoben. Das Innere war jedoch luxuriös gestaltet und mit moderner Technik ausgestattet. Ein Rohrpostsystem verband 150 verschiedene Zahlstellen im Haus mit der Zentralkasse. Zusätzliche Kundendienstleistungen wie elektrisches Licht, 20 Aufzüge, ein Friseursalon, eine Wechselstube und ein Teesalon erhöhten die Attraktivität. Schon bald avancierte das Warenhaus durch sein modernes und exquisites Angebot zu einer der beliebtesten Kaufadressen Berlins. Die Tauentzienstraße wurde von einer reinen Wohnstraße zu einem Einkaufsboulevard.
Ab 1927 gehörte das Kaufhaus zum Warenhauskonzern Hermann Tietz. Von 1929 bis 1930 erfolgte ein Um- und Erweiterungsbau durch die Architekten Schaudt und H. Ströming. Das bisherige Walmdach wurde durch ein Mansarddach ersetzt. Eine Neuheit war der Einbau einer Dachterrasse.[1]
"Drittes Reich": Enteignung von Tietz
Das Handelsunternehmen Hermann Tietz geriet durch die Weltwirtschaftskrise 1929-1933 in Liquiditätsengpässe wie fast alle großen Unternehmen. Von einer Bankengruppe, darunter die Dresdner Bank,[2] wurde ein Kredit über 14 Mio. Reichsmark zurückgehalten trotz einer informellen Zusage im Frühjahr 1933. Nur unter der Bedingung einer Einsetzung eines „arischen“ Geschäftsführers erklärte man sich noch bereit, an Tietz den Kredit zu vergeben. In Abstimmung mit dem Reichswirtschaftsministerium luden die Banken im März 1933 die drei Geschäftsführer des Tietz-Konzerns vor, um sie mit einem angeblichen Entschuldungsplan zu konfrontieren, der auf eine kalte Enteignung hinauslief. Man traf sich im Hotel Adlon und nahm ihnen die Pässe ab, um den Verkaufsdruck zu Bedingungen der Banken zu erhöhen und um ihre Ausreise zu verhindern. Danach stieg der Kaufmann Georg Karg mit 50.000 Reichsmark ein und bot damit die erwünschte Sicherheit für den Kredit über 14 Mio. Reichsmark.
Die bereits seit Beginn des Jahrhunderts bestehende Wortmarke Hertie aus den Anfangsbuchstaben des Namensgebers wurde weiterhin genutzt. 1939/1940 schließlich kaufte Karg dann den Konzern komplett von Tietz.
Nach dem Zweiten Weltkrieg: Wiederaufbau und Erweiterungen
Während des Zweiten Weltkrieges stürzte 1943 ein US-amerikanisches Flugzeug in das Dachgeschoss, wodurch das Warenhaus weitgehend ausbrannte. Bis zur Wiedereröffnung fand ein Notverkauf im Femina-Tanzpalast an der Nürnberger Straße statt. Nach Kriegsende waren schon 1950 die ersten beiden Etagen wieder aufgebaut. Am Tag der Eröffnung begehrten 150.000 Besucher Einlaß. Während der Nachkriegszeit deckte das Kaufhaus vor allem den Grundversorgungsbedarf und bot erst wieder in den 1970er Jahren vermehrt Luxuswaren an.[3] Von 1967 bis 1977 erfolgten weitere Um- und Ausbauten und das Kaufhaus verfügte nun über 44.000 m². Unmittelbar nach der Wende erlebte der Einkaufsmagnet ab dem 10. November 1989 mehrere Tage lang einen weiteren großen Andrang. Tausende von DDR-Bürgern bestaunten fassungslos den legendenumwobenen Konsumtempel und legten den Verkauf weitgehend lahm. In den 90er Jahren stockte das KaDeWe noch einmal um 16.000 m² auf, ein siebter Stock wurde mit einer Glaskuppel überdacht.[4] Ab 2004 bereitete sich das KaDeWe auf sein hundertjähriges Jubiläum vor, weshalb eine weitere Umbauphase für das komplette Haus in Angriff genommen wurde.
