Bei der Common-Rail-Einspritzung, die auch "Speichereinspritzung" genannt wird, handelt es sich um Einspritzsysteme für Verbrennungsmotoren, bei denen eine Hochdruckpumpe den Kraftstoff auf ein hohes Druckniveau bringt. Der unter Druck stehende Kraftstoff füllt ein Rohrleitungssystem, das bei Motorbetrieb ständig unter Druck steht.
Begriffsherkunft
Der Begriff Common Rail stammt aus dem Englischen und steht für gemeinsame Schiene. Er beschreibt die Verwendung einer gemeinsamen Kraftstoff-Hochdruckleitung mit entsprechenden Abgängen zur Versorgung der Zylinder mit Kraftstoff.
Anwendungsbereich
Einspritzung beim Common-Rail-Verfahren
Der Einspritzzeitpunkt und die -menge werden durch eine Motorelektronik gesteuert. Die elektrischen Signale steuern je Zylinder ein elektrisch betätigtes Ventil, das in die Einspritzdüse eingebaut ist. Durch die kurzen Wege zwischen Ventil und Einspritzdüse ergeben sich kurze Druckanstiegszeiten, was dem Verbrennungsprozess und dessen Steuerung zugute kommt. Es sind verschiedene Einspritzungen realisierbar, z. B. Voreinspritzung, Haupteinspritzung und Nacheinspritzung. In Abhängigkeit vom Steuergerät sind diese frei steuerbar.
Unterschiede zur klassischen Einspritzung
Motoren mit Reihen- oder Verteilereinspritzpumpe weisen für jeden Zylinder eine eigene Hochdruckleitung zwischen Einspritzpumpe und Einspritzdüse auf. Diese Hochdruckleitungen sind dabei untereinander nicht verbunden. Die Einspritzung wird direkt durch den entsprechenden Kolben der Einspritzpumpe ausgelöst.
Bei klassischen Einspritzpumpen ist die Einspritzmenge und -dauer vom Kolbenhub (und damit vom Kurbelwinkel) abhängig. Das erlaubt genau einen Einspritzvorgang pro Arbeitstakt, der durch spezielle Düsengestaltung (Vorhub) zusätzlich variiert werden kann. Durch die Common-Rail-Technik ist es möglich, die Einspritzmenge und -dauer völlig unabhängig vom Kurbelwinkel zu gestalten und so auch eine Mehrfacheinspritzung zu ermöglichen.
Kurz vor dem Siegeszug der Common Rail Einspritzsysteme wurden auch bereits Verteilereinspritzpumpen (BOSCH VP44 Radialkolbenpumpe sowie VP30 und VP37 Axialkolbenpumpe) mit Hochdruckmagnetventilen zur Mengenzumessung versehen. Diese Technik ermöglichte es, den direkt an den Kurbelwinkel gekoppelten Einspritzverlauf während der Verdichtungsphase des Kraftstoffes durch Öffnen und Schließen des Ventils zu beeinflussen. Damit gelang es, auch in der VE-Pumpen-Technik bis zu drei Einspritzvorgänge pro Arbeitstakt zu realisieren. Die möglichen Freiheitsgrade in der Applikation eines Common-Rail-Systems wurden damit jedoch bei Weitem nicht erreicht.
Geschichte
Common-Rail-Systeme wurden für Direkteinspritzungen für Dieselmotoren entwickelt. Einspritzsysteme für Benzinmotoren arbeiten bei Multipointeinspritzungen nach demselben Prinzip, ohne dass es erwähnt wird. Auch ist dort der Einspritzdruck wesentlich geringer.
Das theoretische Prinzip ist aus der Forschung der ETH Zürich in den Jahren 1976 bis 1992 entstanden und niemals vorher an einem Fahrzeug eingesetzt worden. Durch kontinuierliches Pumpen von Dieseltreibstoff in ein zentrales Druckrohr wird der Einspritzdruck erzeugt. Dieses Hochdruck-Verteilerrohr (Rail) dient gleichzeitig als Reservoir für die Versorgung aller Einspritzventile.
