Vorgeschichte 1945-1949
Chronologie: Geschichte der DDR. Vorgeschichte 1945-1949
Teilung Deutschlands
Da sich die Alliierten (USA, Frankreich, England und Russland) nicht auf eine gemeinsame Politik bezüglich Deutschlands einigen konnte, wurde bereits während des zweiten Weltkrieges auf den Konferenzen von Teheran und Jalta die Aufteilung Deutschlands diskutiert. Nach der Kapitulation Deutschlands beschlossen die Regierungschefs der vier Siegermächte im Mai 1945 auf der Potsdamer Konferenz, Deutschland in vier Besatzungszonen und Berlin in vier Sektoren zu teilen, aber von einem gemeinsamen Alliierten Kontrollrat verwalten zu lassen. Die wirtschaftliche Demilitarisierung (insbesondere die Demontage von Industrieanlagen) sollte jedoch in jeder Zone autonom durchgeführt werden.
Im Lauf der Zeit lief die wirtschaftliche Entwicklung jedoch insbesondere zwischen den westlichen Besatzungszonen und der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) immer weiter auseinander. Auch aufgrund weltpolitischer Differenzen kam es zu immer größeren Spannungen zwischen der Sowjetunion und den USA, die letztlich zum Kalten Krieg führten. Dies manifestierte sich in einem Zusammenschluss der drei westlichen Besatzungszonen zur Trizone und der Weigerung der SBZ 1947, am Marshallplan der USA teilzunehmen.
Am 20. Juni 1948 wurde die Teilung Deutschlands durch die auf die westlichen Besatzungszonen beschränkte Währungsreform evident. Drei Tage später wurde auch in der sowjetischen Besatzungszone eine Währungsreform beschlossen. Nachdem die DM jedoch gegen den Willen des sowjetischen Oberbefehlshabers auch in den westlichen Sektoren von Berlin eingeführt worden war, versuchte die Sowjetunion, durch die Berliner Blockade ganz Berlin in ihre Hand zu bekommen. Die Westalliierten entschieden daraufhin, Berlin durch eine Luftbrücke zu versorgen. Insgesamt 11 Monate lang wurde die Westberliner Bevölkerung mit Hilfsgütern versorgte, bis die Sowjetunion die Blockade am 12. Mai 1949 beendete.
Sowjetische Deutschlandpolitik
Die Sowjetunion entwickelte während des zweiten Weltkrieges eigene Ideen für ein Nachkriegsdeutschland: Stalin schwebte ein ungeteilter sozialistischer Staat vor. Er erwartete, insbesondere aus dem Ruhrgebiet zahlreiche Reparationen zu erhalten.
Derartige Pläne waren nach Kriegsende jedoch nicht durchsetzbar. Um sich jedoch alle Optionen offen zu halten, wurde die „Sowjetisierung“ der eigenen Besatzungszone zunächst verschoben und eine offen kommunistische Entwicklung vermieden oder vertuscht.
Nach Kriegsende setzte die Sowjetunion in der von ihre besetzen Zone die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) ein. Diese sollte den Aufbau eines politischen Systems im Sinne der Sowjetunion steuern und die Besatzungszone verwalten. Dazu kontrollierte und regelte sie das gesamte politische und gesellschaftliche Leben und beschäftigte bis zu 50.000 Mitarbeiter. Sie verfügte die Gründung von 5 Ländern innerhalb der SBZ und übertrug ihnen im Oktober 1945 Gesetzgebungsbefugnisse.
Politischer Aufbau
Für den politischen Aufbau war die so genannte Gruppe Ulbricht von Bedeutung. Sie bestand aus Walter Ulbricht und anderen in die Sowjetunion emigrierten Mitgliedern der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), die der Roten Armee beim Neuaufbau der Verwaltung helfen sollten. Bereits vor Kriegsende wurde sie in Deutschland tätig und erreichte, dass von den sowjetischen Kommandanten zahlreiche Schlüsselpositionen innerhalb der Kommunalverwaltungen an deutsche Kommunisten vergeben wurden. Dabei galt Ulbrichts Devise: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“.
Zur Überraschung der westlichen Alliierten und deutscher Politiker ermöglichte die SMAD bereits im Juni 1945 ein pluralistisches deutsches Parteiensystem und genehmigte die Gründung von KPD, SPD, CDU und LDPD. Diese gründeten einen antifaschistischen Block, aus dem sich später die Nationale Front entwickelte. Innerhalb dieses Gremiums wollten sie die Entnazifizierung und den Wiederaufbau gemeinsam durchführen. Obwohl die SMAD die KPD massiv bevorzugte, konnte diese ihr Ziel, größte und bestimmende Partei der SBZ zu werden, nicht erreichen. Sie geriet im Gegenteil im Laufe des Jahres bei der Bevölkerung und den anderen Parteien immer mehr in die Isolation. In KPD und SPD gab es nach den Erfahrungen in der Zeit des Nationalsozialismus und des Widerstandes Bestrebungen, eine gemeinsame Arbeiterpartei zu schaffen. Nachdem die KPD im Juni 1945 eine entsprechende Forderung der SPD abgelehnt hatte, wurde mit der nachlassenden Popularität der KPD zusammen mit der SMAD unter Billigung Stalins die SPD als Hauptkonkurrent durch massiven Druck, Bestechung ihrer Führungspersönlichkeiten und Täuschung über die wahren Ziele der KPD 1946 zu einer Zwangsvereinigung zur SED genötigt. Bei den Landtagswahlen im Oktober 1946 erreichte die SED mit 47,5 % allerdings nicht die angestrebte absolute Mehrheit.
