Das chinesische Neujahrsfest (chinesisch 春節 / 春节, Pinyin chūnjié – „Frühlingsfest“; chinesisch 農曆新年 / 农历新年, Pinyin nónglì xīnnián; chinesisch 過年 / 过年, Pinyin gùo nián) wird als der wichtigste chinesische Feiertag erachtet und leitet nach dem chinesischen Kalender das neue Jahr ein. Da sowohl die Volksrepublik China als auch Taiwan offiziell den gregorianischen Kalender nutzen, befindet sich das traditionell gefeierte Neujahrsfest nicht am formal gültigen Neujahrstag.

Gefeiert wird das Neujahrsfest vor allem in China (inklusive Macao und Hongkong), Taiwan und mit leichten Unterschieden auch Thailand, zusätzlich jedoch auch weltweit in Gebieten mit großen Bevölkerungsteilen ethnischer Chinesen. Dabei handelt es sich vor allem um spezielle Stadtviertel, die Chinatowns, die oft im Rahmen ihrer politischen, geographischen wie auch kulturellen Entfernung von China, insbesondere durch die Folgen der Kulturrevolution, eine eigene Neujahrstradition entwickelt haben. Auch andere ethnische Gruppen wie Mongolen, Koreaner, Miao und Vietnamesen, die durch China in kultureller, religiöser oder sprachlicher Hinsicht beeinflusst wurden, haben bestimmte Elemente bzw. den Termin des chinesischen Neujahrsfestes übernommen. Das Brauchtum kann sich daher als regional sehr unterschiedlich erweisen.
Das chinesische Neujahr ist ein Clan- und Familienfest. Da es eine hohe Zahl an Überseechinesen gibt, und auch im Rahmen des Arbeitskräftebedarfs der südchinesischen Küstengebiete immer mehr Familienmitglieder von ihren Familien getrennt leben, setzt jedes Jahr anlässlich dieses Festes die größte regelmäßige Migrationsbewegung der Welt ein. Die abseits ihrer Heimatgebiete arbeitenden Chinesen sparen in der Regel ihren gesamten Jahres-Urlaubsanspruch, um zum Chinesischen Neujahrsfest mindestens zwei, wenn nicht mehr Wochen der Arbeit fernbleiben zu können. Da in der Heimat dann Clan-Interessen besprochen werden und teils auch andere Arbeitsmöglichkeiten angeboten werden, ist ein Nebeneffekt dieser Migration, dass oftmals bis zu einem Drittel der urlaubenden Chinesen ihre alte Arbeit nicht wieder aufnehmen. Dies ist ein fester Kalkulationsfaktor z.B. bei Baustellen im gesamten südostasiatischen Raum.
Datum
Da der chinesische Kalender im Gegensatz zum gregorianischen Kalender astronomisch definiert ist, fällt das chinesische Neujahr jeweils auf unterschiedliche Tage. Ihm steht das am gregorianischen Kalender orientierte westliche Neujahrsfest 新年 xīn nián gegenüber.
Das chinesische und auch vietnamesische Neujahrsfest findet am zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende, also zwischen dem 21. Januar und 21. Februar statt. In den sehr seltenen Fällen, in denen ein Schaltmonat vor dem elften oder zwölften Monat im vorhergehenden Jahr rechnerisch eingefügt werden müsste, könnte sich der Termin auf den Zeitpunkt des dritten Neumonds nach der Wintersonnenwende verschieben. Dies wird das nächste Mal im Jahr 2033 der Fall sein. Allerdings spricht dagegen, dass nach chinesischer Tradition noch nie der erste, elfte oder zwölfte Monat eines Jahres verdoppelt wurde. Das chinesische Jahr ist nicht deckungsgleich zu einem gregorianischen Jahr, weder bezüglich Länge noch auf Beginn oder Ende bezogen.
Mit dem Neujahrsfest ist nach der chinesischen Astrologie der zyklische Wechsel zwischen den zwölf verschiedenen Erdzweigen verbunden: Am 29. Januar 2006 begann das chinesische Jahr des Hundes 戌 xū. Zusätzlich wird durch eine Kombination mit den zehn Himmelsstämmen ein Sechzigjahrzyklus durchlaufen. Aktuell handelt es sich dabei um den Himmelsstamm „Feuer und Yáng“ 丙 bǐng, woraus sich das aktuelle Jahr 丙戌 bǐngxū (Nummer 23) des 78. Sechzigjahreszyklusses und das Jahr 4703 des chinesischen Kalenders ergibt. Eine umfangreiche Liste steht unter Chinesische Kalenderzyklen zur Verfügung, wobei die relativ zeitnahen Termine in der rechten Tabelle aufgelistet sind.
Grußformeln
zhāo cái jìn bǎo
Zum Neujahr werden verschiedene Grußformeln häufig angewandt.
