Definition der Nähmaschine
Im Jahr 1817 erstmals vorgestellte Vorrichtung zum maschinellen Vernähen von Stoffen mit Hilfe von Nadel, Greifer und Schlingenfänger (Fadenhebel).
Die Nähmaschinengrundform ist die Flachbettnähmaschine. Für besondere Arbeitsgänge sind entsprechende Nähmaschinenformen entwickelt worden, die wie folgt zu unterscheiden sind: Flachbett-, Sockel-, Säulen-, Freiarm- und Blocknähmaschine.
Nach einem internationalen Katalog werden sechs Stichtypenklassen unterschieden, die in der DIN 61 400 aufgeführt sind.
Die Erfindung der Nähmaschine
Wie alle Maschinen hat auch die Nähmaschine eine längere Entwicklungszeit gebraucht. Früher brauchten die Menschen Fischgräten zum Nähen. Später waren die Nadeln aus spitzen Knochen oder Horn mit einem Öhr. Erst im 14. Jahrhundert gelang es aus Stahldraht eine Nadel herzustellen. Sie war Jahrhunderte lang das wichtigste Werkzeug für die Herstellung von Kleidern.
Die ersten Versuche, die Handnäherei durch eine nähende Maschine abzulösen, gehen bis auf das Jahr 1755 zurück. Um diese Zeit hat der in England wohnende Deutsche Charles Frederic Weisenthal versucht, eine nähende Maschine zu konstruieren. Er erfand dazu als erster eine beidseitig spitze Nadel mit dem Öhr in der Mitte. Diese Nadelform wurde später auch von Joseph Madersperger, John James Greenough und anderen benutzt. Sie findet auch heute noch in Stickindustrie Verwendung. Damals und noch bis in das Jahr 1830 nähte man mit der Hand. Der Beruf des Schneiders war sehr geachtet und der Name eines guten Schneiders bedeutete den Damen der Gesellschaft einiges. Ein geübter Schneider konnte 30 Stiche in der Minute machen. Da dauerte es natürlich einige Zeit, bis so ein Kleidungsstück fertig war. Zumal damals die Gewandung um einiges aufwendiger als heute war.
Erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts beschäftigte man sich damit, die Nähnadel durch eine Maschine zu bewegen. Die erste mechanische Einrichtung zur Herstellung einer Naht baute der in England lebende Deutsche Charles Frederic Weisenthal im Jahre 1755. Seine Idee war, mit einer zweispitzigen Nadel und Öhr in der Mitte die Handnähbewegung mechanisch auszuführen. Archivunterlagen zufolge hat Weisenthal jedoch nie eine arbeitsfähige Nähmaschine gebaut.
Die erste arbeitsfähige Nähmaschine für Schuhmacher baute der Engländer Thomas Saint 1790 Diese Nähmaschine wurde patentiert. Sie war ganz aus Holz und hatte eine Gabelnadel. Seine Maschine hatte einen Vorstecher und eine Hakennadel. Sie nähte damit einen Kettenstich. Ein Nachbau dieser Nähmaschine steht im Kensington in England.
Auch in Deutschland gab es Leute, die die mühsame Handnäharbeit durch Maschinenarbeit ersetzten wollten. Unter ihnen war Balthasar Krems aus Mayen im Rheinland (Eifel) wohl der bedeutendste. Um das Jahr 1800 konstruierte der Deutsche eine Kettenstichnähmaschine, die erstmalig eine Nadel mit dem Öhr an der Spitze und einen gesteuerten Greiferhaken hatte. Ein interessantes Konstruktionsmerkmal war der Stachelradtransport für das Nähgut, welcher durch Anwendung eines Pausengetriebes fortlaufend schrittweise arbeitete. Die Maschine war allerdings nur für die sogenannten Jakobinermützen einsetzbar, die Krems industriell herstellte.Sein letztes Modell, mit dem er etwa 300 bis 350 Stiche in der Minute genäht hat, ist erhalten geblieben und steht im Genovevamuseum in Mayen / Eifel.