Um den Widerstand von CDU und LDPD gegen weitere Eingriffe ins Parteiensystem zu unterlaufen, brachte die SED 1947/48 mit der Volkskongressbewegung ein neues Instrument ins Spiel. Auf zwei Sitzungen 1947 und 1948 beschloss der Volkskongress die Aufnahme neuer Blockparteien (NDPD und DBD) und Massenorganisationen (Kulturbund, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, Demokratischer Frauenbund Deutschlands), die größtenteils kommunistisch dominiert waren, in den Antifa-Block.
Im Mai 1949 wurde der 3. Volkskongress über Einheitslisten gewählt, der den Entwurf einer Verfassung annahm. Ein vom Volkskongress einberufener Volksrat gründete die Deutsche Demokratische Republik am 7. Oktober 1949 offiziell.
Wirtschaftlicher Aufbau
Die Wirtschaft in der SBZ wurde zunächst durch die sowjetische Demontage massiv beeinflusst. Im Rahmen der Hauptdemontage wurden bis Ende 1946 über 1.000 Betriebe, vor allem der Maschinenbau, die chemische und optische Industrie, und das zweite Gleis fast aller Bahnstrecken abgebaut. In einer zweiten Etappe wurden Reparationen aus der laufenden Produktion entnommen und etwa 200 wichtige Betriebe als Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) in das Eigentum der Sowjetunion überführt.
Unter der Losung „Junkerland in Bauernhand“ führte die SMAD im September 1945 eine Bodenreform durch, bei der Kriegsverbrecher, Funktionäre und Repräsentanten der NSDAP sowie alle Landbesitzer, die Güter mit mehr als 100ha Land besaßen, entschädigungslos enteignet wurden. Das Land wurde an so genannte Neubauern verteilt, zumeist landlose Bauern, Landarbeiter und Flüchtlinge. Diese mussten ihre 5-10 ha großen Landflächen selber bearbeiten. Da sie meist keine landwirtschaftlichen Geräte besaßen, waren sie von den 1949 geschaffenen „Maschinen-Ausleih-Stationen“ (MAS) abhängig.
Da Stalin jedoch die Idee eines ungeteilten Deutschlands nicht aufgeben wollte, begann die tatsächliche sozialistische Umgestaltung der ostdeutschen Wirtschaft erst 1952.
Aufbau des Sozialismus 1949-1961
Chronologie: Geschichte der DDR. Aufbau des Sozialismus 1949-1961
Politische Führung
Erster Präsident der DDR wurde 1949 Wilhelm Pieck, erster Ministerpräsident wurde Otto Grotewohl. Beide waren seit 1946 Vorsitzende der SED. 1950 wurden sie in ihren Parteiämtern bestätigt, Walter Ulbricht wurde Generalsekretär des neu geschaffenen Zentralkomitees (ZK) der SED. Nach dem Tod von Wilhelm Pieck wurde 1960 der Staatsrat anstatt des bisherigen Präsidentenamtes gebildet und Walter Ulbricht zu dessen Vorsitzenden bestimmt.
1950 schlossen sich alle Parteien trotz Widerstands vieler Mitglieder und einiger Landesverbände zur „Einheitsliste der Nationalen Front“ zusammen. Bei ersten Wahlen zur Volkskammer erhielt diese von der SED dominierte Einheitsliste nach offiziellen Angaben 99,3% der Stimmen, 1954 waren es 99,46% und 1958 99,7%.
Außenpolitik
Relativ schnell nach ihrer Gründung schloss die DDR Verträge mit anderen Staaten im Ostblock ab: Im Juli 1950 wurde mit Polen die Oder-Neiße-Linie vertraglich festgelegt. Im September des gleichen Jahres wurde die DDR Mitglied im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) - dem Äquivalent zur Europäischen Gemeinschaft.
Kontakte zu westlich orientierten Staaten wurden jedoch von der Bundesrepublik Deutschland verhindert: Durch die Hallstein-Doktrin drohte sie anderen Staaten mit den Abbau ihrer Beziehungen, falls diese die DDR anerkannt hätten.
1952 bot Stalin mit den Stalin-Noten Verhandlungen über eine Wiedervereinigung und Neutralität Deutschlands an. Die Westmächten hielten dies jedoch für ein Ablenkungsmanöver, das die Westintegration Westdeutschlands behindern sollte. Die Briefwechsel endeten schließlich ohne Ergebnis, führten jedoch dazu, dass die DDR anschließend die „Ostintegration“ und die sozialistische Umgestaltung der ostdeutschen Wirtschaft forcierte.
