Geflügeltes Wort

aus identifizierbarer Quelle in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangene Formulierung
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Februar 2007 um 06:38 Uhr durch Immanuel Giel (Diskussion | Beiträge) (Vaterunser). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Geflügeltes Wort wird ein literarisches Zitat bezeichnet, das als Redewendung Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat. Darunter sind oft knappe Formulierungen komplizierter Sachverhalte oder von Lebenserfahrungen, die treffend "auf den Punkt gebracht" werden.

Georg Büchmann, Geflügelte Worte, 19. Auflage, 1898

Quelle sind oft lateinische oder griechische Redewendungen, wie es mit „Geflügelte Worte“ (griechisch: ἔπεα πτερόεντα – épea pteróenta) selber der Fall ist, die in der Ilias 46 Mal und der Odyssee 58 Mal vorkommen. Gemeint sind damit gesprochene und sozusagen „auf Flügeln" das Ohr des Hörers erreichende Worte.

Erst seit dem Erscheinen von Georg Büchmanns Zitatensammlung im Jahr 1864 wird der Ausdruck im Sinn von

  1. literarisch belegbaren,
  2. in den allgemeinen Sprachschatz des deutschen Volkes übergegangenen,
  3. allgemein geläufigen

Redensarten" angewandt.

Die Bezeichnung wurde bald in anderen Sprachen übernommen. Thomas Carlyle benutzte 1838 in einem Essay über Walter Scott den Ausdruck "winged words" schon im Sinn von „zitierbaren Sentenzen".

Georg Büchmanns Geflügelte Worte

Datei:Büchmannn.jpg
Georg Büchmann

Unter dem Titel „Geflügelte Worte - der Citatenschatz des deutschen Volkes“ veröffentlichte der Berliner Oberlehrer Georg Büchmann 1864 eine Zitatensammlung. Diese etablierte sich als Standardwerk und ihr Titel ist seitdem mit dem in ihr behandelten Stoff verbunden.

Bis dahin hiess "geflügelte Worte" nur, was es bei Homer heisst, nämlich "schnell von den Lippen des Redenden enteilende, zum Ohre des Hörenden fliegende Worte". (Aus dem Vorwort zur 19. vermehrten und verbesserte Auflage, 1898)

Büchmanns Sammlung führte neben deutschen Quellen auch Bibelzitate, griechische und römische Zitate der Klassischen Antike und Werke aus der europäischen und amerikanischen Literatur auf, soweit sie Einfluss auf die deutsche Gymnasialbildung und auf die literarische Kultur gehabt hatten. Neben dem Wortlaut (und ggf. einer deutschen Übersetzung) führt er die genaue Quelle und eine Erläuterung der Bedeutung auf. Redewendungen, deren Ursprung unklar ist, wurden und werden nicht berücksichtigt.

Parallel zu der umfangreichen Gesamtausgabe erschien im gleichen Verlag (Haude & Spener) eine stark gekürzte „Volksausgabe“. Für Festreden wurden beide gerne herangezogen. „Der weiß alles nur aus dem Büchmann“ wurde alsbald zum beliebten Vorwurf, wenn man jemanden der Halbbildung zieh.

Auch nach Büchmanns Tod 1884 wurden die „Geflügelten Worte“ weiter aufgelegt, und dabei von wechselnden Lektoren um ‚Veraltetes‘ gekürzt und durch zeitgenössische Zitate erweitert, auch um Modisches und Kurzlebiges. Dabei schwanden mehr und mehr die Sorgfalt und qualitative Verlässlichkeit des Büchmannschen Werkes, welche seinen Erfolg begründet hatten. Seit Ablauf des Urheberrechts 1954 existieren mittlerweile mehrere auseinander gehende Ausgaben, unter anderem von Ullstein, Drömer & Knaur und Reclam. Büchmann gliederte seine Zitatensammlung hauptsächlich nach Ländern. Diese Gliederung wurde auch in späteren Auflagen beibehalten und nur wenig erweitert.

Aus der Bibel

Büchmann lässt seine Zitatensammlung mit Zitaten aus der Bibel beginnen und begründet dies folgendermaßen:

"Kein Werk der Literatur hat unsere Sprache so nachhaltig beeinflußt wie die Heilige Schrift. Das ist namentlich das Verdienst eines Mannes: Martin Luther, der seine Bibelübersetzung 1521 auf der Wartburg begann und 1534 abschloß."

Er weist allerdings auch darauf hin, dass nicht alle dieser Redewendungen wörtlich in der Lutherbibel finden, denn oft sind sie scherzhafte Weiterbildungen.

Adamsapfel

Datei:Tizian - The fall of man.jpg
Eva greift nach dem Apfel (Gemälde von Tizian)

Die Bezeichnung Adamsapfel beruht darauf, dass im Hebräischen jede Erhabenheit des menschlichen Körpers „Apfel" heißt. Der Name ist seit dem 15. Jahrhundert auf romanischem Boden bezeugt und hat sich über ganz Europa verbreitet. Während die biblische Legende um Adam und Eva nichts über den Adamsapfel erzält, wird das in mittelalterliche Ausschmückung um so mehr getan. Demnach blieb Adam nach dem Biss in den verbotenen Apfel ein Stück der verbotenen Frucht in der Kehle stecken zur Erinnerung an die Erbsünde.

Interessant ist, warum Adam gerade einen Apfel gegessen haben soll, den im Alten Testament ist nur von einer Frucht die Rede. In der lateinischen Volksbibel, der Vulgata fiel wohl der Gleichklang von malus (der Apfel) und malum (das Böse) auf. Deshalb kommt in keiner Ostkirchen auf einer Bilddarstellung der Apfel vor.

Die Österreicher gehen übrigens von einer Tomate aus, den sie nennen sie Paradeiser, da sie glaubten, dass Adam im Paradies mit dieser Frucht verführt wurde.

Goldene Regel

Goldene Regel ist die Bezeichnung für das Sprichwort:

Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu."

Einer der ältesten Belege stammt aus dem 8.-6. Jahrhundert v. Chr. „Du sollst deinen Nächsten [Landsmann] lieben wie dich selbst; ich bin der HERR" und stehe im 19. Kapitel des Buches Leviticus im Alten Testament.

Diese Regel findet sich aber auch im 15 Kapitel der Analekten des Konfuzius:

Tue anderen nicht, was du nicht möchtest, dass sie dir tun."

Es ist die Stelle aus dem Buch Tobit, die Martin Luther in der bekannten Form übersetzt hat:

Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.

Aus dem Neuen Testament (Evangelium nach Matthäus 7, 12; Evangelium nach Lukas 6, 31), stammt:

Alles, was ihr für euch von den Menschen erwartet, das tut ihnen auch.

Zu den Fehlinterpretationen der goldenen Regel zählt, dass sie mitunter als Vergeltungsprinzip betrachtet wird. Talion aber (Gleiches mit Gleichem vergelten) ist ein Reaktionsprinzip.

In die Wüste schicken

 
Sündenbock von William Holman Hunt

Auf Levitikus 16 beruhen die Ausdrücke Sündenbock und "In die Wüste schicken". Es heißt dort:

Dann soll Aaron seine beiden Hände auf dessen Kopf legen und über ihm bekennen alle Missetat der Kinder Israel und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der bereit steht, in die Wüste bringen lassen, daß also der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage."

Am Jom Kippur, dem Tag der Sündenvergebung, wurden die Sünden des Volkes Israel durch den Hohepriester bekannt gemacht und durch Handauflegen symbolisch auf einen Ziegenbock übertragen. Mit dem Vertreiben des Bocks in die Wüste wurden diese Sünden mitverjagt.

Alle Jubeljahre

 
Schofar

Woher kommt der Begriff Jubeljahr? Büchmann verweist auf die alttestamentarischen Wurzeln des Wortes:

"Lev. Kapitel 25 ist überschrieben „Sabbatjahr und Erlaßjahr", im unrevidierten Text „Feier- und Jubeljahr". Den Kindern Israel wird darin befohlen, jedes fünfzigste Jahr mit dem Schall der Posaune (hebräisch: jobel) als ein Erlaßjahr anzukündigen, in dem ein jeder „zu seiner Habe und zu seiner Sippe kommen" soll."

Das Jubeljahr des mittelalterlichen Christentums wurde alle 50 Jahre als besonders Heiliges Jahr ausgerufen, in dem ein besonderer Sünden-Ablass möglich war. Die Periodendauer wurde immer weiter verringert bis sie schließlich die heute üblichen 25 Jahre erreichte. Daraus abgeleitet ist die Redewendung "alle Jubeljahre einmal", was soviel heißt wie „extrem selten“, da der Mensch in der Regel nur zwei bis drei dieser Jubeljahre erlebte. Das Jubeljahr hieß ursprünglich Jobeljahr. Das hebräische Wort Jobel (yo-bale') steht für den Klang des Schofars, der das Jubeljahr ankündigt.

Das Sabbatjahr ist in der Torah ein Ruhejahr für das Ackerland - jeweils nach 6 Jahren in Analogie zum Sabbat als Ruhetag ((Exodus 23:10-11, Leviticus 25:1-7). Während des ganzen Jahres musste alle Feldarbeit ruhen, auch wurden die Sklaven freigelassen; verkaufte und verpfändete Grundstücke kamen ohne Entschädigung wieder an den ursprünglichen Besitzer oder seine rechtmäßigen Erben zurück und alle Schulden wurden erlassen. Der Hauptzweck dieser Einrichtung war, die Gleichheit unter den Güterbesitzern zu erhalten.

Lückenbüßer

Der Ausdruck vom Lückenbüßer ist geprägt von der Luther-Übersetzung des Buchs Nehemia (4,7), wo es heißt:

Da aber Sanballat und Tobija und die Araber und Ammoniter und Aschdoditer hörten, daß die Mauern zu Jerusalem zugemacht waren, und daß sie die Lücken angefangen hatten zu büßen, wurden sie sehr zornig."

Büßen ist hier ein veraltetes Wort für ausbessern. In der revidierten Bibelübersetzung heißt es „schließen" statt „büßen". Der "Lückenbüßer" ist also jemand, der für einen anderen in die Bresche springt, um so eine Lücke zu schließen.

Schwerter zu Pflugscharen

 
Schwerter zu Pflugscharen vor dem UNO-Gebäude in New York

Schwerter zu Pflugscharen ist ein Teilzitat, das das Ziel der Abrüstung, Rüstungskonversion und den Völkerfrieden symbolisiert. Das Buch Jesaja (2,4) ist die Quelle für das in der Friedensbewegung viel zitierte Wort:

Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen."

Die Sowjetunion schenkte der UNO zu ihrer Aufnahme eine Skulptur von Jewgeni Wutschetitsch, die das Motiv „Schwerter zu Pflugscharen" bildlich-plastisch darstellt. Das Original steht auch in der Tretjakow-Galerie in Moskau, eine Kopie steht seit 1959 auf dem Gelände des UNO-Hauptgebäudes in New York City. Die Skulptur zeigt einen muskulösen Heros, der ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedet. Sie ist im Stil des Sozialistischen Realismus gestaltet und hebt die Schöpferkraft des arbeitenden Menschen hervor. Zugleich appelliert sie an das Friedensziel der UN-Charta und die jüdisch-christlichen Wurzeln des Abendlands.

Das Abbild der sowjetischen Skulptur zusammen mit dem Schriftzug „Schwerter zu Pflugscharen“ wurde erstmals als Lesezeichen für eine Einladung zum Gottesdienst am Buß- und Bettag des Jahres 1980 von evangelischen Jugendgruppen in der DDR verwendet. Die Friedensdekade 1981 stand unter dem Thema „Gerechtigkeit - Abrüstung - Frieden“. Da nicht mit einer Druckgenehmigung der DDR-Behörden für Aufkleber oder Anstecker zu rechnen war, wurde das Symbol „Schwerter zu Pflugscharen“ mit 100.000 Stück auf Vliesstoff gedruckt und als Aufnäher weiterverwendet. 1983 fand während eines evangelischen Kirchentages in Wittenberg auf dem Lutherhof vor etwa 4000 Teilnehmern eine symbolische Aktion statt: Der örtliche Schmied Stefan Nau schmiedete ein Schwert zu einem Pflugschar um. Wegen der internationalen Präsenz auch von westlichen Medienvertretern griffen die Staatsorgane nicht ein.

Menetekel

 
Rembrandts Belsazar mit dem Menetekel an der Wand

Der Begriff Menetekel stammt aus dem Buch Daniel, in dem geschildert wird, wie König Belsazar ein Festmahl gibt, bei dem er und seine Gäste aus den Gefäßen trinken, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel zu Jerusalem geraubt hatte. Plötzlich sieht er an der Wand Finger die folgenden Worte schreiben:

Mene mene tekel u-parsin."

Da niemand ihm den Text deuten kann, lässt er Daniel herbeigerufen, der ihm den Untergang seines Reiches prophezeit:

Man hat dich auf der Waage gewogen und zu leicht befunden."

Die wörtliche Übersetzung des Mene mene tekel aus dem Aramäischen ist unklar. Vermutlich handelt es sich um die Bezeichnung dreier persischer Münzen. Daniel dagegen interpretiert das Orakel mit Hilfe ähnlich klingender aramäischer Verben: gezählt, gewogen und geteilt:

  • Gott hat dein Königtum gezählt und beendet
  • Du wurdest auf einer Waage gewogen und für zu leicht befunden
  • Dein Reich wird geteilt und den Medern und Persern gegeben.

Denkzettel

Datei:190447 tefillin es hayyim.jpg
Gebetsriemen

Das im Buch Maleachi (3,16) und Matthäus (23,5) in der Lutherübersetzung vorkommende Wort Denkzettel (im revidierten Text „Gebetsriemen") erklärt sich aus Numeri (15,38), wo der Herr befiehlt,

daß sie und ihre Nachkommen sich Quasten machen an den Zipfeln ihrer Kleider und blaue Schnüre an die Quasten der Zipfel", bei deren Anblick sie „an alle Gebote des Herrn denken" sollen.

Das Wort stammt aus dem Rechtsvokabular des Mittelniederdeutschen denkcëdel, was so viel wie Urkunde bedeutete. Martin Luther gebrauchte das Wort für die Übersetzung vom griechischen phylaktérion , jenes Gebetsriemens. Oft waren dies bei den Juden Pergamentstreifen, mit Bibelsprüchen, die, in zwei würfelförmige Kapseln gelegt, beim werktägigen Morgengebet an die Stirn und an den linken Arm dem Herzen gegenüber mit ledernen Riemen gebunden wurden, um anzudeuten, dass man Gedanken und Herz auf Gott richten möchte.

Im 16. Jahrhundert hängte man Schülern in den Klosterschulen bei mehrmaligen Vergehen so genannte Schandzettel an einer Schnur um den Hals, auf denen die Vergehen gelistet waren. Je nach Art der Verfehlung hatten die Schüler diese Denkzettel mehrere Tage zum Gespött der Mitschüler (auf dem Rücken) zu tragen. Daraus leitet sich der heutige Sinn des Begriffs Denkzettel, eine (auch körperliche ) Strafe zur Erinnerung, ab.

Gott mit uns

 
Gott mit uns (Erster Weltkrieg)

Gott mit uns war die Losung, die der schwedische König Gustav Adolf vor der Schlacht von Breitenfeld im Jahr 1631 ausgab. Der Entwurf zur Landwehrordnung stammt vom Generalquartiermeister des preußischen Heeres. In dieser Handschrift stand ursprünglich als Devise: „Heilige Pflicht oder Gott mit uns." Diese Worte sind durchgestrichen und an den Rand statt dessen die Worte gesetzt: „ehrlos wehrlos" mit einer ihre Umstellung bezweckenden Bezeichnung.

Gott mit uns ist die deutsche Übersetzung von Immanu'el (עמנואל). Der Name Immanuel kommt nur vier Mal in der Bibel vor. Jesus bekommt diesen Namen, als seine Geburt angekündigt wird, sonst wird er aber zu keinem Zeitpunkt Immanuel genannt:

Matthäus 1,23: »Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns.«

Tüpfelchen auf dem i

Die Wendung „kein Tüpfelchen“ beruht auf dem Evangelium nach Matthäus (5, 18). Dort heißt es:

Denn wahrlich, ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist."

Im griechischen Orignaltext lautet es:

ἀμὴν γὰρ λέγω ὑμῖν, ἕως ἂν παρέλθῃ ὁ οὐρανὸς καὶ ἡ γῆ, ἰῶτα ἓν ἢ μία κεραία οὐ μὴ παρέλθῃ ἀπὸ τοῦ νόμου ἕως ἂν πάντα γένηται.

In der Übersetzung von Martin Luther hieß es:

Bis daß Himmel und Erde vergehe, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis daß es alles geschehe."

Der Sinn ist, weder der kleinste Buchstabe noch auch das kleinste Teilchen eines solchen geändert werden dürfe. Danach bedeutet das „Tüpfelchen auf dem i“, ein hoher Grad von Genauigkeit.

Vaterunser

 
Paternosteraufzug an der Universität Wien

Bei Matthäus (6,9-13; Lukas 11,2-4) steht das Vaterunser (lateinisch Paternoster), ein Gebet, das Jesus Christus seine Jünger gelehrt hat. Es ist das einzige Gebet, von dem die Bibel unter Berufung auf Jesus überliefert, dass es die Christen beten sollen: "Darum sollt ihr so beten:" und ist das am weitesten verbreitete Gebet im Christentum. Nach dem ursprünglichen Text von Lukas zerfällt es in fünf, nach Evangelium des Matthäus in sieben Bitten (um Zuwendung geistiger [1-3] und leiblicher [4] Güter sowie Abwendung von Übeln [5-7]).

