Wolfgang Borchert

deutscher Schriftsteller (1921–1947)
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Wolfgang Borchert (* 20. Mai 1921 in Hamburg; † 20. November 1947 in Basel) war ein deutscher Schriftsteller. Er ist einer der bekanntesten Autoren der Trümmerliteratur, jener kurzen Literaturepoche direkt nach dem Zweiten Weltkrieg, die vom totalen Zusammenbruch der Städte und Familienstrukturen und den Traumata des Krieges geprägt war.

Leben

Wolfgang Borchert wurde am 20. Mai 1921 als Sohn des Volksschullehrers Fritz Borchert und dessen Frau, der (auch niederdeutschen) Heimatschriftstellerin Hertha Borchert, in Hamburg geboren. Er begann schon im Alter von 15 Jahren Gedichte zu schreiben. Auf Verlangen seiner Eltern fing er 1939 eine Buchhändlerlehre an, nahm aber nebenher noch Schauspielunterreicht bei Helmuth Gmelin. 1940 brach er seine Buchhändlerlehre ab, nachdem er die Schauspiel-Abschlussprüfung bestanden hatte. Im März 1941 wurde er von der Landesbühne Osthannover engagiert, musste sein Engagement dort jedoch bereits im Juni wieder beenden, da er zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Im November 1941 wurde er als Panzergrenadier an die Ostfront (Raum Klin-Kanilin) verlegt.

An der Ostfront wird er im Januar 1942 auf einem Patrouillengang verletzt und erkrankt zusätzlich an Diphtherie. Dies macht eine Verlegung ins Heimatlazarett Schwabach nötig. Im Mai 1942 wird ihm vorgeworfen, sich die Schussverletzung selbst zugefügt zu haben, und er wird in Nürnberg in Untersuchungshaft festgehalten; das Gericht spricht ihn von der Anklage jedoch frei. Er bleibt aber weiterhin in Untersuchungshaft, da ihm nun Wehrkraftzersetzung und negative Äußerungen über Partei und Staat vorgeworfen werden. Im November 1942 kommt er aus der Haft frei, nach kurzem Aufenthalt in einem Ersatzbatallion seines Regiments in Saalfeld und Jena wird er wieder an die Ostfront verlegt. Schon im Dezember wird er mit Erfrierungen am Fuß ins Lazerett eingeliefert. Zu Beginn des Jahres 1943 wird er ins Lazarett Smolensk, dann in das Lazarett Elend im Harz verbracht.

Im Sommer 1943 betätigt er sich als Kabarettist in Hamburg. Im Oktober wird er wegen der chronischen Lebererkrankung aus der kämpfenden Truppe entlassen, soll aber für ein Fronttheater Verwendung finden. Er parodiert im privaten Kreis gelegentlich Joseph Goebbels, wird denunziert und landet erneut im Gefängnis. Im Januar 1944 wird er nach Berlin-Moabit überführt; im September wird er wegen Wehrkraftzersetzung zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, jedoch schon bald wieder "zur Frontbewährung" ins Feld geschickt.

Im Frühjahr 1945 kapituliert die Einheit, in der Borchert dient, bei Frankfurt am Main vor den französischen Streitkräften. Borchert gerät in Kriegsgefangenschaft, kann während des Abtransportes aber fliehen. Schwerkrank marschiert er zu Fuß, hinter der sich nach Norden verschiebenden Frontlinie her, sechshundert Kilometer in seine Heimatstadt Hamburg. Am 10. Mai 1945 kommt er dort an und findet Aufnahme bei seinen Eltern.

Er versucht, in der Theater- und Kabarettszene Fuß zu fassen. Vom 1. November bis 15. Dezember übernimmt er die Regieassistenz bei einer Aufführung von Lessings "Nathan der Weise" im Hamburger Schauspielhaus. Außerdem tritt er im Hamburger Kabarett "Janmaaten im Hafen" auf. Doch sein Gesundheitszustand hat sich so sehr verschlechtert, dass dies unmöglich wird. Er ist zwar Mitbegründer des Hinterhoftheaters "Die Komödie" in Hamburg-Altona, aber meist ans Bett gefesselt.

