Stand der Technik

unbestimmter Rechtsbegriff
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Der juristische Begriff Stand der Technik findet sich in vielen Vorschriften und Verträgen und wird durch die Regelungen zur Rechtsförmlichkeit präzise definiert.


Stand der Technik

Der Begriff Stand der Technik steht in einem Zusammenhang mit den Begriffen Regeln der Technik / allgemein anerkannte Regeln der Technik, Stand von Wissenschaft und Technik und beste verfügbare Technik.

Man versteht darunter technische Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, basierend auf gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik. Der Stand der Technik beinhaltet auch, dass er wirtschaftlich durchführbar ist. Dies heißt nicht, dass jedes Unternehmen sich den Stand der Technik leisten kann, aber die Mehrheit in dem betreffenden industriellen Sektor.

Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung der Maßnahme im Hinblick auf die angestrebten Ziele (z.B. der Ziele des Arbeitsschutzes, des Umweltschutzes, der Sicherheit für Dritte, der Wirtschaftlichkeit: Also allgemein zur Erreichung eines allgemein hohen Niveaus bezogen auf die zu beachtenden Aspekte) insgesamt gesichert erscheinen lässt.

Stand der Technik wird unter anderem in den folgenden Gesetzen erwähnt:

- § 12 Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen(Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. Januar 2004 (BGBl. I S. 82: Anforderungen an die Abfallbeseitigung): Anforderungen an die Abfallbeseitigung

- Anhang III KrW-/AbfG: Kriterien zur Bestimmung des Standes der Technik

- § 3 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 6. Januar 2004 (BGBl. I S. 2): Begriffsbestimmungen

- Abschnitt 2.0.5 in der "Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm)" vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503): Stand der Technik zur Lärmminderung

- § 7a Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 2002 (BGBl. I S. 3245), geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 6. Januar 2004 (BGBl. I S. 2) in Verbindung mit dem Anhang 1 (zu § 1b Abs. 1 Satz 3) BGBl. I Nr. 59 vom 23. August 2002 Seite 3265: Anforderungen an das Einleiten von Abwasser

- Anhang 2 WHG (zu § 7a Abs. 5): Kriterien zur Bestimmung des Standes der Technik

- § 12 Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens(Transfusionsgesetz - TFG) vom 1. Juli 1998 (BGBl. I S. 1752), zuletzt geändert durch Artikel 20 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304): Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen

- § 18 TFG: Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Anwendung von Blutprodukten

Im § 3 Abs. 6 Bundesimmissionsschutzgesetz wird der Stand der Technik wie folgt definiert:

§ 3 Abs. 6 Bundesimmissionsschutzgesetz

"Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die im Anhang aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

Anhang zum § 3 Abs. 6 Bundesimmissionsschutzgesetz: Kriterien zur Bestimmung des Standes der Technik

Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen sowie des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung, jeweils bezogen auf Anlagen einer bestimmten Art, insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. Einsatz abfallarmer Technologie,

2. Einsatz weniger gefährlicher Stoffe,

3. Förderung der Rückgewinnung und Wiederverwertung der bei den einzelnen Verfahren erzeugten und verwendeten Stoffe und gegebenenfalls der Abfälle,

4. vergleichbare Verfahren, Vorrichtungen und Betriebsmethoden, die mit Erfolg im Betrieb erprobt wurden,

5. Fortschritte in der Technologie und in den wissenschaftlichen Erkenntnissen,

6. Art, Auswirkungen und Menge der jeweiligen Emissionen,

7. Zeitpunkte der Inbetriebnahme der neuen oder der bestehenden Anlagen,

8. für die Einführung einer besseren verfügbaren Technik erforderliche Zeit,

9. Verbrauch an Rohstoffen und Art der bei den einzelnen Verfahren verwendeten Rohstoffe (einschließlich Wasser) sowie Energieeffizienz,

10. Notwendigkeit, die Gesamtwirkung der Emissionen und die Gefahren für den Menschen und die Umwelt so weit wie möglich zu vermeiden oder zu verringern,

11. Notwendigkeit, Unfällen vorzubeugen und deren Folgen für den Menschen und die Umwelt zu verringern,

12. Informationen, die von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. EG Nr. L 257 S. 26) oder von internationalen Organisationen veröffentlicht werden."


anerkannte Regeln der Technik

Vom Stand der Technik unterscheidet sich der Begriff der allgemein anerkannten Regeln der Technik, er stellt tendenziell eine geringere Stufe der technischen Entwicklung dar, die Techniken müssen sich bereits in der Praxis bewährt haben. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik bilden damit ein niedrigeres Anforderungsniveau, als der Stand der Technik. Sie sind unter anderem in Teilen des Baurechts (Bauordnungen der Länder), aber auch der Sicherheitstechnik (z.B. § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Bundesberggesetz), anzuwenden. Stellt ein Spezialgesetz hörere Anforderungen (z.B. Immissionsschutzrecht bzw. Störfallrecht versus Baurecht), so sind in der Regel die höheren Anforderungen zu beachten.