- Kurzzeichen: 恭贺新禧
- Pinyin gōnghé xīnxǐ
- 恭贺 bedeutet Glückwunsch und 新禧 steht für neue Freude
- Kurzzeichen: 恭喜发财, Langzeichen: 恭喜發財
- Pinyin: gōngxǐ fācái; Hokkien: Keong hee huat chye; Kantonesisch: Kung hei fat choi; Hakka: Kung hee fat choi
- 恭喜 ist ein anderer Ausdruck für Glückwunsch und 发财 meint erfolgreich, reich oder florierend. Zusammen also „Glückwünsche und Erfolg/Wohlstand“. Diese Grußformel wird genutzt, wenn man anderen Glück wünschen will; sie ist mehr im südlichen China und speziell im Raum Kanton gebräuchlich.
- Kurzzeichen: 新年快乐, Langzeichen: 新年快樂
- Pinyin: xīnnián kuàilè
- 新年 steht für „Neues Jahr“. 快乐 steht für „glücklich/fröhlich“.
Verlauf und Traditionen
Die Vorbereitungen für das Neujahrsfest beginnen bereits lange vor dessen Termin, meist in einem Zeitraum von zwei Wochen. In der Volksrepublik China umfasst das Neujahresfest drei gesetzliche Feiertage, traditionell sind es jedoch fünfzehn, und in der Regel werden fünf bis acht Tage frei genommen. Der Abschluss wird am 15. Tag des neuen Jahres mit dem Laternenfest begangen. Das Neujahr wird mit Feuerwerk, Drachen- und Löwentänzen begangen sowie typischerweise durch Mah-Jongg-Spiele begleitet.
Vorbereitungen
Traditionell am 20. Tag des elften Monats steht die Reinigung des Hauses mit Bambuszweigen und dessen anschließende Dekoration an, wobei die zahlreichen Lampen und Papierbänder (Duilian) meist Rot gefärbt sind sowie mittels schwarzer Tinte durch allerlei Neujahrssprüche beschriftet wurden. Rot steht in China für Glück, Freude und Wohlstand. Auch in Bezug auf den Jahresdämonen Nian spielt Rot eine Rolle, denn dieser soll der Legende nach an jedem Neujahrstag ein Dorf terrorisiert haben und schließlich durch rote Farbe, Lampen und Lärm vertrieben worden sein. Auf den Wänden bringt man zudem goldfarbene Glückszeichen an. Die Spruchbänder werden an die Tür gehängt und dabei umgedreht. Allgemein wird vor dem Neujahr alles erneuert: man streicht Wände neu, kauft sich neue Kleidung, besucht den Friseur und geht vorbereitenden Einkäufen nach.
Zu den vielen meist regionalen Ritualen gehören auch die Opferung von meist süß-klebrigem Reis an den Küchengott. Dieser verlässt das Haus der Legende nach sieben Tage vor dem Neujahrsfest, um dem himmlischen Jadekaiser über die Vorkommnisse des letzten Jahres Bericht zu erstatten. Durch den süßen Reis soll er nur noch Positives berichten können, und er kehrt schließlich vier Tage nach dem Neujahrfest wieder in das Haus, wo er mit Früchten und Tee empfangen wird. Am Neujahrstag selbst darf auch kein Brunnenwasser geschöpft werden, um dem Brunnengott Ruhe zu gewähren. Diese Tradition ist jedoch aufgrund der zunehmenden Modernisierung der Wasserversorgung rückläufig.
Letzter Tag des Jahres
Die kleine oder im Idealfall auch größere Familie kommt spätestens am Vorabend des Neujahrsfestes (除夕 chúxī) zu einem reichhaltigen Festessen zusammen, traditionell mit Hühnchen und Fisch, der jedoch nicht vollständig aufgegessen wird. Es werden dabei in rote Papiertütchen verpackte Geldgeschenke, im Hochchinesischen hóng bāo genannt (kantonesisch lai si, Hokkien Ang Pow), an die Kinder verteilt, wobei die Höhe des Geldbetrages von großer Bedeutung ist. Auch Jiaozi müssen noch für den nächsten Tag vorbereitet werden. Vor Beginn des neuen Jahres um 23 Uhr verlässt man daraufhin das Haus und nimmt dabei die Spuren des alten Jahres mit sich ins Freie, kehrt jedoch anschließend zurück, um die Fenster zu öffnen und auf diese Weise das Glück des neuen Jahres einzulassen. Um 23 Uhr setzt auch das Feuerwerk ein und hält bis spät in den nächsten Morgen an. In vielen Städten ist es jedoch, auch aufgrund der Brandgefahr, verboten.
Neujahrstag
Der erste Tag des neuen Jahres (正月初一 zhēngyuè chūyī) wird ebenfalls im Kreise der Familie begangen. Man trifft sich am Morgen und verteilt die roten Papiertütchen nun an unverheiratete Mitglieder der Familie, seltener auch an unverheiratete Gäste. Ursprünglich handelte es sich hierbei nur um kleine Geldgeschenke, mit zunehmendem Wohlstand nehmen diese jedoch zu und können bei wohlhabenden Familien durchaus hohe Summen betragen.
Zweiter Tag
Der zweite Tag wird normalerweise genutzt, um die Familie der Ehefrau zu besuchen, bei der meist auch ein umfangreiches Festmahl stattfindet.
Siebenter Tag
Am siebten Tag ist „jedermanns Geburtstag“, an dem man ein Jahr älter wird. Im traditionellen China spielten individuelle Geburtstage kaum eine Rolle im Vergleich zu diesem Tag.