Der Lötschberg-Basistunnel ist ein 34,6 km langer Eisenbahntunnel, der zwischen Frutigen im Berner Oberland (Kanton Bern, Schweiz) und Raron (Kanton Wallis, Schweiz) am Lötschberg die Alpen unterquert und von der privaten BLS AG betrieben werden wird. Dieser Basistunnel ist Teil der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) und bildet neben der Gotthardachse eine weitere Option für den Schienenverkehr durch die Schweizer Alpen.

Projekt
Ursprünglich war das Projekt als durchgehend zweiröhriger Tunnel geplant. Aufgrund von Einsparungen und der Prognose verminderten Verkehrsaufkommens wurde beschlossen, den Ausbau in Etappen zu vollziehen. In der ersten Ausbaustufe wird nur ein Drittel der Strecke tatsächlich zweiröhrig befahrbar sein und in einem weiteren Drittel die zweite Röhre im Rohbau fertiggestellt. Die Gesamttunnellänge der ersten Ausbaustufe beträgt 88,1 km (inklusive Zugangstunneln), die Länge der Hauptröhre von Portal zu Portal ist 34,6 km. Gebaut wird der Tunnel von der BLS AlpTransit AG, einer hundertprozentigen Tochter der Betreiberfirma BLS.
Die Transitzüge durch den Lötschberg-Basistunnel sollen auf der Strecke Deutschland–Basel–Olten–Bern–Thun–Frutigen–Raron–Brig–Italien verkehren. Die Fahrzeiten von Bern nach Brig werden sich nahezu halbieren, von heute 100 Minuten auf neu 64 Minuten, diejenigen von Basel nach Domodossola von heute 195 Minuten auf ca. 120 Minuten. Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieser Achse ist der vor über 100 Jahren gebaute Simplontunnel, welcher bereits damals als Basistunnel ausgelegt wurde und dessen lichte Höhe in aufwändigen Erweiterungsmassnahmen zwischen 1995 und 2003 um bis zu 40 cm erhöht wurde.
Obwohl beim Lötschberg-Basistunnel die Bedeutung des Personenverkehrs etwas grösser ist als beim Gotthard-Basistunnel, ist der Hauptnutzen die Erhöhung der Gütertransportkapazität auf dieser Linie, welche mindestens bis zum Vollausbau der Gotthardachse der wichtigste Huckepack-Korridor zwischen Ostfrankreich/Deutschland und Italien bleibt.
Bau
Am 12. April 1994 erfolgte in Frutigen der erste Spatenstich zum Bau eines Sondierstollens bis Kandersteg. Die erste Sprengung zum eigentlichen Tunnelbau wurde am 5. Juli 1999 beim Fusspunkt Mitholz durchgeführt. Ein weiterer Zwischenangriff erfolgte bei Ferden, wo ein 4,1 km langer Zugangsstollen mit 12% Gefälle hinab auf die Höhe des Basistunnels gebohrt wurde. Dort unten, beim so genannten „Fusspunkt“, entstand auch die Grossbaustelle (und spätere Betriebszentrale) „Ferden“ für den weiteren Vortrieb in Richtung Norden.
Von Süden her wurde durch eine Tunnelbohrmaschine zusätzlich der 3,2 km lange „Fensterstollen Steg“ ausgebrochen, eine eingleisige Abzweigung aus dem Tunnel in Richtung Sion mit einem eigenen Portal bei Niedergesteln 3 km westlich des Hauptportals. Dieser Tunnelabschnitt wurde in der ersten Ausbauphhase jedoch aus Kostengründen nur im Rohbau fertiggestellt. Solange muss für eine Verbindung talabwärts in Visp umgestiegen werden. Insgesamt wurden nur die Oströhre ab Raron und der „Fensterstollen Steg“ und die anschliessende Weströhre bis jeweils zum „Fusspunkt Ferden“ mit Tunnelbohrmaschinen ausgebrochen, der übrige Tunnel musste im Sprengvortrieb ausgebrochen werden. Diese Arbeiten verliefen jahrelang ohne grössere Probleme bis man, völlig überraschend, auf Kohle stiess. Die Bewältigung dieser Karbonschicht verzögerte den Bau um 5 Monate. Beim Hauptportal östlich von Raron mussten zwei 820 bzw. 556 m lange Brücken über die Rhône erstellt werden, die den Anschluss an die SBB-Rhonetallinie sicherstellen und von ihrer Bauweise her das Passieren mit Geschwindigkeiten um 160 km/h erlauben. Bei Frutigen im Tellenfeld wurden zusätzlich vor dem Nordportal eine Interventionsstelle für Notfälle sowie im Gebiet Wengi bei Frutigen der 2,6 km lange Tagbautunnel Engstlige gebaut.