Zu den Bitten gehören:

  1. geheiligt werde dein Name (Mit dieser Bitte wird auch vor dem Fluchen gewarnt.)
  2. Dein Reich komme (Viele Urchristen verstanden diese Bitte durchaus politisch: "Schluß mit der Diktatur der Römer!")
  3. Dein Wille geschehe (Adele Schopenhauer schrieb: "Dein Wille geschehe! - Doch was ist dein Wille?")
  4. Unser tägliches Brot gib uns heute (Unser Täglich Brot ist ein Dokumentarfilm der sich mit der Massenproduktion von Lebensmitteln in Europa beschäftigt. Der Film wirft einen kritischen Blick auf die Massenproduktion von Lebensmitteln. Er kommt dabei ganz ohne Sprache oder Ortsangaben aus und überlässt damit dem Zuschauer die Bewertung des Gesehenen.)
  5. vergib uns unsere Schuld (Wichtig ist hier der Zusatz: "...wie auch wir vergeben unsern Schuldigern."
  6. führe uns nicht in Versuchung (Martin Luther sagt hierzu: „Gott versucht zwar niemand; aber wir bitten in diesem Gebet, dass uns Gott behüte und erhalte, damit uns der Teufel, die Welt und unser Fleisch nicht betrüge und verführe in Missglauben, Verzweiflung und andere große Schande und Laster; und wenn wir damit angefochten wurden, dass wir doch endlich gewinnen und den Sieg behalten.“)
  7. erlöse uns von dem Bösen ("Und erlöse uns von dem Bösen" ist auch ein Roman von James Patterson.)

Ein Paternosteraufzug ist eine Sonderform einer Aufzugsanlage zur Personenbeförderung. Der Name Paternoster steht mit dem katholischen Rosenkranz im Zusammenhang, einer Zählkette für Gebete. Beim Rosenkranz folgt auf 10 kleinere Kugeln für die Ave Marias eine davon abgesetzte für das Vater unser (lateinisch: Paternoster). Diese Zählkette ist früher auch als Paternosterschnur bezeichnet worden. Auf gleiche Weise sind bei einem Umlaufaufzug die Personenkabinen wie auf einer Schnur aufgefädelt.

Kamel durch ein Nadelöhr

 
Nadel mit Nadelöhr

Im Evangelium nach Lukas (19, 24) heißt es:

„Εὐκοπώτερόν ἐστι κάμηλον διὰ τρυπήματος ῥαφίδος διελθεῖν ἢ πλούσιον εἰσελθεῖν εἰς τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ."
„"Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme."“

Womöglich geht der Vergleich auf einen Übertragungsfehler im Griechischen zurück, wo sich die Begriffe für Kamel und Strick lediglich in einem einzigen Buchstaben unterscheiden: καμιλος (Strick) und καμηλος (Kamel), die aufgrund des Itazismus gleichlautend wurden. Mittlerweile sind viele Fälle der ursprünglichen Lesart als „Schiffstau“ bzw. „Seil“ bekannt geworden, darunter die Übersetzungen der armenischen und der georgischen Bibel sowie verschiedene Handschriften. Da die ursprüngliche Lesart kamilos der Textkritik lange unbekannt war, wurden verschiedene Erklärungen bemüht, von denen sich auch heute noch die gängigste Interpretation hartnäckig hält, nach der eine enge Gasse in Jerusalem mit einem kleinen Tor an ihrem Ende gemeint sei, die im Volksmund angeblich den Namen „Nadelöhr“ trug. Die neutestamentliche Textexegese bediente sich lange Zeit der talmudischen Tradition, um Jesu Worte theologisch zu interpretieren. So wurde das kámêlos als ein „typisches nahöstliches Bild“ gesehen, das Jesus in Anlehnung an den Elefanten benutzt haben soll, um in der Paradoxie der Kopplung eines großen Tieres mit einem kleinen Durchlass die Unmöglichkeit für Reiche, in den Himmel zu gelangen, aufzuzeigen.

Im Qur'an ist über die Sünder zu lesen: „Es wird keine Öffnung des Himmelstores geben, noch werden sie den Garten Gottes betreten, bevor nicht ein Kamel durch ein Nadelöhr passt.“[1]

Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich.

Im Evangelium nach Matthäus (12,30) heißt es:

Wer nicht mit mir ist, der ist wider (gegen) mich.“ (ὁ μὴ ὢν μετ᾽ ἐμοῦ κατ᾽ ἐμοῦ ἐστιν, καὶ ὁ μὴ συνάγων μετ᾽ ἐμοῦ σκορπίζει.)

Umgekehrt sagt Christus im Evangelium nach Markus (9,40) und im Evangelium nach Lukas (9,50):

Wer nicht wider uns ist, der ist für uns."

Ebenso dachte Caesar nach Cicero:

Te enim dicere audiebamus nos omnes adversarios putare, nisi qui nobiscum essent, te omnes, qui contra te non essent, tuos".
(„Denn wir hören dich sagen, wir hielten alle für Gegner außer denen, die mit uns seien, du alle die für deine Anhänger, die nicht gegen dich seien.")

Mit den Worten "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" ("I've said in the past that nations are either with us or against us in the war on terror.") machte George W. Bush nach den Anschlägen vom 11. September klar, dass er jede Kritik an der US-Regierung mit Terrorismus gleichsetzte.

Talent

Auf Matthäus (25,15-28) beruht der Ausdruck Talent. Das zugrunde liegende Wort, eigentlich die Waagschale, später eine auf der Waagschale gewogene Gold-, Silber- oder sonstige Münzwertsumme bedeutend, in der Vulgata mit „talentum" wiedergegeben, ist zu einem allen westeuropäischen Völkern gemeinsamen Ausdruck für besondere Begabungen geworden.

Denn es ist wie bei einem Menschen, der außer Landes reiste, seine eigenen Knechte rief und ihnen seine Habe übergab: und einem gab er fünf Talente, einem anderen zwei, einem anderen eins, einem jeden nach seiner eigenen Fähigkeit, und reiste außer Landes.

Die Frau schweige in der Gemeinde.

"Die Frau schweige in der Gemeinde" (Griechisch: Aἱ γυναῖκες ἐν ταῖς ἐκκλησίαις σιγάτωσαν. - Hai gynaikes en tais ekklesiais sigatosan. Bekannter ist die lateinische Version: "Mulier taceat in ecclesia.") stammt zwar vom Apostel Paulus ist aber einer Gnome des griechischen Dichters Menander nachgebildet, bei dem es heißt:

Webstühle und nicht Gemeindeversammlungen sind Frauenwerk."

Goethe schreibt im 7. Buch seiner Zahmen Xenien:

Was waren das für schöne Zeiten! In ecclesia mulier taceat!
Jetzt, da eine jegliche Stimme hat, Was will Ecclesia bedeuten.

Aus volkstümlicher Überlieferung

Eine reiche Quelle waren für Büchmann auch Sagen, Märchen, Legenden, Schwänke und die Lieder, denn oft sind deren Themen literarisch verarbeitet worden.

Zankapfel

 
Urteil des Paris von Peter Paul Rubens

Bei Homer findet sich der erste Hinweis auf das Urteil des Paris, ein seit der Antike zahllose Male dargestelltes Thema. Die zur Hochzeitsfeier von Peleus und Thetis nicht geladene Eris (Göttin der Zwietracht) wirft einen goldenen Apfel mit der Aufschrift „Der Schönsten!" unter die Gäste. Der zum Schiedsrichter berufene Paris entscheidet den daraufhin entbrennenden Streit zwischen Hera, Athene und Aphrodite zu Gunsten von Aphrodite, die im die schönste Frau verspricht. Ausgehend von dieser Erzählung heißt ein Streitobjekt auch Zankapfel.

Sirene

Circe warnt Odysseus vor den Sirenen, Fabelwesen, die mit ihrem Gesang die Seeleute anlockten, um sie dann zu töten. Die Bezeichnung Sirene für ein eine Einrichtung zur akustischen Alarmierung durch einen an- und abschwellenden Heulton stammt aus dem Französischen. Der Erfinder Charles Cagniard de la Tour dachte 1819 bei der Benennung an den "hell tönenden, betörenden Gesang" dieser Fabelwesen.

Krokodilstränen

Die Redensart Krokodilstränen weinen für geheucheltes Mitgefühl, geht auf die mittelalterliche Naturlehre zurück, nach der das Krokodil wie ein Kind weine, um seine Opfer anzulocken und zu verschlingen. Die übertragene Bedeutung „Crocodili lachrymae" fand erst Verbreitung durch Erasmus von Rotterdam und ist in ganz Europa bekannt (engl. crocodile tears, Frz. larmes de crocodile).

Die Redensart entstandt wohl aufgrund der Beobachtung, dass Krokodile tränenartige Sekrete absondern und dass kleine Krokodile drei Tage vor dem Ausschlüpfen ihr Kommen mit einer Art „Babygeschrei" ankündigen.

Die Gelegenheit beim Schopf fassen

 
Haarschopf des Kairos (Ausschnitt aus einem Fresko des Malers Francesco Salviati)

„Die Gelegenheit beim Schopf fassen“ geht auf den griechischen Mythos vom Gott Kairos (καιρός = günstige Gelegenheit) mit lockigem Vorhaupt und kahlem Nacken, der im Davonfliegen geschildert wurde, weil man die gute Gelegenheit erst, wenn sie entschwunden, zu spät zu ergreifen sucht. Der Gott des günstigen Augenblicks wird in der Kunst mit einem kahlen Hinterkopf und einem Haarschopf an der Stirn dargestellt, an dem man den günstigen Augenblick gut fassen konnte.

Auf Griechisch heißt es Vorlage:Polytonisch (Gignōske kairon. - „Erkenne den rechten Zeitpunkt!“) Der Ausspruch wird dem Pittakos von Mytilene zugeschrieben, dem Heerführer die Mytilener im Kampf gegen die Athener. Mit deren Anführer Phrynon (Olympiasieger im Pankration) kam er überein, den Kampf nur unter den Anführern auszufechten. Im Nahkampf warf er ein Netz über Phrynon und besiegte/tötete ihn; dadurch wurde ohne weiteres Blutvergießen der Kampf gegen Athen gewonnen.

Aus deutschsprachigen Schriftstellern

Etwa 30 Prozent der Sammlung - und damit den größten Teil - nehmen Zitate aus den Werken deutschsprachigen Schriftstellern ein.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst

Das Sprichwort Wer zuerst kommt, mahlt zuerst stammt aus dem Sachsenspiegel des Eike von Repgow und ist somit schon um die 700 Jahre alt. Es heißt im Original: „De ok erst to der molen kumt, de scal erst malen" und bezieht sich auf Bauern, die zur Mühle kamen und unter Umständen lange Wartezeiten in Kauf nehmen mussten.

Es entspricht dem Prioritätsprinzip, das lateinisch "Prior tempore, potior iure" ("Früher in der Zeit, stärker im Recht") lautet und Privilegien ausschließt.

Gretchenfrage

 
Gretchen und Faust bei ihrer ersten Begegnung

In Goethes Faust stellt Gretchen ihrem Heinrich Faust die so genannte Gretchenfrage, womit heute eine oft peinliche, doch für eine Entscheidung wichtige Frage bezeichnet wird:

Nun sag, wie hast du's mit der Religion?
Du bist ein herzlich guter Mann,
Allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.

Faust antwortete auf diese Frage eher ausweichend:

Laß das, mein Kind! Du fühlst, ich bin dir gut;
Für meine Lieben ließ' ich Leib und Blut,
Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben.

Als Gretchenfrage bezeichnet man eine direkte, an den Kern eines Problems gehende Frage. Sie ist dem Gefragten meistens unangenehm, da sie ein Bekenntnis verlangt, um das er sich bisher herumgedrückt hat.

Des Pudels Kern

Des Pudels Kern“ stammt ebenfalls aus der Szene, in der Faust mit einem Pudel in sein Studierzimmer zurück kommt und versucht, die Bibel in sein „geliebtes Deutsch“ zu übersetzen. Er fühlt sich gestört durch den Hund und versucht ihn mit den Worten „Knurre nicht, Pudel!“ zum Schweigen zu bringen. Doch dann tritt Mephistopheles wie ein fahrender Scholast gekleidet, hinter dem Ofen hervor und fragt: „Wozu der Lärm! Was steht dem Herrn zu Diensten?“ Jetzt versteht Faust, was es mit dem Pudel auf sich hat und äußert erstaunt:

Das also war des Pudels Kern!
Ein fahrender Skolast? Der Kasus macht mich lachen.

Nürnberger Trichter

Datei:Nuernberger Tricher.jpg
Nürnberger Trichter

Das geflügelte Wort „Nürnberger Trichter“ geht auf den Titel eines Poetiklehrbuchs des Begründers des Pegnesischen Blumenordens und Nürnberger Dichters Georg Philipp Harsdörffer zurück, das unter dem Titel "Poetischer Trichter. Die Teutsche Dicht- und Reimkunst, ohne Behuf der lateinischen Sprache, in VI Stunden einzugießen" zurück 1647 in Nürnberg erschien. Auf Grund der Verbreitung des Werks wurde der Ausdruck „Nürnberger Trichter“ eine gängige Redewendung.

Auf den „Nürnberger Trichter“ ist die übertragene Redewendung etwas eintrichtern oder etwas eingetrichtert bekommen zurückzuführen, d. h. „jemandem etwas mühsam beibringen“ (18. Jh.); eigentlich etwa: „wie durch einen Trichter Wissen in jemanden hineinschütten“.

Alter Freund und Kupferstecher

"Mein lieber (oder alter) Freund und Kupferstecher!" ist eine halb ironische, halb vertrauliche Anrede an jemanden, mit dem man sich irgendwie auseinandersetzt. Literarisch kommt sie in Theodor Fontanes "Frau Jenny Treibel" vor:

»Das hat so sein sollen, Freund und Kupferstecher; mitunter fällt Ostern und Pfingsten auf einen Tag«.

Die Redensart stammt von Friedrich Rückert der mit dieser Formel die Briefe an seinen Freund, den Kupferstecher Carl Barth einleitete.

Carl Barth sammelte die Gedichte Rückerts und sorgte dafür, dass sie gedruckt wurden. Friedrich Rückert war ihm dankbar dafür und schrieb ihm viele Briefe, die immer mit der Anrede „Mein lieber Freund und Kupferstecher“ begannen. Während Rückert seinen Freund voller Freundlichkeit so titulierte, hat diese Anrede heute eine leicht ironische Bedeutung udn vor allem das Wort Kupferstecher führt viele in die Irre. Mit dem Aufkommen des Papiergeldes hatten die Kupferstecher Voraussetzungen für das Fälschen von Geld, was wohl zum Bedeutungswandel beigetragen haben kann.

Spießbürger

Als Spießbürger oder Spießer bezeichnet man abwertend eine Person, die sich durch geistige Unbeweglichkeit, ausgeprägte Konformität mit gesellschaftlichen Normen, Abneigung gegen Veränderungen der gewohnten Lebensumgebung und Zurückweisung von allem Fremden auszeichnet.

Der Begriff geht zurück auf die im Mittelalter mit einem Spieß bewaffneten städtischen Fußtruppen, die sich aus einfachen Stadtbürgern zusammensetzten. Der Spieß als Waffe war relativ billig herzustellen, zugleich effektiv gegen die adligen Ritterheere des Hoch- und Spätmittelalters und verhalf Bürgern und Bauern in den Bauern- und Hussitenkriegen zum Teil zu hohen Schlachtensiegen gegen die adlige Kavallerie. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts kommt die Kurzform Spießer (und das Adjektiv spießig) auf, die anfangs als Kampfbegriff adliger Kreise gegenüber dem Bürgertum, später meist fortschrittsorientierter und politisch linker Gruppierungen gegen die gesellschaftlichen Führungseliten (das sog. "Establishment") verwendet wird.

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan.

„Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan; / der Mohr kann gehen.“ ist ein Zitat aus Friedrich Schillers Drama Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Im Original heißt es allerdings nicht „Schuldigkeit", sondern „Arbeit".

In dem Drama heißt es im Dritten Aufzug:

Fiesco. Ich höre Tritte. Sie sind's. Kerl, du verdientest deinen eigenen Galgen, wo noch kein Sohn Adams gezappelt hat. Geh ins Vorzimmer, bis ich läute.
Mohr (im Abgehen). Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen. (Ab.)

Gianettino Doria sieht in Fiesco eine Gefahr und will ihn durch den Mohren Muley Hassan beseitigen lassen. Der Mordanschlag wird jedoch von dem Mohren verraten und Fiesco bekommt mit ihm den Mann zur Hand, mit dessen Hilfe er seine Gegenintrige ins Werk setzen kann.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet...

Sehr populär war dem bürgerlichen Idealismus des 19. Jahrhunderts Schillers Lied von der Glocke, was sich durch die Fülle der daraus in den alltäglichen Sprachgebrauch übernommenen Wendungen zeigt. Viele werden heute allerdings oft nur scherzhaft gebraucht:

Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet!
Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.

Witzbolde haben daraus „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, / Ob sich nicht doch was Besseres findet“ gemacht.

