Islamische Ehe

Ehe in islamischer Kultur
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Die islamische Ehe ist eine nach Maßgabe der Scharia geschlossene Ehe. Sie ist gilt als zivilrechtlicher Vertrag ohne besonderen religiösen Bezug.

Voraussetzungen

Bei der islamischen Eheschließung ist die Zustimmung des Bräutigams und des Ehevormunds der Braut (Wali) zwingend erforderlich. Nach Auffassung der klassischen Lehre der vier Rechtsschulen (Madhabib) können Minderjährige zur Ehe gezwungen werden, wenn der Ehevormund der Vater oder Großvater ist und wenn die Braut Jungfrau ist. Die Auffassung beruht auf der Annahme, dass ein Vormund im guten Interesse des Kindes handelt. Eine Regelung hierzu ist im Koran nicht vorhanden.

The father or the grandfather, however, has the right to marry his daughter or granddaughter against her will, as long as she is a virgin (he is therefore called wali mudjbir, wali with power to coercion). (Encyclopaedia of Islam, New Edition, Volume VIII, Seite 27b)

Eine Hadith stellt die Zwangsheirat jedoch in Frage, hatte jedoch auf die Rechtsauffassung der Rechtsschulen keinen Einfluss;

(Eine Frau deren Wiederverheiratung bevorsteht, darf nicht verheiratet werden, bis sie dies selbst zulässt. Dagegen darf eine Jungfrau erst verheiratet werden, wenn sie zuvor nach ihrer Einwilligung gefragt wurde.) Einige Leute fragten: (O Gesandter Allahs, wie sieht dann ihre Einwilligung aus?) Der Prophet sagte: (Indem sie schweigt!)

Muslim (Arabische Version) :2543 [1] Muslim (Englische Version):3303 [2]

Eine weitere Hadith diesbezüglich:

Aischa berichtete:

Ich fragte den Gesandten Allahs, Allahs Segen und Heil auf ihm, ob die Jungfrauen, die ihre Familie verheiraten wollen, dies selbst zulassen darf, oder nicht. Der Gesandte Allahs sagte zu ihr: (Ja! Sie muss es selbst zulassen.) `A´ischa sagte: (Ich sagte ihm dann, dass die Jungfrau doch schamhaft ist.) Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Heil auf ihm, sagte dann: (Das ist ihre Einwilligung, dass sie schweigt!)

Muslim (Arabische Version) :2544 [3] Muslim (Englische Version):3307 [4]

Die Sharia in ihrer ursprünglichen Form erlaubt die Verheiratung ab Einsetzen der Pubertät, d.h. im Falle von Mädchen das Einsetzen der Regelblutung. Heutiges Recht in den meisten muslimischen Ländern setzt jedoch ein Mindestalter fest.

Zahlreiche Fatwas wurden zu diesem Thema erlassen, die jedoch keinen Einfluss auf die Rechtsauffassung unter der Scharia hatten. [1]

Eheschließung

Die islamische Ehe muss durch einen Wali (Stellvertreter) geschlossen werden, es sei den es handelt sich um die zweite oder weitere Ehen der Braut. Die Anwesenheit eines „Geistlichen“ ist nicht erforderlich, jedoch die von zwei Zeugen.

Daneben ist nach schiitischer Auffassung eine Ehe auf Zeit, die so genannte Mut'a-Ehe möglich, beispielsweise im Iran. Hierbei kann eine Ehe für einen bestimmten Zeitraum, zum Beispiel für einige Stunden geschlossen werden und endet dann automatisch. Viele sunnitische Korangelehrte verurteilen diese Form der Ehe als Legitimation der Prostitution.

Praxis in der Ehe

Der Mann ist der Frau zum Unterhalt verpflichtet - es ist nötigenfalls von der Frau einklagbar. Das Verdiente Geld der Frau dagegen gehört alleine ihr, ihr Mann sowie ihre Kinder haben keinen Anspruch darauf. Es ist alleine ihre Entscheidung was sie mit dem Geld macht. Der Mann hat die Verpflichtung, seine Frau gut zu behandeln und sie zu unterstützen.

Scheidung

Die Scheidung ist im Islam grundsätzlich für Männer und Frauen erlaubt.

Und wenn sie sich zur Ehescheidung entschließen, dann ist Allah allhörend, allwissend. (Koran 2:227)

Nach Auffassung vieler klassischer Rechtsschulen kann der Ehemann nach freiem Belieben seine Frau durch das dreimalige Aussprechen der Formel „Talaq“ rechtsgültig verstoßen. Ibn Taimiya, ein wichtiger muslimischer Denker, sowie die meisten modernen Korangelehrten betrachten diese Form der Scheidung jedoch für ungültig. In allen muslimischen Staaten ist die Ehe heute nur gerichtlich zu scheiden.