Nachdem die BRD 1954 Mitglied der Westeuropäischen Union geworden war, trat die DDR ein Jahr später dem Warschauer Pakt bei.
Die SMAD wurde durch die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) abgelöst, die 1953 durch den sowjetischen Hohen Kommissar ersetzt wurde. Nachdem die UdSSR 1955 die volle Souveränität der DDR bestätigt hatte, wurde auch dieses Amt aufgehoben.
Wirtschaftspolitik
Ab 1951 folgte die Wirtschaft der DDR dem 1. Fünfjahrplan. Damit begann der Einstieg in die Planwirtschaft. 1958 wurde eine staatliche Plankommission zur Lenkung der Wirtschaft gebildet und im selben Jahr die Lebensmittelkarten endgültig abgeschafft. Nachdem sich 1959 ein Scheitern des laufenden Fünfjahrplans abzeichnete, wurde er in einen Siebenjahrplan umgewandelt.
Die Sowjetunion Zahlreiche der Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) wurden in Volkseigene Betriebe (VEB) umgewandelt.
Für die Landwirtschaft prägte die SED in den 1950er Jahren die Devise „vom Ich zum Wir“. Unter diesem Motto sollte die Landbevölkerung „auf freiwilliger Basis“ von den angeblichen Vorzügen einer kollektivierten Landwirtschaft überzeugt werden. Das Ziel war die Gründung von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). „Muster-LPGs“ sollten wie „Leuchttürme auf dem Lande“ die Idee von der Sowjetisierung in alle Dörfer tragen. Da die meisten Bauern jedoch kein Interesse an genossenschaftlicher Arbeit zeigten, wurden insbesondere verlassene Höfe, sogenannte ÖLB (Örtliche landwirtschaftliche Betriebe) und wirtschaftlich kaum lebensfähige Kleinbetriebe zu LPGs zusammengefügt. 1952 waren so in der DDR knapp 2000 zunächst überwiegend wirtschaftsschwache LPGs entstanden.
Klein- und Mittelbauern wurden mit Repressionen und hohen Zwangsabgaben drangsaliert, bei der Verteilung der landwirtschaftlichen Geräte durch die MAS benachteiligt. Zehntausende Bauern siedelten daraufhin in den Westen um. Dies führte dazu, dass am 17. Juni 1953 auch auf dem Land die Stimmung kippte. Anschließend wurde die Kollektivierung zunächst verlangsamt. Auf Druck der Sowjetunion forcierte die DDR-Führung die Kollektivierung ab 1958 jedoch wieder. Von der SED entsandte Agitationstruppen sollten die Bauern durch Nötigung oder Drohungen zum „freiwilligen“ Eintritt in eine LPG veranlassen, während widerstrebende Landwirte vom MfS verhaftet wurden.
Parallel zur Entwicklung in Westdeutschland begann das staatliche Fernsehen der DDR Ende 1952 mit Versuchssendungen und nahm 1956 seinen regulären Sendebetrieb auf. Ab 1960 war die Propagandasendung "Der schwarze Kanal" von Karl-Eduard von Schnitzler ein wichtiger Bestandteil des Programms.
17. Juni
1952 wurde der „planmäßige Aufbau des Sozialismus“ zur grundlegenden Aufgabe erklärt, der Prozess der 'Sowjetisierung' der Gesellschaft forciert und die Staatsmacht gestärkt. Dazu wurden zum Beispiel die 5 Länder in 14 Bezirke und 217 Kreise aufgeteilt. Außerdem wurde die verbliebene Mittelschicht in Frage gestellt: Insbesondere Bauern und kleine Handels- und Gewerbebetriebe sollten durch erhöhte Abgaben zur Aufgabe ihrer Selbstständigkeit gezwungen werden.
Am 28. Mai 1953 wurden die Arbeitsnormen um 10,3% erhöht. Die SED wurde daraufhin vom Politbüro der KPdSU vor einem zu starren und harten Kurs beim Aufbau des Sozialismus gewarnt. Sie beschloss und verkündete am 11. Juni mit dem „Neuen Kurs“ zahlreiche Erleichterungen insbesondere für den bürgerlichen Mittelstand und die Bauern, etliche Maßnahmen der letzten Monate wurden zurückgenommen. Die Normerhöhung blieb jedoch bestehen. Am 16. Juni kam es daraufhin zu Streiks auf zwei Berliner Großbaustellen und einem Protestzug zum DDR-Regierungssitz, denen am 17. Juni flächendeckende Proteste folgten, die von sowjetischen Truppen blutig niedergeschlagen wurden. Die DDR-Führung bezeichnete den Aufstand als ein Werk „faschistischer Agenten ausländischer Mächte“.
