Milo Manara (* 12. September 1945 in Lüsen (Südtirol); eigentlich Maurilio Manara) ist ein Comiczeichner von internationalem Ruf, der vor allem dank seinen subtil-erotischen Comics, magisch-realistischen Zeichnungen und dem markanten, präzisen Strich weltberühmt geworden ist.
Leben und Werk
Viele kennen ihn vor allem bzw. nur durch zwei hoch erotische Geschichten, die zu den Höhepunkten seines Oeuvres gehören: Außer Kontrolle (1 bis 4; im Original unter dem Titel Il gioco (Das Spiel), 1. Teil veröffentlicht 1983 von Playmen) und Der Duft des Unsichtbaren (1./2.; im Original unter dem Titel Il profumo dell'invisibile). Der erste Teil von Außer Kontrolle wurde 1985 unter dem Titel "Le Déclic" von Jean-Louis Richard mit Florence Guérin als Claudia Christiani verfilmt [1]. Der Duft des Unsichtbaren wurde 1997 ebenfalls in Frankreich verfilmt.
Manara widmete sich, wie viele andere Zeichner auch, zuerst der Malerei und der Werbung, bevor er mit dem Krimi Genius 1969 als Comiczeichner debütierte. Mit regelmäßigen Zeichnungen für zwei in Italien sehr populäre, zum Teil pornografische Comicmagazine des Genre fumetti neri (Kriminal und Satanik) finanzierte er zwischen 1968 und 1971 sein Architektur-Studium an der Universität Venedig. Gleichzeitig zeichnete er Plakate für ein maoistisches Künstlerkollektiv mit dem Namen Miraculo. Zuvor war der damalige Architekturstudent bei einem Bildhauer in die Lehre gegangen. Zwischen 1971 und 1973 zeichnete er Jolanda de Almaviva und fertigte etliche Comicstrips für die italienischen Magazine Telerompo und Corriere dei Ragazzi. Beim letzteren Magazin, das in den frühen 80er Jahren eingestellt wurde, gestaltete er Geschichten nach Vorlagen von Mino Milanis, die mit verschiedenen historischen Persönlichkeiten comicgerecht abrechneten.
Der internationale Durchbruch gelang Manara 1978 mit seiner Comicadaption des chinesischen Literaturklassikers Der Affenkönig (mit dem Text von Silverio Pisus, zuerst veröffentlicht im Magazin Pilote). Es folgten Arbeiten für Larousse: Historie de France und Die Eroberung der Welt, bevor er schließlich für die belgische Zeitschrift A suivre zwei Jahre später seine berühmteste Serie angefangen hatte. Weltruhm erlangte Manara nämlich mit den nach Vorlagen von Hugo Pratt und Federico Fellini entstandenen, von 1978 bis 1987 gezeichneten vier Abenteuergeschichten um den Zeitgeist-Helden Giuseppe Bergmann. Um die Jahrtausendwende sind zwei weitere Hefte mit den Abenteuern dieser bekanntesten und erfolgreichsten Figur Manaras erschienen, die sich jedoch deutlich im Stil und Technik von den Vorgängern unterscheiden. In Zu schaun die Sterne spielt Manara mit Traditionen und Klischees und nutzt die Sinnbildlichkeit übernommener Motive zur Bereicherung seiner Bildaussagen. Seine Anspielungen auf künstlerische, philosophische und religiöse Themen vermitteln ein komplexes Bild seiner Weltanschauung und seiner Selbstpräsentation als moderner Künstler.
Comic-Meilensteine auf Manaras Weg in den Pantheon der Comickünstler waren in den folgenden Jahren der Western Der Mann aus Papier und die Comic-Version des nie verfilmten Drehbuchs von Federico Fellini Die Reise nach Tulum und Die Reise von G. Mastorna. Bemerkenswert war auch Manaras Beitrag zum Columbus-Jahr 1992. Das zusammen mit Enzo Biagi und Giacinto Gaudenzi geschaffene Werk Kolumbus (deutsche Ausgabe bei Carlsen) hat Schulbuchqualitäten, bleibt aber immer interessant und spannend. Für Fellini hat Manara auch Filmposter entworfen.
Für internationales Aufsehen sorgte Manara 1983 auch durch seine direkte Zusammenarbeit mit dem Szenaristen Hugo Pratt, mit dem er sich dem Thema Kolonisation beider Amerikas widmete. Gemeinsam brachten sie Ein indianischer Sommer, eine 144 Seiten lange Graphic Novel heraus. Nach einer weiteren Zusammenarbeit mit Pratt erschien 1991 der Band El Gaucho, der auch diesmal nur wenig mit Erotik zu tun hatte, sondern dem Western-Genre zuzuordnen ist.
1992 Manara fertigte Bilder für den Comic El Fuego y las Entranas, dessen Szenario der Filmregisseur Pedro Almodovar schrieb. Auch die Werbeindustie hat Manaras Talent für weibliche Kurven - getreu dem Motto Sex sells - unter Vertrag genommen. Außer Autowerbung erarbeitete Manara z.B. 1998 zwei Werbespots für Chanel No. 5 mit dem Modell Estella Warren in der Rolle des Rotkäppchens, beide in der Regie von Luc Besson.