Die Ehefau kann die Scheidung nur aus zwei Gründen verlangen: Verweigerung des Unterhalts und Nichtvollzug des Geschlechtsverkehrs durch den Ehemann über einen längeren Zeitraum bzw. Unfruchtbarkeit des Mannes. Die Praxis hat außerdem eheliche Gewalt in den letzten Jahrzehnten zu einem weiteren Scheidungsgrund anerkannt, dessen Akzeptanz jedoch vom jeweiligen Richter und der Rechtsauffassung des jeweiligen Staates abhängt. Auch eine Scheidung auf gegenseitiger Einwilligung ist mögich, d.h. wenn beide Ehepartner entscheiden, dass sie nicht mehr miteinander leben wollen. Eine Scheidung setzt in den meisten Fällen eine Trennungszeit von mindestens drei Monaten voraus.

Die Ehefau allein kann die Scheidung nur vor Gericht erwirken. Die Scheidung seitens der Frau heißt Khulla und seitens des Mannes Talaq. Die öffentliche Bekanntmachung der Scheidungsabsicht wird Verstoßung genannt. Zweimal kann eine Verstoßung zurückgenommen werden, beim dritten Mal gelten die Eheleute als geschieden. Diese Regelung soll die Ehefrau vor willkürlichen Verstoßungen des Mannes schützen.

Solche Trennung darf zweimal (ausgesprochen) werden; dann aber gilt, sie (die Frauen) entweder auf geziemende Art zu behalten oder in Güte zu entlassen. (Koran 2:229)

Gegen Wiederverheiratungen besteht nach Ablauf einer Wartefrist keine Bedenken, sondern ist sogar erwünscht.

Polygynie

Der Koran erlaubt ausdrücklich bis zu vier Ehefrauen sowie eine unbegrenzte Zahl von Konkubinen (Wobei die Konkubine nur eine Sklavin sein kann d.h keine freie Frau). Sure 4, Vers 3 lautet nach Paret:

Und wenn ihr fürchtet, in Sachen der (eurer Obhut anvertrauten weiblichen) Waisen nicht recht zu tun, dann heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, (ein jeder) zwei, drei oder vier. Und wenn ihr fürchtet, (so viele) nicht gerecht zu behandeln, dann (nur) eine, oder was ihr (an Sklavinnen) besizt! So könnt ihr am ehesten vermeiden, unrecht zu tun.

Nach islamischem Verständnis sind die intimen Lebensbereiche von heiratsfähigen Frauen und Männern grundsätzlich getrennt; die Ehe ist der einzige Ort, in dem diese Trennung legitimerweise aufgehoben ist. Der Koran empfiehlt die Ehe mit diesem Hintergrund in hohem Maße; sie helfe unter anderem zur geistigen Vervollkommnung und ist daher gerne gesehen. Jede Muslimin und jeder Muslim, die zur Ehe in der Lage sind, sollten versuchen, dem nachzukommen. Ein Mann hat das Recht bis zu vier Frauen zu heiraten. Dabei gilt die Monogamie (eine Frau) als bevorzugt, Polygamie (zwei bis vier Frauen) seitens des Mannes ist zwar ungerne gesehen und verpönt, aber erlaubt.

In Tunesien und in der Türkei ist die Polygamie verboten, wobei das Gesetz in der Türkei aber bisweilen durch die Imam-Ehe umgangen wird. [2] Zahlreiche muslimische Länder schränken das Mehrehe-Recht allerdings ein, in dem sie dem Gleichbehandlungsanspruch des Korans folgen. In Marokko zum Beispiel muss gerichtlich nachweisbar sein, dass ein Mann finanziell in der Lage ist, jeder Frau eine eigene Wohnung zur Verfügung zu stellen sowie für mögliche Kinder zu sorgen, was in der Praxis eine Mehrehe unter normalen Umständen fast unmöglich macht.

Nach einem Ausspruch des Propheten ist die Ehe der halbe Glauben. Daraus ergibt sich sowohl die Pflicht (falls möglich) als auch das Recht auf Ehe. Ein Zölibat, wie es im Christentum unter katholischen Geistlichen verlangt wird, ist im Islam ausgeschlossen: es wird als unnatürlich und unvorteilhaft für den Glauben angesehen.

Wenn der Knecht (Allahs) sich verheiratet hat, hat er (damit) schon die Hälfte der Religion erfüllt. So fürchte er Allah hinsichtlich der anderen Hälfte. (Hadith: Anas)
Wer nicht heiratet, ist nicht von mir. (Hadith: Sunan Darami (Kitabunika, 2075), Ibn Majah)

Nach Auffassung der meisten Rechtsschulen kann die Frau im Ehevertrag die Zweitehe ausschließen und hat die Wahl, eine Zweifrau zu akzeptieren oder die Scheidung einzureichen.

