Oruro ist eine Stadt im bolivianischen Andenmassiv und ist Hauptstadt des gleichnamigen Departamentos Oruro. Oruro war vor allem wegen seiner Zinnförderung wirtschaftlich bedeutend. Die Stadt liegt auf ca. 3710 m üNN, ca. drei Busstunden südlich von La Paz und ist mit etwa 210.000 Einwohnern (Schätzung 2007) die viertgrößte Stadt Boliviens.

Geographie
Die Extremtemperaturen liegen bei etwa 23°C im Sommer und -17° C im Winter. Die Regenzeit liegt zwischen November und März, am stärksten zwischen Januar und Februar. Der Himmel ist meist klar und von intensiver blauer Farbe. Obgleich das Klima sehr kalt ist, sagt man, daß es sehr gesund sei und das Leben erheblich verlängere.
Die Vegetation in und um Oruro ist karg, denn i dieser Höhe ist kein üppiges Wachstum mehr möglich. An Tierarten gibt es neben Vicuñas, Alpacas und Lamas auch das Quirquincho, eine kleine Gürteltierart. Daher werden die Bewohner Oruros im Volksmund auch die Quirquinchos genannt.
Bevölkerung
Die Bevölkerung Oruros besteht aus einer ethnischen Komposition, die sich aus Quechua, Aymara, Uru-Chipaya, Europäern und deren gemischten Nachfahren zusammensetzt.
Die Bolivianer sagen, daß die Orureños das ruhigste und friedlichste Volk in Bolivien seien. Obwohl Oruro keine besonders schöne Stadt ist, möchten die Bewohner sie dennoch nur ungern auf Dauer verlassen. Falls sie sich trotzdem eines Tages dazu gezwungen sehen, z.B. aufgrund der Arbeitsmarktsituation, dann läßt ihre Heimatverbundenheit sie immer wieder in ihre Geburtsstadt zurückkehren, denn da wo sie geboren wurden, wollen sie auch sterben.
Stadtbild
Oruro entspricht dem Bild einer typischen Industriestadt. Das gesamte Stadtbild ist geprägt durch den Einfluß der Bergbauindustrie. Obwohl der Bergbau längst nicht mehr den Stellenwert vergangener Tage besitzt, liegt noch immer ein feiner Staub überall in der Luft, der bis in die kleinste Ritze kriecht.
Wirtschaft
Bis zur Schließung der Minen zwischen 1990 und 1992 war Oruro bedeutendstes Zentrums des Bergbaus (Zinn, Silber, Gold, Wolfram, Antimon, Schwefel, Borax und Kupfer) in Bolivien. Der Kollaps des Zinnmarktes 1985 verursachte das Ende des Bergbaus in Oruro. Zunächst konnte der Abbau des Erzes in den Minen noch aufrecht erhalten werden. Heute sind jedoch nur noch sehr wenige, größtenteils privatisierte Minen in Betrieb. Einige Bergleute haben sich nach der staatlichen Schließung zu Kooperativen zusammengeschlossen und betreiben den Abbau der Mineralerze nun in eigener Regie. In den meisten der privatisierten Minen wird hauptsächlich Gold abgebaut, in den staatlichen Wolfram, Antimon, Borax und Schwefel. Die wichtigesten Minen Boliviens liegen aber immer noch im Departamento Oruro und befinden sich in Huanuni, Colquiri und Avicaya. Aufgrund des Rückgangs der Bergbauindistrie mußten die Orureños sich um andere wirtschaftliche Zweige bemühen. So wird heute verstärkt Landwirtschaft (Kartoffeln, Quinoa, Oca, Bohnen und Gerste) und Viehzucht (Pferde, Kühe, Schweine, Lamas und Alpacas) betrieben. Außerdem haben sich hier Schuhindustrie, Seifenfabriken, Mühlen, Industriekeramikbetriebe, metallverarbeitende Industrie und Nudelfabriken angesiedelt.
