Franz Jung * 26. November 1888 in Neisse, Oberschlesien (heute Nysa, Polen) † 21. Januar 1963 in Stuttgart war ein deutscher Schriftsteller, Ökonom und Politiker.
Biografie
1888 - 1911
Jung wurde als Sohn von Franz Jung, einem Uhrmachermeister, und dessen Frau Cläre, geb. Doering geboren. Ab 1898 besuchte er das Realgymnasium, an dem er sich mit Max Herrmann, dem späteren Dichter, anfreundete. 1907 legte er das Abitur ab und begann in Leipzig Musik zu studieren wechselte aber bald zu Volkswirtschaft, Jura, Kunst- und Religionswissenschaften. 1908 ging er an die Universität Jena, wo er sich, wie schon in Leipzig, einer Burschenschaft anschloss. 1909 wechselte er an die Universität Breslau, wo er seine spätere Frau Margot, eine Tänzerin, kennen lernte. 1911 heirateten Franz und Margot Jung. Der Sohn Franz wurde geboren, wuchs jedoch bei den Großeltern in Neisse auf. Ende des Jahres wechselte Jung an die Universität München, wo er seine Dissertation Die Auswirkungen der Produktionssteuer in der Zündholzindustrie schrieb. Eine Vorabveröffentlichung in der Frankfurter Zeitung machte es Jung jedoch unmöglich, die Dissertation auch einzureichen. In München kam er in Kontakt mit Erich Mühsam, den Schriftstellern Leonard Frank, Oskar Maria Graf und dem Psychoanalytiker Otto Gross.
1912 - 1918
1912 erschienen erste Prosatexte Jungs in den expressionistischen Zeitschriften Der Sturm und Die Aktion sowie sein erstes Buch Das Trottelbuch. 1913 zog er nach Berlin, wo er in engem Kontakt zu Franz Pfemfert, dem Herausgeber der Aktion stand. In diese Zeit fällt auch die Bekanntschaft mit Cläre Otto, seiner späteren zweiten Frau. Als sein Freund Otto Gross auf Betreiben seines Vaters in die Psychatrie eingewiesen wurde, startete Jung eine Kampagne, die schließlich, im Juli 1914, zu Gross Entlassung führte.
1914 begann Jung für die Börsenblätter eines großen Berliner Wirtschaftsverlages zu schreiben. Nach Kriegsausbruch meldete er sich freiwillig zum Militär, erkrankte jedoch bald und desertierte im Dezember. 1915 floh er nach Wien, wurde dort jedoch verhaftet und nach Deutschland ausgeliefert. Einige Wochen verbrachte er in der Irrenanstalt Berlin-Wittenau, dazu noch einige Wochen in Haft in der Festung Berlin-Spandau. Nach seiner Freilassung - wozu psychatrische Gutachten von Gross beitrugen - wurde er Wirschaftsredakteur beim Deutschen Kurier und gründete den Verlag Die freie Straße. 1916 wurde die Tochter Dagny geboren; 1917 trennten sich Franz und Margot Jung. Bis 1918 arbeitete Jung an einer Reihe von politisch-kulturellen Projekten im Untergrund, und beschäftigte sich daneben wieder intensiv mit Ökonomie. Außerdem war er ab 1918 Mitherausgeber des Club Dada.
1919 - 1932
1919 wurde Jung während der Revolutionskämpfe, an denen er sich auf Seite der Spartakisten beteiligte, in Berlin verhaftet, jedoch gelang ihm die Flucht nach Breslau. Jung trat der KPD bei und gründete mehrere Wirtschaftsnachrichtendienste. 1920 wurde er aus der KPD ausgeschlossen und gründete mit anderen die Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands. Um deren Aufnahme in die Kommunistische Internationale zu betreiben, wurde er zusammen mit Jan Appel nach Moskau entsandt. Für die Passage in die Sowjetunion, kaperten die beiden den Fischdampfer Senator Schröder und fuhren nach Murmansk. Die Gespräche mit Lenin, Bucharin und Karl Radek blieben jedoch erfolglos.