Anfang 1946 wird er ins Hamburger Elisabeth-Krankenhaus eingeliefert. Am 24. Januar schreibt er die Erzählung Die Hundeblume. Ab Ostern ist Borchert wieder zu Hause; die Ärzte geben ihm noch etwa ein Jahr zu Leben. Bis zum Ende des Jahres entstehen in rascher Folge etwa 20 Prosastücke. Im Dezember 1946 veröffentlicht er die Gedichtsammlung Laterne, Nacht und Sterne mit Gedichten aus der Zeit zwischen 1940 und 1945.

Er arbeitet weiterhin zeitweise als Regieassistent am Hamburger Schauspielhaus und als Regisseur in Westerland.

Im Januar 1947 schreibt er innerhalb weniger Tage sein bekanntestes Werk Draußen vor der Tür. Dieses wird am 13. Februar 1947 zunächst als Hörspiel vom Nordwestdeutschen Rundfunk gesendet und erweist sich als ein phänomenaler Erfolg. (In Hamburg konnte man es wegen der damals üblichen Stromsperren nicht hören.) Borchert, gerade 25 Jahre alt, hatte mit dieser Geschichte vom Unteroffizier Beckmann, der aus der sibirischen Gefangenschaft zurückkehrt und zu Hause keinen Platz mehr findet, eben vor der Tür bleiben muss, die Gefühlslage vieler Kriegsheimkehrer und ihrer Angehörigen getroffen.

Im April 1947 wird Die Hundeblume als Prosaband veröffentlicht.

Freunde und Verleger vermitteln Borchert einen Kuraufenthalt in der Schweiz. Am 22. September 1947 reist er ins Basler Clara-Spital. Im Oktober entsteht dort Borcherts berühmtes Antikriegsmanifest Dann gibt es nur eins!. Doch die im Krieg und der Nachkriegszeit erlittenen Lebererkrankungen und Auszehrungen sind nicht mehr auszukurieren: Am 20. November 1947, um neun Uhr morgens, stirbt Borchert in Basel im Alter von 26 Jahren an den Folgen seiner Kriegsverletzungen und der Ansteckung an Diphtherie. Nur einen Tag später, am 21. November 1947, führen die Hamburger Kammerspiele sein Draußen vor der Tür - "Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will" - zum ersten Mal als Schauspiel auf.

Nach seinem Tod wurden in seinem Nachlass mehrere bis dahin unbekannte Werke gefunden und in Auswahl unter dem Namen "Die Traurigen Geranien" im Jahre 1967 veröffentlicht.

Borchert-Porträts existieren fast ausschließlich von der Theaterfotografin Rosemarie Clausen. Die Deutsche Post brachte am 3. Mai 1996 eine Briefmarke mit Borcherts Portrait und mit dem Uraufführungsplakat von Draußen vor der Tür heraus. Seit 1997 ist ein Intercityzug nach dem Dichter benannt. In Deutschland tragen sieben Schulen und viele Parks und Straßen den Namen Wolfgang Borcherts.

Werke

  • Laterne, Nacht und Sterne (1946)
  • Draußen vor der Tür (1947)
  • An diesem Dienstag (1947 - ein Musterbeispiel der damaligen sog. "Trümmerliteratur")
  • Die Hundeblume (1947)
  • Das ist unser Manifest (1947)
  • Das Brot (1946)

Ausgabe

Literatur

  • Peter Rühmkorf, Wolfgang Borchert. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1961 (rowohlts monographien 58).
  • Peter Rühmkorf, Wolfgang Borchert. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, bearb. von Wolfgang Beck, 8. Aufl., Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2002 (rowohlts monographien 50058), ISBN 3-499-50058-2.

Literaturgeschichtliche Parallelerscheinungen

Hierzu vgl. aus vergangenen deutschen Nachkriegsperioden Theodor Körner, Walter Flex; u.a.m.