Als Panorama bezeichnet man eine populäre Kunstunterhaltung aus dem späten 18 und frühen 19. Jahrhundert, die im Grad ihrer Nachahmung der Wirklichkeit über das einfache breiformatige, aber zweidimensionale Panoramabild hinausgeht.
Stephan Oettermann definiert das Panorama in seiner gleichnamigen Monografie als "Maschine, in der die Herrschaft des bürgerlichen Blicks gelernt und zugleich verherrlicht wird, als Instrument zur Befreiung und zur erneuten Einkerkerung des Blicks, als erstes optisches Massenmedium im strengen Sinne" (Das Panorama, S. 9). Albrecht Koschorke bezeichnet das Panorama als "entrahmtes Bild", also als Vorläufer der panoramatischen Apperzeption, Walter Benjamin spricht von "Aquarien der Ferne und Vergangenheit".
Aufbau und Funktionsweise
Das Panorama des 19. Jahrhunderts bestand häufig aus mehrerenbegehbaren Ebenen, von den aus der Besucher beispielsweise von einem erhöhten Standpunkt aus auf ein 360° umfassendes Monumentalbild blicken konnte. Die häufigsten Motive waren Stadt- oder Landschaftsansichten, die mit Hilfe einer Camera obscura hergestellt wurden. Auch Kombinationsformen mit einer Projektion mittels der Laterna magica waren verbreitet.
Bei einem Panorama, welches den Beschauer zylinderförmig umgibt, wird das Längenbild entweder langsam vor den Augen des Beschauers vorübergezogen (Cyklorama), oder es bedeckt, in sich zurückkehrend, die Wand eines zylinderförmigen Raums, in dessen Mittelpunkt sich der Beschauer befindet (eigentliches Panorama).
Indem nun durch künstliche, dem Beschauer nicht direkt sichtbare Beleuchtung, sei es von oben durch konzentriertes Tageslicht, sei es durch Lampen, das Gemälde derartig in Wirkung gesetzt wird, daß es dem Natureindruck möglichst nahekommt, so entsteht jene Illusion, welche der eigentliche Zweck des Panoramas ist und zuweilen noch durch künstliche Naturnachahmung atmosphärischer Erscheinungen wie Donner, Regen, Schneefall usw. verstärkt wird.
Geschichte und Entwicklung
Panoramen wurden von dem Architekturmaler Breysig in Danzig erfunden und zuerst von dem irischen Maler Robert Parker 1787 ausgeführt. Er machte einen Versuch im kleinen mit der Ansicht von Edinburg und ließ später in London eine Rotunde mit einem Durchmesser von 30 Metern ausführen, worin er die Darstellung der russischen Flotte bei Spithead zeigte.
Etwas später stellte man Panoramen in Paris auf, wo sie durch Fontaine, Bourgeois und Prevost verbessert wurden; danach verbreitete sich diese Form der Unterhaltung in allen größern Städten Europas.
Das älteste erhaltene Panorama-Gemälde der Welt ist das Wocher-Panorama von Thun, Schweiz.
Einen neuen Auffchwung nahm die Panoramenmalerei nach dem deutsch-französischen Krieg, nachdem schon 1867 in den Champs-Elysées in Paris ein Versuch mit einem Panorama der Schlacht von Solferino gemacht worden war. Dasselbe wurde 1875 durch ein kolossales, die Verteidigung von Paris darstellendes Rundbild von Philippoteaux ersetzt, auf welchem der Künstler nicht bloß mit malerischen, sondern auch mit plastischen Mitteln die Illudion der Wirklichkeit zu erreichen suchte.
Dieses Prinzip blieb fortan für die Panoramenmalerei maßgebend und gelangte durch zahlreiche Schöpfungen hervorragender Künstler als Schlachtenpanoramen, Panoramen von den deutschen Kolonien, Szenen aus der biblischen Geschichte etc. in zahlreichen deutschen Städten wie Berlin, München, Frankfurt a. M., Leipzig, Hamburg u.a., für welche besondere Gebäude errichtet wurden, zur Aufführung.
Die Erfindung des Panoramas zog in den 1830er Jahren die Entwicklung zahlreicher anderer Oramen nach sich. Dazu gehören außer dem Diorama das Georama, das Neorama und das Myriorama sowie das Kosmorama, das Pleorama und das Cyklorama.
Alle diese "Oramen" sind entweder durch Panoramen verdrängt oder auf das Schaubudenniveau herabgedrückt worden. Stephan Oettermann fasst zusammen: "Die Geschichte des Panoramas umfaßt ein Jahrhundert, das neunzehnte – und nur dieses. Vor- und Nachläufer lassen sich wie überall finden, sie sind bedeutungslos" (Das Panorama, S. 7).
- http://www.panoramapainting.com - Homepage des Internationalen Panoramarates, Vereinigung aller existierenden Panoramen weltweit
Siehe auch
Literatur
- Stephan Oettermann: Das Panorama. Die Geschichte eines Massenmediums. 322 Seiten. 1980. ISBN 3810801526 (engl. Ausg.: The Panorama. History of a Mass Medium. MIT Press 1997) – die wichtigste Monografie zum Panorama