Weitere Zitate aus dem Lied von der Glocke sind:

O zarte Sehnsucht, süßes Hoffen,
Der ersten Liebe goldne Zeit,
Das Auge sieht den Himmel offen,
Es schwelgt das Herz in Seligkeit;

  • O daß sie ewig grünen bliebe, / Die schöne Zeit der jungen Liebe.
  • Errötend folgt er ihren Spuren.
  • Der Mann muß hinaus ins feindliche Leben.
  • Von der Stirne heiß / Rinnen muß der Schweiß.
  • Doch der Segen kommt von oben.
  • Die Jahre fliehen pfeilgeschwind.
  • Wehe, wenn sie losgelassen!
  • Denn das Auge des Gesetzes wacht.
  • Wo rohe Kräfte sinnlos walten, / Da kann sich kein Gebild gestalten.
  • Da werden Weiber zu Hyänen.

usw. usf.

Das Lied war bis etwa 1950 deutsches Bildungsgut. Thomas Mann angesichts eines Hofschauspielers, der „Die Glocke“ rezitierte:

"Er war der Einzige im ganzen Saal, der in der Glocke nicht ganz sicher war."

Schiller fand die Anregung für sein Gedicht im »Musenalmanach für das Jahr 1800«. Dort stand ein Artikel »Glocke« in der »Oeconomisch-technologischen Encyclopädie«, dem er zahlreiche technische Details entnahm. Dort findet sich auch die Inschrift der 1486 in Basel gegossenen des Schaffhauser Münsters, die er zum Motto wählte:

"Vivos voco. Mortuos plango. Fulgura frango." ("Die Lebenden rufe ich. Die Toten beklage ich. Die Blitze breche ich.")

Allerdings sind ihm auch Fehler unterlaufen, wenn er schreibt „Nehmet Holz vom Fichtenstamme / Doch recht trocken laßt es sein“, dann nimmt er gerade untaugliches Holz. Schillers Sohn war Forstrat und so sagte dazu:

"Mein Vater war gewiss ein großer Dichter, aber von Holz hat er nichts verstanden. Sonst hätte er in dem Lied von der Glocke nicht geschrieben "Nehmet Holz vom Fichtenstamme!", denn das ist nun einmal das schlechteste Holz!"

Daran erkenn ich meine Pappenheimer.

 
Graf zu Pappenheim in Pappenheim

Daran erkenn ich meine Pappenheimer" geht auf Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim zurück, dessen Truppen wesentlich im Erstürmung und Plünderung Magdeburgs 1631 beteiligt waren. Die Grafen von Pappenheim aus dem Altmühltal waren im alten Reich als Erbmarschälle für das kaiserliche Krönungszeremoniell zuständig.

Dieser Satz wird oft in der Form „Ich kenne meine Pappenheimer" zitiert und stammt aus Schillers Drama Wallensteins Tod. Dort ist es überhaupt nicht ironisch gemeint. Als im dritten Akt des Dramas zehn Kürassiere aus Pappenheim herausbekommen wollen, ob Wallenstein zu den Schweden überlaufen wolle, sagt ein Gefreiter zu ihm:

Wir aber glauben's nicht, daß du ein Feind
Und Landsverräter bist, wir halten's bloß
Für Lug und Trug und spanische Erfindung.
(Treuherzig.)
Du selber sollst uns sagen, was du vorhast,
Denn du bist immer wahr mit uns gewesen,
Das höchste Zutraun haben wir zu dir,
Kein fremder Mund soll zwischen uns sich schieben,
Den guten Feldherrn und die guten Truppen.

Wallenstein antwortet darauf:

Daran erkenn ich meine Pappenheimer.

Heute ist die Bezeichnung „Pappenheimer“ eher mit der augenzwinkernden Einsicht in Unzulänglichkeiten verbunden.

Als wär's ein Stück von mir

Als wär’s ein Stück von mir ist der Titel der 1966 erschienenen Autobiographie Carl Zuckmayers. Den Titel (eine Zeile aus dem Gedicht Der gute Kamerad von Ludwig Uhland) sowie den Untertitel Horen der Freundschaft wählte Zuckmayer, um auf die wesentliche Rolle hinzudeuten, die Freundschaften in seinem Leben gespielt hätten.

Eine Kugel kam geflogen,
Gilt's mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor den Füßen,
Als wär's ein Stück von mir.

Gleichzeitig kann der Buchtitel auch die Bedeutung "Als wär's ein (Theater)stück von mir" haben.

Es ist höchste Eisenbahn!

Die Redensart „Es ist die höchste Eisenbahn“ stammt aus Adolf Glaßbrenners humoristisch-dramatischer Szene »Ein Heiratsantrag in der Niederwallstraße« aus dem Jahr 1847, in welcher der zerstreute Briefträger Bornike, an die aus Leipzig eingegangenen Briefe denkend, mit den Worten aufbricht:

Es ist die allerhöchste Eisenbahn, die Zeit is schon vor drei Stunden anjekommen."

Den Berlinern gefiel der Satz so sehr, dass sie ihn bei jeder Gelegenheit wiederholten.

Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.

Das meist falsch gedeutete Wort „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ stammt aus Emanuel Geibels Gedicht »Deutschlands Beruf« aus dem Jahr 1861, dessen letzte Strophe lautet:

Macht und Freiheit, Recht und Sitte,
Klarer Geist und scharfer Hieb
Zügeln dann aus starker Mitte
Jeder Selbstsucht wilden Trieb,
Und es mag am deutschen Wesen
Einmal noch die Weh genesen.

Das Teilzitat wurde als Schlagwort im Nationalsozialismus verwendet.

Das höchste Glück der Erde

Das von Reitern häufig zitierte angebliche „Arabische Sprichwort" stammt von dem deutschen Dichter Friedrich von Bodenstedt, der 1851 in seinen »Liedern des Mirza-Schaffy« Folgendes schreibt:

Das Paradies der Erde
Liegt auf dem Rücken der Pferde,
In der Gesundheit des Leibes
Und am Herzen des Weibes.

Gegner des Reitsports haben den Spruch im Sinne der Pferde umgedreht zu:

„Das höchste Glück der Pferde / ist der Reiter auf der Erde.“

Gott ist tot!

Mit dem Stichwort „Gott ist tot“ wird oft die Vorstellung verbunden, dass Friedrich Nietzsche den Tod Gottes beschworen oder herbeigewünscht habe. Tatsächlich trifft dies nur in einem gewissen Sinne zu. Liest man die Textstellen bei Nietzsche, so wird klar, dass er sich hier vielmehr als Beobachter verstand. Er analysierte seine Zeit, vor allem die seiner Auffassung nach inzwischen marode gewordene (christliche) Moral. Nietzsche war zudem nicht der erste, der die Frage nach dem "Tod Gottes" gestellt hat.

Die bedeutendste und meistbeachtete Stelle zu diesem Thema ist der Aphorismus 125 aus der Fröhlichen Wissenschaft mit dem Titel „Der tolle Mensch“. Dem Sprecher darin graut vor der Aussicht, dass die zivilisierte Welt ihr bisheriges geistiges Fundament weitgehend zerstört hat:

Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet, – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? [...] Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?

Und die Moral von der Geschicht...

Die Redewendung „Und die Moral von der Geschicht“ stammt aus Wilhelm Buschs Bildergeschichte »Das Bad am Samstagabend«. Zu Zeiten als das Baden noch ein Luxus war, wurden die Kinder einmal in der Woche gemeinsam in die Wanne gesteckt. Die kurze Bildergeschichte schließt – nachdem die beiden Lausbuben ein Chaos in der Badestube angerichtet haben - mit der Folgerung:

Und die Moral von der Geschicht': Bad' zwei in einer Wanne nicht.


Denk ich an Deutschland in der Nacht...

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, / Dann bin ich um den Schlaf gebracht.“ ist der Beginn eines Gedichts von Heinrich Heine. Es handelt sich allerdings nicht – wie oft geglaubt – um eine Kritik an den Zuständen in Deutschland, sondern Heine schildert sein Heimweh:

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.

Die Jahre kommen und vergehn!
Seit ich die Mutter nicht gesehn,
Zwölf Jahre sind schon hingegangen;
Es wächst mein Sehnen und Verlangen.

Otto Normalverbraucher

Otto Normalverbraucher ist eine fiktive Person, die die durchschnittlichen Bedürfnisse der Bevölkerung besitzt. Der Name beschreibt in der Marktforschung den durchschnittlichen Verbraucher.

Der Name stammt aus dem deutschen Spielfilm „Berliner Ballade“ (Regie: Robert Adolf Stemmle, 1948), einem der ersten Filmprojekte der Nachkriegszeit. Gert Fröbe spielt darin die Figur des „Otto Normalverbraucher“, eines Wehrmachtssoldaten, der nach dem verlorenen Krieg in seine Heimatstadt Berlin zurückkehrt und sich mit den gewandelten Lebensumständen in der zerstörten Stadt, die von Hungersnot, Schiebertum und neu erwachendem politischen Leben geprägt wird, arrangieren muss. Der Begriff des Normalverbrauchers bezieht sich im Film auf die Systematik der Lebensmittelkarten in der Besatzungszeit: Ein „Normalverbraucher“ war in der bürokratischen Terminologie der Kartenvordrucke ein Bürger, dem bei der Lebensmittelzuteilung keine besonderen Vergünstigungen gewährt wurden, wie sie z.B. von Schwangeren, Schwerstarbeitern und Kriegsversehrten in Anspruch genommen werden konnten.

Aus nordischen Schriftstellern

Prinzessin auf der Erbse

 
Die Prinzessin auf der Erbse

Die Zitate aus den Werken nordischer Schriftsteller beschränken sich im Wesentlichen auf die Titel einiger Märchen von Hans Christian Andersen und Zitate aus den Dramen Henrik Ibsens:

"Für ausgeprägte Empfindlichkeit steht Die Prinzessin auf der Erbse, für entlarvte Eitelkeit Des Kaisers neue Kleider... Die Stützen der Gesellschaft ist der deutsche Titel von IBSENS 1877 erschienenem Schauspiel »Samfundets Støtler«."

Szenen einer Ehe

Szenen einer Ehe ist der bekannteste Film Ingmar Bergmanns, mit dem er die Institution Ehe pessimistisch darstellte. Johan und Marianne werden in einem Zeitungsartikel als vorbildliches Ehepaar präsentiert. Doch da zerbricht die vordergründige Harmonie. Der Film zeigt, wie hässlich Liebe sein kann, Wenn der Alltag eintritt und die Liebe nicht in einer völligen Destruktion, sondern lediglich in einer Bloßstellung endet.

Aus französischen Schriftstellern

Durch Abwesenheit glänzen

Durch Abwesenheit glänzen“ (Briller par son absence) geht auf Tacitus zurück, der in seinen Annalen (III, 76) erzählt, wie die Frau des Cassius und Schwester des Brutus, bestattet wurde. Nach römischer Sitte wurden dem Leichenzug die Bilder der Verwandten voran getragen, „aber Cassius und Brutus leuchteten gerade dadurch hervor, daß man ihre Bildnisse nicht sah", denn es war verboten, in der Öffentlichkeit die Bilder der Mörder Cäsars zu zeigen. Auf dieser Quelle fußend, schreibt Marie Joseph de Clunier in seiner Tragödie „Tibére“:

“Brutus et Cassius brillaient par leur absence.“ („Brutus und Cassius glänzten durch ihre Abwesenheit.“)

Eigentum ist Diebstahl

Eigentum ist Diebstahl“ („La proprieté c' est le vol.“) sagt Pierre Joseph Proudhon 1844 in seiner Schrift »Was heißt Eigentum? Oder: Untersuchungen über die Grundlagen von Recht und Staatsmacht«. Er weist in seiner „Warnung an die Besitzenden“ 1868 das Wort fälschlich Denis Diderot zu, Aber Jacques Pierre Brissot de Warville äußert bereits den Gedanken, dass der Besitz aus dem Bedürfnis entstanden, also nur so weit gerechtfertigt sei, als das Bedürfnis dazu auch vorhanden ist; und „wenn 40 Taler ausreichen, um unseren Lebensunterhalt zu sichern, dann ist der Besitz von 200.000 Talern ein offenbarer Diebstahl, eine Ungerechtigkeit". Aber viel früher noch findet sich in den „Constitutiones monasticae“ in Bezug auf das Privateigentum der Mönche das Wort: „denn eigener Besitz ist Diebstahl."

Kastanien aus dem Feuer holen

Die Kastanien aus dem Feuer holen (Tirer les marrons du feu) stammt aus der Fabel Jean de la Fontaines »Le singe et la chat« (deutsch: »Der Affe und die Katze«), in der der Affe Bertrand die Katze Raton überredet, für ihn geröstete Kastanien aus dem Feuer zu holen. Die Fabel wurde übrigens schon vor La Fontaine im 16. Jahrhundert erzählt.

Zurück zur Natur!

Die berühmte Aufforderung Zurück zur Natur! (Retour à la nature!) findet sich bei Jean-Jacques Rousseau nicht wörtlich, wurde aber als der Sinn seiner gesellschaftskritischen Werke, besonders seines Erziehungsromans Emil oder über die Erziehung »Emile, ou de l'education« angesehen.

Elfenbeinturm

Der Begriff Elfenbeinturm, der eine selbstgewählte Isolation von Künstlern und Wissenschaftlern bezeichnet, wird auf den Literaturkritiker und Schriftsteller Charles-Augustin Sainte-Beuve, der unter Anlehnung an das Hohelied Salomos 7, 5 („Dein Hals ist wie ein Turm von Elfenbein") in seinem Gedicht »À. M. Villemain« über Alfred de Vigny schrieb:

"et Vigny plus secret / Comme en sa tour d'ivoire, avant midi, se rentrait"
("und Vigny hat sich ganz heimlich vor Mittag, gleichsam wie in seinen Elfenbeinturm, zurückgezogen".)

Halbwelt

Die HalbweltLe Demi-Monde«) ist der Titel eines 1855 veröffentlichten Lustspiels Dumas. Doch hat er dieses Wort nicht in dem jetzigen Sinn gebraucht.

Im Stück wird der Unterschied zwischen den „Damen der Gesellschaft“, und denen der „Halbwelt“ an zwei Körben Pfirsichen erklärt, von denen die einen 30, die anderen, obgleich scheinbar ebenso groß, schön, reif und lecker, nur 15 Sous kosten. Jene aber sind tadellos, diese haben einen kleinen schwarzen Punkt, der ihre Minderwertigkeit ausmacht.

Chauvinismus

Übersteigerten Patriotismus und daraus resultierende Geringschätzung anderer Völker nennen wir Chauvinismus. Das Wort leitet sich vom Namen des übertrieben patriotischen Rekruten Nicolas Chauvin her, der in der Armee von Napoléon Bonaparte diente und 17 Mal verwundet wurde. Sein übersteigerter Idealismus wurde in der Figur „Nicolas Chauvin“ im französischen Lustspiel „La Cocarde Tricolore“ (1831, Paris) der Brüder Cogniard verewigt und in zahlreichen Vaudevilles karikiert, wodurch der Begriff des Chauvinismus geboren wurde. Nicolas Chauvin war ein halb-fiktionaler Soldat, der in der Armee der Ersten Französischen Republik und danach in der Grande Armée von Napoléon Bonaparte diente. Chauvin trat mit 18 Jahren in die Armee ein und soll insgesamt 17 Mal im Dienst verwundet worden sein. Für seine Loyalität und seinen Einsatz verlieh ihm Napoleon selbst einen Ehrensäbel und eine Pension von 200 Francs. Im nach-napoleonischen Frankreich erschien seine Einsatzbereitschaft nicht mehr bewunderungswürdig, sondern diente als Zielscheibe des Spotts in Vaudeville-Komödien, so beispielsweise in dem Stück La Cocarde Tricolore (1831).

Aus englischsprachigen Schriftstellern

Etwa den gleichen Raum wie die französischen Schriftsteller nehmen die englischen Schriftsteller ein, was vor allem den viel zitierten Werken William Shakespeares zuzuschreiben ist.

Utopie

Die Bezeichnung Utopie für einen nur erdachten Zustand stammt aus dem Griechischen Outopia (= Nirgendreich; aus griechisch ou = nicht und topos = Ort) wurde geprägt von Thomas Morus in seiner Schrift »De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia« (»Über den besten Zustand des Staates und über die neue Insel Utopia«).

My home is my castle

Der oft verwendete Spruch My home is my castle (Mein Haus ist meine Burg.) ist die Umformung eines Rechtsspruches von Sir Edward Coke, der zu der Problematik „Gegen das Bewaffnetgehen" Folgendes feststellt:

Es darf jemand Freunde und Nachbarn versammeln, um sein Haus gegen diejenigen zu verteidigen, welche ihn berauben oder töten oder ihm darin Gewalt antun wollen"

Seine Feststellung schließt er mit den Worten:

For a man's house is his castle. (Denn eines Mannes Haus ist seine Burg.)

Sein oder Nichtsein

Shakespeare lässt Hamlet in seinem Monolog die berühmten Worte sagen:

To be, or not to be, that is the question. (Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage.)

Der Monolog endet mit den Worten vom Todesschlaf:

It is a consummation / Devoutly to be wished. (Es ist ein Ziel / Aufs innigste zu wünschen.)

Es ist die Nachtigall und nicht die Lerche.

