Hans Stark (* 14. Juni 1921 in Darmstadt + 1991 ebenda) war SS-Untersturmführer und Leiter der Aufnahmeabteilung im KZ Auschwitz-Birkenau
Als Sohn eines Polizeiinspektors, der als "Zwölfender" nach zwölf Jahren Dienstzeit mit einem Versorgungsschein aus der Reichswehr ausschied, trat er am 1. Dezember 1937 in die 2. SS-Totenkopfstandarte Brandenburg ein. Er war nach seiner Aussage "jüngster Rekrut des Verbandes". Im gleichen Jahr hatte er schon im Alter von sechzehneinahlb Jahren die Aufgabe, ab Januar 1938 Häftlinge im KZ Oranienburg zu bewachen.
1938 kam er "zur weiteren Ausbildung" ins KZ Buchenwald. Auch ein Einsatz im KZ Dachau wird berichtet. Nach der Teilnahme am Überfall auf Polen geht er nach Darmstadt zurück. Ende 1940 kommt er zunächst als Blockführer und anschließend in die politische Abteilung der Lager-Gestapo ins KZ Auschwitz-Birkenau bis 1943. In dieser Zeit erhält er einen Studienurlaub, und legt im März 1942 im Justus-Liebig-Gymnasium seine Abiturprüfung ab, wobei sein Aufsatzthema lautet:"Die Befreiung Deutschlands von den Ketten des Versailler Vertrages durch Adolf Hitler".(1) Im Jahr 1943 wird er im Rahmen einer "Führerausbildung" zum Fronteinsatz eingezogen.
1945 kann er aus einem Gefangenenlager fliehen und untertauchen. 1950 wird er im Zuge der Entnazifinzierung von der zuständigen Spruchkammer als "Mitläufer" eingeordnet. Er nahm ein Studium der Landwirtschaft und Pädagogik auf und legte den Abschluß für die Lehrerlaufbahn ab. Zunächst lehrte er an der Landwirtschaftssschule in Lövenich bei Köln und später in Darmstadt. Er lehrte die Fächer Staatsbürgerkunde, Landtechnik, Ackerbau und Pflanzenschutz. Er galt als korrekter und zuverlässiger Lehrer, der seinen Unterrichtsstoff souverän beherrschte.
Im Zuge der Untersuchungen der NS-Verbrechen im KZ Auschwitz-Birkenau wird Stark 1959 ertmalig verhaftet und von dem Ludwigsburger Kriminalobermeister Alfred Aedtner vernommen. Wenige Wochen später wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen, weil er dem Untersuchungsrichter treuherzig erzählte, "zwar in Auschwitz gewesen, aber nur als Pferdepfleger des SS-Kommandanten Höß". Zur Untermauerung dieser Legende fand sich sogar ein Photo, wie er als angeblicher "Pferdepfleger" das Pferd des SS-Kommandanten am Zügel hielt.
Am 20. Dezember 1963 beginnt der Prozess gegen Anghörige der Wachmannschaften des KZ Auschwitz-Birkenau in Frankfurt (Main) Im Römer vor dem Schwurgericht beim Landgericht Frankfurt. In dieser Zeit fuhr Stark wöchentlich zwischen Darmstadt und Frankfurt hin und her. Er galt nur wegen "geringfügiger Vergehen" angeklagt, bei denen nach Ansicht des Schwurgerichts "kein Fluchtverdacht und keine Verdunkelungsgefahr bestanden". Diese Rolle konnte Stark bis zu dem Tag drei Monate weiterspielen, als der Zeuge Josef Kral (Häftling Nr. 17401 im KZ Auschwitz-Birkenau von Juni 1941 bis Mai 1943) Stark in folgender Aussage belastete:
"Ich habe gesehen, wie Stark mit einem Schaufelstiel zwei Häftlinge erschlagen hat. Und einen Häftling namens Isaak hat er erschossen. Er hat den Isaak erst gezwungen, einen Kameraden und dann seinen eigenen Vater, Isaaks Vater, in einer Wassergrube zu ertränken. Als Isaak darauf wahnsinnig wurde und schrie, erschoß Stark ihn mit der Pistole"
Stark wurde nach dieser Aussage noch im Gerichtssaal verhaftet. Jetzt wurden noch weitere Zeugen zu Starks Taten gehört. So sagte sein ehemaliger "Bursche" aus:
"Der Angeklagte Stark war Unterscharführer, gehörte dem Kommandanturstab an und hat zahlreiche Häftlinge ermordet. Er hielt auf Sauberkeit und war immer wie aus dem Ei gepellt. Moralisch verkommen, war er in hygienischer Hinsicht geradezu penibel."
Er erinnerte sich noch genau daren, wie das war, wenn sich der Unterscharführer Stark auf "Genickschußtour" begab:
"Ich erhielt bei solchen Gelegenheiten den Befehl von Stark, warmes Waschwasse für ihn breitzuhalten. Wenn er dann von den Exekutionen kam, wusch er sich gründlich die Hände und sagte: 'So, diese Sache ist wieder mal erledigt'. Wir Häftlinge sprachen bei Stark vom 'Pilatuskomplex' und nannten ihn unter uns 'Pilatus'."
Stark nahm auch an der Rampe bei den ankommenden Zügen an den Selektionen teil. Ein Zeuge berichtet von folgender Handlung von Stark:
"Unter den durch den langen Transport auf der Eisenbahn entkräfteten, verängstigten und verzweifelten Neuankömmlingen befand sich einmal eine Polin mit ihren zwei Kindern. Sie sollte bei einer deutschen Familie ein Kaninchen gestohlen haben. Als das Stark hörte, holte er sich ein Gewehr, brachte die Frau und die beiden Kinder zum Krematorium und kehrte kurz darauf allein wieder zurück."
Ein anderer Zeuge sagte aus, daß Stark mehrfach an Vergasungen mit Zyklon B aktiv teilgenommen hat. Als er gestand, "auf Befehl" an den Vergasungen teilgenommen zu haben, gibt er auch andere Verbrechen im "Befehlsnotstand" zu:
"Zum damaligen Zeitpunkt, 1941, waren einmal zwanzig oder dreißig russische Kommissare eingeliefert worden. Diese wurden nach ihrer Ankunft von Grabner, Palitzsch, einem Blockführer von Block II und mir zum Erschießungshof geführt. Die Russen wurden im Hof jeweils zu zweit erschossen, während die anderen im Gang des Blocks II auf ihre Erschießung warteten. Grabner, Palitzsch, der genannte Blockführer und ich erschossen nacheinander, jeweils abwechselnd, diese zwanzig oder dreißig Kommissare. Die Leichen der jeweils Erschossenen wurden von Häftlingen in einer Ecke des Hofes aufgestapelt."
Der Staatsanwalt fordert gegen Stark eine lebenslange Haftstrafe. Stark wird am 19. August 1965 zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt, weil er zur Tatzeit noch Jugendlicher war.
Weblinks
- (1) http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/21/0,1872,2020789,00.html - Ein Bild von Stark
- http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/21/0,1872,2020789,00.html - weitere Aussagen zu Stark