Siehe auch: Best Current Practice



Stand der Wissenschaft und Technik

Die höchste Stufe der Leistungsskala ist mit dem Stand der Wissenschaft und Technik (z.B. für viele atomrechtliche Sachverhalte; der Begriff Stand der Wissenschaft und Technik kommt im Atomgesetz insgesamt 13 mal vor!) erreicht. Damit werden technische Spitzenleistungen umschrieben, die wissenschaftlich gesichert sind.

Die Anlagengehemigung nach § 7 Atomgesetz wird unter anderen unter den folgenden Vorbehalt gestellt:

§ 7 AtG Genehmigung von Anlagen

(2) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn

...

3. die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist,

...




die beste erhältliche Technik (Best available technic - BAT)

Ein anderer Begriff dafür ist die beste erhältliche Technik (Best available technic - BAT), sie muss nicht erprobt oder wirtschaftlich tragbar sein. Dieser Rechtsbegriff wird vor allem durch das Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union, unter anderem die Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie), in das nationale Recht der Mitgliedsstaaten eingeführt.

Die IVU-Richtlinie enthält im Artikel 2 Nr. 11 eine Definition der besten verfügbaren Techniken:

Artikel 2 Nr. 11 IVU-Richtlinie

„beste verfügbare Techniken“ den effizientesten und fortschrittlichsten Entwicklungsstand der Tätigkeiten und entsprechenden Betriebsmethoden, der spezielle Techniken als praktisch geeignet erscheinen läßt, grundsätzlich als Grundlage für die Emissionsgrenzwerte zu dienen, um Emissionen in und Auswirkungen auf die gesamte Umwelt allgemein zu vermeiden oder, wenn dies nicht möglich ist, zu vermindern;

- „Techniken“ sowohl die angewandte Technologie als auch die Art und Weise, wie die Anlage geplant, gebaut, gewartet, betrieben und stillgelegt wird;

- „verfügbar“ die Techniken, die in einem Maßstab entwickelt sind, der unter Berücksichtigung des Kosten/Nutzen-Verhältnisses die Anwendung unter in dem betreffenden industriellen Sektor wirtschaftlich und technisch vertretbaren Verhältnissen ermöglicht, gleich, ob diese Techniken innerhalb des betreffenden Mitgliedstaats verwendet oder hergestellt werden, sofern sie zu vertretbaren Bedingungen für den Betreiber zugänglich sind;

- „beste“ die Techniken, die am wirksamsten zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt sind.

Bei der Festlegung der besten verfügbaren Techniken sind die in Anhang IV aufgeführten Punkte besonders zu berücksichtigen;"

ANHANG IV zum Artikel 2 Nr. 11 der IVU-Richtlinie

Bei der Festlegung der besten verfügbaren Techniken, wie sie in Artikel 2 Nummer 11 definiert sind, ist unter Berücksichtigung der sich aus einer bestimmten Maßnahme ergebenden Kosten und ihres Nutzens sowie des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung im allgemeinen wie auch im Einzelfall folgendes zu berücksichtigen:

1. Einsatz abfallarmer Technologie

2. Einsatz weniger gefährlicher Stoffe

3. Förderung der Rückgewinnung und Wiederverwertung der bei den einzelnen Verfahren erzeugten und verwendeten Stoffe und gegebenenfalls der Abfälle

4. Vergleichbare Verfahren, Vorrichtungen und Betriebsmethoden, die mit Erfolg im industriellen Maßstab erprobt wurden

5. Fortschritte in der Technologie und in den wissenschaftlichen Erkenntnissen

6. Art, Auswirkungen und Menge der jeweiligen Emissionen

7. Zeitpunkte der Inbetriebnahme der neuen oder der bestehenden Anlagen

8. Für die Einführung einer besseren verfügbaren Technik erforderliche Zeit

9. Verbrauch an Rohstoffen und Art der bei den einzelnen Verfahren verwendeten Rohstoffe (einschließlich Wasser) sowie Energieeffizienz

10. Die Notwendigkeit, die Gesamtwirkung der Emissionen und die Gefahren für die Umwelt so weit wie möglich zu vermeiden oder zu verringern

11. Die Notwendigkeit, Unfällen vorzubeugen und deren Folgen für die Umwelt zu verringern

12. Die von der Kommission gemäß Artikel 16 Absatz 2 oder von internationalen Organisationen veröffentlichten Informationen

Siehe auch

Technik, Technikphilosophie