Infrastruktur
Dem Bergbau ist es zu verdanken, daß Oruro heute noch ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt ist. In dem ehemals wichtigsten Minenzentrum entstand die erste Eisenbahnlinie des Landes mit Verbindungen in alle großen Städte Boliviens sowie nach Chile und nach Argentinien. Desgleichen wurde für ein gutes Straßennetz gesorgt. Alle wichtigen Straßen des Landes führen über Oruro, was seine Entwicklung als Industriestadt erheblich begünstigt.
Feste
Oruro ist ein weithin berühmtes Zentrum des bolivianischen Karnevals, der seit 2001 von der UNESCO zum Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit gekürt wurde und der hier mit besonderen, kunstvoll geschnitzten riesigen bunten Holzmasken in Form von Teufelsfratzen und ausgefeilten Tänzen gefeiert wird. Im Karneval von Oruro leben Elemente der präkolumbischen Religion der indigenen Völker des Hochlandes fort. Die Fahrt von und nach Oruro ist um diese Jahrezeit um 100% teurer als gewöhlich, und die Plätze in den Bussen sind schon lange im vorraus ausverkauft. Die Stadt füllt sich und scheint aus allen Nähten zu platzen. Selbst Hotels und Pensionen sind Monate vorher restlos ausgebucht.
Gründung Oruros
Mit dem Erscheinen der Spanier 1535 auf heutigem bolivianischen Boden und der Gründung Parías, einem schönen, kolonialzeitlichen Dorf, das heute 23 km von Oruro entfernt liegt, begann die Geschichte des Bergbaus in der Gegend. In Paría, 1535 von Diego de Almagro gegründet und somit die älteste spanische Siedlung Alt-Perus, wurde schon zu Zeiten der Inkas Gold abgebaut. Paría erreichte jedoch nie den Status einer Stadt, während Oruro das 1606 unter dem Namen Villa San Felipe de Austria (in Ehrerbietung Philipp III., der zu dieser Zeit König von Spanien war) gegründet wurde, zum Zentrum des Bergbaus in Bolivien aufstieg. Bereits um 1557 wußte man, daß es in der Gegend um Paría Silbervorkommen gab. Doch es war aufgrund der sehr blutigen Bürgerkriege, die die Spanier 1538-1548 untereinander führten, anfangs sehr schwierig in diese Region zu gelangen. Der Akt zur Gründung Villa San Felipe de Austria war nur noch reine Formalität. Schon vor der urkundlichen Bestätigung war der Ort stark besiedelt. Nach Salamanca Trujillo soll es im Jahr vor der offiziellen Gründung bereits 30.000 Einwohner und 6.000 Minenarbeiter gegeben haben. Doch bevor die Stadt diesen Namen erhielt, taufte Francisco de Medrano sie 1585 "San Miguel de Oruro" und die Dokumente aus dieser Zeit erwähnen schon damals nur noch den Namen Oruro.Laut Mesa und Gisbert war der Landstrich in dieser Epoche unter der Bevölkerung sowieso nur unter dem Namen Uru-Uru bekannt, aufgrund der Urus, die in dieser Gegend lebten und auf die auch der Name der Stadt zurückzufphren ist. Aktenkundlich wurde der Name Oruro jedoch erst am 5.9.1826 durch Mariscal Antonio J. de Sucre, dem damaligen Präsidenten Boliviens. Aufgrund reicher Edelmetallvorkommen, die den Spaniern nicht verborgen blieben, gehörte Oruro bereits ein Jahr nach seiner Gründung zu den am stärksten besiedelten Städten im hispanischen Amerika. Administrativ unterstand Villa San Felipe de Austria der Audiencia de Charcas, einem Verwaltungsbezirk des Vizekönigreiches Peru, das von Diego de Almagro 1559 gegründet wurde und seinen Sitz in La Plata, heute