Ende der Achtziger Jahre begann, basierend auf den Ergebnissen der Forschung der ETH Zürich, die Vorbereitung des Unijet-Systems. Die Anlage wurde von Magneti Marelli, dem Centro Ricerche Fiat und Elasis nach dem Prinzip Common Rail entwickelt. Diese Phase wurde im Jahr 1994 abgeschlossen. Für die Endphase, letzte Entwicklungsarbeiten und dem Übergang zur industrielle Fertigung wurde mit Bosch zusammengearbeitet. So kam elf Jahre nach dem Fiat Croma TD i.d. im Oktober 1997 ein weiteres Fahrzeug auf den Markt: der Alfa Romeo 156 JTD.
1998 folgte Mercedes Benz mit dem C220 CDI als erster deutscher Hersteller dieser Entwicklung.
Bei den Benzin-Pkw ist VW (in Zusammenarbeit mit dem Zulieferer Bosch) ein Verfechter der Direkteinspritzung. In den letzten Jahren wurde ein Großteil des Motorenprogramms auf die von VW/Audi FSI bzw. TFSI genannte Technik umgestellt. Den ersten Serien-Pkw mit geschichteter Benzindirekteinspritzung brachte Mitsubishi mit dem Carisma im Jahr 1997 auf den Markt.
Heutige Anbieter von Common-Rail Systemen sind Bosch, Delphi, Denso, Magneti Marelli und SiemensVDO.
Siehe auch : D-CAT
Das Diesel-Common-Rail-System
Das Diesel-Common-Rail-System wird als Speichereinspritzung bezeichnet. Das komprimierbare Volumen des Kraftstoffes im Common-Rail liegt in der Größenordnung der Kraftstoffmenge einer Einzeleinspritzung (abgesehen von der Kraftstoffmenge die durch Leckageverluste in den Injektoren ausgeglichen werden muss). Daher muss eine Hochdruckpumpe dauernd für die Aufrechterhaltung des Druckes sorgen.
Speicher
Der Speicher soll den pulsierenden Förderstrom der Hochdruck-Einspritzpumpe beruhigen. Weil die Einspritzmengen je Einspritzvorgang sehr klein sind, kann die elastische Längs-und Querdehnung der metallischen Hochdruckleitungen als Pufferspeicher genutzt werden.
Erreichbare Drücke
Der Raildruck (also der Druck im Druckspeicher) von zur Zeit bis zu 180 MPa (1800 bar) kann für sehr hohe Einspritzdrücke genutzt werden. An einer weiteren Erhöhung auf 200 MPa (2000 bar) und mehr wird gearbeitet. Als eine neue Form der Common-Rail-Einspritzung wird bei Bosch an einem druckübersetzten Common-Rail-System gearbeitet. Dabei wird der Einspritzdruck mit Hilfe des anstehenden Druckes im Druckspeicher während der Einspritzphase auf Drücke von bis zu 250 MPa (2500 bar) erhöht. Die Druckübersetzung wird durch einen im Injektor integrierten Druckübersetzer mit Steuerfunktionen ausgeführt. Das Prinzip wird auch als Amplified Common Rail (ACR) bezeichnet. Vorteilhaft ist dabei die geringere Belastung der Hochdruckpumpe. Nachteilig ist der höhere Aufwand der durch die komplexeren Injektoren entsteht.
Zweck und Vorteile
Das Hauptziel ist die Optimierung des Verbrennungsprozesses vor dem Hintergrund einer weiteren Verbesserung der Motorlaufeigenschaften und einer weiteren Reduzierung der Partikelemissionen. Durch den sehr hohen Druck von bis zu 2000 bar wird der Kraftstoff sehr fein zerstäubt, was zu einer besseren Verbrennung führt. Die kleineren Tröpfchen haben aber auch feineren Feinstaub in den Emissionen zur Folge. Der Gesetzgeber interessiert sich jedoch nicht für die Partikelgröße, sondern nur für das Gesamtgewicht aller Partikel. Die Kancerogenität wird dabei völlig ausser Acht gelassen. Die vom Verbrennungsmotor angetriebene Hochdruckpumpe bringt den vom Vorfördersystem, welches bei den aktuellen Systemen zumeist auf einer elektrischen Vorförderpumpe beruht, aus dem Tank bereitgestellten Kraftstoff auf den erforderlichen und vom Steuergerät vorgegebenen Einspritzdruck im Druckspeicher. Die Injektoren (Einspritzdüsen) sind an die gemeinsame Hochdruckrail (Kraftstoffsammelschiene) angeschlossen, welche mit dem Druckspeicher verbunden ist, und spritzen den Kraftstoff direkt in den Brennraum.