Entstalinisierung
Nach Stalins Tod 1953 wurde auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 von dessen Nachfolger Nikita Chruschtschow die Entstalinisierung eingeleitet. Die DDR-Führung wurde davon überrascht und verwirrt: Bis vor dem Parteitag wurde Stalin verteidigt und gelobt, die SED bemerkte den Politikwechsel erst spät. Walter Ulbricht erkannte jedoch die Brisanz und passte seine Begrüßungsrede an die neuen Aussagen der Sowjetführer an. Sofort nach dem Parteitag versuchte die SED-Führung, ihren Mitgliedern die neuen „Lehren“ zu vermitteln. Ulbricht schrieb im Neues Deutschland, Stalin sei kein „Klassiker“ des Marxismus - nachdem er noch einen Monat zuvor das Gegenteil gesagt hatte. Auch wenn die Frage der Entstalinisierung von der SED auf ihrem Parteitag nur am Rande behandelt wurde, so wurde damit das Weltbild der deutschen Kommunisten erschüttert. Letztlich hatte sich die DDR jedoch zu keinem Zeitpunkt völlig vom Stalinismus verabschiedet - und nachdem 1985 in der UdSSR antistalinistische Filme und Zeitschriften zugelassen wurden, kam es deshalb auch zum Bruch mit dem bisherigen Vorbild.
Im Zuge der Entstalinisierung werden 25.000 Häftlinge entlassen und zahlreiche Politiker (Franz Dahlem, Anton Ackermann, Hans Jendretzky und andere) rehabilitiert.
Staatssicherheit
1950 wurde das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gegründet, um als „Schild und Schwert der Partei“ die Macht der SED sich sichern. Wilhelm Zaisser wurde erster Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke Staatssekretär.
Nach den Protesten vom 17. Juni wurde insbesondere dem MfS Versagen vorgeworfen. Es wurde zu einem „Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS)“ umgeformt und dem Innenministerium unterstellt. Wilhelm Zaisser wurde zuerst aus dem ZK der SED und ein Jahr später auch aus der SED ausgeschlossen. Erst 1955 erhielt das MfS wieder Ministeriumsrang und bekam den Hauptverwaltung Aufklärung genannten Auslandsnachrichtendienst zugeordnet.
Während der gesamten 1950er Jahre wurden in zahlreichen „Säuberungen“ Parteimitglieder verhaftet, die während der Nazizeit in westliche Länder emigriert waren.
Abwanderung
Nachdem bis 1956 ca. 1,72 Millionen Menschen die DDR verlassen hatten, wurde ein neues Passgesetz verabschiedet, um die Zahl der Westreisen zu reduzieren. Die Republikflucht wurde kriminalisiert.
Zum Jahr 1960 stieg die Zahl der Abwanderer jedoch weiter an - auch deshalb, weil viele Bauern dem Zwang zum Beitritt einer LPG entgehen wollten. Allein für den Monat September meldeten Westberliner Behörden 20.968 „SBZ“-Flüchtlinge. Bis 1961 hatten schließlich knapp 3 Millionen Menschen die DDR seit ihrer Gründung verlassen. Da es sich dabei oft um gut ausgebildete Menschen handelte, bedrohte diese Abwanderung die Wirtschaftskraft der DDR und letztlich den Bestand des gesamten Staates. Ab dem 13. August wurde deshalb die Berliner Mauer aufgebaut, um eine weitere Abwanderung zu stoppen.
Kirchenkampf
Während den Kirchen von der SMAD noch Zugeständnisse gemacht wurden, begann die DDR-Führung im Frühjahr 1953, einen härteren Kurs gegenüber den Kirchen einzuschlagen, da diese sich gegen eine Instrumentalisierung wehrten. So ging sie vor allem gegen die Junge Gemeinde und Studentengemeinden sowie deren Mitglieder mit Relegierungen von Schulen und einzelnen Verhaftungen vor. Mit dem „neuen Kurs“ wurde der verschäfte Kirchenkampf zunächst unterbrochen, 1955 mit den Jugendweihen jedoch ein Gegenstück zur kirchlichen Konfirmation geschaffen.
Stabilisierung 1961-1970
Chronologie: Geschichte der DDR. Stabilisierung 1961-1970
Politische Führung
Am 21. September 1964 starb Otto Grotewohl, Nachfolger als Vorsitzender des Ministerrates wurde Willi Stoph. Im Februar 1967 verabschiedete die Volkskammer ein Gesetz über die DDR-Staatsbürgerschaft, die die deutsche Staatsbürgerschaft ablöste. Im April 1968 stimmten 94,5% der wahlberechtigten Bevölkerung für eine neue Verfassung, diese bestimmte die DDR als „sozialistischen Staat deutscher Nation“ und schrieb die führende Rolle der SED fest.
Deutschlandpolitik
Nachdem das ZK der SED bereits mehrere offene Briefe zur Lösung der Deutschlandfrage an die SPD und die Gewerkschaften in der Bundesrepublik gerichtet hatte, beantwortete die SPD 1966 zum ersten Mal ein solches Schreiben. Da die SED von dieser Reaktion und den Diskussionen in der DDR überrascht und schockiert war, sagte sie zunächst vorgeschlagene Gespräche wieder ab.