Sucre, hatte. Mit der Gründung fingen die Probleme jedoch erst an. Die Gründerväter und Minenbesitzer von Potosí bekamen Angst, daß Oruro ihnen den Rang ablaufen könnte. Sie fürchteten, daß die Indigenen, die eigentlich zur mita (periodische Rotationsarbeit) nach Potosí kommen sollten, in Oruro beliben könnten, was diese mehrheitlich auch taten. Der Präsident der Audiencia de Charkas, Maldonado de Torres, wollte daraufhin mit dem König beraten, ob es nicht besser wäre, Oruro das Stadtrecht wieder abzusprechen und es nur Asiento (hier: Minenarbeitersiedlung) sein zu lassen, da die Konkurrenz für Potosí zu groß sei. Es wurde beschlossen die mita in Oruro anzuschaffen, damit die Indios die nach Potosí zur Arbeit eingeteilt waren, ihrer Arbeitspflicht auch nachkamen. So kam es, dass die Indios, nachdem sie in Potosí ihre zwangsweise auferlegte Arbeitspflicht erfüllt hatten, nach Oruro kamen, um dort weiterzuarbeiten, jedoch als "freie" Arbeiter. Der eigens zu diesem Zweck zum Vogt ernannte Diego de Portugal wurde 1607 von Peru nach Oruro geschickt, um sich ein Bild über die Lage im Minenzentrum zu machen und um andererseit zu prüfen, ob die Stadt ihren Titel behalten dürfe. Er stellte fest, dass die Stadt sowohl baulich als auch administrativ schon so weit entwickelt war, daß man ihr das Stadtrecht nicht mehr aberkennen könne. Die Gründung blieb bestehen und wurden nicht mehr diskutiert. Charakteristisch für alle Minenzentren war, das rasche Wachstum nach der Entdeckung der Minen, eine Epoche des Glanzes und der Blüte. Der langsame Verfall folgte und viele Bewohner verließen die Stadt, als die natürlichen Reichtümer, die einst für die Gründung ausschlaggebend waren, versiegten. Begünstigt durch die Lage entwicklete Oruro sich schnell zu einer blühenden Stadt; Aufstieg und Fall hingegen hingen mit dem Ertrag der Minen zusammen. Bis die wichtigsten Silberadern (vetas principales) versiegten, war Oruro stark bevölkert und für Potosì ein ständiger Dorn im Auge. Erst als die Zinnminen von Simón I. Patiño entdeckt wurden, konnte der Minenbetrieb wieder aufgenommen werden und sich die wirtschaftliche Lage Oruros wieder stabilisieren.
Sehenswürdigkeiten
- Santuario del Socavón (Kirche der wundertätigen Jungfrau und Schutzpatronin der Stadt, zu deren Ehren der Karneval abgehalten wird)
- Museo Minero del Socavón (Bergbaumuseum unter der Kirche, Eingang in der Kirche)
- Museo Simón I. Patiño (Wohnhaus des Zinnbarons)
- Museo Taller Cardozo Velásquez (Privatmuseum eines ansässigen Künstlers)
- La Casa de la Cultura
- Museo Antropológico (Volkskundemuseum)
- Museo de Arte Sacro
- Talleres Artesanales (Werkstätten der Künstler, die die prächtigen Kostüme (Diablada, Morenada) für den Karneval herstellen)
- Museo Mineralógico
Literatur
- Crespo Rodas, Alberto: La Fundación de San Felipe de Austrie y Asiento de Minas de Oruro. In: Revista Histórica. Organo de la Academia Nacional (Instituto del Peru) Tomo XXIX, Lima, 1966.
- Mesa, José /Gisbert, Teresa: Oruro. Origen de una Villa Minera. In: La minería Hispana e Iberoamericaca. Contribución a su investigación histórica. Vol.1, Leon, 1970.
- Salamanca Trujillo, Hugo: La Proclama Patriotica de Oruro. Valoración histórico-social del manifesto de agravios. In: Revista Universidad Segunda Epoca, No.1, Oruro 1975.