"Erster Nähmaschinenfabrikant der Welt" war der Franzose [[Barthélémy
Thimonnier]].Er entwickelte 1829/30 sein Nähmaschinengrundmodell - patentiert am 17.Juli 1830 - , dem weitere bessere Modelle folgten. In demselben Jahr ging Thimonnier mit seinem Partner Ferrand nach Paris und gründete die Societe Germain Petit und Cie, die einerseits diese neuen Nähmaschinen in Serie her- stellen sollte, andererseits gleichzeitig für die französische Militärver- waltung Uniformen produzierte. Die mit über achtzig Nähmaschinen arbeitende Gesellschaft war erfolgreich. Nur Thimonnier hatte ein Problem: erwurde mit der Abwesenheit von Heimat und Familie nicht fertig und verließ Paris 1831 fluchtartig. Die Firma Germain et Petit arbeitete noch jahrzehnte weiter - die oft erzählte Zerstörung der Fabrik hat nach Archivunterlagen niemals stattgefunden.
Auch das Abenteuer in Manchester endete in gleicher Weise. Hier sollte Thimonnier den neuentwickelten Cousobrodeur für die Firma Lakeman in Serie bauen, flüchtete jedoch nach wenigen Monaten zurück nach Amplepuis zu seiner Familie. Auf den Weltausstellungen in London und Paris wurde deutlich, dass Thimonnier den Zug der Zeit durch unverständliches Verhalten und langes Zögern verpaßt hatte. Er starb am 5. Juli 1857 verarmt in Amplepuis. Originalnähmaschinen von Thimonnier stehen im Museum von Amplepuis und in der Sammlung Doyen in Lyon.
Von 1807 bis 1839 arbeitete der Kufsteiner Joseph Madersperger an der Herstellung und Verbesserung seiner Nähmaschine. Diese war zuerst mit einer zweispitzigen Nadel mit dem Oehr in der Mitte ausgestattet, jedoch im Laufe seiner Entwicklungsphase schwenkte er auf die öhrspitzige Nadel um. Seine hervorzuhebende Erfindung aber war eine schiffchenähnliche Einrichtung zur Erzeugung des Doppelstiches. Leider gelang es ihm nicht, die Öffentlichkeit damals zu überzeugen. Er verstarb 1850 im Armenhaus in Wien.
Ähnlich erging es dem Amerikaner Walter Hunt im Jahre 1834. Er entwickelte die erste Maschine, die mit zwei Fäden arbeitete und auch mit einem Schiffchen ausgestattet war. Zu seinem Bedauern brachte er allerdings seine Maschine nicht zum Laufen.
Im Jahre 1846 baute wiederum ein Amerikaner namens Elias Howe eine nach dem gleichen Prinzip arbeitende Nähmaschine. Diese Maschine leistete die Näharbeit von 4 - 6 Handnäherinnen. Gerechterweise muss man Elias Howe als den Erfinder der Doppelsteppstich-Nähmaschine bezeichnen. Man geht auch bis zur heutigen Zeit davon aus, dass Howe die eigentliche Entwicklung der Nähmaschine zu verdanken ist. Es war in Boston um 1839, hörte Elias Howe, verarmter Mechaniker, der Schwierigkeiten hatte seine Frau und die drei Kinder zu ernähren, seinen Chef zu einer Kundin sagen: "Wer da jemals eine Maschine erfände, die nähen kann, der machte ein Vermögen!" Diese Idee ließ den guten Howe natürlich nicht mehr los. Er beobachtete die Finger seiner Frau und versuchte zuerst, deren Handbewegungen maschinell umzusetzen. Der erste Versuch schlug fehl, aber er ließ sich nicht unterkriegen! Er tüftelte so lange herum, bis er eine Nähmaschine erschaffen hatte, die 250 feste Stiche in der Minute nähte. Bei einem Wettbewerb gegen geübte Handnäherinnen nähten die Näherinnen 50 Stiche pro Minute, seine Maschine jedoch 300. Aus Mangel an Geld wurde sie mit Patentversprechen von seinem Bruder verkauft. Patentiert wurde sie aber am 1. Dezember 1846 in London auf den Namen von W. Thomas.
Dennoch fand er keinen der sie kaufen wollte und führte seine Maschine auch zwei Herstellern vor. Diese jedoch schreckten vor dem Preis von 300.- Dollar zurück und fürchteten zur gleichen Zeit die Drohungen der Schneidergilde. Da er in Amerika nichts erreichen konnte, reiste er mit seiner Familie nach England, da er sich dort mehr Chancen ausrechnete.
