Gesundheitssystem

System, das alle Personen, Organisationen, Einrichtungen, Regelungen und Prozesse, deren Aufgabe die Förderung und Erhaltung der Gesundheit sowie deren Sicherung durch Prävention und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen ist, enthält
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Das Gesundheitssystem oder Gesundheitswesen eines Landes umfasst alle Personen und Einrichtungen, deren Aufgabe die Förderung und Erhaltung der Gesundheit bzw. die Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten ist. In Österreich wird hierfür auch der Begriff Sanitätswesen verwendet.

Ein zentrales politisches Steuerungsinstrument des Gesundheitswesens ist das Krankenversicherungssystem. Hiernach lassen sich die Gesundheitssysteme der OECD-Länder in drei Typen einteilen:

  • Typ Nationaler Gesundheitsdienst: Finanzierung aus Steuermitteln (z.B. Großbritannien, Italien)
  • Typ Sozialversicherung: Finanzierung durch gesetzliche Pflichtversicherung, (z.B. Deutschland, Frankreich)
  • Typ Privatversicherung: Finanzierung individuell oder durch Beiträge der Unternehmer (z.B. USA).

Mischformen dieser Typen sind häufig. In vielen Ländern hat der Anteil der öffentlichen Ausgaben an den gesamten Gesundheitsausgaben zugenommen. Im Jahr 2000 führte Deutschland die Rangliste mit 10,6% des BIP an, gefolgt von Frankreich, Schweden und Belgien. Betrachtet man öffentliche und private Ausgaben gemeinsam, lagen die USA (1998) mit 14% des BIP weit an erster Stelle.

Die Kostenentwicklung hat überall zu einer Dominanz der ökonomischen Perspektive geführt. Dagegen steht die Qualität von Gesundheitssystemen auch wegen der schwierigeren Beurteilung im Hintergrund. Die WHO hatte in ihrem Weltgesundheitsbericht 2000 eine Rangordnung der Gesundheitssysteme ihrer 191 Mitgliedsländer aufgestellt, in der Deutschland auf Platz 25 rangiert. Die Methodik dieses ranking ist jedoch heftig als wissenschaftlich nicht haltbar kritisiert worden. Indikatoren waren das Gesundheitsniveau einer Bevölkerung, die Verteilung des Gesundheitsniveaus in einer Bevölkerung, die Patientensouveränität, die Soziale Gerechtigkeit sowie die Fairness der Finanzierung eines Gesundheitssystems.

Das Gesundheitssystem in Deutschland

Das Gesundheitssystem in Deutschland baut auf staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen auf. Im internationalen Vergleich verfügt Deutschland über eine überdurchschnittlich große Zahl an Ärzten, Fachärzten, Zahnärzten, Pflegepersonen und Krankenhausbetten. Dazu kommen Angehörige anderer Heilberufe, Apotheker und ihr Personal.

Daneben sind am Gesundheitswesen beteiligt: der Staat (Bund, Länder und Gemeinden), die Krankenversicherungen, die Unfall-, Pflege- und Rentenversicherung, die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Arbeitgeber, die Gewerkschaften, weitere im Gesundheitswesen tätige Interessenverbände und nicht zuletzt die Patienten, z.T. vertreten durch Patientenverbände und Selbsthilfeorganisationen.

Das Versorgungsangebot wird weitgehend privat erbracht. Es dominieren freie Berufe wie Ärzte und Apotheker sowie private Großunternehmen (z.B. in der pharmazeutischen oder medizintechnischen Industrie). Krankenhäuser werden häufig in gemeinnütziger Trägerschaft geführt, jedoch zunehmend privatisiert. Der Staat beteiligt sich als Leistungserbringer nur nachrangig, in Form von Gesundheitsämtern, kommunalen Krankenhäusern oder Hochschulkliniken.

Im internationalen Vergleich einzigartig ist die weitgehende Trennung in ambulante und stationäre Versorgung.

Finanzierung des Gesundheitssystems in Deutschland

Das Gesundheitssystem wird überwiegend durch Versicherungsbeiträge finanziert, die (mit einigen Ausnahmen) paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgebracht werden. Knapp 90 % der Bevölkerung sind in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert. Die Beiträge orientieren sich an der Höhe des jeweiligen Einkommens. Familienmitglieder sind unter bestimmten Bedingungen beitragsfrei mitversichert. Der Leistungsanspruch ist unabhängig von der Höhe der gezahlten Beiträge, allerdings begrenzt auf Leistungen, die notwendig, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind.