Datei:RomeoGiuliettaZeffirelli.jpeg
Romeo und Julia

Es war die Nachtigall und nicht die Lerche“ (It was the nightingale and not the lark.) stammt aus Shakespeares Tragödie Romeo und Julia:

˜Du willst schon fort? Es ist noch längst nicht Tag:
Es war die Nachtigall und nicht die Lerche,
Die deinem Ohr ins bange Innre drang;
Sie singt bei Nacht auf dem Granatbaum dort:
Geliebter glaub's es war die Nachtigall.˜

Es war die Lerche ist ein heiteres Trauerspiel von Ephraim Kishon, das sich mit der Spekulation befasst, was gewesen wäre wenn Julia rechtzeitig erwacht wäre und sie zusammen mit Romeo 29 Jahre später noch in Verona lebten.

Zahn der Zeit

Der aus Shakespeares Drama Maß für Maß („Measure for Measure“) stammende Begriff Zahn der Zeit („tooth of time“) war im 18. Jahrhundert sehr beliebte Metapher, findet sich aber schon in Ovids Metamorphosen, wo es heißt „tempus edax rerum".

Gardinenpredigt

Die Gardinenpredigt („curtain-lecture“) bezeichnet im 17. Jahrhundert ursprünglich die von der Gattin hinter der Bettgardine hervor gehaltene Schelte und wurde 1892 Douglas W. Jerrold zum Buchtitel: „Mrs Caudles Gardinenpredigten und andere Geschichten“ („Mrs. Caudle's Curtain Lectures and Other Stories“).

Steckenpferd

 
Kind mit Steckenpferd (Holzschnitt von 1542)

Laurence Sterne schreibt in seinem Roman »The Life and Opinions of Tristram Shandy« (1760/67):

Haben nicht die weisesten Männer zu allen Zeiten, selbst Salomo nicht ausgenommen, – haben sie nicht ihre Steckenpferde gehabt; ihre Laufpferde, – ihre Zahlpfennige und Schneckenschaalen; ihre Trummeln und Trompeten, ihre Geigen und Farbenbrette, – ihre Insekten und Schmetterlinge? – Allein was geht uns das alles an? –Mag doch einer immer auf seinem Steckenpferde durch alle Hauptstraßen in Ruhe und Frieden reiten, wenn er nur nicht verlangt, daß wir hinten aufsitzen sollen."

Als Kinderspielzeug ist Steckenpferd im Deutschen bereits 1605 bekannt.

Die oberen Zehntausend

In einem Leitartikel der New Yorker Zeitung »Evening Mirror« vom 11. November 1844, sagt Nathaniel Parker Wittis:

Zur Zeit ist kein Unterschied unter den oberen Zehntausend der Stadt."
("At present there is no distinction among the upper ten thousand of the City.")

Er wählte die Zahl 10.000, weil dies zu seiner Zeit die Anzahl der gesellschaftsfähigen New Yorker war. In England sagt man meist nur The upper ten.

Aus italienischen Schriftstellern

Lasst alle Hoffnung fahren!

 
Eingang zum Inferno (Aufschrift auf Englisch: "Leave every hope...")

Aus Dante Alighieris »Divina Commedia« (Die göttliche Komödie stammen einige geflügelte Worte. Das bekannteste ist der Spruch, der über dem Eingang zum Inferno, der Hölle, steht:

Lasciate ogni speranza, voi ch' entrate! (Lasst jede Hoffnung, wenn ihr eingetreten!)

Diese Warnung steht heute über dem Eingang zu italienischen Fußballstadien und soll die Gastmannschaft abschrecken.

Wenn es nicht wahr ist. ..

Wenn es nicht wahr ist, ist es sehr gut erfunden“ („Se non è vero, è molto ben trovato.“) steht in Giordano BrunosHeroischen Leidenschaften“.

So machen’s alle.

Die Oper Così fan tutte ossia La scuola degli amanti (it. „So machen es alle (Frauen) oder Die Schule der Liebenden“) ist eine komische Oper von Wolfgang Amadeus Mozart nach einem Text von Lorenzo Da Ponte.

Die jungen Offiziere Ferrando und Guglielmo rühmen sich, dass die beiden Schwestern Dorabella und Fiordiligi, die sie über alles lieben, ihnen niemals untreu werden könnten. Don Alfonso aber hat seine eigenen Erfahrungen und schlägt deswegen Ferrando und Guglielmo vor, doch eine Wette abzuschließen, wenn sie so sicher wären. Währenddessen schwärmen sich die Frauen im Garten des Hauses gegenseitig von der unverbrüchlichen Liebe ihrer Partner vor

Das süße Leben

"Das süße Leben" ("La Dolce Vita") heißt ein Film nach einem Drehbuch von Federico Fellini. Im Film geht es um das Leben der „High Society“ im Rom der fünfziger Jahre. Das Leben zwischen Straßenflirt und allabendlichen Partys wird gestört durch die existenziellen Fragen des Lebens.

Der Boulevard-Journalist Marcello ist auf der Jagd nach den „süßen“ Geheimnissen der Prominenz auf der Via Veneto mit ihren exklusiven Nachtclubs und Cafés.

Aus spanischen Schriftstellern

Ritter von der traurigen Gestalt

 
Don Quijotes Kampf mit den Windmühlen

Der Ritter von der traurigen Gestalt ist die Übersetzung von El caballero de la triste figura, Don Quijote, des Helden in Miguel de Cervantes' Roman El ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha "Der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha"). Don Quijote liest einen Ritterroman nach dem anderen, bis er schließlich glaubt, er selbst müsse sich als fahrender Ritter das Unrecht zu bekämpfen. Seinem Klepper verleiht er den Namen Rocinante (span. fue rocín antes [= vorher war's ein Klepper]) und macht ein Bauernmädel zur Gebieterin seines Herzens, die er nicht weniger wohlklingend Dulcinea von Toboso (span. dulce [= süß]) nennt.

Aus diesem Roman stammt auch der Ausdruck für einen unsinnigen Kampf "mit Windmühlen kämpfen" (aeometer molinos de viento). Don Quijotes Kampf gegen die Windmühle(n) ist die bekannteste Episode des Romans. Sie spielt im Original nur eine untergeordnete Rolle, ist aber für die meisten modernen Bearbeitungen dieses Stoffs zentral. Das hat folgenden Grund: Das 19. Jahrhundert war von diesem ausweglosen Kampf des gnädigen Herrn gegen die gnadenlose Maschine fasziniert, weil der rasante technische Fortschritt damals den Machtverlust der Aristokratie vorantrieb. Die lächerliche Auflehnung des Junkers gegen Windmühlen war dafür das ideale Symbol.

Eifersucht ist eine Leidenschaft. ..

In Cervantes' Zwischenspiel "Der wachsame Posten" ("La guarda cuydosa") ruft der Soldat:

O zelos, zelos!
Quan mejor
os llamaran duelos, duelos!

In der deutschen Übersetzung wird daraus:

O Eifersucht, Eifersucht,
du Leidenschaft,
Die mit Eifer sucht,
Was Leiden schafft.

Friedrich Schleiermacher wird die berühmte verkürzte Version zugeschrieben:

"Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft."

Dieser Satz beschreibt die quälende Gefühlsmischung, die sich durch Minderwertigkeitskomplexe, Missgunst, Angst, Wut, Rachegelüste und Aggressivität bemerkbar macht.

Aus russischen Schriftstellern

Der Begriff Nihilismus (von lateinisch nihil = nichts) stammt von dem Schriftsteller Iwan Turgenjew, der 1884 über den Helden seines Romans Väter und Söhne schrieb:

Die Figur des Basarow ist das Ebenbild eines jungen, kurz vor dein Jahre 1860 verstorbenen, in der Provinz lebenden Arztes, den ich kennengelernt hatte und in dem mir das verkörpert zu sein schien, was man später Nihilismus nannte."

Der Nihilismus ist eine Weltanschauung, die eine Sinnhaftigkeit der Welt bestreitet. Es werden keine absoluten Werte und keine allgemeingültige Moral anerkannt. Eine Moral wird nur so weit vertreten, als man dem Minimum an Anstand entspricht, den die Gesellschaft verlangt.

Aus polnischen Schriftstellern

 
Domine, quo vadis?” (von Annibale Carracci)

Zum geflügelten Wort wurde der Titel des Romans von Henryk Sienkiewicz Quo Vadis ("Wohin gehst du?"). Dieser geht auf eine Legende zurück, der zu Folge Petrus während der Christenverfolgungen im Jahr 67 oder 68 n. Chr., aus Rom floh und vor der Stadt Christus begegnete. Petrus fragte ihn: „Domine, quo vadis?" („Herr, wohin gehst du?"). Als Christus antwortete, er gehe hin, um sich noch einmal kreuzigen zu lassen, sagte Petrus beschämt: „Herr, ich werde zurückkehren und dir folgen."

Der Roman war bereits kurz nach seinem Erscheinen ein Bestseller. Umstritten waren einzig die teilweise detailliert beschriebenen Grausamkeiten in den Kapiteln über die Hinrichtung der Christen. Zur Zeit der Entstehung des Romans war Polen von anderen Staaten besetzt, das dürfte das Motiv von Unterdrückung und Verfolgung wesentlich miterklären.

Aus orientalischen Schriftstellern

"Wenn der Berg nicht zum Propheten kommen will, muß der Prophet zum Berge gehen" stammt aus einer im Jahr 1631 abgefassten arabischen Rezension der Anekdoten des Nasreddin einer Weisen-, Narren-, Meister-, Bettler-, Richter-, Lehrer- und Arztfigur im arabischen Raum. Danach fragte man Nasreddin, der für einen Heiligen gehalten werden wollte, welches Wunder er denn vollbringen könne. Er antwortete, er werde einem Baum befehlen, zu ihm zu kommen. Als dies misslang, erhob er sich und sagte:

Die Propheten und die Heiligen sind nicht hochmütig und verblendet. Kommt der Palmbaum nicht zu mir, so gehe ich zu ihm."

Aus griechischen Schriftstellern

Geflügelte Worte

Das Homerzitat von den Geflügelten Worten wurde der Titel der Zitatensammlung des Philologen Georg Büchmann. Bei Homer bedeuteten geflügelte Worte (Vorlage:Polytonisch epea pteroenta) allerdings „schnell von den Lippen des Redenden enteilende, zum Ohr des Hörenden fliegende Worte“. Diese Wendung kommt an vielen Stellen der Ilias und der Odyssee vor.

Im 15. Gesang der Ilias heißt es zum Beispiel „...und sprach die geflügelten Worte:. ..
Im 16. Gesang der Odyssee heißt es: (Telemach) „Wandte sich schnell zu Eumäos, und sprach die geflügelten Worte:. ..

Hier ist Rhodos, hier springe!

In Aesops Fabel »Der prahlerische Fünfkämpfer« rühmt sich jemand, er habe in Rhodos einst einen gewaltigen Sprung getan, und beruft sich auf Zeugen. Einer der Umstehenden antwortet ihm:

Freund, wenn's wahr ist, brauchst du keine Zeugen. Hier ist Rhodos, hier springe".

Dieser Satz wird meistens lateinisch in der Form „Hic Rhodus, hic salta!“ zitiert. Wörtlich aber heißt es bei Aesop:

Sieh, hier ist Rhodos, hier ist auch der Sprung." (Αὐτοῦ γὰρ Ῥόδος καὶ πήδημα. - Autou gar Rhodos kai pēdēma.)

Ich weiß, dass ich nichts weiß

„Ich weiß, dass ich nichts weiß“ geht wahrscheinlich auf die Stelle in Platos Verteidigungsrede des Sokrates zurück:

Jener glaubt etwas zu wissen, weiß aber nichts; ich weiß zwar auch nichts, glaube aber auch nichts zu wissen."

Meist wird es in der gekürzten deutschen Fassung zitiert:

Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ (Οἶδα οὐκ εἰδώς. - Oida ouk eidōs.)

Gordischer Knoten

 
Alexander durchtrennt den Gordischen Knoten, Gemälde von Jean-Simon Berthélemy

Quintus Curtius Rufus berichtet in seiner Geschichte über dem Mazedonierkönig Alexander dem Großen von dem kunstvoll verschlungenen und unentwirrbaren Knoten am Wagen des Königs Gordios im Jupitertempel der Stadt Gordion und von dem Orakel, dass, wer den Knoten zu lösen verstände, die Herrschaft über Asien erlangen würde. Alexander habe mit den Worten „Es kommt nicht darauf an, wie er gelöst werde" den Knoten mit dem Schwert durchschlagen und so das Orakel entweder verspottet oder erfüllt. Daher gibt es für das Lösen einer großen Schwierigkeit auf unkonventionelle Weise den Begriff „Den gordischen Knoten durchhauen.

Wissen, wo der Schuh drückt

„Nicht wissen (oder Wissen), wo einen der Schuh drückt“ stammt von Plutarch, der in seinen »Vorschriften für Eheleute« (»Coniugalia praecepta«) erzählt, ein Römer habe auf die Vorwürfe seiner Freunde, dass er sich von seiner keuschen, reichen und schönen Frau habe scheiden lassen, seinen Schuh vorgestreckt und gesagt:

„Auch dieser Schuh ist schön anzusehen und neu, aber niemand weiß, wo er mich drückt."

Pyrrhussieg

Einen zu teuer erkauften Erfolg nennt man einen Pyrrhussieg nach dem verlustreichen Sieg von König Pyrrhus über die Römer in der Schlacht bei Auseiduni (279 v. Chr.), nach dem er ausrief:

Noch einen solchen Sieg über die Römer, und wir sind verloren!"

Zyniker

Ein Zyniker war ursprünglich ein Anhänger der Richtung der Philosophie, die von Anthisthenes begründet wurde. Eigentlich heißt es „Kyniker" nach dem Gymnasium „Kynosarges" in Athen oder dem Wort für Hund, „kyon". Ihre Ablehnung aller bürgerlichen Wertbegriffe und ihre derbe Ausdrucksweise führten dazu, einen verletzend Spottenden einen Zyniker zu nennen.

Aus lateinischen Schriftstellern

Neben den deutschen nehmen die lateinischen Schriftsteller den größten Raum in Büchmanns Zitatensammlung ein. Viele davon sind Rechtsprüche, die heute noch verwendet werden, wie zum Beispeil:

  • Abusus non tollit usum - Missbrauch hebt den (richtigen) Gebrauch nicht auf.
  • Caveat emptor - „Der Käufer soll aufpassen“ – d. h. das Kaufrisiko liegt beim Käufer.
  • Habeas corpus - „Du sollst den Körper vorweisen“ – d. h. eine Inhaftierung muss begründet werden.
  • In dubio pro reo - „Im Zweifel für den Angeklagten“ – Grundsatz der Rechtsprechung.

Wem nützt es?

Cui bono? ("Wem zum Vorteil?") stammt von dem Konsuln Lucius Cassius, einem Mann von äußerster Strenge, der den Richtern einschärfte bei Kriminalfällen, nachzuforschen, zu wessen Nutzen die Tat geschah.

Brot und Spiele

Es heißt, das römische Volk verlangte in der Kaiserzeit nur immer wieder Brot und Zirkusspiele („Panem et circenses“) ohne sich um das Gemeinwohl zu kümmern. Ähnliches wurde schon früher von der Bevölkerung Alexandriens gesagt. Auf Rom wendet den Ausspruch zuerst Kaiser Trajan an, der sagte:

populum Romanum duabus praecipue rebus, annona et spectaculis, teneri"
(„Das römische Volk kann in der Hauptsache nur durch zwei Dinge in Zaum gehalten werden: daß man ihm genügend zu essen gibt und ihm spektakuläre Schauspiele bietet.")

Irren ist menschlich

Irren ist menschlich“ („Errare humanum est“) geht zurück auf Hieronymus' Feststellung „errasse humanum est". Aber schon Theognis bedauert dass „Fehltritte den sterblichen Menschen anhaften." In dem Drama Antigone des Sophokles, beim Drama Hippolytos des Euripides und dem Theaterstück eines unbekannten griechischen Tragikers kommt dasselbe mit ähnlichen Worten vor, während es in dem Epigramm auf die bei Chäronea Gefallenen bei Demosthenes heißt:

In nichts irren, ist eine Eigenschaft der Götter."

Cicero wiederum schreibt in seinen Kampfreden gegen Philipp II. von Makedonien, den so genannten Philippika:

Cuiusvis hominis est errare, nullius nisi insipientis in errare perseverare." („Jeder Mensch kann irren, nur der Tor im Irrtum verharren.")

Heute wird (Errare humanum est) gelegentlich scherzhaft als Akronym für EHE gesehen.

Aus der Geschichte: Hellas

Scherbengericht

 
Scherben vom Scherbengericht: Perikles, Kimon, Aristeides

Der Ostrakismos (griechisch: ὀστρακισμός, „(das) Scherbengericht") war in der Athenischen Demokratie ein legales Verfahren, Bürger aus der städtischen Gemeinschaft zu verbannen. Das Wort Ostrakismos stammt vom griechischen Wort Ostrakon (όστρακον, „Tonscherbe“). Im Januar eines jeden Jahres vollzog die Volksversammlung auf der Pnyx eine Abstimmung, ob ein Scherbengericht durchgeführt werden soll. War dieser Entscheid positiv, so wurde für einen anderen Tag eine neue Versammlung anberaumt. Bei dieser wurde schließlich darüber abgestimmt, wer verbannt werden solle. Die Abstimmung erfolgte in Form von auf Tonscherben geschriebenen Namen. Der meist Genannte (jedes Jahr konnte nur ein Einziger verbannt werden) musste innerhalb von zehn Tagen für zehn Jahre in die Verbannung gehen mit der Androhung der Todesstrafe im Fall der vorzeitigen Rückkehr. Die Ostrakisierung erfolgte auch nicht aufgrund definierter Vergehen, sondern aus Furcht der Athener vor zu großer politischer Macht des Verbannten. Vermutlich wurde das Gesetz zur Verhinderung einer neuen Tyrannis erlassen.