Nach der Bildung der Großen Koalition in der Bundesrepublik änderte die SED-Führung ihre Konzeption in der Deutschlandfrage insgesamt und ging gegenüber der beweglicheren Ostpolitik von Willy Brandt in die Defensive. Sie fürchtete, ein offener Dialog mit Westdeuschland könnte auf die DDR-Bevölkerung übergreifen. Nach der Hallstein-Doktrin Westdeutschlands war es jetzt die DDR-Führung, die versuchte, andere (sozialistische) Staaten von einer Anerkennung der BRD abzuhalten.
Grenzsicherung
Nach dem Mauerbau wurde die Anwendung der Waffe gegen Flüchtlinge befohlen. In den nächsten Monaten kam es zu kleineren Schusswechseln zwischen west- und ostdeutscher Polizei, nachdem die ersten Flüchtlinge an der Grenze von DDR-Grenztruppen erschossen worden waren.
Verteidigungspolitik
1962 führte die DDR die Wehrpflicht ein, um die Kampfkraft der 90.000 Mann starken Nationalen Volksarmee (NVA) zu verbessern. Der Druck der Kirchen bewirkte jedoch, dass 1964 der Wehrdienst ohne Waffe als Bausoldat eingeführt wurde.
Über dem Territorium der DDR und insbesondere in den Luftkorridoren nach Westberlin kam es öfter zu kleineren Konflikten zwischen westlichen und sowjetischen Kampfflugzeugen. 1962 bedrängten sowjetische Jagdflugzeuge Militärtransporter der Westalliierten, in denen unter anderem auch der britische Botschafter saß. 1964 wurde eine US-Maschine über Thüringen abgeschossen.
Am 20./21. August 1968 waren NVA-Truppen mit an der Niederschlagung des Prager Frühlings beteiligt.
Wirtschaftspolitik
In den 1960er Jahren zwang eine Wirtschaftskrise und Diskussionen in der Sowjetunion die SED, ihre Wirtschaftspolitik zu ändern. Sie ermöglichte den Vereinigungen der Volkseigenen Betriebe (VVB) eine größere Selbstverwaltung und räumte den Arbeitern eine „Arbeitermitverantwortung“ ein, um sämtliche Leistungsreserven zu erhöhen und Initiativen zu wecken. Durch eine Selbstständigkeit der Betriebe in der Material- und Kreditbeschaffung, bei Aktivitäten im Außen- und Binnenhandel und größere Vollmachten bei der Preis- und Absatzgestaltung wollte sie das System flexibler gestalten. Der Lebensstandard stieg daraufhin, der Abstand zur Bundesrepublik blieb jedoch erhalten.
1966 ging in Rheinsberg das erste Kernkraftwerk der DDR ans Netz.
Als sich ein erster Mangel an Devisen aus dem „Nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet“ (NSW) bemerkbar machte, wurde 1962 die Intershop-Handelsorganisation gegründet. In diesen Geschäften konnten nur Ausländer mit Devisen bezahlen, dafür konnten diese allerdings Produkte kaufen, die es für die offizielle Währung Mark der DDR gar nicht oder nur in minderer Qualität zu kaufen gab. Insgesamt waren die Artikel deutlich günstiger als vergleichbare Produkte in Westdeutschland.
Da die Devisenknappheit weiter zunahm, wurde ab 1964 die Abteilung „Kommerzielle Koordinierung“ innerhalb des Ministeriums für Außenhandel aufgebaut, die mit allen legalen und häufig auch illegalen Möglichkeiten zusätzliche Devisen beschaffen sollte.
Stabilität und Krise 1971-1980
Chronologie: Geschichte der DDR. Stabilität und Krise 1971-1980
Ende der Ära Ulbrichts
Nach Streitigkeiten mit Teilen der Parteiführung im Bereich der Wirtschafts- und Außenpolitik 1970 wurde Walter Ulbricht gezwungen, „aus gesundheitlichen Gründen“ von fast allen Ämtern zurückzutreten. Am 3. Mai 1971 endete damit die Ära Ulbrichts, und Erich Honecker wurde als dessen Nachfolger zum Ersten Sekretär des ZK der SED gewählt. Der Wechsel an der Spitze bedeutete für die Entwicklung der DDR einen tiefen Einschnitt.
Nach dem Rücktritt von Ulbricht wurde die Ulbricht-Periode systematisch aus der offiziellen Geschichtsschreibung verdrängt und alle Veränderungen nach seinem Abgang stark betont. Sein Name tauchte in der Öffentlichkeit kaum noch auf.
Das politische Ziel einer Wiedervereinigung Deutschlands (zu einem sozialistischen Gesamtdeutschland) wurde endgültig aufgegeben, sämtliche Hinweise darauf aus der Verfassung gestrichen und bei vielen Organisationen und Institutionen die Kennzeichnung Deutschland durch DDR ersetzt. So wurde zum Beispiel der Deutsche Fernsehfunk in Fernsehen der DDR umbenannt und als Autokennzeichen DDR statt D vorgeschrieben.
Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik
Honeckers Amtszeit wurde durch einen Beschluss der SED gekennzeichnet, der die „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ zur neuen Hauptaufgabe bestimmte. Mittels einer forcierten Erhöhung des Lebensstandards und der Kaufkraft sollte die Zufriedenheit der Bevölkerung gesteigert und letztlich die Arbeitsproduktivität erhöht werden. Ein Kernstück dieser Idee war ein Wohnungsbauprogramm, das das Wohnungsproblem bis 1990 lösen sollte und vor allem zum Entstehen großer Neubaugebiete in vielen Städten der DDR führte. Bis 1980 wurden 700.000 bis 800.000 Wohnungen errichtet oder modernisiert, und bis 1990 insgesamt 3 Mio. Plattenbauten errichtet.
Ein weiterer Schwerpunkt von Honeckers Wirtschaftspolitik war die Beschaffung von westlichen Produktionsanlagen für Export- und Konsumgüter. Diese Investitionen wurden durch Kredite bei westlichen Banken finanziert und sollten sich plangemäß ab Ende der 1970er Jahre bezahlt machen.
Da durch diese Änderungen in der Wirtschaftspolitik jedoch erstmals hohe Auslandsschulden im Nicht-Sozialistischen Wirtschaftsgebiet entstanden und gleichzeitig die materielle Substanz der DDR-Wirtschaft zunehmend vernachlässigt wurde, bildeten sie letztlich den „Anfang vom Ende“ der DDR.
Kulturpolitik
Durch eine liberalere Haltung gegenüber den Künstlern und Intellektuellen wollte die SED-Führung die Kluft zwischen Bevölkerung und Führung überbrücken. Dies änderte sich jedoch 1976 durch die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Dieser Vorgang löste energische Proteste aus und führte zu einer Unterschriftensammlung bei Künstlern und Schriftstellern - für die SED ein ungeheuerlicher Akt. Zahlreiche prominente Unterzeichner wurden anschließend unter Druck gesetzt und so zur Ausreise in die Bundesrepublik getrieben, einige auch verhaftet. 1979 eskalierte die Auseinandersetzung und führte zum Ausschluss von zahlreichen berühmten Mitgliedern aus dem Schriftstellerverband.
Außenpolitik
Unter Erich Honecker wurden sowohl die Führungsrolle der UdSSR als auch das sowjetische Modell von der SED wieder als verbindlich angesehen. In der Folge wurden die Beziehungen zwischen der DDR und der Sowjetunion weiter verstärkt. 1975 wurde ein neuer Freundschafts- und Beistandsvertrag abgeschlossen, der die DDR in eine rechtlich noch größere Abhängigkeit von der Sowjetunion brachte.
Nach der Unterzeichnung des Berlinabkommens durch die Vier Mächte im September 1971 ´schloss die DDR mit der Bundesrepublik Deutschland zahlreiche Verträge. Im Dezember wurde das Transitabkommen unterzeichnet, um Westdeutschen die Fahrten von und nach West-Berlin zu erleichtern. Ein Jahr später wurden durch die Unterzeichnung des Grundlagenvertrag die Souveränität und die Grenzen der DDR anerkannt. Da die Bundesrepublik mit ihrer neuen Ostpolitik den Widerstand gegen eine internationale Aufwertung der DDR aufgab, änderte sich die außenpolitische Situation der DDR grundlegend. Bereits im Dezember 1972 wurden mit 20 Staaten Diplomaten ausgetauscht (unter anderem Iran, Schweden, Schweiz, Österreich). Auch mit den USA wurden diplomatische Beziehungen vereinbart. Bis 1978 wurde die DDR von insgesamt 123 Regierungen in aller Welt völkerrechtlich anerkannt und konnte damit die wichtigste Phase ihrer Außenpolitik erfolgreich abschließen.
Die DDR konnte im September 1973 gleichzeitig mit der Bundesrepublik Deutschland in die UNO einziehen und beteiligte sich an der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Dadurch verpflichtete sie sich jedoch auch zur Einhaltung der Menschenrechte. Mehr und mehr Bürger forderten daraufhin die Einhaltung der Zusagen und stellten Anträge auf Ausreise in die Bundesrepublik.
1973 wurden zum ersten Mal Korrespondenten von ARD, ZDF sowie von Zeitungen und Zeitschriften aus der Bundesrepublik Deutschland der DDR akkreditiert. Sie durften sich innerhalb gewisser Grenzen frei bewegen, wurden jedoch von MfS überwacht. Viele Reportagen und Interviews wurden vom MfS inszeniert.
Im Zuge der Verbesserung der Beziehungen wurde auch der Häftlingsfreikauf zunehmend organisierter geregelt. Dabei bezahlte die Bundesrepublik der DDR eine bestimmte Summe Devisen oder Waren, um im Gegenzug politische Gefangene freizukaufen, die anschließend in die Bundesrepublik ausgebürgert wurden.