Situation in verschiedenen Ländern

Europa und Amerika

Die islamische Ehe, die nach Maßgabe der Scharia in europäischen oder amerikanischen Ländern geschlossen wurde, hat in europäischen und amerikanischen Staaten keine Rechtswirkung. Rechtliche Gültigkeit hat in den jeweiligen Ländern Europas und Amerikas im Eherecht allein die vor dem Staat geschlossene zivilrechtliche Ehe. Dies gilt auch für die Türkei, wo die Scharia im Zuge der Gründung der Türkischen Republik 1923/24 als Gesetzesgrundlage abgeschafft wurde. [3]

Indien

In Indien ist das Eherecht der Religionszuhörigkeit untergeordnet. Dies beinhaltet, dass es für Muslime ein eigenes Familien- und Eherecht gibt.

Im muslimischen Recht wird die Ehe als Zivilvertrag betrachtet und der Qazi hält die Daten der Eheschließung in einem Nikahnama fest, das dem verheirateten Paar ausgehändigt wird. Es gilt der Muslim Personal Law (Shariat) Application Act von 1937.

Für die Scheidung wurde 1986 der Muslim Women (Protection of Rights on Divorce) Act erlassen, der auch das Thema Mahr und die Frage des Unterhalts definiert.

Berühmt wurde der Fall von Shah Bano, die 1985 ihren geschiedenen Mann auf Unterhalt verklagt hatte. Der oberste Gerichtshof hatte ihrer Klage stattgegeben und zwar nicht durch Interpretation des islamischen Rechts, sondern unter Bezugnahme auf ein altes britisch-indisches Gesetz, das den Mann zum Unterhalt verpflichtet, um zu verhüten, dass die Frau ein Sozialfall wird. Die Muslimorthodoxie protestierte gegen dieses Urteil und setzte sich mit der Meinung durch, dass sich hier der Gerichtshof in islamische Rechtsvorschriften eingemischt habe, die die Unterhaltspflicht ganz anders regelten. Die Ulema argumentierte, eine Heirat sei ein Vertrag, mit dessen Aufkündigung auch alle Verpflichtungen des Ehemannes erloschen seien. Unterhalt dürfte nur für drei Monate nach der Scheidung gezahlt werden. Die Regierung unter Rajiv Gandhi schloss sich der Sichtweise der Ulema an.

Während große Teile des indischen Rechts durch den Eingriff der Engländer sowie die Gesetzgebung der indischen Parlamente entscheidende Modifikationen erfuhren, blieb das Muslim-Familienrecht weitgehend unverändert. Dies ist auf den Widerstand der Ulema zurückzuführen, die die Shariat als Richtschnur idealen islamischen Verhaltens sieht und dem säkularen indischen Staat nicht gestattet, islamisches Recht zu reformieren.

Saudi-Arabien

Die Personenstandsgesetzgebung Saudi-Arabiens basiert auf dem islamische Gesetz, der Scharia nach Auffassung der konservativen hanbalitischen Rechtsschule. Der Ehevertrag nach hanbalitischen Recht soll von Zeugen unterschrieben werden und legt eine gewisse Geldsumme (mahr) fest, die von dem Mann an die Frau zu zahlen ist. In den frühen 1990er Jahren betrug der Wert eines durchschnittlichen mahr zwischen 25.000 und 40.000 Riyal; (10.000 - 15.000 Euro) gelegentlich kam es jedoch vor, dass Paare den Brauch des mahr gänzlich ablehnten und einen nominalen Betrag nutzten, um die formale Bedingungen der saudischen Ehegesetze zu erfüllen.

Legitimiert wurde dies gesetzlich durch folgenden Koranvers: Sure: 4 an-Nisa' (Die Frauen) Vers 4:

Und gebt den Frauen ihre Brautgabe als Schenkung. Und wenn sie euch gern etwas davon erlassen, so könnt ihr dies unbedenklich zum Wohlsein verbrauchen.

Der Ehevertrag kann auch eine bestimmte Summe festlegen, die im Falle einer Scheidung an die Frau zu zahlen ist. In Saudi Arabien folgend der Auffassung der dort vorherrschenden Rechtsgelehrtenmeinung ist es der Frau jedoch nicht möglich, im Ehevertrag Konditionen auszuhandeln, die die Handlungsfreiheit des Ehemannes beeinträchtigen, wie beispielsweise das Ausschließen einer Zweitehefrau. Nach saudischem Recht ist der Mann auch nicht verpflichtet, seiner ersten Frau die Heirat einer weiteren Frau mitzuteilen. Im Scheidungsfall geht das Sorgerecht zwingend auf den Vater über. Lediglich bis zu einem bestimmten Alter verbleiben die Kinder in der Obhut der Mutter.

Siehe auch

Quellen

  1. Englisch (Islam-QA),
    Deutsch - Verfasser (Ibn Taimiya 1263 - 1328)
  2. Polygamie im Islam
  3. http://www.igfm.de/?id=479#2521

Literatur