Der Bussard über uns ist der Titel eines Hörspiels von Margarete Jehn. Es erhielt im Jahr 1964 den Hörspielpreis der Kriegsblinden. Die Hörspielmusik schrieb Peter Zwetkoff; Regie: Peter Schulze-Rohr. Im Jahr 1968 entstand beim Rundfunk der DDR eine Neufassung des Hörspiels mit der Musik von Siegfried Matthus. Schlagworte: Kinder, Krieg, Gewalt.
Personen und ihre Sprecher
- Jascha = Jürgen Goslar
- Bussard = Siegfried Wischnewski
- Schlaf = Hellmut Lange
- Sandmann = Fritz Rasp
- Frauenstimme = Henni Schneider-Wenzel
- Kinder = Sabine Rosengarten | Thomas Rosengarten | Nikolaus Schurmann
- Unteroffizier = Dieter Eppler
- Mütter = Annette Roland | Else Hackenberg | Haidy Jacobi
Inhalt des Hörspiels
Das Hörspiel verquickt Traumvisionen mit realem Geschehen, die Fabel aber ist einfach und klar: Eine kleine Schar von Kindern ängstigt sich im Luftkrieg, ein russischer Gefangener nimmt ihnen die Angst mit seinem Balalaikaspiel. Die Kinder sehen in ihm - trotz ideologischen Drills - nicht den Feind, sie hängen an ihm, und als er in ein großes Lager "jenseits des Flusses" verlegt wird, folgen sie ihm und ertrinken. Diese Fabel ist aber auf eine ganz eigentümliche, empfindsame Weise sublimiert und überhöht. Ein denaturiertes Sandmännchen etwa - Zeichen dafür, dass unsere Träume anders geworden sind und anders werden müssen - bedrängt die Kinder mit den Ängsten und mit den strengen Vorschriften jener Jahre, aber was die Kinder zu plappern lernen, dringt nicht in sie ein, sie kennen nicht den Feind. Das Hörspiel verwebt auf originäre Weise verschiedene Erlebnis-Ebenen mit dem Kinderlied, mit Balalaika-Klängen und kontrastierenden akustischen Elementen.
Entschließung der Hörspielpreis-Jury
Der Hörspielpreis der Kriegsblinden für das Jahr 1963 ist der in Beckedorf bei Bremen lebenden jungen Schriftstellerin Margarete Jehn für ihr erstes Hörspiel "Der Bussard über uns" zuerkannt worden. Die Jury, die im Saarbrücker Funkhaus tagte, hat sich mit 15 von 18 Stimmen für diese Gemeinschaftsproduktion des Südwestfunks und des Norddeutschen Rundfunks, erstgesendet im Januar 1963, entschieden. Im Mittelpunkt der Debatte standen zuletzt auch die Hörspiele "Kreuzverhör" vonRolf Schroers (Radio Bremen) und "Der Sprachkursus" von Hermann Moers (Süddeutscher Rundfunk). Margarete Jehns Hörspiel - wahrhaft eine Funkdichtung - überzeugt durch die sprach- und bildkräftige Phantasie, mit der im Erleben von Kindern Hassen und Kriegssnot ad absurdum geführt werden. Mit überraschend poetischen Mitteln stellt die Autorin die Überwindung von Grauen und Angst durch die liebende Zuwendung zum Nächsten dar, ohne den Schrecken zu verharmlosen. Der Text wurde in der Regie von Peter Schulze-Rohr und mit der Musik von Peter Zwetkoff zu einer hervorragenden, nur mit den Möglichkeiten des Rundfunks erreichbaren kompositorischen Einheit gefügt.
Die 13. Preisverleihung
Durch die 13. Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden im Jahre 1964 an eine bis dahin unbekannte Autorin gewann der Preis auch eine größere Popularität. Alle Tages- und Wochenzeitschriften haben damals ausführlich über das Ereignis berichtet. Ausschnitte der Preisverleihung wurden in den Sendungen Tagesschau, ARD und Heute, ZDF ausgestrahlt. Das Hörspiel Der Bussard über uns gehört inzwischen zu den meistgesendeten deutschsprachigen Hörspielen - in drei unterschiedlichen Inszenierungen (BRD, DDR und Österreich).
Literatur/Weblinks
- Ein neuer Name Die Zeit 11/1964
- Reclams Hörspielführer (1969) (enthält einen Eintrag über Margarete Jehn und Der Bussard über uns)
- Reden der Preisträger