Gesetzliche Erbfolge

Zustand des Nachlasses einer Person, die stirbt, ohne ein gültiges Testament oder eine andere verbindliche Erklärung abgegeben zu haben
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Definition

Mit der gesetzlichen Erbfolge wird geregelt, wer das Vermögen eines Verstorbenen erhält, wenn dieser keine letztwillige Verfügung (also kein Testament und keinen Erbvertrag) hinterlassen hat.

Gesetzliche Erbfolge nach deutschem Recht

Die gesetzliche Erbfolge bestimmt die Erben aus dem Kreis der Verwandten des Erblassers. Verwandt ist mit dem Erblasser jeder, der von ihm (Kinder, Enkel, Urenkel usw.) oder von der selben dritten Person abstammt (Eltern, Großeltern, Geschwister, Onkel, Neffe usw.). Die Verwandten werden in Ordnungen eingeteilt. Das Gesetz unterscheidet folgende Ordnungen (Bezeichnung der Verwandtschaft im Beispiel immer aus der Sicht des Erblassers):

  • 1. Ordnung: Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, einschließlich der nichtehelichen und der adoptierten Kinder)
  • 2. Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Neffe, Nichte, Großneffe, Großnichte usw.)
  • 3. Ordnung: Großeltern des Erblasser und deren Abkömmlinge (Großvater, Großmutter, Onkel, Tante, Cousin, Cousine usw.)
  • 4. Ordnung: Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Urgroßvater, Urgroßmutter, Großonkel, Großtante usw.)
  • 5. und fernere Ordnungen: entferntere Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge

Grundlegend ist nach dieser formalen Unterscheidung jetzt das Ordnungssystem. Danach ist ein Verwandter nicht zur Erbfolge berufen, wenn ein Verwandter der vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. Also schließt beispielsweise ein Kind (1. Ordnung) alle anderen Verwandten aus.

Innerhalb der Ordnung gilt das Repräsentationsprinzip. Danach schließt ein zur Zeit des Erbfalls (also beim Tod des Erblassers) lebender Angehöriger alle durch ihn mit dem Erblasser verwandten Personen aus. Hinterlässt der Erblasser beispielsweise Sohn und Enkel, so schließt der überlebende Sohn den (durch ihn mit dem Erblasser verwandten) Enkel aus.

Die Verteilung des Nachlasses erfolgt nicht nach Personenzahl der berufenen Erben, sondern nach dem Stammesprinzip nach der Zahl der Stämme. Alle Erben, die über denselben Verwandten mit dem Erblasser verwandt sind, bilden einen Stamm. Hinterlässt beispielsweise der Erblasser zwei Söhne, die jeweils auch zwei Söhne (aus der Sicht des Erblassers: Enkel) haben und ist der erste Sohn des Erblassers vorverstorben, so sind die Söhne des vorverstorbenen Sohns und der überlebende Sohn als Erbe berufen. Es erhält aber nach dem Stammesprinzip nicht jeder 1/3, sondern jeder Stamm 1/2, als die beiden Söhne des vorverstorbenen je 1/4 und der überlebende Sohn 1/2. Die Söhne des überlebenden Sohnes gehen wegen des Repräsentationsprinzips leer aus.

Ehegattenerbrecht

Der Ehegatte ist nicht mit dem Erblasser verwandt. Er gehört nicht zu dem oben beschriebenen Kreis der Erben. Sein gesetzliches Erbrecht beruht auf besonderen Vorschriften. Diese setzen eine zum Zeitpunkt des Todes bestehende Ehe voraus. War bereits Scheidungsantrag durch den Erblasser gestellt und hätte dieser Erfolg haben müssen, scheidet der Ehegatte als Erbe aus. Die Höhe seines Erbteils hängt zunächst vom Güterstand ab, in dem die Ehegatten gelebt haben. Für den gesetzlichen Regelfall der Zugewinngemeinschaft wird der Erbteil um einen pauschalen Zugewinnausgleich ergänzt. Es gilt dann: Neben Verwandten der 1. Ordnung erhält der Ehegatte die Hälfte, neben Verwandten der 2. Ordnung oder neben Großeltern (Teil der 3. Ordnung) erhält er 3/4. Sind weder Verwandte der 1. oder 2. Ordnung noch Großeltern vorhanden, erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.

Die Vorschriften über den Ehegatten gelten entsprechend für den Lebenspartner einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft.

Gesetzliche Erbfolge nach österreichischem Recht

Die gesetzliche Erbfolge wird in Österreich in den §§ 727 ff ABGB geregelt. Dabei gilt das Liniensystem, das den deutschen "Ordnungen" sehr ähnlich ist; die nähere Linie schließt dabei die entferntere aus. Innerhalb der Linie erben die Vorfahren vor den Nachkommen, dh. bevor die Schwester etwas erbt, müssen Mutter und Vater gestorben sein.

Die erste Linie besteht aus den (ehelichen und unehelichen) Kindern des Verstorbenen (=Erblasser) und deren Nachkommen. Die zweite Linie bilden die Eltern und deren Nachkommen, die dritte die Großeltern und deren Nachkommen. Die letzte Linie besteht nur noch aus den Urgroßeltern.

Der Ehegatte des Erblassers erbt 1/3 des Nachlasses neben den Kindern des Erblassers; neben den Eltern oder den Großeltern und deren Nachkommen erbt er/sie 2/3 (757 ABGB).

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