Der wohl wichtigste Vorteil eines CR-Systems ist die im Vergleich zur Direkteinspritzung mittels Einspritzpumpe (z. B. VP44 von Bosch) oder Pumpe-Düse (z. B. VW) völlige Entkoppelung zwischen Druckerzeugung und Einspritzsteuerung. Es gibt keine Komponenten mehr, die absolut synchron mit der Kurbelwelle angetrieben werden müssen. Dies hat auch bauliche Vorteile, da für die Druckerzeugereinheit keine Rücksicht mehr auf die Lage eines vorhandenen Nebenantriebes (Zahnriemen, Steuerkette) genommen werden muss. Dieser Vorteil wird bis heute jedoch von keinem Massenhersteller genutzt, die Common-Rail-Hochdruckpumpe wird noch immer an der selben Stelle verbaut wie die mechanisch gesteuerten Einspritzpumpen und von der selben Steuerkette/Zahnriemen angetrieben, wie die Nockenwelle. Dies liegt darin begründet, dass es den geringsten finanziellen Aufwand in der Konstruktion bringt, spätere Wartungsarbeiten werden völlig ausser Acht gelassen.
Nachteile
Weiterhin hat eine Common-Rail-Einspritzanlage systembedingt folgende Nachteile:
- Zum permanenten Aufrechterhalten des hohen Rail-Druckes muss eine gewisse Leistung vom Motor aufgebracht werden. Je nach Common-Rail-System, Drehzahl und Leistungsbedarf des Motors muss der Druck im Speicher auf- und abgebaut werden. Daraus resultiert eine gewisse Verringerung des gesamtmotorischen Wirkungsgrades sowie die Notwendigkeit einer Kraftstoffkühlung.Diese Verringerung des Wirkungsgrades wird bei neueren Motoren durch eine bedarfsgerechte Hochdruckförderung mit Einsatz eines Saugdrosselmagnetventils abgemildert. Gleichzeitig kann auf eine Kraftstoffkühlung durch die geringere Rücklaufmenge in den Tank verzichtet werden.
- Bei einem Versagen des Einspritzventils (Verklemmen oder Verschmutzen der Düse) ist es möglich, dass permanent Kraftstoff in den Brennraum fließt (bei klassischen Systemen dagegen nur im Arbeitstakt). Eine zusätzliche Absicherung des Systems ist quasi nicht möglich - je nach Störfall treten diese sog. "Dauereinspritzer" auf und zerstören in kurzer Zeit den Motor.
Einspritzsteuerung
Die Öffnung der Injektoren ("Einspritzdüsen") wird nicht wie bei Verteilereinspritzanlagen oder Hubschieber-Reiheneinspritzanlagen durch den Kraftstoffdruck ausgelöst, sondern durch elektrische Ansteuerung, wobei der Kraftstoffdruck jedoch die wesentliche Kraft zum Heben der Düsennadel liefert. Über die Zeitdauer und die Stromstärke der Injektoransteuerung kann der Einspritzverlauf beeinflusst werden sowie extrem kurze Öffnungszeiten erreicht werden, die eine oder mehrere Voreinspritzungen vor der eigentlichen Haupteinspritzung ermöglichen. Voreinspritzungen sind als Einmalvorgang auch mit elektronisch beeinflussbaren Verteilerpumpen sowie beim System Pumpe-Düse möglich. Sie heizen den Brennraum gewissermaßen vor und führen damit zu einem weicheren Verbrennungsablauf zusammen mit der Haupteinspritzung. Weiterhin kann mit Hilfe dieser Voreinspritzung die Stickoxidbildung verringert werden, da durch die Voreinspritzung der Sauerstoffgehalt der Zylinderfüllung reduziert wurde sowie die maximale Verbrennungstemperatur, außerdem wird damit der Gradient der Verbrennungstemperatur nach der Zeit etwas kleiner.
Insbesondere bei den modernsten Systemen mit piezoelektrisch betätigten Injektoren arbeitet man mit mehreren Voreinspritzungen (Pumpe-Düse-Injektoren der ersten Generation wurden im Gegensatz dazu magnetisch betätigt; die zweite Generation verfügt ebenfalls über piezogesteuerte Injektoren). Sowohl die Einspritzzeitpunkte als auch der jeweilige Einspritzdruck (auch in seinem zeitlichen Verlauf) können nahezu frei festgelegt werden. Dies erleichtert die Anpassung an den jeweiligen Betriebszustand des Verbrennungsmotors.
