Der folgende Artikel handelt hauptsächlich von der Aufklärung als Epoche der europäischen Geistesgeschichte. Weitere Bedeutungen unter Aufklärung (Begriffsklärung).
Das Zeitalter der Aufklärung bezeichnet eine Epoche in der intellektuellen Entwicklung der westlichen Gesellschaft im 16. bis 18. Jahrhundert, die besonders durch das Bestreben geprägt ist, die Denkweise von althergebrachten, starren und überholten Vorstellungen zu befreien und Akzeptanz für neu erlangtes Wissen zu schaffen. Die Menschen dieser Zeit profitierten vom Erkenntniszuwachs der vorangegangenen Renaissance und entwickelten wesentliche Errungenschaften weiter.
Aufklärung im Allgemeinen
Aufklärung im allgemeinen politisch-kulturellen Sinne meint einen gesellschaftlichen Prozess, dessen Ziel es war (und ist), mythologisches Denken zu hinterfragen und durch rationales Denken zu ersetzen. Der Mensch soll nicht mehr aufgrund von Autoritäten glauben, sondern "aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit" ausbrechen und sein Leben selbst gestaltend in die Hand nehmen. Beispiele für Aufklärungsprozesse sind die griechische Aufklärung im Zeitalter der Antike oder die moderne europäische Aufklärung, die sich auf erstere stützt.
Die moderne europäische Aufklärung beginnt mit der Wiedergeburt des antiken Geistes in der Renaissance. Diese und die Reformation bilden das Vorspiel für das so genannte Zeitalter der Aufklärung.
Das Zeitalter der Aufklärung wird oft kurz Aufklärung genannt, obwohl der Aufklärungsprozess eine menschheitliche und welthistorische Dimension hat und nicht erst im 17. Jahrhundert in West-Europa begann und sich auch nicht am Ende des 18. Jahrhunderts verabschiedete.
Man kann das Zeitalter der Aufklärung auch mit dem Romanisten Werner Krauss in Frühaufklärung, Aufklärung und Spätaufklärung unterteilen. Dann versteht man unter Aufklärung im engeren Sinne die Periode in der Mitte des 18. Jahrhunderts, die in Frankreich geistesgeschichtlich von den Diskussionen um die Encyclopédie bestimmt wurde.
Mit der Zeit dieser Aufklärung ging ein naturwissenschaftlicher und technischer Erkenntnisfortschritt einher. Er beeinflusste auch stark die Bildung humanistischer Vorstellungen, denn auch die Ethik sollte rationalen Kriterien unterworfen werden.
Geschichtlicher Hintergrund
Das Zeitalter der Aufklärung ist die Epoche der europäischen Geistesgeschichte im 17. und 18. Jahrhundert. Sie war geprägt durch eine Bewegung der Säkularisierung und eine Abkehr von der absolutistischen hin zu einer demokratischen Staatsauffassung und dem Aufkommen von Gedanken zu Menschen- und Bürgerrechten. Die Bewegung trat für ein vernunftgemäßes Denken und gegen Vorurteile und religiösen Aberglauben ein; Wissenschaft und Bildung sollten gefördert und auch in den "niederen" Volksschichten verbreitet werden.
Die Aufklärung ging von Holland, England und Frankreich aus. Die wichtigsten Voraussetzungen für die Aufklärung waren jedoch die vorausgegangene Renaissance, die neuen Entdeckungen in Übersee und das daraus entstandene neue Weltbild, die Papierherstellung und der Buchdruck. Damit wurde der Bucherwerb auch fürs bürgerliche Publikum erschwinglich, ein Verlagswesen mit Zeitungsproduktion und Buchmarkt entstand.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts war Reiseliteratur in Mode. Hatte man zuvor den Europäer (und Christen) für überlegen gehalten, las man nun, dass manche Anders- oder Ungläubige, wie zum Beispiel die Chinesen, sehr wohl hohe Prinzipien und eine eigene Hochkultur haben konnten. Die Reiseliteratur jener Tage übte derart mehr oder weniger deutlich Kritik an der europäischen Gesellschaft. In fiktiven Reiseberichten, z.B. Montesquieus Persischen Briefen, in denen zwei Perser Europa besuchen, sehen die Leser ihre Welt durch die Augen der Fremden - mit erhellenden komisch-satirischen Effekten.
Allgemeine Charakteristika
Der wichtigste Grundsatz der Aufklärung besagte, dass die Vernunft imstande ist, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Nicht wenige Anhänger der Aufklärung landeten wegen dieser Überzeugung und ihrer Forschungsergebnisse hinter Schloss und Riegel wie Galilei oder mussten fliehen.