Nach einer Bauzeit von 6 Jahren war der 34,6 km lange Tunnel am 15. März 2005 erfolgreich durchbrochen, allerdings nur die Oströhre. Die Weströhre wurde aus Spargründen im Süden nur zu einem Drittel ausgebrochen und ausgebaut, das mittlere Drittel wurde nur ausgebrochen und das letzte Drittel müsste in einer zweiten Phase erst noch erstellt werden. Offiziell bekanntgegeben und gefeiert wurde deshalb der Oströhrendurchbruch am 28. April 2005. Im Anschluss an den Durchbruch wurde mit dem Innenausbau des Tunnels mit Sicherungstechnik und Gleisbau begonnen. Die erste Lok fuhr für Testfahrten am 6. Mai 2006 vom Südportal aus in den Tunnel. Am 24. Juli 2006 wurde symbolisch der Goldene Nagel eingeschlagen und somit das letzte Stück Geleise verlegt.
Am 16. Dezember 2006 wurde mit einem ICE der Deutschen Bahn bei Testfahrten im Tunnel mit 281 km/h ein neuer Geschwindigkeitsrekord für Eisenbahnen in der Schweiz erzielt.
Nach der geplanten Eröffnungsfeier des Lötschberg Basistunnels am 16. Juni 2007 wird ein operativer Probebetrieb bis Dezember 2007 folgen. Die Inbetriebnahme dieser Bahn-Alpentransversale für den öffentlichen Verkehr wird anschliessend voraussichtlich per Fahrplanwechsel im Dezember 2007 geschehen.
Betrieb
Die Strecke ist für 250 km/h ausgelegt. Dabei können in der vollständig ausgebauten Oströhre auch die Weichen mit dieser Geschwindigkeit befahren werden. Erfolgt ein Spurwechsel von der Weströhre in die Oströhre ist das Befahren der Hochgeschwindigkeitsweichen auf 180 km/h begrenzt. Im Tunnel kommt als Zugsicherungssystem ETCS Level 2 mit 230 Eurobalisen zum Einsatz.
Für den Passagierfernverkehr werden Neigezüge des Types ETR 610 der Cisalpino AG sowie die Re 460 der SBB eingesetzt. Der Auftrag an die Cisalpino lautete, dass die ETR 610 im regulären Verkehr mit 250 km/h durch den Tunnel fahren sollten. Cisalpino setzt jedoch auf eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h im Tunnel. Die Zeitersparnis ist mit 250 km/h zwar gering, könnte laut SBB jedoch Auswirkungen auf das Taktsystem haben.
Am 16. Dezember 2006 gegen 0:30 Uhr erreichte der ICE-S bei Zulassungsfahrten im Tunnel eine Geschwindigkeit von 281 km/h. Er überbot damit den Schweizer Schienen-Geschwindigkeits-Rekord von 244 km/h aus dem Jahr 1996.
Betriebskonzept
- 66 Züge/Tag durch den bestehenden Scheiteltunnel
- 110 Züge/Tag durch den neuen Basistunnel, davon sind:
- 30 Reisezüge
- 80 Güterzüge
Am Nordportal des Tunnels bei Frutigen soll das austretende, warme Tunnelwasser für ein neues Tropenhaus genutzt werden. Mit der so gewonnen Wärme sollen in Warmwasserfischbecken Jungstöre gezüchtet werden und tropische Früchte in Gewächshäusern gezogen werden. Eine Versuchsanlage ist bereits in Betrieb.
Bis 2010 wird der Tunnel von der bernischen Privatbahn BLS betrieben und danach neu ausgeschrieben.
Daten und Fakten
Länge des Tunnels | 34.6 km |
Beginn der Arbeiten | 05. Juli 1999 |
Länge gesamtes Stollensystem | 88.1 km |
Ausgehobenes Material | 16 Millionen Tonnen |
Ausbruch mit Tunnelbohrmaschinen | 20 Prozent |
Ausbruch mit Sprengungen | 80 Prozent |
Höhe Schiene Nordportal Frutigen | 776 m.ü.M |
Höhe Schiene Südportal | 654 m.ü.M |
Höhe Scheitelpunkt | 828 m.ü.M |
Gefälle im Basistunnel | 3 bis 13 Promille |
Länge Gleisanlagen | 57 km |
Designgeschwindigkeit | 250 km/h |
Gesamtgewicht einzubauende Bahnausrüstung | 170'000 Tonnen |
Videokameras für Überwachung | 133 |
Brandmeldezentralen | 20 |
Telefonapparate | 437 (davon 56 drahtlos) |
Eröffnungsfeier | 16. Juni 2007 |
Geplante Inbetriebnahme | Dezember 2007 (per Datum Fahrplanwechsel) |
Kosten Basistunnel | 4,3 Mrd. SFr. (Preisbasis 1998, Stand Februar 2007) |
Projektbeteiligte | 2500 |
Bei Arbeitsunfällen Getötete | 5 |
Siehe auch
- Lötschbergtunnel von 1913
- Lötschberglinie, die alte Bergstrecke
Weblinks
- Internetseite der Erstellergesellschaft BLS Alptransit AG
- Internetseite des Ausrüsters Bahntechnik
- Rhonebrücken bei Raron (.pdf)
- Versuchsfahrten im neuen Basistunnel
- Schweizer Rekord im Lötschberg Artikel zur Rekordfahrt aus Der Bund vom 20. Dezember 2006