Mittlerweile sind zum Abreinigen der Rußpartikelfilter auch bis zu zwei Nach-Einspritzungen vorgesehen, um den Abgasen für den Abreinigungs-Vorgang einen höheren Energiegehalt mitzugeben.
Die Einspritzdüsen (Injektoren) werden entweder elektromagnetisch oder piezoelektrisch betätigt, angesteuert vom elektronischen Motorsteuergerät.
Das Steuergerät errechnet aus den Signalen mehrerer Temperaturfühler (Kühlwasser, Ladeluft und Schmieröl), Luftmassenmesser, Fahrpedalstellungsgeber, gegebenenfalls Lambdasonde, Drehzahl- und Phasengeber sowie Raildruckgeber die notwendige Einspritzmenge bzw. Einspritzdauer und betätigt die Injektoren mit den entsprechenden Steuerimpulsen für Spritzbeginn und -ende.
Zwar ist hinsichtlich Abgas- und insbesondere Laufverhalten von Dieselmotoren mit dem Common-Rail-System ein Quantensprung gelungen, es ist aber eine weitaus höhere Anzahl von Komponenten dazu notwendig, woraus sich extrem hohe Anforderungen an deren Zuverlässigkeit ergeben.
Mittlerweile ist ein jahrelanger Systemkampf entschieden: "Common Rail" hat gegen "Pumpe-Düse" gewonnen. Der VW-Konzern als bisheriger Verfechter kündigte im Dezember 2005 die Einstellung des Pumpe-Düse-Konzepts an. Nach 2006 werden neue Dieselmotoren im VW-Konzern nur noch mit Common Rail ausgerüstet werden.
Verbreitung
Mit Ausnahme des Volkswagen-Konzerns und seiner Töchter, der für einen Teil ihrer Pkw-Dieselmotoren auf das konkurrierende System Pumpe-Düse setzte, verwenden inzwischen alle Pkw-Hersteller das Common-Rail-System für ihre Fahrzeuge. Ab 2007 will auch Volkswagen alle neu gefertigten Dieselmotoren auf Common-Rail-Einspritzung umstellen. Man versprach sich mit der Konkurrenz-Situation der Pumpe-Düse (gegen Bosch trat dabei Siemens-VDO an) einen regeren Wettbewerb und versuchte vor allem durch das technisch prinzipiell überlegene (da robustere und sparsamere) PD-System die Abgasgrenzwerte ohne Partikelfilter zu erreichen. Nach der Feinstaubdiskussion im Jahre 2005 lässt sich jedoch mittlerweile kaum noch ein Dieselfahrzeug verkaufen, das nicht serienmäßig mit einem Partikelfilter ausgestattet ist. Daher wurde der konstruktive und finanzielle Mehraufwand für ein PD-Aggregat überflüssig.
Wegen der Verwendung der Pkw-Dieselmotoren in leichten Nutzfahrzeugen steigt auch hier der Anteil der Common-Rail-Systeme.
In modernen schweren Nutzfahrzeugen ist Common-Rail mittlerweile Stand der Technik und auch in großen Stückzahlen im Serieneinsatz (Beispiel: MAN Nutzfahrzeuge).
Das Common-Rail-System kann auch für die Benzineinspritzung und Benzindirekteinspritzung verwendet werden und erlaubt so eine Vereinheitlichung von Diesel- und Benzineinspritzsystemen. Eine weitere Verbreitung ist daher zu erwarten.
Neben der Anwendung in Kraftfahrzeugen (Schnellläufermotoren) findet die Common-Rail-Einspritzung auch bei den großen Dieselmotoren Verwendung. Unter "großen Dieselmotoren" sind Viertakt-Mittelschnellläufer und Zweitakt-Langsamläufer zu verstehen, die z. B. als Schiffsantriebe dienen. (Containerschiffe)
Weblinks
- http://www.kfztech.de/kfztechnik/motor/diesel/commonrail.htm
- http://rb-k.bosch.de/de/start/product_e_ds_32_comrail_allg.html - Common-Rail-Systeme für Pkw
- http://rb-k.bosch.de/de/start/product_ds_22_comrail_allg.html - Common-Rail-Systeme für Nfz