Kants Leitspruch: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" ("Sapere aude.") zielt auf den äußeren Widerstand gegen die Aufklärung, aber auch auf die innere Befreiung von der Bevormundung. Spinoza vertrat in seinem Theologisch-politischen Traktat von 1670 die These, dass Judentum und Christentum lediglich vergängliche Phänomene ohne absolute Gültigkeit seien. Die Forderung der Aufklärer nach Gedanken- und Glaubensfreiheit konnte sich unter anderem auf John Lockes "Briefe über die Toleranz" (1689) berufen. John Toland veröffentlichte 1696 ein Buch, in dem er behauptete, die Bibel sei zum Teil eine Fälschung und die Kirche habe ein Interesse daran, Menschen zu täuschen. Jean Meslier ging in seinen Beobachtungen und Forderungen noch wesentlich über Toland hinaus. Pierre Bayle attackierte den Aberglauben, dass Kometen Unheil ankündigen, und andere Vorurteile, während der Holländer Balthasar Bekker die Hexenprozesse aufs Korn nahm.
Die Menschen der Aufklärung beflügelte der Glaube, Vernunft und Freiheit würden die Menschheit in absehbarer Zeit von Unterdrückung und Armut erlösen. Auch glaubten viele an den Slogan "Wissen ist Macht". In Frankreich entstand so die berühmte Encyclopédie. Herausgegeben wurde sie von Denis Diderot und Jean d'Alembert, und etliche Aufklärer mit großem Namen wie Voltaire und Montesquieu schrieben Artikel für das Hauptwerk der Aufklärung.
Jean-Jacques Rousseau beteiligte sich ebenfalls. Er wird meist als Aufklärer bezeichnet, doch das ist bedenklich. Seine Schriften waren eher emotional und seine Gedanken alles andere als klar, weshalb er denn auch von Voltaire verspottet wurde, von dem Mann, der als der bedeutendste französische Aufklärer gilt. Voltaire war ein unerbittlicher Gegner der Kirche und ein Erneuerer der Geschichtsschreibung. Einen großen Teil seines guten Rufs verdankt er seinem erfolgreichen Kampf gegen krasse Irrtümer bzw. Willkür-Urteile der Justiz.
Die Aufklärung war im so genannten Zeitalter der Aufklärung vor allem Sache der Wohlhabenden, namentlich des ökonomisch erfolgreichen Bürgertums. Manche Aristokraten sympathisierten sogar mit der Bewegung und unterstützten in juristische oder finanzielle Bedrängnis geratene Aufklärer. Condorcet ging so weit, seinen Adelstitel ganz abzulegen.
Aufgrund der strengen Zensur in Frankreich arbeiteten einige französische Druckereien in Amsterdam, wo auch berühmte Aufklärer Zuflucht fanden. Schriften wurden von dort nach Frankreich geschmuggelt. Das gleiche Muster offenbarte sich in Österreich; viele Druckwerke erschienen in Deutschland.
Die Aufklärung war nicht die einzige Ursache der französischen Revolution, hat sie jedoch in vielen Aspekten geprägt: ihre Führer, radikale Anhänger der Aufklärung, schafften den Einfluss der Kirche ab und ordneten Kalender, Uhr, Maße, Geldsystem und Gesetze anhand von rein rationalen Kriterien neu. Die französische Revolution markiert gemeinhin das Ende der Aufklärung und den Beginn des (Früh-)Liberalismus.
Die extreme Betonung von Ratio und Objektivität der Aufklärung führte zur Gegenbewegung der Romantik, die Individualität und subjektive Erfahrung betonten und die Menschen in einer Welt, in der Werte und Regeln einzig nach Kriterien der Vernunft bestimmt wurden, als Gefangene sah.
Noch stärker wird die Aufklärung von Postmoderne und Dekonstruktivismus kritisiert, die absolute objektive Werte und Wahrheiten verneinen und Logik nicht als Basis des menschlichen Wissens sehen.
Berühmte Vertreter der Aufklärung:
- Cesare Beccaria
- Denis Diderot
- David Hume
- Immanuel Kant
- Gotthold Ephraim Lessing
- Johann Gottfried Herder
- Moses Mendelssohn
- Montesquieu
- Voltaire
- Jean-Jacques Rousseau
Siehe auch: französischer Materialismus, protestantische Reformation, Humanismus, Dialektik der Aufklärung, Haskala
Literatur
- Helmut Reinalter (Hrsg.): Die Aufklärung in Österreich. Ignaz von Born und seine Zeit (=Schriftenreihe der Internationalen Forschungsstelle "Demokratische Bewegungen in Mitteleuropa 1770-1850, Bd. 4), Peter Lang : Frankfurt/a.M u.a. 1991, 146 S., ISBN 3-631-43379-4