In den Werken Milo Manaras stehen zumeist Frauen im Mittelpunkt des Geschehens. Die meisten Comics sind dem erotischen Genre zuzurechnen, für das Manara seit seinen Fumetti-Neri-Tagen ein besonderes Faible hegt. Keinem ist es wie ihm gelungen, die Facetten der Weiblichkeit auf so unterschiedliche Arten darzustellen. Manaras Arbeiten sind sowohl gespickt mit naiv wirkenden Frauen, die sich keinesfalls ihrer erotischen Macht und Ausstrahlung bewusst sind, als auch mit weiblichen Wesen, die man als berechnende Femme fatale bezeichnen könnte. Unter Manaras Arbeiten finden sich auch kaum Darstellungen mit direkter sexueller Handlung, Ausnahmen sind einige Comic-Zeichnungen und das Portfolio Porte de Clichy (Stille Tage in Clichy) nach Henry Miller. Die Erotik entsteht so auch im Auge des Betrachters, was die Wirkung der Bilder aber ungleich verstärkt. Allerdings findet sich in Manaras gesamtem Werk kaum eine Arbeit, die einen befriedigenden, harmonischen oder zärtlichen Eindruck von Sexualität vermittelt. Mit Vorliebe schafft Manara Hauptdarstellerinnen, die wie verführerische, unschuldige Lolitas wirken. Sie machen den Eindruck, als seien sie auf der Suche nach Genuss und Lust in einer verdorbenen Welt. Die zeichnerische Brillanz, die künstlerische Ausdruckskraft der Bilder und sein scheinbar unerschöpflicher darstellerischer Reichtum sind so voluminös, dass diese Faktoren eine ganze Zeichnergeneration beeinflusst haben.
Comics
- Genius
- Jolanda de Almaviva
- Das Tagbuch von Sandra F.
- Mann aus Papier
- Der Affenkönig
- Der Schneemensch
- Columbus
- Vier Finger
- Der Schein trügt
- Außer Kontrolle (4 Bände)
- Der Duft des Unsichtbaren (2 Bände)
- Candid camera
- Jeden Tag um sechs
- Kamasutra (frei nach Mallanaga Vatsyayana)
- WWW - Wendi, Wilma, Wanda
- Der goldene Esel (nach Die Metamorphosen des Lucius von Apuleius)
- Revolution
- Gullivera (eine frivole Travestie der Gullivers Reisen von Jonathan Swift)
- Piranesi - Planet der Verdammten
- Abenteuer des Giuseppe Bergmann
- Band 1 - Das große Abenteuer
- Band 2 - Ein Autor sucht sechs Personen
- Band 3 - Tag des Zornes
- Band 4 - Ein Traum ... vielleicht ...
- Band 5 - Zu schaun die Sterne
- Band 6 - Die Odyssee des Giuseppe Bergmann
Mit Federico Fellini
- Die Reise nach Tulum
- Die Reise von G. Mastorna
Mit Hugo Pratt
- Ein indianischer Sommer (2 Bände)
- El Gaucho
- Band 1 - Blut für den Papst
- Band 2 - Macht und Inzest
Mit Valentino Rossi
- Quarantasei
Artbooks
Buchillustrationen
- Die Kunst den Hintern zu versohlen von Jacques Enard
- Der Sonnenvogel von Wilbur Smith
- Aphrodite von Pierre Louÿs
Portfolios
- Il gioco (1/2)
- Stille Tage in Clichy (nach Henry Miller bzw. nach den gleichnamigen Filmen von Claude Chabrol [siehe: IMDB [2]] und Jens Jørgen Thorsen [siehe: IMDB [3]])
- Dolomites Encantedes
- Letters from a Portuguese nun (nach Soror Mariana Alcoforado bzw. nach dem gleichnamigen Film von Jess Franco [siehe: IMDB [4]])
- Fellini / Roma
- Iliade
- 2000 (per Legambiente)
- Pin Up Movie Star
- Pinup-Art
- Foemina
- 46
- Mozart
CD-ROMs
- Gulliveriana (1996)
- Il gioco del Kamasutra (1997)
- Giuseppe Bergmann: A riveder le stelle (1999)
- Milo Manara - CD-ROM Anthology
Verfilmungen
Preise
- 2004: Eisner Award for Best Anthology, USA
Literatur
- Mollica, Vincenzo et al.: Milo Manara - Ausstellungskatalog. Werkkatalog mit text- und bildlicher Dokumentation der Comics, herausgegeben zur Ausstellung im 2. Internationalen Comic-Salon 1986, Schreiber & Leser, München 1986, ISBN 3922548172
Weblinks
- http://www.carlsen.de/comic/kueaz/manara/kue_bio.htm
- http://www.milomanara.it Offizielle Homepage nur für Erwachsene
- http://dreamers.com/maestrosdelcomic/html/imagenes.html Kleine Werkauswahl
- Vorlage:PND
Personendaten | |
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NAME | Manara, Milo |
ALTERNATIVNAMEN | Manara, Maurilio |
KURZBESCHREIBUNG | Comiczeichner |
GEBURTSDATUM | 12. September 1945 |
GEBURTSORT | Lüsen, Südtirol |