Erwin Otto Humin Wickert (* 7. Januar 1915 in Bralitz, Brandenburg) ist ein deutscher Diplomat und Schriftsteller.
Leben
Erwin Wickert verbrachte seine Jugend in Wittenberg. Nach dem Besuch von Gymnasien in Wittenberg und Berlin begann er 1934 ein Studium der Philosophie und Germanistik an der Universität Berlin. Mit Hilfe eines Stipendiums setzte er seine Studien ab 1935 in den Vereinigten Staaten am Dickinson College in Carlisle (Pennsylvania) fort, wo er die Fächer Volkswirtschaftslehre und Politische Wissenschaft belegte. 1936 erlangte er den Grad eines Bachelor of Arts. Anschließend übte er in verschiedenen amerikanischen Städten Jobs aus, unter anderem in einem New Yorker Reisebüro und in San Francisco als Kellner. Von der Westküste reiste er nach Japan, Korea, in die Mandschurei und in den Norden Chinas.
Im Frühjahr 1937 kehrte er nach Deutschland zurück und setzte sein Studium der Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg fort. 1939 promovierte er dort über ein kunstgeschichtliches Thema zum Doktor der Philosophie. Im September 1939 trat er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes in Berlin ein. 1940 wurde er zum Rundfunkattaché in Shanghai ernannt; ab 1941 übte er die gleiche Funktion in Tokio aus. Bedingt durch den Zweiten Weltkrieg konnte er erst 1947 mit seiner Familie nach Deutschland zurückkehren. Wickert war Mitglied der NSDAP.
In den folgenden Jahren lebte Wickert als freier Schriftsteller in Heidelberg in der Handschuhsheimer Landstr. 50. Für den Rundfunk verfasste er Hörspiele und Manuskripte zu dokumentarischen Sendungen. Ende 1955 kehrte er in den diplomatischen Dienst zurück. Er war zuerst Referent bei der deutschen Botschaft bei der NATO in Paris und von 1960 bis 1968 Referatsleiter im Auswärtigen Amt in Bonn, wo er für die Staaten des Warschauer Paktes zuständig war. Während dieser Zeit war er ein enger Mitarbeiter des Außenministers Gerhard Schröder (CDU), für den er zahlreiche Reden schrieb. Seine bedeutendste Leistung aus dieser Zeit ist die Abfassung der sog. "Friedensnote" vom 25. März 1966, in der sich die Regierung der Bundesrepublik zu Verhandlungen mit den sozialistischen Staaten Osteuropas über einen Gewaltverzicht bereit erklärte und auf die sich später Willy Brandt als eine Keimzelle seiner Ostpolitik berufen konnte (die Wickert jedoch kritisch sah). Ende 1968 wurde Wickert zum Gesandten in London ernannt, von 1971 bis 1976 war er Botschafter der Bundesrepublik in Bukarest und von 1976 bis 1980 Botschafter in Peking.
Erwin Wickert war von 1939 bis zu ihrem Tod 1999 mit Ingeborg Weides verheiratet; der Ehe entstammen drei Kinder, darunter der Journalist Ulrich Wickert. Erwin Wickert lebt heute in Remagen.
Der Autor Erwin Wickert ist zum einen durch seine Sachbücher über die Entwicklungen im China der Nach-Mao-Ära und seine Memoirenbände bekannt geworden. Daneben ist er Verfasser von Hörspielen und historischen Romanen (er ließ sich in seinen Bonner Jahren mehrmals von seinem Dienstherrn, dem Auswärtigen Amt, beurlauben, um Zeit fürs Schreiben dieser Werke zu haben).