Krise und Ende 1981-1990
Chronologie: Geschichte der DDR. Krise und Ende 1981-1990
Finanzkrise
Insbesondere durch die hohen Kosten der Wettrüstung wurde die wirtschaftliche Lage der Sowjetunion 1981 zunehmend kritisch. Sie wurde gezwungen, die Preise für Rohöl zu erhöhen und die Lieferungen zu drosseln. In der DDR brach dadurch eine der wichtigsten und bis dahin sprudelnden Devisenquellen förmlich zusammen. Dies führte dazu, dass sie 1982 erstmals fällige Kredite und Zinszahlungen zum größten Teil nur mit neuen Krediten abgelösen konnte und es zu Problemen mit westlichen Banken kam. 1983 kam es daraufhin zu Verhandlungen zwischen West- und Ostdeutschland mit dem Ergebnis, dass die Bundesregierung die Bürgschaft für insgesamt zwei vom bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU) vermittelte Kredite über jeweils eine Milliarde D-Mark (511 Millionen Euro) für die DDR übernahm, um damit deren Stabilität zu bewahren. Im Gegenzug baute die DDR die Selbstschussanlagen an der innerdeutschen Grenze ab und erleichterte Westdeutschen die Reise in die DDR.
Gegen Ende der 1980er Jahre wurde der wirtschaftliche Verfall der DDR-Wirtschaft zunehmend sichtbar. Bereits seit langer Zeit zehrte sie nur noch von ihrer Substanz, da sie Neuinvestitionen oder Reparaturen nicht mehr finanzieren konnte. Inbesondere die hohen Kosten der Mikroelektronik und des Wohnungsbauprogramms führten schließlich 1989 in eine ausweglose wirtschaftliche Situation. Reformvorschläge wurden von Erich Honecker und Günter Mittag abgelehnt, und letztlich war vor allem aufgrund der ökonomischen Krise eine Destabilisierung des Regimes nicht mehr aufzuhalten. Die DDR-Führung wurde zu verstärkten Verhandlungen mit der Bundesrepublik gezwungen, die sich immer einseitiger gestalteten.
Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion
In der Sowjetunion wurde 1985 Michail Gorbatschow zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei gewählt. Als de facto-Herrscher der Sowjetunion versuchte er den Verfall des Kommunismus durch die Einführung von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umstrukturierung) aufzuhalten. 1988 verkündete er die Aufhebung der Breschnew-Doktrin und erlaubte den osteuropäischen Staaten damit eine von der UdSSR unabhängige demokratische Entwicklung.
Die DDR lehnte diese Politik ab und ging auf Distanz zur Sowjetunion. 1987 fehlten im Neuen Deutschland beim Abdruck einer Rede Gorbatschows die Abschnitte mit dessen scharfer Kritik an seinen Amtsvorgängern. Im selben Jahr nahm Kurt Hager, ein Mitglied des SED-Politbüros, in einem fingierten Interview mit dem westdeutschen Nachrichtenmagazin Stern zu den Reformen in der Sowjetunion Stellung mit den Worten: „Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“. Zahlreiche sowjetische Zeitungen und Filme wurden in der DDR verboten: Die Monatszeitschrift „Sputnik“, einzelne Ausgaben der „Neuen Zeit“ und fünf antistalinistische Filme.
1988 erklärte Honecker offiziell die Ablehnung der sowjetischen Reformpolitik.
Ausreisewelle
1984 siedelten ungewöhnlich viele (40.900 Personen) in die BRD um. Zahlreiche Ausreisewillige flüchteten in Prag und Ostberlin in die Botschaft der BRD, um eine schnellere Bearbeitung ihrer Ausreiseanträge zu erzwingen, kehrten nach entsprechenden Zusagen jedoch wieder zurück.
Am 2. Mai 1989 begann Ungarn, die Grenzanlagen zu Österreich abzubauen. In der Folge versuchten Hunderte von DDR-Bürgern, über Ungarn in den Westen zu gelangen. Gleichzeitig begaben sich viele in die Botschaften der Bundesrepublik in Budapest, Prag und Warschau und der Ständigen Vertretung in Ostberlin, um an westdeutsche Reisepapiere zu gelangen. Letztendlich mussten diese im August/September wegen Überfüllung geschlossen werden. Am 23. August durften die Flüchtlinge in Budapest, am 30. September in Prag und Warschau ausreisen. Diese wurden Anfang Oktober mit Sonderzügen über DDR-Gebiet in die Bundesrepublik gefahren. Während der Durchfahrt wurden Bahnhöfe abgesperrt, Leute versuchten auf die Züge aufzuspringen. Auf dem Dresdner Hauptbahnhof lieferten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte gewalttätige Auseinandersetzungen.
Am 19. August kam es infolge des Paneuropäischen Picknicks zu einer Massenflucht von DDR-Bürgern nach Österreich. Ende August begannen in Bayern Vorbereitungen zur Errichtung von Notaufnahmelagern.
Im September ließ Ungarn etwa 30000 Ausreisewillige ohne Absprache mit der DDR ausreisen.
Seit dem 3. November durften DDR-Bürger ohne Formalitäten über die Tschechoslowakei ausreisen, es kam zu einer erneuten Ausreisewelle.