Nach der Wiedervereinigung: Die Ära Karstadt
Seit 1994 gehört das KaDeWe durch die Hertie-Übernahme der Karstadt AG an, jetzt KarstadtQuelle AG. Das KaDeWe ist das Aushängeschild der Karstadt Warenhaus GmbH. In mehreren Schritten sollen 13 der rund 90 Karstadt-Häuser zur KarstadtQuelle Premium Group zusammengefasst und unter Leitung von KaDeWe-Geschäftsführer Patrice Wagner auf das Niveau des KaDeWe umstrukturiert werden. Darunter befinden sich Wertheim am Berliner Kurfürstendamm und in der Steglitzer Schloßstraße, das Alsterhaus in Hamburg sowie Karstadt in Dresden, Düsseldorf, Limbecker Platz in Essen, Breite Straße in Köln, an der Lorenzkirche in Nürnberg sowie Karstadt Stuttgart und das Oberpollinger in München.[5] [6]
Verkaufsbereiche
Das Warenhaus hat derzeit 60.000 m² Verkaufsfläche, was rund neun Fußballfeldern entspricht, und über 380.000 verschiedene Artikel, insbesondere im gehobenen und Luxussegment. Es ist damit nach Harrods mit 92.000 m² das zweitgrößte Warenhaus Europas, jedoch das größte auf dem Kontinent. Täglich besuchen zwischen 40.000 und 50.000 Gäste das exklusive Warenhaus, in der Vorweihnachtszeit sind bis zu 100.000 Kunden. Zwischen den Etagen fahren 64 Rolltreppen und 26 Aufzüge.[7] Die Geschäftsleitung setzt auf eine attraktive Mischung von gehobenem Angebot und reinen Luxuswaren. Die Luxusartikel sollen nur 10 bis 15 Prozent höchstens am Gesamtumsatz einnehmen.[8] Das Verkaufspersonal hat eine Schulung im Umgang mit vermögenden Kunden erhalten.[5]
Im Untergeschoß oder der sogenannten 8. Etage können neben den Autos auch Hunde in speziellen Boxen geparkt werden. Am Haupteingang begrüßt ein livrierter Portier mit grauem Zylinder Kunden und gibt Auskunft in sieben Sprachen über den Standort der jeweils gesuchten Waren.[9]
In einer hellen, 400 m² großen Ausstellungshalle im Eingangsbereich bilden aufwendig gestaltete Produktpräsentationen oder Dekorationen den ersten Blickfang. Eine weitere Möglichkeit zur Gestaltung von Produktpromotionen bietet der zentrale Lichthof an, der auch von gläsernen Aufzügen flankiert wird. Zu Beginn des 100-jährigen Firmenjubiläums am 1. März 2007 wurde im Lichthof eine über sechseinhalb Meter hohe, siebenstufige Torte als Symbol für das KaDeWe präsentiert und für alle Kunden kostenlos mit einem Glas Prosecco angeboten.[10] Den Abschluss und Höhepunkt der KaDeWe-Jubiläumsfeierlichkeiten wird eine Galanacht am 12. Oktober 2007 sein mit Prominenten aus den Bereichen Politik, Medien und Kultur.
Besonders bekannt ist die sechste der insgesamt sieben Etagen, die sogenannte Feinschmeckeretage mit einem riesigen internationalen Delikatessenangebot und exklusiven Imbissmöglichkeiten. Sie ist mit 34 000 Artikeln die größte Feinkostabteilung Europas. Etwa 110 Köche und 40 Konditoren bereiten Gerichte und Backwerk für die Kunden zu. Die Torten werden nach den Rezepten der französischen Delikatessen-Firma Lenôtre hergestellt.[11] Die Fischabteilung erhält vier Mal die Woche frische Fische und andere Meerestiere aus Übersee.
Im Jahre 2004 begannen erneut Umbauarbeiten, die zum 100jährigen Jubiläum im Herbst 2007 abgeschlossen wurden.[12] 2004 wurde im Erdgeschoss die Parfümerie- und Kosmetikabteilung neu gestaltet, auf 3.000 m² Fläche für Kosmetika werden unter anderem über 1.500 Düfte angeboten. Weiterhin im Erdgeschoß bieten Luxusmarken auf einem sogenannten "Luxusboulevard" Schmuck und Uhren an. 2005 erhielt das Kaufhaus drei neue Mode-Etagen mit insgesamt 20.000 m² Verkaufsfläche, angelegt in schachbrettartigen Segmenten. Ein Teil dieser Bereiche ist exklusiv nur für Ware der Premiummarken reserviert. So etwa verfügt das KaDeWe als einziges Warenhaus Deutschlands über eine Abteilung der Designermarke Dolce & Gabbana. Nun wird auf etwa 40 Prozent seiner Fläche nur noch Mode der gehobenen bis zur höchsten Qualität angeboten. Die Ausweitung des Modeangebots ging mit einer Konzentration auf das Kerngeschäft einher. Einige Abteilungen wie das Wiener Café oder die Sportabteilung wurden herausgenommen.[13]
Der Restaurantbereich auf der 7. Etage mit seiner Glaskuppel („Wintergarten“) wurde 2006 für 2,5 Mio. Euro renoviert. Gäste können nun bei der Zubereitung ihres Gerichtes mit frischen Zutaten zusehen, für eilige Kunden werden vorbereitete Menüs angeboten.[14]
Das KaDeWe beschäftigte im Geschäftsjahr 2006 nahezu 2.000 Mitarbeiter.
