Thule (Mythos)

mythische Insel
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Das antike Thule (Θούλη, auch Tuli oder Tyle) ist eine von dem antiken griechischen Entdecker Pytheas aus Massilia (Marseille) im 4. Jahrhundert v. Chr. beschriebene Insel, die später eine quasi-mythische Bedeutung erhielt.

Ursprung: Der Bericht des Pytheas

Um 325 v. Chr. bereiste Pytheas die iberische Halbinsel und Nordwesteuropa. Seinen Berichten zufolge liegt Thule im äußersten Norden, sechs Tagesfahrten nördlich von Britannien. Daher steht der Name Thule seit der Antike sprichwörtlich für den äußersten Nordrand der Welt (lat. ultima Thule). Da Thule etymologisch mit idg. *telu = „Boden, Ebene“ zusammenhängen könnte (vgl. lat. tellus oder urkeltisch *telǝ-mō = „Erde“), ist die Bedeutung wahrscheinlich tatsächlich „letztes Land“ (aus der Perspektive der Kelten bzw. Germanen gesehen).

Pytheas’ Werk „Über das Weltmeer“ ist vermutlich beim Brand der Bibliothek von Alexandria verloren gegangen und nur noch durch kurze Zitate in den Werken anderer Autoren (u.a. Strabon, Eratosthenes oder Plinius dem Älteren) bekannt. Er meinte mit Thule wohl entweder Norwegen, Island, die Färöer oder eine der Shetlandinseln. Da einer seiner Notizen zufolge das „geronnene Meer“ (also wohl das Eismeer) in einer Tagesfahrt Entfernung von Thule entfernt beginnt, dürfte Island der wahrscheinlichste Kandidat sein. Nach Versuchen, die antiken Positionsangaben mit heutigen Werten in Übereinstimmung zu bringen, soll Thule die Insel Hitra vor Trondheim in Norwegen gewesen sein[1].

Thule im Mittelalter

Thule wird in spätantiken und mittelalterlichen Schriften dann in den verschiedensten Zusammenhängen erwähnt. So berichtet etwa Prokop (500-562) im „Gotenkrieg“: „Als die Heruler von den Langobarden geschlagen waren und ihre alten Wohnsitze aufgaben, ließ sich ein Teil derselben [...] in Illyrien nieder, der andern wollte nicht die Donau überschreiten, sondern gründet Wohnsitze am äußersten Ende der bewohnten Welt: Unter Führung vieler Mitglieder der königlichen Familien zogen sie zuerst durch alle Länder der Slawen, dann durch die Wüste bis sie zu den Warnen kamen. Dann wanderten sie durch das Land der Danen. Und alle diese wilden Völker taten ihnen nichts. Am Ozean angelangt, gelangten sie zu Schiff und fuhren nach Thule, wo sie bleiben. Thule ist eine sehr große Insel, über zehnmal größer als Britannien; es liegt von dort aus noch weiter im Norden.“ (Gotenkrieg II, 15)

Allerdings ist nicht klar, ob damit tatsächlich das pytheische Thule gemeint ist, da Beda und Adam von Bremen den Namen auch für einen Ort verwenden, mit dem nur Island gemeint sein kann. Wahrscheinlich ist, dass die durch die antiken Schriften bekannte Bezeichnung auf die verschiedensten Orte im Norden Europas übertragen wurde, ohne dass ein Zusammenhang bestehen muss.

Das mythische Thule

Die Bruchstückhaftigkeit und Wagheit der antiken Überlieferung bedingt auch, dass Thule später eine halbmythische bzw. mystische Bedeutung erhielt, die eher an Avalon, Atlantis oder Camelot als an die nüchterne pytheische Geografie erinnert. In diesem Zusammenhang wird etwa die Comic-Figur Prinz Eisenherz als Sohn des Königs von Thule beschrieben. Bekannt ist der Name Thule auch im Zusammenhang mit dem „Lied vom König in Thule“, das Gretchen in Goethes Faust singt.

Die nationalsozialistische Thule-Gesellschaft ist nach diesem – angeblich – für nordische Kulte mystischen Ort benannt. Er stellt für sie den Ursprungsort der arischen Rasse dar.

Außerdem stand der Name Pate für die schwedische Musikgruppe Ultima Thule.

Quellen

  1. Spektrum der Wissenschaft, April 2006, S. 92