Zwei Jahre später kehrte er noch ärmer denn je in die Staaten zurück, indem er sich die Schiffspassage als Schiffskoch verdiente. Zurück, erlebte er eine bitterböse Überraschung: In den zwei Jahren, die er fort war, hatte ein gewisser Isaac Merrit Singer, der ebenfalls Mechaniker aus Boston war, eine Nähmaschine erfunden, patentieren lassen und diese konnte man nun in den Geschäften um 100.- Dollar kaufen! Howe focht das Patent Singers an. Singer war ein reicher, extravaganter ehrgeiziger Geschäftsmann, hatte Frau, zwei Kinder und eine Geliebte und meinte zu seinen Anwälten: "Die Erfindung ist mir wurscht, mir geht's um die Piepen." Er lehnte eine außergerichtliche Einigung mit Howe ab, der Prozess zog sich in die Länge. Der Richter kam schließlich zu dem Ergebnis, dass die Gewinne der Nähmaschinen Singers geteilt werden mussten und so erhielt Howe bis zu seinem Tod mit 48 Jahren Woche pro Woche 4000 Dollar an Patentgeldern! Da Howe auch die übrigen Patentprozesse gewann, machte ihn schließlich seine Erfindung zu einem reichen Mann.
Es ist der Verdienst der von Isaac Merrit Singer 1862 gegründeten gleichnamigen Firma, dass die ersten Nähmaschinen nach Howes Idee fabrikmäßig hergestellt wurden. Der tüchtige Firmeninhaber machte somit die Nähmaschine populär und sorgte auch für dementsprechenden Absatz. Der Verkauf auf Abzahlung ist ebenfalls seine Erfindung.
Einschub: Die Sache mit Singer sollte man sachlich sehen, dann aber gilt dieses: Singer war zu dieser Zeit ein gescheiterter Erfinder, der eine Buchstabenschnitzmaschine nicht verkaufen konnte. Er arbeitete deshalb in der Nähmaschinenwerkstatt von Orson Phelps, der die Nähmaschine von Blodgett und Lerow herstellte. Diese Maschinen hatten denselben Nachteil wie die Nähmaschine von Howe: sie nähten nur soweit, wie die Nähschiene reichte - also etwa 30 bis 40 cm. Singer änderte die Konstruktion durch eine senkrechte Nadelstange, eine waagerechte Antriebswelle und einen kontinuierlichen Stofftransport. Das Patent für diese Änderungen machte die Einrichtung einer Werkstatt durch die Parter Phelps, Zieber und Singer möglich. Dass Singer sich zusätzlich zum Vermarktungsgenie entwickelte, ist bekannt. Die Zahlungen an Howe jedoch beruhten auf einem früher für Howe patentierten Bauteil, den Singer von Blodgett übernommen hatte. Auch alle anderen Hersteller mußten Abgaben an Howe dafür zahlen.)
Die Partner Grover und Baker in Amerika erhielten am 11. Februar 1851 das Patent No. 7931 für die Zweifadenkettenstich-Nähmaschine und im Jahre 1852 gelang eine der bedeutendsten Erfindungen der Nähmaschinengeschichte. Alan B. Wilson baute die erste Greifernähmaschine der Welt. Alan B. Wilson erfand eine Möglichkeit, Nähgut aller Art einwandfrei zu nähen. Dabei handelt es sich um den noch heute gebräuchlichen Stoffvorschub mit Viereckbewegung. Der Wilsonsche Stoffschieber macht bei jedem Stich über der Stichplatte eine Vorschubbewegung, sinkt dann unter die Platte und kehrt in die Ausgangsstellung zurück. Das Patent für den umlaufenden Greifer bekam Alan B. Wilson 1849. Am 15. Juni 1852 das für die stationäre Spule. Der amerikanische Techniker Walter House hat die Erfindung, den umlaufenden Greifer dann weiterentwickelt.
James Gibbs ein Farmer aus Virginia entwickelte in 2 Jahren eine neuartige Kettenstichnähmaschine und ließ sie 1856 patentieren. Mit Willcox zusammen verbesserte er die Maschine und ließ sie serienmässig herstellen. Weil sie preisgünstig war fand sie für damalige Verhältnisse großen Absatz. 1887 brachte die Firma Willcox & Gibbs einen dreimal pro Stich umlaufenden Greifer mit Brille auf den Markt, der auch große Bedeutung bekommen hat. Am 17. April 1873 erhielt erhielt ein gewisser Eduard Ward das Patent für seine Arm und Plattform. Im Jahre 1885 erfand W. House den Wheeler-Wilson-Greifer, einen rotiernden Greifer, der durch einen Treiber bewegt wird. Die Gebrüder Mack entwickelten im gleichen Jahr den Standard-Greifer, einen umlaufenden Greifer, der durch zwei Stifte bewegt wird und wechselweise in geeignete Bohrungen im Greiferboden eingreifen. Ähnlich wie der Standard-Greifer von den Gebrüdern Mack funktioniert der Umlaufgreifer von White, der aus dem Jahre 1900 stammt. Er läuft in einer geeignet liegenden Bahn und wird durch wechselndes Eingreifen von Treiberstiften bewegt.