Bürgerrechtsbewegung
Am 17. Januar 1988 fanden auf der Gedenkdemonstration für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Proteste unter der Losung eines Zitats von Rosa Luxemburg („Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“) statt. Die Sicherheitskräfte verhafteten vor laufender Westkamera zahlreiche Demonstranten, in den darauf folgenden Tagen wurden zahlreiche Aktivisten der Friedensbewegung verhaftet. Es kam jedoch in der ganzen DDR zu Solidaritätsveranstaltungen. Durch das Quasi-Verbot der Zeitschrift Sputnik wurde die Stimmung weiter angeheizt.
Während man sich in der Sowjetunion bei den Wahlen zum ersten Volksdeputiertenkongress zum ersten Mal zwischen mehreren Kandidaten entscheiden konnte, konnte in der DDR bei den Kommunalwahlen im Mai 1989 weiterhin nur die Einheitsliste gewählte werden und als offizielles Ergebnis wurde 98,85 % angegeben. Zum ersten Mal konnten jedoch zahlreiche Regimekritiker eine Fälschung der Ergebnisse beweisen. Es kam in der Folge zu zahlreichen Demonstrationen, die von Volkspolizei und MfS aufgelöst wurden. Gorbatschow lehnte eine Intervention von Sowjet-Truppen gegen mögliche Unruhen ab.
Honecker regierte auf diese Demonstrationen im August mit dem Spruch „Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf“. Insgesamt wurde die Parteiführung zunehmend unfähig, drängende Probleme zu erkennen oder darauf zu reagieren.
Montagsdemonstrationen
Seit dem 4. September fanden in Leipzig wöchentlich Montagsdemonstrationen nach dem Friedensgebet statt. Mitte September gründeten sich die ersten Oppositionsgruppen. Am Rande der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR gab es im ganzen Land Proteste. Am 9. Oktober hörte man auf der Leipziger Montagsdemonstration mit 70.000 Teilnehmern erstmals den Ruf „Wir sind das Volk“. Am 18. Oktober trat Erich Honecker von allen Ämtern zurück, sein Nachfolger wurde Egon Krenz. Am 4. November kam es auf den Berliner Alexanderplatz mit etwa einer Million Teilnehmern zur größten Demonstration in der Geschichte des Staates, sie wurde vom Fernsehen live übertragen. Am 7. November traten die Regierung und das Politbüro zurück. Am 9. November verlas Günter Schabowski vor laufenden Kameras, dass sofort und unverzüglich Privatreisen ins Ausland ohne Vorliegen von Voraussetzungen wie Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse beantragt werden konnten. Die Genehmigungen sollten kurzfristig erteilt werden. Ausreisen konnten über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD erfolgen. Tausende eilten an die Grenzen. Ohne Befehl öffneten Grenzsoldaten die Übergänge der Berliner Mauer und der Grenze zur Bundesrepublik. Am darauf folgenden Tag besuchten Millionen von DDR-Bürgern die grenznahen Städte der Bundesrepublik, vor allem West-Berlin. Es kam zu überschwänglichen Freudenszenen; fremde Menschen umarmten sich, sangen, tanzten und jubelten.
Anfang Dezember wurde die Führungsrolle der SED aus der Verfassung gestrichen und gegen ehemalige Funktionäre der SED, darunter Erich Honecker, ermittelt. Egon Krenz trat von allen Ämtern zurück, Nachfolger als Staatsratsvorsitzender wurde Manfred Gerlach. Am 7. Dezember kam es erstmals zu Gesprächen am Runden Tisch mit den ehemaligen Blockparteien und Oppositionsgruppen. Zwei Tage später wurde Gregor Gysi Parteivorsitzender der in SED/PDS umbenannten SED, die sich Anfang 1990 in PDS (Partei des demokratischen Sozialismus) umbenannte.
Wiedervereinigung
Im Januar 1990 änderte sich der Ton der immer noch stattfindenden Montagsdemonstrationen von „Wir sind das Volk“ zu „Wir sind ein Volk“ und „Deutschland einig Vaterland“. Am 15. Januar stürmten Demonstranten die Stasizentrale in Ostberlin. Im Februar sprachen Kohl, Gorbatschow und Modrow über die deutsche Einheit. Am 18. März wurde die erste Freie Volkskammer gewählt, die die „Allianz für Deutschland“ gewann. Lothar de Maizière wurde am 12. April neuer Ministerpräsident der DDR, nachdem am 5. April Sabine Bergmann-Pohl letztes Staatsoberhaupt geworden war. Am 1. Juli trat die Währungs- und Wirtschaftunion zwischen BRD und DDR in Kraft. Mitte Juli wurde die Treuhandanstalt für die Abwicklung der VEB-Betriebe gegründet. Ende August wurde von beiden deutschen Parlamenten und Regierungen der Einigungsvertrag beschlossen und die Siegermächte stimmten am 12. September in den „Zwei-plus-Vier-Gesprächen“ zu. Seit dem 3. Oktober 1990 ist Deutschland wieder vereint.
Siehe auch
Literatur
- Hermann Weber, Geschichte der DDR, München 1999, ISBN 3899960262
Weblinks
- DDR-Lexikon (Wiki-like)
- DDR-Alltag
- Chronik der Wende