Drakonische Strafe

Die drakonische Strenge und die drakonischen Gesetze des Drakon sind sprichwörtlich geworden. Da sie in vielen Füllen die Todesstrafe androhten, galten sie als mit Blut geschrieben. Auf ihre Härte weist auch Aristoteles in seiner Politeia (II, 1274b) hin, wo er feststellt, dass außer ihrer Strenge nichts Bemerkenswertes an ihnen gewesen sei. In seiner Rhetorik (1400b), nennt er sie „Gesetze eines Drachen"“, nicht die eines Menschen.

Störe meine Kreise nicht!

Störe meine Kreise nicht!“ (lateinisch: „Noli turbare circulos meos.“) rief Archimedes einem römischen Soldaten zu, der bei der Eroberung von Syrakus in seinen Garten eindrang, als Archimedes gerade dabei war, Figuren in den Sand zu zeichnen und darüber nachzudenken. Gegen den Befehl des Feldherrn Marcellus stach der Soldat den Gelehrten jedoch nieder.

Aus der Geschichte: Das alte Rom

Wehe den Besiegten!

"Sein Schwert in die Waagschale werfen" geht auf einen Bericht des Livius über den Gallierkönig Brennus zurück, der, als sich die besiegten Römer sträubten, die auferlegten Kriegskontribution nach den zu schweren Gewichten der Feinde abzuwiegen, höhnend auch noch sein Schwert in die Waagschale warf und dabei ausrief: „Wehe den Besiegten!" ("Vae victis!").

Jedem das Seine

„Jedem das Seine“ (Suum cuique) ist als Ausspruch des älteren Cato überliefert. Danach soll dieser gesagt haben:

„Suum cuique per me uti atque frui licet"
(„Soweit es an mir liegt, soll jeder das Seine nutzen und genießen dürfen.")

Der Gedanke geht auf Platons Politeia zurück. „Suum cuique tribuere" ist auch eine Rechtsregel Ulpians.

 
Lage des Rubikon

Der Würfel ist gefallen

Der Ausdruck „den Rubikon überschreiten“ ist die Bezeichnung für eine folgenschwere Entscheidung, wie sie der Übergang Caesars über den Rubikon war, weil durch sie der Bürgerkrieg entfesselt wurde. Als Cäsar nach längerem Schwanken den Entschluss gefasst hatte, über den Rubikon zu gehen, zitierte er das Wort des griechischen Dichters MenanderDer Würfel falle".

Plutarch meint, Caesar habe den Ausspruch in griechischer Sprache getan. Sueton gibt eine nicht ganz wörtliche Übersetzung „Iacta alea est!“ Dies wird häufig mit „Alea iacta est!“ (Der Würfel ist gefallen!) zitiert.

Ich kam, sah und siegte

Mit den Worten „Ich kam, ich sah, ich siegte“ („Veni, vidi, vici“) zeigte Cäsar seinem Freund Amintius in Rom seinen bei Zela schnell errungenen Sieg brieflich an.

Geld stinkt nicht

Datei:020 Vespasian.jpg
Denar mit dem Bild des Vespasian

„Geld stinkt nicht“ (Pecunia non olet) ist der bekannten Ausspruchs des Kaisers Vespasian als ihn sein Sohn Titus wegen einer auf Bedürfnisanstalten gelegten Steuer getadelt hatte.

Urin wurde als Mittel für die Ledergerbung und als Wäschereinigungsmittel eingesetzt. So wurden in Rom an belebten Straßen amphorenartige Latrinen aufgestellt, um den Urin einzusammeln, der von den Gerbern und Wäschern benötigt wurde. Um die Staatskassen zu füllen, erhob Kaiser Vespasian auf diese öffentlichen Toiletten eine Latrinensteuer. Von seinem Sohn Titus darauf angesprochen, soll er ihm Geld aus den ersten Einnahmen unter die Nase gehalten und gefragt haben, ob der Geruch ihn störe; als der verneinte, habe er geantwortet: "Atqui e lotio est" (Und doch kommt es vom Urin). Die Redewendung hat sich bis heute gehalten, um den Besitz oder Erwerb von Geld aus unsauberen Einnahmequellen zu rechtfertigen. Die öffentlichen Toiletten in Paris heißen noch heute "Vespasienne".

Kurt Machens, der Oberbürgermeister der Stadt Hildesheim geriet als Hauptakteur der so genannten Pecunia non olet-Affäre bundesweit in die Schlagzeilen. Machens hatte gemeinsam mit sechs anderen Personen einen eingetragenen Verein namens Pecunia non olet gegründet, dessen Zweck vor allem darin bestand, Spenden zu sammeln. Über die Verwendung der gesammelten Geldmittel entschieden alleine die Vereinsmitglieder. Stadtrat, Verwaltung und Öffentlichkeit wurden nicht informiert.

Aus der Geschichte: Das päpstliche Rom

Kanonisches Alter

Das kanonische Alter bezeichnet eine festgesetzte Anzahl von Lebensjahren, die die Kanoniker erreicht haben mussten, um bestimmte geistliche Würden zu erlangen. Als Grund für diese Beschränkung wurde angeführt, dass auch Christus erst im Alter von 30 Jahren zu lehren begonnen habe. Für die Wahl des Priesters wurde das 30. Jahr als Bedingung gesetzt, für die Diakone das vollendete 25. Lebensjahr. Heute wird der Begriff in übertragenem Sinn von Menschen gebraucht, die infolge ihres Alters ein gewisses Maß an Vernunft besitzen.

In petto

Seit Papst Martin V. kommt es vor, dass der Papst bei der Wahl neuer Kardinäle, die Namen nicht sofort publiziert, sondern einstweilen noch für sich behält:

Alias in pectore reservamus arbitrio nostro quandocumque declarandos."
(„Andere [...] behalten wir vorläufig in unserer Brust und werden sie nach unserem Gutdünken einmal bekannt geben.")

Aus dem „in pectore" wurde in italienischer Übersetzung „in petto“.

Durch meine Schuld

Meine Schuld, meine Schuld, meine übergroße Schuld!“ („Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa!“ steht im Schuldbekenntnis der katholischen Messe, wo es hieß:

„Confiteor Dei omnipotenti, beatae Mariae Virgini [...] et vobis, fratres, quia peccavi nimis cogitatione, verbo et opere: mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa!"
(„Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, der seligen Jungfrau Maria [...] und euch, Brüdern, daß ich viel gesündigt habe in Gedanken, Worten und Werken: durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine übergroße Schuld.")

Die Formel findet sich zum ersten Mal in den »Ordines Romani«, deren Verfasser wohl der Kardinal Jakob Cajetan war, und ist auch in die Liturgien der protestantischen Kirche übergegangen.

Vor dem Zweiten Vatikanum wurde ausschließlich die lateinische Fassung gebetet, deren Verwendung zwingend vorschrieben war. Das Gebet war Bestandteil des Stufengebetes, welches der Priester im Wechsel mit dem Ministranten oder der Gemeinde vor dem Zutreten zum Altar zu Beginn der Messe betete.

Aus der Geschichte: Italien

Entweder Cäsar oder nichts

„Entweder Cäsar oder nichts“ (lateinisch: „Aut Caesar auf nihil“) war die unter einer Büste Cäsars angebrachte Devise Cesare Borgias. Vorbild war wohl Caligulas Wort, mit dem er seine maßlosen Verschwendungen beschönigte:

Aut frugi hominem esse oportere auf Caesarem" („Man müsse entweder sparsam sein oder ein Cäsar")

Mannequin

Der Begriff des Mannequins geht auf eine Erfindung des florentinischen Malers Fra Bartolomeo zurück, der alle Gegenstände nach der Natur zeichnete und sich deshalb eine Holzfigur (italienisch: manichino; französisch: mannequin) in Lebensgröße mit biegsamen Gliedern und Kleidern anfertigen ließ. Erst dem britischen Seidenhändler und Modeschöpfer Charles Frederick Worth verwendete (nach einer Quelle 1820, nach einer anderen erst 1858) statt Wachspuppen Personen, um seine neuesten Kreationen vorzuführen.

Heiliger Egoismus

Im Oktober 1914 prägte der Ministerpräsident Antonio Salandra bei der Vorstellung der Beamten des Ministeriums des Äußeren, das er vorübergehend übernahm, das Wort vom sacro egoismo (geheiligten Egoismus), indem er sagte:

Die obersten Richtlinien unserer internationalen Politik werden morgen dieselben sein, wie sie gestern waren. Um sie zu befolgen, bedarf es einer unerschütterlichen Festigkeit der Seele, einer klaren Auffassung von den wahren Interessen des Landes, einer Reife der Überlegung, die, wenn nötig, die Bereitschaft zur Tat nicht ausschließt; es bedarf der Wärme nicht des Wortes, sondern der Tat, es bedarf eines Geistes, frei von Vorurteilen, von jeder vorgefaßten Meinung, von jedweder Empfindung außer der unbegrenzten und ausschließlichen Hingabe an das Vaterland, des geheiligten Egoismus für Italien."

Aus der Geschichte: Spanien

Neue Welt

König Ferdinand II. von Spanien verlieh Kolumbus 1493 den folgenden Wappenspruch:

"Por Castilla y por Leon / Nuebo mundo alló Colon." (“Für Kastilien und Leon fand Kolumbus eine neue Welt.“)

Dies scheint der erste Beleg für den Begriff Neue Welt zu sein.

Die 9. Sinfonie e-Moll op. 95 Antonín Dvořáks trägt den Namen Aus der Neuen Welt, da sie von Dvoráks dreijährigem Amerikaaufenthalt inspiriert wurde. Die Themen sind jedoch nicht echt indianisch, sondern inspiriert durch Dvořáks Besuch der „Buffalo Bill Cody's Wild West Show“, in der der Kampf gegen die Indianer mit viel Tamtam nachgestellt wurde.

Ei des Kolumbus

 
Kuppel der Santa Maria del Fiore

Die Erzählung vom Ei des Kolumbus geht auf Girolamo Benzoni zurück, der sie vom Hörensagen kannte. Danach soll Kolumbus nach seiner ersten Reise auf einem ihm zu Ehren gegebenen Gastmahl, als die Behauptung aufgestellt wurde, seine Entdeckung sei gar nicht so schwierig gewesen, ein Ei genommen und gefragt haben, wer es zum Stehen bringen könne. Als es keinem gelang, nahm Kolumbus das Ei, drückte die Spitze ein, und es stand.

Einen ähnlichen Vorgang berichtet Vasari vom Baumeister Filippo Brunelleschi beim Bau der Kuppel des Doms Santa Maria del Fiore. Er wollte den anderen Baumeistern, die seinen Plan für undurchführbar hielten, sein Modell nicht zeigen, machte ihnen aber den Vorschlag, der solle die Kuppel bauen, dem es gelänge, ein Ei aufrecht auf eine Marmorplatte zu stellen. Als die anderen Baumeister sagten, das hätten sie auch gekonnt, antwortete er ihnen, so hätten sie auch die Kuppel bauen können, wenn sie sein Modell gesehen hätten. Auf Brunelleschis Werk passt das Beispiel vom Ei gut, weil die Kuppel die Form eines an der Spitze eingedrückten Eies hat. Die Anekdote ist aber ursprünglich orientalischen Ursprungs.

Fünfte Kolonne

Als der spanische General Emilio Mola im Jahr 1936 die Franco-Truppen in vier Kolonnen gegen das von den Kommunisten besetzte Madrid führte, nannte er in einer Rundfunkansprache die vielen Anhänger Francos in Madrid Die fünfte Kolonne (La quinta columna). Der Ausdruck wird seitdem für Agenten gebraucht, die im Land des Gegners Aufträge ausführen sollen.

Aus der Geschichte: Frankreich

Der Staat bin ich.

 
Ludwig XIV. (Porträt von H. Rigaud)

Der berühmte Ausspruch "Der Staat bin ich" (L'Etat c'est moi.) ist unverbürgt und wurde jedenfalls nicht, 1655 vor dem Parlament gesprochen. Da soll Ludwig XIV. im Jagdrock, eine Peitsche in der Hand, im Parlament im Parlament erschienen sein und auf die Bemerkung des ersten Präsidenten, der das Interesse des Staates "Ich bin der Staat" betonte, geantwortet haben. Zuverlässige Urkunden berichten, dass der König allerdings dem Parlament Schweigen gebot, aber ohne Hochmut. Es wird allerdings an anderer Stelle berichtet, dass Ludwig einen Richter unterbrach, der in einer Rede die Worte "der König und der Staat" gebrauchte, indem er ausrief: "L'Etat c'est moi."

Vandalismus

 
Phantasiedarstellung von der Plünderung Roms durch die Vandalen im Jahr 455

Das Wort Vandalismus zur Bezeichnung von Zerstörungswut ist durch Henri-Baptiste Grégoire, Bischof von Blois, geflügelt geworden. Er gebraucht es in einem Bericht an den Konvent vom August 1794 und schreibt 1837 in seinen »Memoires«:

Ich schuf dies Wort, um die Sache zu töten."

Doch ist die Bedeutung des Wortes in diesem Sinne schon älter. Allgemein üblich wurde der Volksname der Wandalen für Kirchenräuber schon mindestens 50 Jahre vor der französischen Revolution. Er verdrängte die Namen der Hunnen, Tataren und Goten. Das Wort wurde sofort auch in Deutschland bekannt.

Vandalismus leitete er dabei von den Vandalen ab, einem germanischen Volksstamm, der im Jahre 455 den weströmischen Kaiser Petronius Maximus besiegt hatte, in Rom einmarschiert war und die Stadt geplündert hatte. Da die Vandalen die Stadt Rom für die damalige Zeit sehr gesittet, äußerst gezielt und ohne blinde Zerstörungswut plünderten, ist die Etymologie des Begriffs historisch gesehen nicht richtig. Die historischen Vandalen wurden in der Französischen Revolution 1789 zur negativen Kennzeichnung der Aristokratie - als vermeintlich von den germanischen Eroberern abstammend - benutzt. Als politischer Begriff diente vandalisme Henri-Baptiste Grégoire zur Abgrenzung einer idealen bürgerlichen Revolution von radikalen Kräften. In den Gewaltexzessen der Franzsösischen Revolution kam es - wie schon zuvor in den Umbrüchen der Reformation - zur Bilderstürmerei, die Grégoire anprangerte.

Die Leviten lesen

Bischof Chrodegang von Metz stellte um 760 zur Besserung der verwilderten Geistlichkeit eine Lebensregel, die die Geistlichen verpflichtete, sich nach der Morgenandacht vor dem Bischof oder dessen Stellvertreter zu versammeln; dieser las ihnen ein Kapitel der Bibel, besonders aus dem 3. Buch Mose, Levitikus, vor, das religiöse Gesetze für Priester und Leviten enthält, und knüpfte daran öfters Ermahnungen.

Für die Leviten, die bis heute als eigene Gruppe im religiösen Judentum existieren, gelten eine Reihe besonderer Gesetze und Vorschriften. Unter anderem waren die Leviten für das Einhalten der Regeln im 3. Buch Mose zuständig.

Krieg den Palästen!

In einer Sitzung der Pariser Jakobiner wurde 1792 ein Brief vorgelesen, in dem es hieß:

Krieg den Palästen, Friede den Hütten! ist der Wahlspruch aller Nationen."

In Deutschland hat Georg Büchner mit seinem 1834 erschienenen Flugblatt Der hessische Landbote die Parole popularisiert und umgestellt:

Friede den Hütten! Krieg den Palästen!

Ein Sponti-Spruch machte 150 Jahre später daraus: „Krieg den Hütten, Paläste für alle!"

Die große Nation

„Die große Nation“ („La grande nation“) nannte General Napoleon Bonaparte die Franzosen in der Proklamation, die er 1797 beim Verlassen Italiens verkünden ließ. Er wiederholte das Wort oft und hat noch 1816 auf St. Helena betont, er habe es erfunden. Das entspricht aber nicht den Tatsachen, er hat lediglich den vorhandenen Begriff durch seine Proklamation allgemeine Verbreitung verschafft.

Nach uns die Sintflut!

 
Deukalion und Pyrrhas Sintflut

Nach uns die Sintflut!“ („Après nous le déluge!“) soll Jeanne-Antoinette Poisson, marquise de Pompadour 1757 nach der Schlacht bei Roßbach gesagt haben. Laut dem «Wörterbuch der Antike« kommt als Quelle ein Epigramm des Straton in Frage, in dem es heißt:

Trinke und liebe! Nach meinem Tode soll Deukalion meine Knochen überspülen!"

Gemeint ist die griechische Version der Sintflut, bei der Deukalion und seine Frau Pyrrha allein übrig blieben. Man hat auch behauptet, dass die Marquise de Pompadour das Wort vorahnend gebraucht habe, denn in diesem Sinn war die Wendung sehr bald darauf im Umlauf. Abbé de Mably sagte 1758 vom französischen Parlament:

„L' avenir les inquilne peu: après eux le déluge." („Die Zukunft beunruhigte sie wenig: Nach ihnen kam die Sintflut.")

Nach uns die Sintflut' ist das erste Live-Album von Die Ärzte. Es erschien am 27. Oktober 1988 und war das letzte Album vor der Trennung. Das Album war als Abschiedsgeschenk gedacht und erschien nach der Abschiedstour.

