Berlin-Gropiusstadt

Ortsteil von Berlin
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Die Gropiusstadt von Süden (Brandenburg)

Die Gropiusstadt von Süden
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Die Gropiusstadt entstand von 1962 bis 1975 als Satellitensiedlung im Süden des Berliner Bezirks Neukölln. Die rund 18.500 Wohnung der von Walter Gropius geplanten Trabantenstadt wurden zu 90% als Sozialwohnungen errichtet und seit den 80er Jahren gilt die Gropiusstadt als sozialer Brennpunkt. Über Berlin hinaus bekannt geworden ist sie vor allem durch das Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, dessen Autorin Christiane F. hier aufwuchs.

Planung

Mitte der 50er Jahre begannen erste Vorüberlegungen für die Schaffung einer großsiedlung im Süden Neuköllns. Die Wiederaufbauarbeit nach dem Krieg gewann an Dynamik und getreu dem Motto der Charta von Athen sollte auch in die dichtbebauten Gründerzeitviertel Licht, Luft und Sonne! einziehen. für die Bewohner der dabei abzureißenden Hinter- und Seitenhäuser mußte aber neuer Wohnraum geschaffen werden.

Aus Überlegungen, die in Britz gelegene Hufeisensiedlung von Bruno Taut nach Süden zu erweitern, entstand die Idee, die an der südlichen Grenze zur DDR gelegene Ackerfläche für das Wohnungsbauvorhaben zu nutzen. Im Mai 1958 begannen erste Grundstücksankäufe für die Großsiedlung Britz-Buckow-Rudow (BBR), wie der Planungsname nach den betroffenen Stadtteilen lautete. Ab 1962 betreute der Bauhaus-Architekt Walter Gropius mit seinem Büro The Architects Collaborative (TAC) federführend die Planung. Er wollte die "mannigfaltigen Elemente des herkömmlichen Stadtlebens" mit den damals modernen Methoden des Städtebaus zu verbinden.

Die Konzeption sah als Reminiszenz an die Hufeisensiedlung kreisrunde Baukörper mit dazwischenliegenden, überschaubaren Wohnvierteln und Einfamilienhaussiedlungen vor, in denen zentral Geschäftszentren und eine Anbindung an die zu verlängernde U-Bahnlinie 7 eingebettet waren. Große Grünflächen dazwischen sollten die Bebauung auflockern und den Bewohnern zur Naherholung dienen.

Mit dem Mauerbau nach 1961 änderten sich schlagartig die Rahmenbedingungen in West-Berlin: da keine Wachstumsflächen nach außen mehr verfügbar waren, mußten die Bauvorhaben nun deutlich verdichtet werden. Statt der ursprünglich vorgesehenen 14.500 Wohnungen wurden die Planungen modifiziert, die endgültige Planfassung sah auf 264 ha fast 19.000 Wohneinheiten für mehr als 50.000 Menschen vor. Als Folge der höheren Dichte wurden nun mehr Flächen für Infrastruktureinrichtungen (Schulen, Einkaufszentren, etc.) und Stellplätze benötigt, so daß die Gebäude auf der verbleibenden Fläche deutlich in die Höhe wachsen mußten. Statt der von Gropius vorgesehenen maximal fünf Geschosse hat das höchste hier stehende Gebäude nun 29 Etagen. Auch die Grünflächen wurden deutlich reduziert.

Bauphase

Am 7. November 1962 legte der damalige regierende Bürgermeister Willy Brandt im Beisein von Walter Gropius feierlich den Grundstein dür den ersten Bauabschnitt. Die Bebauung entstand komplett in Regie der städtischen Wohungsbaugesellschaft GEHAG, private Investoren kamen praktisch nicht zum Zug. Ab 1965 begann man parallel zum Siedlungsbau die U-Bahn von Britz-Süd nach Rudow zu verlängern. Entlang der U-Bahn-Stationen entstanden Stadtteilzentren, entlang der Strecke entstand oberirdisch ein Grünzug. 1969 starb Gropius, 1972 wurde die Siedlung nach dem berühmten Bauhaus-Architekten benannt. Die Vollendung der Siedlung 1975 erlebte er nicht mehr mit. Nach Abschluß der Bauarbeiten waren für 1,74 Milliarden Mark 18.500 Wohneinheiten mitsamt Verkehrserschließung und Infrastrukturfolgeeinrichtungen entstanden.

Weitere Entwicklung

Stellte die Gropiusstadt in den ersten Jahren einen attraktiven Stadteil dar, der Lebensqualität bot, die es in der Innenstadt oft nicht gab, so entwickelte er sich ab Ende der 70er durch den hohen Sozialwohnungsanteil von 90% zum Problemgebiet. Auch die von Le Corbusier geprägte, stark ideologisierte Stadtplanung der 50er und 60er Jahre führte vielfach nicht zu den gewünschten Ergebnissen und brachte damals ungeahnte Probleme mit sich. Auch die vom Senat gegen den Willen Gropius durchgeführten Planänderungen trugen ihren Teil zur Lage bei.

Die noch nicht allzu stark bewachsenen Freiflächen hatten wenig Aufenthaltsqualität, dunkle Ecken und Treppenhäuser entwickelten sich zu Angsträumen. Die Bewohner blieben in ihren Appartements eher unter sich und trotz vielfältiger sozialer Einrichtungen entwickelte sich das soziale Leben nicht wie erwartet. Die Bewohner bemängelten den Verlust innerstädtischer Urbanität durch die weiten Freiflächen, die Nachbarschaftsprobleme durch die hohe Wohndichte und den Verlust des Kiez-Gefühls. Die Mieterfluktiation stieg, ebenso wie die Leerstandsquote. Die in der Gropiusstadt aufwachsende Christiane F gibt in ihrem Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo eindrucksvoll eine Darstellung über die sozialen Probleme.

1986 wurden mit großen Investitionen Wohnumfeldverbesserungen vorgenommen. Das öffentliche Grün wurde entsprechend Gropius' ursprünglichen Vorstellungen aufgewertet, Plätze umgestaltet und man versuchte mit gezielten Maßnahmen zusätzliche Angebote (z.B. Jugendclubs, Quartiersmanagement) für die Bewohner zu schaffen.

Nach der Wende änderten sich die Verhältnisse signifikant. Der großzügige Bundeszuschuß für die Berliner Städtebauförderung entfiel, die Wohnnachfrage sank, weil die Berliner auch ins Umland ziehen können und zuziehende Rußlanddeutsche ließen den Ausländeranteil ansteigen. Seit 2001 ist kein Wohnberechtigungsschein mehr für den Bezug der Wohnungen erforderlich, weshalb die Attraktivität der Gropiusstadt wieder merklich zugenommen hat. Die Leerstandquote liegt im niedrigen einstelligen Bereich.

Das Ladenzentrum an der Johannistaler Chausee hat sich hat sich von einem Stadtteilzentrum zu einem Einkaufszentrum von überörtlicher Bedeutung entwickelt. Die Gropius-Passagen gehören heute mit über 85.000 qm Einkaufsfläche und 170 Geschäften zu den größten Einkaufszentren in Deutschland.

Literatur