Erwin Wickert ist Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Bis 1995 war er Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller und des P.E.N.-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland; er trat aus beiden Organisationen aus Protest gegen deren Position in der Kontroverse um die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Annemarie Schimmel aus. Er war Vizepräsident des Freien Deutschen Autorenverbandes. Außerdem gehört er der Deutschen Gesellschaft für Ostasiatische Kunst (die er mitbegründete) sowie der International Confucian Association in Peking an. 1994 war er als Vorstandsmitglied engagiert im "Bund Freier Bürger", erklärte jedoch wegen der unklaren Haltung dieser Partei gegenüber dem Rechtsradikalismus seinen Austritt. Wickert erhielt folgende Auszeichnungen: 1952 den Hörspielpreis der Kriegsblinden, 1980 das Große Bundesverdienstkreuz und 1992 den Staatspreis des Landes Rheinland-Pfalz.
Werke
Bücher
- Fata Morgana über den Straßen, Leipzig 1938
- Das Paradies im Westen, Stuttgart 1939
- Das Tier in der neueren deutschen Kunst, Dissertation, Heidelberg 1939
- Die Adamowa, Stuttgart 1940
- Du mußt dein Leben ändern, Stuttgart 1949
- Dramatische Tage in Hitlers Reich, Stuttgart 1952
- Die Frage des Tigers, Gütersloh 1955
- Cäsar und der Phönix, Stuttgart 1956
- Hiroshima, Weinheim 1959
- Hitlers Machtergreifung, Weinheim/Bergstr. 1959
- Jahre des Wahns, Weinheim/Bergstr. 1959
- Der Klassenaufsatz. Alkestis, Stuttgart 1960
- Robinson und seine Gäste, Hamburg 1960
- Der Auftrag, Stuttgart 1961
- Der Purpur, Stuttgart 1965
- China in der Wandlung, Düsseldorf [u.a.] 1979
- China von innen gesehen, Stuttgart 1982
- Vom politischen Denken der Chinesen, Wiesbaden 1983
- Der verlassene Tempel, Stuttgart 1985
- Chinas wirtschaftliche Reformen, Düsseldorf 1986
- Der Kaiser und der Großhistoriker, Stuttgart 1987
- Der fremde Osten, Stuttgart 1988
- Knut Hamsun und die Große Konferenz von Chang'an, Stuttgart 1988
- Mut und Übermut, Stuttgart 1991
- Sonate mit dem Paukenschlag und sieben andere unglaubliche Geschichten, Stuttgart 1993
- Von der Wahrheit im historischen Roman und in der Historie, Wiesbaden 1993
- Zappas oder Die Wiederkehr des Herrn, Stuttgart 1995
- John Rabe. Der gute Deutsche von Nanking, DVA 1997
- Die glücklichen Augen, Stuttgart [u.a.] 2001
- Konfuzius, Stuttgart 2001
- Das Gipfelgespräch, Stuttgart [u.a.] 2003
- Das muss ich Ihnen schreiben. Beim Blättern in unvergessenen Briefen. München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2005. ISBN 3421058571
Hörspiele
- Lot und Lots Weib
- Die kühne Operation
- Alkestis
- Darfst du die Stunde rufen? Regie: Walter Knaus (SDR 1951) - Hörspielpreis der Kriegsblinden
- Skandal im Envoy Hotel
- Das Buch und der Pfiff
- Der Klassenaufsatz
Literatur
- Eckart Kleßmann (Hrsg.): Die Wahrheit umkreisen, Stuttgart [u.a.] 2000
- Astrid Freyeisen: "XGRS – Shanghai Calling Deutsche Rundfunkpropaganda in Ostasien während des Zweiten Weltkriegs". In: Rundfunk und Gesellschaft (Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte
Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv), 29. Jahrgang Nr. 1/2, S. 38 - 46.
Siehe auch
Weblinks
- Vorlage:PND
- http://www.literatur-rlp.de/db_suche.php?autor=Wickert,%20Erwin
- http://www.kreis.aw-online.de/kvar/VT/hjb1996/hjb1996.8.htm
- ausführliches Interview mit Erwin Wickert im alpha-forum
Personendaten | |
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NAME | Wickert, Erwin |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Diplomat und Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 7. Januar 1915 |
GEBURTSORT | Bralitz/Brandenburg |