Aus der Geschichte: Rußland

Potemkinsche Dörfer

Potemkinsche Dörfer (Потёмкинские деревни) ist der Ausdruck für nur Vorgespiegeltes. Angeblich hat Fürst Gregor Alexandrowitsch Potemkin, der Günstling der Zarin Katharina II. nach der Eroberung der Krim, die Zarin, die das neuerworbene Gebiet bereiste, durch schnell aufgebaute Dörfer über dessen wahren Zustand getäuscht. Vermutlich geht aber diese Erzählung Klatsch verärgerter Höflinge zurück.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Nach Auskunft des Instituts für Russische Sprache ist der Lenin zugeschriebene Satz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ nicht seine Erfindung und kommt in dieser Form auch in keiner seiner Reden und Werke vor. Verwendet hat er aber die russische Redewendung: „Dowerjai, no prowerjai“ („Vertraue, aber prüfe nach.“) Dies war einer seiner Lieblingssätze und ist wahrscheinlich über eine propagandistische Übersetzung als Wort Lenins in den deutschen Sprachgebrauch übergegangen.

Aus der Geschichte: Polen

Ein Veto einlegen

Der Ausdruck Ein Veto einlegen wurde wahrscheinlich erst geflügelt durch das liberum veto (das freie: ich verbiete) im polnischen Reichstag, mit dem jedes Mitglied das Recht hatte, durch seinen Einspruch Beschlüsse nichtig zu machen (Nie pozwalam = Ich erlaube es nicht).

Noch ist Polen nicht verloren

Die Polen antworteten auf den Wehruf „Finis Poloniae!" mit dem Dombrowski-Marsch (Mazurek Dąbrowskiego), der mit folgenden Worten beginnt:

Jeszcze Polska nie zginęła. ..“ („Noch ist Polen nicht verloren.“)

Dieser Marsch, der später zur Nationalhymne wurde, wurde zuerst von den polnischen Legionen gesungen, die General Jan Henryk Dombrowski 1796 als Hilfstruppen Bonapartes in Italien sammelte. Ursprünglich lautete der Titel „Lied der Polnischen Legionen in Italien“ (Pieśń Legionów Polskich we Włoszech).

Aus der Geschichte: Holland

Freiheit der Meere

Das Wort von der Freiheit der Meere geht zurück auf die 1609 in Leiden erschienene Schrift »Mare liberum« des Rechtsgelehrten Hugo Grotius. Grotius verfocht in seiner Schrift die Ansprüche der Holländer auf freie Schiffahrt und freien Handel in Indien gegen die Portugiesen, die ihn seit Vasco da Gamas Entdeckungsfahrt als Alleinrecht beanspruchten.

1604/05 verfasste Grotius mit De jure praedae („Über das Prisenrecht") ein Rechtsgutachten für die Niederländische Ostindien-Kompanie. Es enthält bereits die Grundgedanken seines späteren Hauptwerkes, blieb aber bis 1868 unveröffentlicht. Lediglich ein Kapitel daraus wurde 1609 zunächst anonym unter dem Titel Mare Liberum („Das freie Meer") veröffentlicht. Die katholische Kirche indizierte Mare liberum umgehend, da es die päpstliche Weltordnung untergrub. Grotius formulierte hier einen revolutionären neuen Grundsatz, indem er erklärte, die Meere seien internationale Gewässer und alle Nationen hätten das Recht, sie zur Handelsschifffahrt zu nutzen. Auch England, mit den Holländern heftig um die Herrschaft im Welthandel konkurrierend, widersetzte sich dieser Idee und behauptete mit John Seldens Mare clausum eine weiträumige Gewässerhoheit um die Britischen Inseln. Grotius' Landsmann Cornelis van Bynkershoek bejahte das Eigentum am Meer nur für die Reichweite der damaligen Geschütze. Mit dieser sinnvollen Einschränkung, der Dreimeilenzone, sollte sich Grotius' Freiheit der Meere schließlich als Grundlage des modernen Seerechts durchsetzen.

Aus der Geschichte: England

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt

 
Hosenbandorden

Nach Polydor Vergils "Englischer Geschichte" geht die Stiftung des Hosenbandordens, des höchsten britischen Ordens, und sein Wahlspruch Honi soit qui mal y pense (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt) auf König Eduard III. zurück. Vergil erzählt, dass die Gemahlin des Königs oder eine Hofdame beim Tanzen ihr Strumpfband verloren habe. Der König hob es auf und als er einige Hofleute lächeln sah, habe er ihnen gesagt, das Strumpfband werde bald so in Ehren kommen, dass mancher sich glücklich preisen würde, es tragen zu dürfen.

Made in Germany

Das englische Gesetz der Warenbezeichnung von 1887 (»The Merchandise Marks Act«) schloss alle im Ausland hergestellten Waren von der Einfuhr in England aus, die einem englischen Fabrikanten, Händler oder Kaufmann gehörende Namen oder Schutzmarken tragen,

"unless such name or trade mark is accompanied by a definite indication of the country in which the goods were made or produced" („es sei denn, diesem Namen oder dieser Schutzmarke wurde eine genaue Bezeichnung des Landes hinzugefügt, in dem die Ware hergestellt oder hervorgebracht wurde".

Als Ausführungsbestimmung hierzu heißt es in dem Bericht der Zollkommissare an die Kommissare des Staatsschatzes vom 14. November 1888: „So ist es z. B. erwünscht, daß zur Bezeichnung des Ursprungs deutsche Waren, die den Namen »John Brown« tragen, mit der Hinzufügung »Made in Germany« versehen werden, und dass die Bezeichnung »Germany« nicht genüge; „es ist durchaus erforderlich, die Aufschrift »Made in Germany« zu setzen".

Im Ersten Weltkrieg weitete das britische Handelsministerium 1916 die Bezeichnungen auf »made in Austria/Hungary« (hergestellt in Österreich-Ungarn) verpflichtend aus. Dadurch sollte es den Briten leichter gemacht werden, die Waren des Gegners zu erkennen und zu boykottieren. Die Kennzeichnung wurde auch nach dem Krieg beibehalten. Da die Qualität der deutschen Waren aber in der Regel gut war, setzte sich die zunächst gegen deutsche Importe gerichtete Kennzeichnung made in Germany nicht nur in Großbritannien zunehmend als Qualitätssiegel durch.

Aus der Geschichte: Amerika

Es wird schon gehen

Benjamin Franklin war 1777 - also noch vor Ausbruch der Französischen Revolution - als Gesandter der dreizehn vereinigten Staaten nach Frankreich geschickt worden. Er antwortete, wenn man ihm nach den Fortschritten der Revolution in Amerika erkundigte: Ça ira! ('s wird schon gehen!).

Ça ira bezeichnet den Beginn eines Kampfliedes aus der Zeit der Französischen Revolution, das 1790 entstand. Es rief zum Kampf gegen Aristokratie, Klerus und Adel auf.

Original Übersetzung
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Les aristocrates à la lanterne!
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Les aristocrates on les pendra!
Ah, wir werden es schaffen,
Die Adeligen an die Laterne!
Ah, wir werden es schaffen,
Die Adeligen werden wir aufknüpfen!

Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Die Bezeichnung der Vereinigten Staaten von Amerika als „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ wurde im Jahr 1902 vom Schriftsteller Ludwig Max Goldberger nach einer Studienreise geprägt. Als er in New York von einem Vertreter der Associated Press befragt wurde, welche Eindrücke er von den Vereinigten Staaten habe, sagte er nach der Fassung, in der die »New-Yorker Staats-Zeitung« das Interview in deutscher Sprache veröffentlichte, unter anderem:

Europa muß wach bleiben. Die Vereinigten Staaten sind das Land der unbegrenzten Möglichkeiten."

Die in englischer Sprache erscheinenden Zeitungen brachten das Wort in der Fassung: "The United States is the country of unlimited possibilities." Zum geflügelten Wort wurde die Bezeichnung aber erst, als Goldberger in der Berliner Zeitschrift »Die Woche« vier Abhandlungen und 1903 ein Buch mit dem Untertitel »Beobachtungen über das Wirtschaftsleben der Vereinigten Staaten von Amerika« veröffentlichte. Darin heißt es:

Der wirtschaftliche Riese Amerika findet die starken Wurzeln seiner Kraft im Boden seines Landes, und dieser gewährt ihm nach jedem Sturm und Drang für stets neues Aufschnellen jene ‚unbegrenzten Möglichkeiten', von denen ich immer gesprochen habe. Und Amerika, glücklicher als Antaeus. ist von der Mutter Erde und damit von der nimmer versiegenden Quelle seiner Kraft niemals loszureißen."

Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer

Der amerikanische General Philip Henry Sheridan gilt als der Urheber des Satzes “Der einzig gute Indianer ist ein toter Indianer.” (“The only good Indian is a dead Indian.“) In seiner Biographie »Sheridan, the Inevitable« schreibt Richard O'Connor, dass es sich bei dem Ausspruch um ein lange vor Sheridan geprägtes Wort handle, das er nie benutzt habe. In der Einleitung der Neuausgabe der »Personal Memoirs« Sheridans heißt es:

Obwohl der allgemein zugeschriebene Grundsatz, Der einzig gute Indianer ist ein toter Indianer' ein ungenaues Zitat dessen ist, was Sheridan wirklich sagte, dachte er jedoch genau so und handelte entsprechend."

Schmelztiegel

 
Theaterprogramm für The Melting Pot (1916)

Die Vereinigten Staaten von Amerika als Schmelztiegel zu bezeichnen geht zurück auf das Drama »The Melting Pot« des englischen Schriftstellers Israel Zangwill aus dem Jahr 1908, in dessen erstem Akt es heißt:

Amerika ist Gottes Feuerprobe [wörtlich: Schmelztiegel], der große Schmelztiegel, wo alle Rassen Europas zusammenschmelzen und sich neu gestalten!"
("America is God's Crucible, the great Melting-Pot where all the races of Europe are melting and re-forming!“)

Eine schöne Schlagzeile hätte sich für die Staatsbesuche der „Eisernen Lady“ (Iron Lady), Margaret Thatcher angeboten: „Die Eiserne Lady besucht den Schmelztiegel.“ Den Spitznamen hatte sie von einem Kommentar von Radio Moskau im Jahre 1976 bekommen, nachdem sie in einer Ansprache die bolschewistische Sowjetunion scharf attackiert hatte.

Aus der Geschichte: Deutschland und Österreich

Canossa

Der Gang nach Canossa war ein Meilenstein im Investiturstreit. Im 11. und 12. Jahrhundert stritten Kaiser und Papst um die Macht der Kirche, so zum Beispiel über das Recht der Investitur, also um das Recht der Einsetzung von Bischöfen und Äbten in ihre Ämter. Papst Gregor VII. verhängte im Verlaufe des Investiturstreits den Kirchenbann über König Heinrich IV.:

„spreche ich König Heinrich (...) die Herrschaft über das Reich der Deutschen und Italiens ab, löse alle Christen vom Eid, den sie ihm geleistet haben (...) und untersage, dass ihm irgendjemand fortan als König diene (... und) binde ich ihn als Dein [i.e. Gottes] Stellvertreter mit der Fessel des Kirchenbannes.“

Dies bedeutete aus mittelalterlicher Sicht Vogelfreiheit. Damit waren Heinrich auch alle kirchlichen Sakramente wie z. B. Heirat, Absolution, Krankensalbung und ein Begräbnis auf einem kirchlichen Friedhof verwehrt. Bonizo von Sutri fasste die Bedeutung des Bannes in folgende Worte:

„Als die Nachricht von der Bannung des Königs an die Ohren des Volkes drang, erzitterte unser ganzer römischer Erdkreis.“

Um seine Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen, zog der 26-jährige Heinrich dem Papst nach Italien entgegen. Der Alpenübergang wird von Lampert von Hersfeld eindrucksvoll beschrieben:

„Sie krochen bald auf Händen und Füßen vorwärts, bald stützten sie sich auf die Schultern ihrer Führer; manchmal auch wenn ihr Fuß auf dem glatten Boden ausglitt, fielen sie hin und rutschten ein ganzes Stück hinunter, schließlich gelangten sie doch unter großer Lebensgefahr in der Ebene an. Die Königin und die anderen Frauen ihres Gefolges setzten sie auf Rinderhäute, und (...) zogen sie darauf hinab.“

Heinrich erlangte durch die Aufhebung des Bannes einen Großteil seiner Handlungsfreiheit zurück.

Ob der Gang nach Canossa Kaiser Heinrichs IV., mit dem er den Papst Gregor VII. nötigte, ihn vom Kirchenbann zu lösen, ein Bußgang oder ein geschickter Schachzug war, ist nicht zu klären. Heute bezeichnet man damit jedoch ein erniedrigendes Nachgeben.

1872 sagte Otto von Bismarck im Deutschen Reichstag: „Nach Canossa gehen wir nicht.“ 1872 wurde dieses Ereignis vom Reichskanzler Otto von Bismarck in seiner Rede vor dem Reichstag mit dem Satz „Seien Sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht – weder körperlich noch geistig.” aufgegriffen. Dem war ein Streit mit der katholischen Kirche vorausgegangen, der so genannte Kulturkampf, in dem der Papst den deutschen Gesandten beim Heiligen Stuhl abgelehnt hatte.

Alter Schwede

Die Bezeichnung „Alter Schwede“ führte Heinrich von Treitschke darauf zurück, dass der Große Kurfürst altgediente schwedische Soldaten in seine Dienste zu treten veranlasste. Diese Leute seien vornehmlich zu Unteroffizieren gemacht worden, weil sie Rekruten gut zu drillen verstanden; sie hießen „die alten Schweden". Heute kennzeichnet dieser Begriff eine gemütliche Anrede.

Alter Schwede ist auch der Name des "Großen Steins von Övelgönne" und ein mittelalterliches Haus am Marktplatz von Wismar.

Nach Adam Riese

Die Redewendung „Nach Adam Riese“ wird gebraucht, um auszudrücken, dass etwas logisch sei. Sie geht auf den bekannten Rechenmeister Adam Riese zurück, der 1528 in Annaberg als Buchführer in den Bergwerksdienst eintrat. Sein erstes Rechenbuch erschien unter dem Titel »Rechnung auff der linihen, gemacht durch Adam Risen von Staffelsteyn anno 1518«. Es folgten noch drei andere Lehrbücher, die, im Gegensatz zu den meisten Rechenbüchern des 16. Jahrhunderts alle in deutscher Sprache abgefasst waren.

Erster Diener des Staates

Der Fürst ist der erste Diener seines Staates“ schrieb Friedrich der Große sechsmal und stets französisch Form: „Un prince est le premier serviteur et le premier magistrat de l'Etat." Außerdem steht es im »Politischen Testament« Friedrichs aus dem Jahr 1752. Es entsprach Friedrichs Verständnis von seiner Rolle als absoluter Monarch, dass er alle Dinge persönlich zu lenken habe.

Bis in die Puppen

 
Puppenallee im Jahr 1902

Die von Teilen der Berliner Bevölkerung scherzhaft bis geringschätzig als Puppenallee bezeichnete Siegesallee war ein von Kaiser Wilhelm II. 1895 in Auftrag gegebener Prachtboulevard im Tiergarten in Berlin mit 32 Denkmälern und 64 Büsten aus der Geschichte Brandenburgs und Berlins. Die 750 Meter lange Allee verlief vom früheren Königsplatz (heute Platz der Republik) als Sichtachse zur Siegessäule bis zum Kemperplatz.

Friedrich der Große ließ am Großen Stern, im Berliner Tiergarten, von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff mythologische Standbilder aufstellen, die im Berliner Volksmund „die Puppen" genannt wurden. Der Weg „bis in die Puppen“ erschien den Berlinern ziemlich lang, und deshalb wurde der Ausdruck bald auch für große zeitliche Entfernungen benutzt. So ist heute die Ausdrucksweise „bis in die Puppen aufbleiben" über Berlin hinaus bekannt.

Auf den Hund bringen

Die französische Sage, dass der Hund des Ritters Aubry durch sein feindseliges Betragen gegen dessen Mörder die Aufdeckung des Morde bewirkt habe, wurde zu einem Melodrama verarbeitet, in dem der Hauptdarsteller, ein dressierter Pudel, das Pariser Publikum in Begeisterung versetzte. 1816 ließ auch die königliche Bühne in Berlin den Pudel in dem Sensationsstück „Hund des Aubri“ auftreten, was, die Berliner zu dem Witz veranlasst habe, „den Hund aufs Theater bringen" heiße eigentlich „das Theater auf den Hund bringen".

Der Großherzog Carl August von Weimar, ein großer Hundeliebhaber, wünschte den Hund auch auf seiner Bühne zu sehen, stieß aber auf den entschiedenen Widerstand seines Intendanten Goethe, der keine Hunde leiden konnte. Auch wegen anderer Differenzen in der Theaterleitung ging Goethe nach Jena. Dort erreichte ihn die Mitteilung, dass der Wiener Schauspieler Karsten mit seinem Pudel an der Hofbühne in Weimar auftreten werde. Darauf reichte Goethe sein Entlassungsgesuch ein und erhielt am folgenden Tag seinen Abschied. Friedrich Schiller änderte die Verse der Tagesblätter daraufhin folgendermaßen ab:

Es soll die Bühne nie dem Hundestalle gleichen,
Und kommt der Pudel, muß der Dichter weichen

Goethe selbst erwähnt von diesen Vorkommnissen übrigens nichts.