Quellen
- ↑ „Kaufhaus des Westens“, Berliner Bezirkslexikon, Charlottenburg-Wilmersdorf, 11. März 2005
- ↑ „Ein braunes Band der Sympathie“, Dokumentation, 45 Min. Produktion: WDR, Erstsendung: 5. März 2004
- ↑ Thorkit Treichel: „Symbol des Westens“, Berliner Zeitung, 27. Februar 2007
- ↑ Wintergarten des KaDeWe, Structurae.de
- ↑ a b Hagen Seidel: „Luxus-Häuser sollen Karstadt retten“, Die Welt, 18. April 2006
- ↑ „Karstadt fehlt noch internationales Publikum“, Kölner Stadt-Anzeiger, 5. Oktober 2006
- ↑ KaDeWe in Zahlen, Tagesspiegel, 28. Februar 2007
- ↑ Lorenz Maroldt und Moritz Döbler: „Wir demokratisieren den Luxus“, Tagesspiegel, 22. September 2005
- ↑ „Das KaDeWe – 100 Jahre Kaufrausch“, RBB, 1. März 2007
- ↑ „Zum Geburtstag eine Torte – sechs Meter hoch“, Tagesspiegel, 28. Februar 2007
- ↑ Alexandra Maschewski: „Wie ein Uhrwerk - hinter den Kulissen des KaDeWe“, Berliner Morgenpost, 28. Februar 2007
- ↑ „KaDeWe wird 100 Jahre alt“, AP / Stuttgarter Zeitung, 27. Februar 2007
- ↑ „Das KaDeWe gehört zur Geschichte Berlins“, Tagesspiegel, 28. Februar 2007, Interview mit Geschäftsführer Patrice Wagner
- ↑ „KaDeWe: Alles frisch im 7. Stock“, Tagesspiegel, 14. September 2006
Siehe auch
Galeries Lafayette, Harrods, Selfridges, GUM, Bloomingdale's, Takashimaya, Macy's
Literatur
- Wolff, Fritz: Kaufhaus des Westens, Berlin. In: Deutsche Kunst und Dekoration, Juli 1907. Darmstadt, Koch, 58 S.
- Kaufhaus des Westens - KaDeWe 1907-1932 (Jubiläumsschrift, 25 Jahre), Berlin 1932, 208 S., zahlr. s/w-Fotos
- Kaufhaus des Westens. Illustrierter Hauptkatalog 1913, (Reprint), Edition Olms, Göttingen 1998, 240 S., ISBN 3-487-08403-1
- Hahn, Eckart: Studien zur Kunst- und Baugeschichte des Kaufhaus des Westens in Berlin, Technische Universität Berlin, Magisterarbeit, 1973, 116 S.
- Meiners, Antonia: 100 Jahre KaDeWe. Nicolai-Verlag, Berlin 2007, 168 S., 80 farbige Abb., 80 s/w-Abb., Leinen, ISBN 3-89479-386-4, Inhaltsangabe
Filmographie
- Kaufhaus des Westens. Chronik eines Warenhauses. Ein Film von Sabine Degebrodt (Buch und Regie) und Hanne Schön-Muanda (Buch), Produktion: Deutsche Welle TV, Ausstrahlung: 17. Januar 1995
- Willkommen, bienvenue, welcome: Das Kaufhaus des Westens in Berlin, Reihe: Kathedralen des Konsums, Dokumentation, Buch und Regie: Daniela Schmidt, Produktion: ZDF u.a., Erstausstrahlung: arte, 10. Dezember 1995
- Noble Adressen. Das KaDeWe – 100 Jahre Kaufrausch. Ein Film von Stephan Düfel, Produktion: RBB, Erstsendung: 29. März 2007, Inhaltsangabe
Weblinks
- Artikel
- „KaDeWe-Kapitän Patrice Wagner“, Tagesspiegel, 18. August 2005
- „O du KaDeWe!“, The Times / Die Zeit, 15. Dezember 2005, Nr. 51
- „Genießen in hundert Sprachen“, Tagesspiegel, 27. Februar 2007
- „Luxustempel mit Symbolcharakter: ein Jahrhundert KaDeWe“, RBB-Dossier, 1. März 2007
- Bilder
- Offizielles Präsentationsvideo, 2007
- „100 Jahre KaDeWe“, RBB-Abendschau, 28. Februar 2007, 3:37 Min. (mit Wochenschau-Ausschnitten)
- Fotostrecke, Berliner Zeitung, 2007
- Fotogalerie, Structurae.de
- Wowereits Anschnitt der Riesentorte, dpa, 1. März 2007 und hier