Zurück in Deutschland wurde Jung wegen Schiffsraubs auf hoher See verhaftet. Im Gefängnis schrieb er eine Reihe von Büchern, u.a. die Romane Proletarier, Joe Frank erklärt die Welt, das Stück Wie lange noch? und den Essay Die Technik des Glücks. Anfang 1921 wurde er entlassen. Als er im Mai zusammen mit Cläre nach Großbritannien reisen wollte, wurde er in den Niederlanden zuerst inhaftiert und dann in die Sowjetunion ausgewiesen, wo er anfangs in Moskau für die Komintern arbeitete. Ab 1922 leitete Jung bei Nowgorod den Wiederaufbau einer Zündholzfabrik. Im November 1923 kehrte er unter falschem Namen nach Deutschland zurück, wo er eine Reihe literarischer Werke veröffentlichte vor allem aber als Wirtschaftsjournalist arbeitete. 1924 heirateten Cläre und Franz Jung; die Ehe wurde 1937 geschieden.
Mehrere Stücke Jungs wurden in den 1920er Jahren von Erwin Piscator inszeniert, darunter Der verlorene Sohn und Arbeiter Thomas. 1930 gründete er die Zeitschrift Der Gegner, an der u.a. Raoul Hausmann mitarbeitete. 1931 lernte Jung Harriet Scherret kennen, die nun seine Lebensgefährtin wurde; 1932 wurde der gemeinsame Sohn Peter geboren.
1933 - 1945
Von 1933 bis 1936 gab Jung den Pressedienst für den Wirtschaftsaufbau heraus und gehörte der Untergrundgruppe Rote Kämpfer an. Ende 1936 wurde er in diesem Zusammenhang verhaftet. Nach der Haftentlassung ging Jung 1937 nach Wien, wo er wiederum einen Wirtschaftsdienst gründete und an den Deutschland-Berichten der SPD mitarbeitete. Nach dem Anschluss Österreichs floh Jung in die Schweiz. 1939 wurde er ausgewiesen und ging nach Budapest. 1944 wurde er erst durch die ungarischen Pfeilkreuzler und dann vom Sicherheitsdienst verhaftet, jedoch gelang ihm beide Male die Flucht. 1945, auf der Flucht von Österreich nach Italien, wurde er erneut verhaftet und im KZ Bozen interniert.
1946 - 1963
Jung blieb bis 1948 in Italien und wanderte dann in die USA aus. In New York arbeitete er u.a. als Wirtschaftskorrespondent für deutschsprachige Zeitungen. 1953 zog er nach San Francisco; 1955 erhielt der die US-Staatsbürgerschaft. Jung, der mittlerweile an Kehlkopfkrebs erkrankt war und mehrfach operiert werden musste, reiste erstmals 1955 und dann wieder 1957 zu einem Besuch nach Deutschland. Ende 1960 kehrte er endgültig zurück. In Deutschland hatte er u.a. Kontakt zu Helmut Heissenbüttel, der beim Süddeutschen Rundfunk arbeitete und zu Fritz J. Raddatz, stellvertretendem Verlagsleiter bei Rowohlt. Beide bemühten sich darum, Jungs Werk in Deutschland wieder bekannt zu machen. 1961 erschien Jungs Autobiografie Der Weg nach unten, was zu Auseinandersetzungen und auch Prozessen führte, da sich darin einige Personen falsch dargestellt oder verleumdet fühlten. 1963 starb Franz Jung in Stuttgart.
Werke
- Das Trottelbuch, 1912
- Kameraden...!, 1913
- Sophie. Der Kreuzweg der Demut, 1916
- Saul, 1916
- Opferung. Ein Roman, 1916
- Der Sprung aus der Welt, 1918
- Reise in Rußland, 1920
- Joe Frank illustriert die Welt, 1921
- Der Fall Groß, 1921
- Proletarier, 1921
- Die Kanaker - Wie lange noch? Zwei Schauspiele, 1921
- Die Technik des Glücks, 1921
- Die Rote Woche, 1921
- Annemarie. Schauspiel in vier Akten, 1922
- Arbeitsfriede, 1922
- Hunger an der Wolga, 1922
- Die Eroberung der Maschinen, 1923
- Mehr Tempo! Mehr Glück! Mehr Macht, 1923
- Die Geschichte einer Fabrik, 1924
- Der neue Mensch im neuen Rußland, 1924
- Geschäfte. Eine Komödie, 1927
- Hausierer. Gesellschaftskritischer Roman, 1931
- Der Weg nach unten. Aufzeichnungen aus einer große Zeit, 1961
Eine Werkausgabe in 14 Bänden ist in der Edition Nautilus erschienen.
Über Franz Jung
- Fritz Mierau: Das Verschwinden von Franz Jung. Stationen einer Biografie, 1998
- Walter Fähnders/Andreas Hansen (Hrsg.): Vom Trottelbuch zum Torpedokäfer. Franz Jung in der Literaturkritik 1912-1963, 2003