Unter aller Kanone

Der Ausdruck „Unter aller Kanone“ entstammt dem schulischen Bereich und geht auf den lateinischen Begriff „sub omni canone" zurück. Gemeint ist der Kanon als Maßstab eines bestimmten Wissens und der Zensuren. die über das Wissen des Schülers erteilt werden. Ein Beleg findet sich im sächsischen Schulbetrieb des 18. Jahrhunderts, wo ein visitierender Pfarrer klagend feststellt, dass er sich „einen canon zu fünf Zensuren gemachet (optime, bette, sie salis, male, pessime), daß aber leider viele Arbeiten so schlecht seien, daß sie nur als, sub omni canone' bezeichnet werden können". Die Redensart ist aber in Wirklichkeit älter.

Die Floskel sub omni canone (lat. unterhalb jeden Maßstabes) wird bei der Bewertung einer Dissertation verwendet um eine ungenügende Leistung zu kennzeichnen.

Böhmische Dörfer

„Das sind böhmische Dörfer für mich“, ist eine Redensart für: „Das ist mir ganz und gar unbekannt“, oder: „Das verstehe ich nicht.“

Unter dem Eindruck der fremdartigen slawischen Dorfbezeichnungen wird schon im 16. Jahrhundert der Ausdruck „Böhmische Dörfer“ benutzt, um etwas völlig Fremdes anzudeuten. So heißt es 1595 bei Georg Rollenhagen:

Ich sagt jhm das bey meinen ehren / Mir das Behmische Doerffer weren.“

Karl Gutzkow gibt 1845 folgende Charakteristik:

Bei dem Einen sieht ein böhmisches Dorf so aus wie das, wovon gerade die Rede ist, beim Andern wie ein Satz aus der Naturgeschichte, beim Dritten wie der Pythagoräische Lehrsatz, beim Vierten wie die Theorie der Gleichungen vom vierten Grade, beim Fünften, einem Minister, wie sein Portefeuille, beim Sechsten wie etwas, was man schon wieder vergessen hat oder, bei musikalischen Referenten, wie Etwas, wovon man nichts versteht.

In Böhmen selbst sprechen die Tschechen bei der gleichen Gelegenheit vom „spanischen Dorf“ - war doch seinerzeit Spanien ein zwar habsburgisches, doch sehr weit entlegenes Königreich.

Ein berühmtes Gedicht Christian Morgensterns beginnt mit:

Palmström reist mit einem Herrn von Korf in ein sogenanntes böhmisches Dorf.
Unverständlich bleibt ihm alles dort [...].

Ab nach Kassel!

Die Entstehung der Redensart Ab nach Kassel wird häufig in die Zeit des nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieges datiert, als deutsche Landesfürsten, unter ihnen auch der hessische Landgraf Friedrich II., dem englischen König Untertanen zur Verfügung stellten. Andere sehen den Ursprung dieser Redensart in der Zeit nach der französischen Kapitulation von Sedan, als Napoleon III. auf Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel interniert wurde.

Die Stadt Kassel hat den Spruch in der Bedeutung umgekehrt und lange als Werbespruch verwendet. Auf der Homepage der Stadt Kassel wird erklärt, dass die Redensart „Ab nach Kassel“ nichts mit der Entsendung von Soldaten zu tun haben kann, denn die Sammelstellen für die Rekruten lagen nicht in der Stadt an, sondern in kleineren Orten wie zum Beispiel Ziegenhain. Fest stehe allerdings, dass der Ausruf verwendet wurde, als die Aachener nach der Schlacht bei Sedan 1870 dem in Gefangenschaft nach Kassel reisenden französischen Kaiser Napoleon III. auf dem Bahnhof zuriefen: „Ab nach Kassel!“ 2

Krieg ist die Fortsetzung der Politik.

Der Satz des Militärschriftstellers Carl von ClausewitzDer Krieg ist nichts anderes als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ wird ungenau zitiert. In seinem berühmten Werk Vom Kriege heißt es:

Wir behaupten dagegen: Der Krieg ist nichts als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel. Wir sagen: mit Einmischung anderer Mittel, um damit zugleich zu behaupten, daß dieser politische Verkehr durch den Krieg selbst nicht aufhört, nicht in etwas ganz anderes verwandelt wird, sondern daß er in seinem Wesen fortbesteht, wie auch die Mittel gestaltet sein mögen, deren er sich bedient."

Schlachtenbummler

Schlachtenbummler schimpfte man im Krieg von 1870/71 die Zivilisten, die aus Neugierde die Front besuchten. So heißt es in einer Besprechung von Berthold Auerbachs »Wieder unser« in einer Sammelbesprechung über »Kriegs- und Friedensliteratur«:

An jeder Zeile merken wir, daß der König der ‚Schlachtenbummler' zu uns spricht, Schlachtenbummler in demselben Sinne erhaben über den gesamten Unglimpf des Wortes, wie der treue Krankenpfleger und Johanniter."

Später bezeichnete man mit dem Wort Zuschauer bei Manövern und Aufmärschen, heute meist Anhänger von Sport-, vor allem Fußballvereinen, die ihre Mannschaft zu Auswärtsspielen begleiten.

So schnell schießen die Preußen nicht

Der Ausdruck „So schnell schießen die Preußen nicht“ hat zweifellos einen bestimmten, bisher noch nicht gefundenen literarischen Ursprung. Angeblich soll Bismarck laut Zeitungsbericht 1875 gesagt haben:

So schnell schießen die Preußen nicht! Keine übereilten Entschlüsse treffen. So rasch geht das alles nicht. Mehr Überlegung ist angebracht.“

Damit parierte er gegenüber einem britischen Journalisten die Frage, ob sich Deutschland mit Eroberungsplänen trage.

Pardon wird nicht gegeben …

Die so genannte Hunnenrede hielt Wilhelm II. am 27. Juli 1900 in Bremerhaven. Anlass dafür war die Verabschiedung des deutschen Ostasiatischen Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstands im Kaiserreich China. Das wohl bekannteste Zitat dieser Rede lautet:

“Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!“

Dieses Zitat wurde im Ersten Weltkrieg häufig als Bestätigung für das als barbarisch geltende Verhalten der Deutschen herangezogen. In Großbritannien prägte die Rede den Begriff „The huns“ für die Deutschen, der gleichfalls in der britischen Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg eine Rolle spielte. In dieser zweiten, offiziellen Fassung hat die entscheidende Passage folgenden Wortlaut:

“Ihr wisst es wohl, ihr sollt fechten gegen einen verschlagenen, tapferen, gut bewaffneten, grausamen Feind. Kommt ihr an ihn, so wisst: Pardon wird nicht gegeben. Gefangene werden nicht gemacht. Führt eure Waffen so, dass auf tausend Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einen Deutschen scheel anzusehen.“

Nibelungentreue

Nibelungentreue ist ein geläufiges Schlagwort, das eine Form bedingungsloser, emotionaler und potenziell verhängnisvoller Treue beschreibt. Der Begriff Nibelungentreue wurde von Reichskanzler Bernhard Fürst von Bülow in seiner Rede im Reichstag 1909 während der bosnischen Annexionskrise erstmals gebraucht. Im Speziellen ist damit die unbedingte Bündnistreue des Deutschen Reichs zu Österreich-Ungarn angesichts der zunehmenden Einkreisung der Mittelmächte durch die Entente ab dem Jahre 1904 gemeint. Da dieser Vergleich jedoch mit blutigen Assoziationen verbunden ist, unternahm von Bülow gleichzeitig den Versuch, dem Begriff seine grausame Konnotation zu entziehen, indem er auf die friedliche und friedenssichernde Kraft der Treue hinwies. Der Bezugspunkt zur Sage bzw. dem mittelalterlichen Roman, Das Nibelungenlied, liegt darin, dass in der Rezeptionsgeschichte die 'Treue' stets als Quintessenz des Nibelungenliedes angesehen wurde. In diesem Fall ist das uneingeschränkte Einstehen eines Herren für seinen Vasallen gemeint: Hagen hat sich des Mordes an Siegfried, dem Mann Kriemhilds, schuldig gemacht und Kriemhild fordert Rache.

Ich bin ein Berliner

Ich bin ein Berliner'“ ist ein berühmtes Zitat aus einer Rede von John F. Kennedy 1963 vor dem Rathaus Schöneberg, anlässlich des 15. Jahrestags der Berliner Luftbrücke und des ersten Besuchs eines US-amerikanischen Präsidenten nach dem Mauerbau, mit dem er seine Solidarität mit der Bevölkerung von West-Berlin ausdrücken wollte.

Im Originaltext der Rede kam der Ausspruch zweimal vor:

  1. „Two thousand years ago the proudest boast was ‚Civis Romanus sum‘. Today, in the world of freedom, the proudest boast is ‚Ich bin ein Berliner‘.“
    Vor zweitausend Jahren war der stolzeste Satz ‚Ich bin ein Bürger Roms‘. Heute, in der Welt der Freiheit, ist der stolzeste Satz ‚Ich bin ein Berliner‘.
  2. „All free men, wherever they may live, are citizens of Berlin, and, therefore, as a free man, I take pride in the words ‚Ich bin ein Berliner‘!“
    Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger von Berlin, und deshalb bin ich als freier Mensch stolz darauf, sagen zu können ‚Ich bin ein Berliner‘!

Aus dem Zeitgeschehen

Bei den zahlreichen Neuauflage erwies es sich als notwendig, einen Anhang „Aus dem Zeitgeschehen" anzugliedern, denn viele der neu aufgenommenen geflügelten Worte fügen sich nur schwer in den Aufbau des Buchs ein. Viele sind auch nicht mehr einem einzigen Lande zuzuordnen. Andere lassen sich nicht unter die Rubriken Literatur oder Geschichte fassen, so die Beispiele aus den Massenmedien oder der Werbung. Diese modernen geflügelten Worte wurden in einem eigenen Anhang zusammengefasst.

Papiertiger

In einem Gespräch mit der US-amerikanischen Journalistin Anna Louise Strong sagte Mao Zedong 1946:

Alle Reaktionäre sind Papiertiger. (一切反动派都是纸老虎。 Yīqiè fǎndòngpài doū shì zhǐ lǎohǔ.)

Dem Aussehen nach sind sie Furcht erregend, aber in Wirklichkeit sind sie nicht gar so mächtig. Auf lange Sicht haben nicht die Reaktionäre, sondern hat das Volk eine wirklich große Macht.

In der Politik werden Behörden oder Organisationen als Papiertiger bezeichnet, die aufgrund von Bürokratismus nicht mehr zu Ergebnissen gelangen, sondern lediglich vorgeben ein Ergebnis erreichen zu wollen.

Kalter Krieg

Kalter Krieg war das Schlagwort für das frostige Verhältnis zwischen den beiden Machtblöcken und wurde der als Bezeichnung für die Auseinandersetzung zwischen Staaten unterhalb der Schwelle eines offenen Krieges betrachtet. Sie findet sich in der amerikanischen Publizistik seit 1947, so bei Walter Lippmann („The Cold War. A Study in US Foreign Policy“). Davon abgeleitet ist auch der Begriff Kalter Krieger.

Die Supermächte vermieden zwar den „heißen“ Krieg mit Waffeneinsatz gegeneinander, trieben aber ein beispielloses Wettrüsten voran, vor allem auf dem Gebiet der Atomwaffen. Die Drohung des Atomkriegs, den beide Seiten einkalkulierten, beschwor erstmals in der Menschheitsgeschichte die Gefahr der Selbstauslöschung herauf. Der Interessenkonflikt drohte mehrmals militärisch zu eskalieren: in der Berlin-Blockade 1948, während des Korea-Kriegs 1950 und besonders in der Kuba-Krise 1962. Ein besonders augenfälliges Produkt des Kalten Krieges war die Spaltung Deutschlands und Europas entlang des „Eisernen Vorhangs“ durch Grenzanlagen mit Stacheldrahtzäunen, Wachtürmen und Selbstschussanlagen. Zum wichtigsten Symbol und Mahnmal des Ost-West-Konflikts wurde die 1961 errichtete Berliner Mauer. Eine ähnliche Lage entstand bei der noch heute bestehenden Teilung Koreas entlang des 38. Breitengrads.

Dritte Welt

Der Begriff Dritte Welt (Tiers Monde) ist französischen Ursprungs und wurde seit den 1950er Jahren gebräuchlich zur Bezeichnung für die Länder, die weder der ersten Welt der Industrieländer noch der zweiten der Staatshandelsländer angehörten. Da der Begriff bald auf Ablehnung stieß wurde er allmählich zurückgedrängt durch die aus unterschiedlichen Überlegungen geprägte Bezeichnung Eine Welt.

Der Begriff Dritte Welt (von frz. tiers-monde) wurde geprägt vom französischen Demographen Alfred Sauvy, der in seinem Artikel Trois mondes, une planète im L'Observateur 1952 den Ausdruck analog zum Dritten Stand (frz. tiers-état) entwickelte. Als Frantz Fanon in seiner 1961 veröffentlichen Schrift „Die Verdammten dieser Erde“ die Dritte Welt mit der kolonialisierten, unterentwickelten Welt gleichsetzte und den Begriff in den internationalen Sprachgebrauch einführte, war er zumindest im französischen Sprachraum bereits gebräuchlich. Ursprünglich bezeichnete Dritte Welt die blockfreien Staaten, die sich abgrenzend vom Ost-West-Konflikt dritter Block nannten; heute jedoch wird der Begriff häufig als Synonym für Entwicklungsland benutzt.

Ping-Pong-Diplomatie

Als Ping-Pong-Diplomatie bezeichnet man die politische Annäherung von China und den USA in den 1970er Jahren mit Hilfe des Tischtennissports. Ping-Pong-Politik war 1971 die Überschrift eines kurzen Zeitungsartikels, in dem von der sensationellen Einreise einer Tischtennisdelegation aus den USA, Kanada, Kolumbien, Großbritannien und Nigeria in die Volksrepublik China berichtet wurde. Mit dieser Aktion hatte China nach fünfjähriger Abwesenheit vom internationalen Sportgeschehen sein Interesse an freundschaftlichen Beziehungen zur Außenwelt bekundete. In Peking begrüßte Ministerpräsident Zhou Enlai die Gäste aus den USA besonders herzlich und erklärte, dass damit „eine neue Seite der Beziehungen zwischen dem chinesischen und amerikanischen Volk aufgeschlagen" sei.

Ping Pong war der Name für Tischtennis als es am Ende des 19. Jahrhunderts in England erfunden wurde. Dieser Namen wurde aber 1901 als kommerzielle Marke geschützt und darf seitdem nicht mehr frei verwendet werden. Lediglich in China heißt der Sport offiziell weiterhin„Ping Pong Ball“ 乒乓球.

Als Ping-Pong-Effekt bezeichnet man die erneute Infektion mit einer Geschlechtskrankheit durch den Partner, der entweder verspätet oder überhaupt nicht behandelt wurde. Der Erreger wird hier, vergleichbar mit dem Ball beim Tischtennis, von Partner zu Partner "zurückgespielt". Zur erfolgreichen Behandlung müssen beide Personen therapiert werden.

Stell dir vor, es gibt Krieg …

In den 1970er Jahren wurde von der Friedensbewegung oft der Satz „Stell dir vor, es gibt Krieg und keiner geht hin“ zitiert. Dieser scheint auf den amerikanischen Schriftsteller Carl Sandburg zurückzugehen, in dessen Gedichtsammlung es 1936 hieß:

Einmal werden sie einen Krieg geben, und keiner wird kommen."
("Sometime they'll give a war and nobody will come.")

Der Satz wurde fälschlicherweise Bertolt Brecht zugeschrieben, dessen Gedicht „Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt“ sich auf die Arbeiteraufstände in Österreich 1934 bezieht. Dort heißt es – nicht im Sinne der Friedensbewegung:

Stell dir vor, es gibt Krieg und keiner geht hin,
dann kommt der Krieg zu euch
Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt
Und läßt andere kämpfen für seine Sache
Der muß sich vorsehen; denn
Wer den Kampf nicht geteilt hat
Der wird teilen die Niederlage.

Der Moderator eines politischen Fernsehmagazins hielt laut Zeit sogar einen Band mit Brecht-Gedichten in die Kamera, als er das zitierte. Bei Brechts Koloman Wallisch Kantate geht es aber überhaupt nicht um einen Krieg, sondern um den österreichischen Revolutionär Koloman Wallisch, der 1934 bei den Arbeiteraufständen ums Leben kam. Erst ab der Zeile "Wer zu Hause bleibt ..." handelt es sich um ein Brecht-Zitat. 1

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

In seiner Rede am 6. Oktober 1989 anlässlich des 40. Gründungstages der DDR sprach der sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow den berühmten Satz:

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ ("Того, кто опоздает, накажет жизнь" - Tavo, kto apazdajet, nakazhet zhizn'.)

Wer zu spät kommt“ war der Titel einer Fernsehsendung des WDR 1992 über die letzten Monate der DDR aus der Sicht des Politbüros. Der Satz stammt jedoch nicht von Gorbatschow selber, sondern von seinem Sprecher Gennadi Gerassimow, der Gedanken, die Gorbatschow während seines Besuches mehrmals äußerte.

Platz an der Sonne

Ein Platz an der Sonne war eine von 1959 bis 1964 zugunsten der Stiftung „Hilfswerk Berlin" durchgeführte Aktion. Ab 1966 wurden alle Fernsehlotterien unter dem Motto „Ein Platz an der Sonne für jung und alt" zugunsten der Stiftung „Deutsches Hilfswerk" durchgeführt.

