Atelier ist der Name einer Serie von HiFi-Komponenten der Firma Braun, die ab 1979 hergestellt wurden. Am 31. März 1991 stellte Braun die Produktion von HiFi-Geräten ein. Unter großer medialer Begleitung wurde eine letzte Edition vertrieben, die sich bis heute einer großen Liebhabergemeinde erfreut und im Museum of Modern Art (MoMa) ausgestellt ist.
Braun-Unterhaltungselektronik
Die Firmengeschichte der Braun GmbH begann 1921 mit der Produktion von Radio-Zubehörteilen. Schon in der Vorkriegszeit entwickelte das Unternehmen Radios und Plattenspieler. Nach dem zweiten Weltkrieg begann die Produktion von Rasierapparaten und Haushaltsgeräten, die bis zum heutigen Tage andauert. Die Herstellung von Unterhaltungselektronik blieb bis in die 1980er Jahre ein Schwerpunkt des Firmengeschäftes. Dabei zeichneten sich die Braun-Produkte durch ein unverwechselbares Design aus, welches international Anerkennung fand und in Fachkreisen als stilbildend für deutsches Design gilt.
Die Atelier-Serie
Dieser Artikel beschäftigt sich hauptsächlich mit den Geräten der letzten Baureihen, der Atelier-Serie.
Schon im Jahre 1981 wurde der Bereich Unterhaltungselektronik aus dem seit 1967 zum Gillette-Konzern gehörenden Unternehmen ausgegliedert und von der Firma a/d/s übernommen. Die Produktion fand zunächst in den gleichen Produktionsstätten statt. Später wurden die Geräte teilweise als Auftragsproduktionen in Fernost hergestellt. Für das Design zeichneten aber weiterhin u.a. die Designer Dieter Rams und Peter Hartwein verantwortlich.
Prägend dabei waren die von Rams benutzen Begriffe "form follows function" sowie "weniger, aber besser". Frei von jedem Verdacht der Beliebigkeit war es die Absicht der Designer, ein langlebiges Produkt zu schaffen, was sich durch eine moderne, zeitlose Form bei einfacher Bedienbarkeit auszeichnet.
Die Geräte wurden in schwarz und einem - für Unterhaltungselektronik ungewöhnlichen - kristallgrau produziert. Die Gehäuse sind flach, mit um 45° abgeschrägten Ecken. Blenden auf der Rückseite verdecken die Kabel. Selten benutzte Funktionen verbergen klappbaren Panelen. Es gibt auch spezielle Geräteschränke.
Der modulare Aufbau sichert sowohl ästhetisch als auch technisch das Zusammenwirken der Komponenten. So haben alle Atelier-Bausteine (Ausnahme: Fernseher, VCR) einheitliche Rastermaße und sind so in vielfältiger Weise zu positionieren.
Diese Zusammengehörigkeit findet ihre Entsprechung auch in technischer Form. So bewirkt z.B. das Einschalten des Fernsehers die Aktivierung des Verstärkers und die Tonwiedergabe über das HiFi-System. Alle Geräte lassen sich so vernetzen, dass sie mit nur einer Fernbedienung gesteuert werden können. Über einen Schieber der Fernbedienung wird das gewünschte Gerät gewählt. Dabei legen wechselnde Registerkarten, die jeweils passende Tastenbeschriftungen und Funktionen frei. Die Registerkarten sind austauschbar und wurden jedem neuen Gerät beigefügt. So war die Ausbaubarkeit des Systems für die Zukunft vorgesehen. Die Auswahl ist zudem nicht nur geräte- sondern auch funktionsorientiert. So lässt sich z.B. nach Wahl des CD-Spielers mit den gleichen Tasten das CD-Laufwerk steuern, die nach Auswahl von Kassettenrecorder oder Plattenspieler für diese zuständig sind.
Auch besitzen die Steuergeräte ab 1987 eine Schnittstelle zur kompletten Steuerung z.B. über einen Personalcomputer. Diese Möglichkeiten werden erste heute genutzt. So gibt es seit einiger Zeit entsprechende Steuerprogramme für den PC.
Die erfolgreiche Positionierung der Atelier-Geräte auf dem Markt war allerdings recht schwierig. Zum einen war die zugrunde liegende Philosophie ihrer Zeit voraus und daher nur einem begrenzten Teil der möglichen Kunden zugänglich, zum anderen waren die Geräte preislich in einer Region angesiedelt, welche die Absatzzahlen begrenzte. Die letzten Editionen wurden in Paketen von 10.000 DM, 7.000 DM, sowie 5.000 DM angeboten (Preis in schwarz ohne Lautsprecher, Fernseher bzw. Videorekorder oder Geräteschränke). Auch führte die Begrenzung der Gehäusemaße die damalige Technik in ihre Grenzen, so dass einige Geräte der Serie als reparaturanfälliger gelten, als die vorher von Braun produzierten Serien. Heute sind diese Probleme bekannt und werden von Fachleuten durch zum Teil kleine Umbauten beseitigt.
Das Ende der HiFi-Ära wurde in einem Heft mit folgenden Worten begründet:
„Der Markt der Unterhaltungselektronik ist weltweit durch einen ruinösen Verdrängungswettbewerb geprägt. Besonders die japanischen Hersteller haben die Projektzyklen von HiFi-Bausteinen bedenklich verkürzt – Sie selbst wissen, daß Hersteller, die nicht spätestens alle 24 Monate eine Innovation oder wenigstens kosmetische Pseudoänderungen anbieten, schnell in den Verdacht der Veralterung geraten.