Stark beeinflusst wurde die Entwicklung der Nähmaschine durch die Konstruktion der ersten deutschenZickzacknähmaschine im Jahre 1882 durch John Kayser. Die Naht unterscheidet sich von der Naht der Geradstichmaschine dadurch, dass sie elastischer ist und Verwendung bei Spezialarbeiten findet.
Im Jahre 1853 kamen die ersten amerikanischenNähmaschinen nach Europa und wurden unverzüglich nachgebaut. Mansfeld in Leipzig 1853, Böcke und Beermann in Berlin 1854 gehörten zu den ersten Deutsche Herstellern gefolgt von Müller in Dresden. Die amerikanischen Firmen hatten deshalb immer große Probleme auf dem deutschen Markt - mit Ausnahme der Singerfirma von Georg Neidlinger in Hamburg.
Adam Opel baute 1862/63 seine erste Nähmaschine in einem Kuhstall, weil sein Vater es nicht erlaubte, dass in seiner Schmiede so moderne Apparate gebaut werden. Für den Bau der ersten Maschine brauchte er acht Monate, die er aber gut überstand, weil er Nähmaschinen aus Frankreich und England im großen Stiol verkaufte.1886 wurden dann die ersten Fahrräder, um die Jahrhundert-wende die ersten Autos gebaut.
Georg Michael Pfaff war Blechinstrumentenbauer und kam 1862 über die Reparatur von Nähmaschinen zum Bau von eigenen Nähmaschinen anfangs nach dem System von Howe, später Singer. Pfaff ist die einzige deutsche Firma, die heute noch Nähmaschinen (Industrienähmaschinen) herstellt. ( Inzwischen stimmt auch das nicht mehr ).
1879 konstruierte Max Gritzner aus Karlsruhe den zweimal umlaufenden Greifer ohne Brille. Seine Maschine hatte außer diesem Greifer einen Spulenkapsellüfter, einen umlaufenden Fadengeber und eine gesteuerte Fadenspannung. Allerdings erging es Gritzner wie vielen Erfindern, seine Idee wurde erst viel später populär, als die Amerikaner seine Erfindung übernahmen.
1893 wurde in der Schweiz die erste Hohlsaummaschine von der Fritz Gegauf AG gebaut, welche bis heute noch Nähmaschinen baut. Ab 1932 heißen diese Maschinen BERNINA. Ab 1946 bauten sie in Steckborn die erste Zickzack-Freiarmnähmaschine der Welt. Die heutigen Bernina-Nähmaschinen sind nach modernsten Bedürfnissen mit einem Computer ausgestattet.
Die Firma Tavaro S.A. in Genf baute 1940 die erste transportable elektrische Freiarmnähmaschine. Nach vielen sehr erfolgreichen Modelle ist Elna-Tavaro inzwischen auch Vergangenheit. Über 200 Firmen sind in Deutschland bekannt, die sich mit dem Bau von Nähmaschinen beschäftigten. Namen wie Opel, Messerschmidt und Zündapp gehören zu ihnen. Während des 1. und später des 2. Weltkrieges stellten viele auf Waffenproduktion um, und anschließend den Betrieb ganz ein. Das letzte große Sterben von Nähmaschinenfabriken fand in Deutschland von 1950 bis 1970 statt. Zu der Zeit gaben so renommierte Firmen wie Anker, Phoenix, Angela, Haid & Neu und viele andere die Produktion auf.
Heute werden in Deutschland keine Haushaltnähmaschinen mehr hergestellt. Industriemaschinen werden in großen Stückzahlen von der Dürkopp-Adler AG in Bielefeld hergestellt. Mehrere kleine Unternehmen haben sich auf nähtechnische Besonderheiten spezialisiert.
Auch der Antrieb der Nähmaschine hat sich im Laufe der Jahrzehnte entscheidend gewandelt. In der Nähindustrie ist heute eine Nähmaschine ohne modernen Elektronik Stop - Motor nicht mehr denkbar. Der Maschinenantrieb erfolgt deshalb direkt, ohne Antriebsriemen. Die schlanke Form repräsentiert ein neues Zeitalter für das Nähmaschinendesign.