Ein Platz an der Sonne („A Place in the Sun“) hieß ein 1951 uraufgeführter englischer Film unter der Regie von George Stevens, der die Geschichte eines mittellosen, aber ehrgeizigen Tagelöhners schildert, der sich in eine Frau aus der Oberschicht verliebt und so einen sozialen Aufstieg erreicht.

Die expansionistische Politik der wilhelminischen Ära stand unter dem Motto ein „Platz an der Sonne“ (Reichskanzler von Bülow, 1897) für die „zu spät gekommene Nation“, womit nicht zuletzt auch der Besitz von Kolonien gemeint war. Wörtlich sagte er während einer Reichstagsdebatte:

"Wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne."

Die Kolonie, um die es hier ging, war Jiaozhou in der chinesischen Provinz Shandong. Damals wurde ein Pachtvertrag über 99 Jahre abgeschlossen (ein Jahr vor dem sino-britischen Pachtvertrag von Hongkong). Doch bereits im Ersten Weltkrieg verloren die Deutschen ihr Gebiet an die Japaner.

Was nicht im "Büchmann" steht

Aus außereuropäische Kulturen

Allah ist groß!

 
Flagge Iraks

Gott ist groß (الله أَكْبَر, DMG al-ḷḷāhu ʾakbar, „Gott ist größer (als alles Andere), Gott ist der Größte“). Diese Formel wird im Islam sehr häufig gebraucht. Allah ist das arabische Wort für Gott. Akbar ist die Elativ-Form des Adjektivs كبير kabīr, „groß, großartig; alt; wichtig“, mit der Bedeutung „größer“, „am größten“ oder „sehr groß“. Der Ausdruck wird von Muslimen in jedem Teil des verpflichtenden Gebets (salat) gesagt, das fünfmal täglich auszuführen ist, und auch im Rahmen der freiwilligen Gebete.

Der Ausdruck „Allāhu Akbar“ ist enthalten in der Flagge des Irak und der des Iran.

Eine Reise von tausend Meilen...

Die chinesische Lebensweisheit 千里之行﹐始於足下。 (Qiān lǐ zhī xing, shǐ yū zú xià. - Eine Reise von Tausend Meilen beginnt unter deinem Fuß.) wird dem Philosophen altchinesischen Laozi zugeschrieben und steht im 64. Kapitel des Daodejing, wo es in der Übersetzung des Sinologen Günther Debon heißt:

Auch der gewaltigste Baum
War als Keimling fein wie Flaum.
Ein Turm von neun Stockwerken
Stieg aus einem Häufchen Erde hinan;
Eine Reise von Tausend Meilen
Fängt unter deinem Fuße an.

Banzai

Banzai (jap. 万歳, dt. zehntausend Jahre) bedeutet „Hoch!“ oder „Hurra!“ und ist in Japan ein Hochruf (oft in dreifacher Wiederholung und durch Emporstrecken beider Arme begleitet), der Freude und Glück für 10.000 Jahre bringen soll. Ursprünglich wurde das Wort aus dem Chinesischen übernommen und zur Ehrung des Kaisers verwendet, seit Ende des Zweiten Weltkriegs wird es aber auch allgemeiner zum Ausdruck von Freude und Enthusiasmus verwendet.

Das Tor des himmlischen Friedens (chinesisch 天安門 / 天安门, Pinyin Tiān'ānmén) an der Nordseite des Tiananmen-Platzes ist der Haupteingang zur Verbotenen Stadt, dem Kaiserpalast in Peking. Die Aufschriften, die rechts und links vom zentralen Durchgang stehen lauten folgendermaßen:

Links: 中华人民共和国万岁 (Zhōnghuá Rénmín Gònghéguó wànsuì „Lang lebe die Volksrepublik China!“)
Rechts: 世界人民大团结万岁 (Shìjiè rénmín dà tuánjié wànsuì „Lang lebe die Einheit der Völker der Welt!“)

„Lang lebe!“ (wànsuì 万岁) heißt im chinesischen Original eigentlich „Zehntausend Jahre!“

Kamikaze

Der Begriff Kamikaze 神風 (Göttlicher Wind) steht im Deutschen für einen Selbstmordangriff auf militärische Ziele. Der Begriff bezeichnet im Japanischen den „göttlichen Wind“ in Form von zwei Taifunen, die zwei mongolische Eroberungsversuche Kublai Khans im 13. Jahrhundert scheitern ließen. Als die militärische Lage für die japanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg immer aussichtsloser wurde, stellte die japanische Marine 1944 Sonderkampfverbände ihrer Marineflieger auf, die sich mit ihren Flugzeugen auf die amerikanischen Schiffe während des Pazifikkriegs stürzen sollten („Ein Schiff - ein Flugzeug“), in der Hoffnung, die drohende Niederlage dadurch abwenden zu können. Diese Einheiten wurden in Japan als Shimpū Tokkōtai (神風特攻隊, dt. Göttlicher-Wind-Spezialtruppen) bezeichnet. In den USA wurden die Schriftzeichen irrtümlich als Kamikaze gelesen, wodurch sich dieser Begriff – allerdings nur außerhalb Japans – für Selbstmordangriffe eingebürgert hat.

Zeitgeschichte

Ein kleiner Schritt für einen Menschen...

 
Neil Armstrong beim Betreten der Mondoberfläche

Die ersten Worte, die der Astronaut Neil Armstrong beim Betreten der Mondoberfläche sprach, werden folgendermaßen überliefert:

"Dies ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit."
("That's one small step for a man, one giant leap for mankind.")

Dabei ist Armstrong aber ein kleiner Fehler unterlaufen, denn er sagte in Wirklichkeit "one small step for man" ("ein kleiner Schritt für den Menschen"). Erst Jahre später gab die Weltraumbehörde NASA zu, dass sie Armstrongs Worte korrigiert habe. Wer sich den Satz ausgedacht hat, ist aber immer noch nicht ganz klar. Es wird entweder vermutet, dass sich Armstrong den Satz während des Flugs ausgedacht habe oder dass er vom Schriftsteller Norman Mailer stamme.

Holocaust

Als Holocaust (von griechisch ὁλοκαύτωμα, holokáutoma: ὅλος holos - „ganz, vollständig“ - und καῦσις kausis - „Brand, Verbrennung“) bezeichnet man heute vor allem den auch als Shoa benannten Völkermord an etwa sechs Millionen Juden in der Zeit des Nationalsozialismus, sowie die systematische Ermordung mehrerer nichtjüdischer Gruppen. Das griechische Wort holókaustos („vollständig verbrannt“) bezog sich auf die Verbrennung von Tieren als Opfer. Dafür verwendete es erstmals der Historiker Xenophon, dann auch die griechische Bibelübersetzung, die Septuaginta. Über die lateinische Bibelübersetzung der Vulgata drang holocaustum in die englische Sprache ein, nicht aber in die deutsche, da Martin Luther den Ausdruck mit Brandopfer übersetzte. Darum wurde der Völkermord an den europäischen Juden zunächst nur im englischen Sprachraum mit dem Wort Holocaust bezeichnet, erstmals 1942 in der Tageszeitung News Chronicle. Doch seit der Fernsehserie Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß von 1979 wurde der Begriff in der Bundesrepublik üblich. Er bezeichnete nun das, was zuvor als „Judenverfolgung“ , „Judenvernichtung“, „Judenmord“ oder „Mord an den europäischen Juden“ umschrieben worden war. Juden bevorzugen seit 1945 „Shoa“ (שואה; „Schoa“, „Schoah“, in der Frankophonie: „Shoah“, wie der Film) für das Ereignis. Dieses profane hebräische Wort war vorher für ein „großes Unheil“ oder eine „Katastrophe“ üblich. Die Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel nahm es für die NS-Judenvernichtung auf. Denn „Holocaust“ betont für Juden zu sehr die Opferrolle der Ermordeten und legt zudem nahe, ihr „Opfer“ sei „gottgewollt“ gewesen. „Shoa“ lehnen wiederum manche Vertreter nichtjüdischer Opfergruppen: Für sie engt das hebräische Wort den Blick auf die Juden ein.

Egal, ob die Katze weiß oder schwarz ist. ..

Der Satz des chinesischen Politikers Deng Xiaoping 不管白猫、黑猫,逮住老鼠就是好猫。(Bùguǎn bái māo, hēi māo, dàizhù lǎoshǔ jiù shì hǎo māo. - „Weiße Katze, schwarze Katze – Hauptsache sie frisst Mäuse.“) wurde von Freunden und Feinden als Beweis seiner pragmatischen Einstellung genannt. Mit diesem Sprichwort aus seiner Heimatprovinz Sichuan soll er in einer Sekretariatssitzung der KPCh Ende der 1970er Jahre seine wirtschaftliche Reformstrategie umschrieben haben. Dies bedeutete einen Abschied von den Dogmen Mao Zedongs und war der Beginn einer der größten Wirtschaftsreformen in der Geschichte der Menschheit.

Die Wahrheit in den Tatsachen suchen

Auch Dengs Ausspruch 实事求是。 (Shí shì qiú shì. - „Die Wahrheit in den Tatsachen suchen.“) soll soll seinen pragmatischen Kurs verdeutlichen und seine Abkehr von den maoistischen Phrasen. Die vorsichtige Einführung marktwirtschaftlicher Elemente in die Planwirtschaft konzentrierte sich zunächst auf die Landwirtschaft und sorgte in kurzer Zeit für eine deutliche Verbesserung der Versorgung. Ironischer Weise stammt diese Parole von Mao Zedong selbst. Sie findet sich in Maos Aufsatz "Über die Praxis". So wird Deng Xiaoping 1980 in der Beijing Rundschau zum 4. Jahrestag von Maos Tod folgendermaßen zitiert:

"... der Kernsatz der Mao-Zedong-Ideen lautet, die Wahrheit in den Tatsachen zu suchen und die allgemeingültige Wahrheit des Marxismus-Leninismus mit der konkreten Praxis der chinesischen Revolution zu verbinden..."

Populäre Kultur

Kilroy was here

 
Kilroy ohne Schriftzug

Die Figur Kilroy wurde weltberühmt durch den Satz "Kilroy was here" ("Kilroy war hier"), der im Zweiten Weltkrieg von US-Soldaten an die unmöglichsten Stellen geschrieben wurde. Der Satz wurde oft von einem Bild begleitet, das ein Gesicht mit einer länglichen Nase und zwei runden Augen zeigte. Dieses Gesicht schaute über eine Mauer und war meist das einzige, aus dem das Bild bestand. Manchmal wurden zusätzlich die Finger gemalt, die sich an der Mauer festhielten. Die bis heute wahrscheinlichste Erklärung ist, dass der Satz "Kilroy was here" von dem Schiffsinspektor James J. Kilroy stammt. Kilroys Aufgabe war es, die Arbeiter mit den Nietenmaschinen zu kontrollieren und zu prüfen, wie viele Löcher sie gefüllt haben. Damit er nichts doppelt zählte und um seinen Vorgesetzten zu zeigen, dass er seine Arbeit auch machte, begann er, den Rumpf der Schiffe, welche er bereits kontrolliert hatte, mit „Kilroy was here“ zu versehen. Als ein Schiff dann für einen Militäreinsatz genutzt wurde und Truppen transportieren sollte, war dieser Satz für die Soldaten ein großes Mysterium. Als Gag schrieben die Soldaten dann überall, wo sie hin kamen, den Satz hin und behaupteten, er habe schon da gestanden, als sie ankamen. Aus dem Spiel wurde ein Wettbewerb: Es galt, als erster das Bild und den Slogan an die unmöglichsten Stellen zu malen, die man sich denken konnte.

Verhaftet die üblichen Verdächtigen!

„Verhaftet die üblichen Verdächtigen!“ ("Round up the usual suspects") stammt aus dem Film Casablanca und ist die eigene, zynische Beschreibung der kriminalistischen Vorgehensweise des Polizeichefs Renault und wird heute manchmal zur Rechtfertigung einer praxisorientierten Problemlösungsstrategie herangezogen.

Viele Zitate aus der deutschen Synchronfassung dieses Films haben eine große Bekanntheit erlangt, auch unter Menschen, die den Film nicht gesehen haben:

  • „Spiel's noch einmal, Sam!“ ist das bekannteste leicht verfälschte Zitat. Das Falschzitat stammt vom Titel des Films Mach's noch einmal, Sam von Woody Allen.
  • „Schau mir in die Augen, Kleines!“ Dieses Zitat stammt aus einer frühen Synchronfassung. In der neueren sagt Rick: „Ich seh dir in die Augen, Kleines!“. Im Englischen Original sagt er: „Here's looking at you, kid“. Einmal in einer Szene in Paris und dann in der Abschiedsszene.
  • „Ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.“ (I think this is the beginning of a beautiful friendship, zwei Wochen nach Drehschluss einsynchronisiert) beendet doppeldeutig den Schlussdialog zwischen Rick und Kapitän Renault und wird heute gerne als Ausdruck des plötzlichen Erkennens von gemeinsamen Interessen oder Zielen verwandt, die vorher nicht offenkundig waren.

Same procedure as every year

In dem kurzen Fernsehfilm Dinner for One fragt der Butler James zunehmend lallend: „The same procedure as last year, Miss Sophie?“ („Der gleiche Ablauf wie im vergangenen Jahr, Miss Sophie?“) Diese erwidert regelmäßig:

„The same procedure as every year, James“ („Der gleiche Ablauf wie in jedem Jahr, James“ mit Betonung auf „jedem“.)

Wobei die Betonung meist auf „every“ liegt. Schließlich beendet Miss Sophie den Abend mit einem einladenden „I think I’ll retire“ („Ich denke, ich werde mich zurückziehen“), was James nach dem obligatorischen „The same procedure as last year? – The same procedure as every year“ mit einem Augenzwinkern und einem nonchalanten „Well, I’ll do my very best“ („Ich werde mein Bestes geben“) quittiert, um sich dann mit ihr zurückzuziehen.

Ich habe fertig.

Ich habe fertig“ war ein Ausspruch des italienischen Fußballtrainers Giovanni Trapattoni am Ende einer Pressekonferenz. Als Trainer des FC Bayern München kritisierte er äußerst emotional – die Leistung einiger Spieler. Die in 3:30 Minuten entstandenen Satzkonstrukte ("Was erlaube' Strunz", "...ware' schwach wie eine Flasche leer" und "Ich habe fertig") fanden Eingang in den deutschen Sprachgebrauch; so kommentierte z. B. die SPD die Abwahl Helmut Kohls auf einem Plakat mit dem berühmt gewordenen Schlusssatz aus Trapattonis Pressekonferenz: "Ich habe fertig!" Der Wutausbruch brachte ihm so große Sympathien ein, dass er damit Geld verdienen konnte - wie beispielsweise als Werbestar für ein Sprudler-System ("nicht Flasche leer...").

Man gönnt sich ja sonst nichts.

Man gönnt sich ja sonst nichts“ war ein Werbespruch, in dem der beleibte Schauspieler Günter Strack für Malteserkreuz Aquavit warb, was angesichts seiner Körperfülle und dem kalte Büfett im Hintergrund ironisch wirken sollte. Auch im alltäglichen Sprachgebrauch wird dieser Spruch als Entschuldigung für eine Annehmlichkeit, die man sich genehmigt, nicht wörtlich verstanden.


Verwandte Begriffe

Apophthegma

Das Apophthegma (pl. Apophthegmata) ist die griechische und heute literaturwissenschaftliche Bezeichnung für einen treffend formulierten Ausspruch oder Denkspruch. Zu seinen Merkmalen gehören Kürze, Situationsbezug und Nennung eines Sprechers:

"Als Archelaos von einem schwatzhaften Friseur gefragt wurde, wie er ihm die Haare schneiden solle, antwortete Archelaos: "Schweigend". (Plutarch)

Darunter fallen u.a. Aphorismen, Sentenzen, Sprichwörter, Sinnsprüche, geflügelte Worte und Gnomen.

Gnomen sind kurze Sinnsprüche, die eine allgemeine Bemerkung, Erfahrung, eine Regel oder einen Grundsatz enthalten:

"Der Starke ist am mächtigsten allein."

Aphorismus

Ein Aphorismus gilt als philosophischer Gedankensplitter, der üblicherweise als kurzer, rhetorisch reizvoller Sinnspruch, als Sentenz oder Bonmot formuliert und als Einzeltext konzipiert wurde:

"Ein Aphorismus ist der letzte Ring einer langen Gedankenkette." (Marie von Ebner-Eschenbach)

Literatur

  • Der große Büchmann. Geflügelte Worte. Knaur, 2003. ISBN 3426667517
  • Geflügelte Worte. Das Standardwerk. Droemer Knaur, 2001. ISBN 3426075024
  • Der Neue Büchmann - Geflügelte Worte. Der klassische Zitatenschatz. Ullstein, 2007. ISBN 3548369537
  • Klaus Bartels: Veni vidi vici Geflügelte Worte aus dem Griechischen und Lateinischen. dtv ISBN 3423201673
  • Dudenredaktion (Hg.): Große Namen, bedeutende Zitat. Herkunft, Bedeutung und aktueller Gebrauch. Duden, 2004. ISBN 3411703911
  • Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten.
  • Christoph Gutknecht: Lauter spitze Zungen. Geflügelte Worte und ihre Geschichte. C. H. Beck, 2001. ISBN 45965-8
  1. Al-A'raf („The Heights“) 7:40