Aus heutiger Sicht ist nicht zu erwarten, dass sich die Weltmarktsituation entspannen wird. Viel wahrscheinlicher ist eine Verschärfung des Wettbewerbes. Diese immer riskantere Entwicklung würde zum einen bedeuten, bestimmte Grundsätze der Braun-Design-Philosophie aufweichen zu müssen (z.B. Ehrlichkeit, Langlebigkeit), zum anderen Finanzmittel einsetzen zu müssen, die in keinem Verhältnis zum Gesamtgeschäft der Braun AG stehen. Die historische Entscheidung fiel Ende Mai 1990. Braun wird diese Entwicklung nicht länger unterstützen. Braun HiFi wird Geschichte.“
Übersicht der Geräte und Produktionszahlen der Atelier-Serie
'damalige Preise in DM (schwarze/graue) Ausführung
Typ | Jahr | Preis* | Fertigung | Stückzahl |
---|---|---|---|---|
Empfänger-Vorverstärker | ||||
CC4 | 1987 | 1750/1850 | 11/87 - 1/90 | 3 500 (Sampo-Proz.) |
CC4/2 | 1989 | 1750/1850 | 2/89 - 12/90 | 4 190 (Tatung-Proz.) |
Empfänger | ||||
T1 | 1980 | 468 | 10/80 - 12/82 | |
T2 | 1982 | 950 | 10/82 - 3/87 | 20 000 |
Verstärker | ||||
A1 | 1980 | 598 | 9/80 - 12/82 | |
A2 | 1982 | 1050 | 10/82 - 3/87 | 21 000 |
PA4 | 1987 | 1750/1850 | 11/87 - 11/89 | 5 000 |
PA4/2 | 1990 | 1750/1850 | 1/90 - 12/90 | 2 000 |
Steuergeräte | ||||
R1 | 1981 | 1250 | 5/82 - 5/85 | 8 000 |
R2 | 1986 | 1500/1600 | 1/86 - 12/90 | 10 900 |
R4 | 1987 | 2500/2600 | 10/87 - 12/88 | 7 000 (Sampo-Proz.) |
R4/2 | 1989 | 2500/2600 | 3/89 - 12/90 | 10 000 (Tatung-Proz.) |
Plattenspieler | ||||
P1 | 1980 | 688 | 10/80 - 12/82 | |
P2 | 1982 | 800 | 12/82 - 12/86 | |
P3 | 1982 | 960/1098 | 12/83 - 12/86 | |
P4 | 1984 | 1400/1550 | 5/84 - 12/90 | 18 500 |
Cassettenrecorder | ||||
C1 | 1980 | 848 | 10/80 - 12/82 | |
C2 | 1982 | 1300 | 10/82 - 04/84 | 7 120 |
C3 | 1983 | 1800/1950 | 11/83 - 12/87 | 10 200 |
C4 | 1987 | 2200/2300 | 10/87 - 12/90 | 11 500 |
C2/3 | 1988 | 1250/1350 | 05/88 - 12/90 | 7 320 |
Compact-Disc-Spieler | ||||
CD3 | 1985 | 2500/2600 | 10/85 - 12/87 | 13 850 |
CD4 | 1986 | 2000/2100 | 12/86 - 05/89 | 11 470 |
CD2 | 1988 | 1300/1400 | 12/88 - | 15 100 |
CD5 | 1988 | 2500/2600 | 05/88 - 10/89 | 3 400 |
CD 2/3 | 1989 | 1500/1600 | - 12/90 | 10 000 |
CD 4/2 | 1989 | 2000/2100 | 11/89 - 12/90 | 3 300 |
CD 5/2 | 1989 | 2500/2600 | 12/89 - 12/90 | 3 100 |
Fernsehgerät / Videorecorder | ||||
TV 3 | 1986 | 3000/3100 | 12/86 - 12/89 | |
VC 4 | 1988 | 3000/3100 | 12/88 - 12/89 | 9 200 |
RC1 | 1986 | 300/350 | 05/85 - 12/90 | 31 960 |
Fernsehlautsprecher/Rollboard | ||||
LTV (Flachlautsprecher) | 1987 | 200/280 | ||
LSV (ehemals LS40) | 1986 | 300 | ||
RB 1 | 1989 | |||
Geräteschränke/ Gerätefuß | ||||
GS 3 (Rolladen) | 1984 | 350 | ||
GS 3V Rolladen (Video) | 1988 | 350 | ||
GS 4 (offen) | 1984 | 200 | ||
GS 5 | 1989 | 375 | ||
GS 6 (hoch) | 1989 | 500 | ||
AF 1 | 1982 | 350 | 10/83 - 03/90 | 11 500 |
Heutige Situation
Die Geräte sind heute noch sehr gefragt und erzielen auf dem Gebrauchwarenmarkt überdurchschnittlich hohe Verkaufspreise.
Inzwischen gibt es auch private Neuanfertigungen, bei denen kleine Stückzahlen von Atelier-Gehäusen mit neuer Technik versehen, angeboten und verkauft werden. Auch gibt es noch einzelne Händler, die über Restbestände an Ersatzteilen verfügen und den Verkauf bzw. die Reparatur von Braun-Geräten anbieten.
Weblinks
- www.braun.com - Website der Firma Braun
- www.braun-hifi-board.de - Braun Hifi Board
- www.radiodesign.de - Radio Braun mit Forum
- www.historische-radios.info - Geschichte der Firma Braun