Etwa 9 % sind privat krankenversichert. Hier richten sich die Prämien nach dem vereinbarten Leistungsumfang, dem allgemeinen Gesundheitszustand, dem Geschlecht und dem Eintrittsalter. 2,3 % sind anderweitig versichert (z.B. Bundeswehrangehörige, Zivildienstleistende, Sozialhilfeempfänger). Nur ca. 0,1 bis 0,3 % sind ohne Krankenversicherungsschutz.

Nach den Versicherungsleistungen machen Eigenbeteiligungen oder Zuzahlungen von Patienten einen wachsenden Anteil an der Finanzierung des Gesundheitssystems aus. In einigen Bereichen werden Zuschüsse oder Kostenbeteiligungen durch den Staat oder durch gemeinnützige Organisationen erbracht.

Daneben hat sich ein erheblicher privater Gesundheitsmarkt für Fitness, Wellness, Anti-Aging, Schönheitsoperationen, Kosmetik, alternative Heilverfahren und esoterische Praktiken entwickelt.

Probleme des Gesundheitssystems und Reformvorschläge für das Gesundheitssystem in Deutschland

siehe unter Gesundheitsreform, Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Probleme und Reformvorschläge

Statistik für Deutschland (2001)

  • Zahl der Krankenhausbetten in 2239 Kliniken: rund 553.000 (zusätzlich ca. 1000 Reha-Kliniken)
  • Behandelte Fälle in Krankenhäusern: 16,5 Millionen.
  • Durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus: 9,8 Tage
  • Ärztliches Personal in den Kliniken: 132.100
  • Nichtärztliches Personal in den Kliniken: 899.300 Beschäftigte.
  • Gesamtpersonal in den Krankenhäusern: 1,1 Millionen Beschäftigte
  • Gesamtumsatz der Krankenhäuser: rund 54 Milliarden € pro Jahr
  • Zahl der niedergelassenen Haus- und Fachärzte: ca. 40.000
  • Zahl des nichtärztlichen Personals im ambulanten Bereich: ???
  • Zahl der Apotheken: circa 21.500
  • Zahl der Beschäftigten in Apotheken: ca. 140.000

Direkt oder indirekt sind im Gesundheitswesen in Deutschland rund 4,1 Millionen Menschen beschäftigt. Dies entspricht rund 10,3% aller Erwerbstätigen.

Zahlen aus der Studie "Krankheitskosten in Deutschland im Jahr 2002" (Statistisches Bundesamt):

Gesamtausgaben für Krankheitskosten: 224 Milliarden Euro, d.h. rund 2.700,- Euro pro Person

Die höchsten Ausgaben entfielen auf Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems: 35,4 Milliarden Euro, Krankheiten des Verdauungssystems: rund 31 Milliarden Euro, Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems: ca. 25 Milliarden Euro, Psychische Erkrankungen: knapp 22 Milliarden Euro.

Die Menschen ab 65 Jahren (derzeit ca. 17 % der Bevölkerung) verursachten knapp 43 % der Gesamtausgaben.

Das Gesundheitssystem in der Schweiz

siehe: Gesundheitswesen_Schweiz

Literatur

  • Fritz Beske, Hermann Bechtel, Johannes F. Hallauer: Das Gesundheitswesen in Deutschland, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2004
  • Hans-Ulrich Deppe: Zur sozialen Anatomie des Gesundheitssystems. Neoliberalismus und Gesundheitspolitik in Deutschland, VAS Verlag, 2. Aufl. 2002, 312 S., 20,50 €
  • Leonhart Taschenjahrbuch Gesundheitswesen 2004/2005 - Institutionen, Verbände, Ansprechpartner. Deutschland - Bund und Länder, K.M. Leonhart Verlag München, 5. Auflage 2004. ISBN 3-9806190-9-5
  • Rolf Rosenbrock, Thomas Gerlinger: Gesundheitspolitik. Eine systematische Einführung, Hans Huber, Bern 2004, 320 S., 29,95 €

siehe auch: Epidemiologie, Gesundheitspolitik, Hausarzt, Hebamme, Heilpraktiker, Morbidität, Mortalität, Prävalenz