Wort-des-Glaubens-Bewegung

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Die Wort-des-Glaubens-Bewegung (englisch Word of Faith) ist eine spezielle Richtung des Christentums, die in manchen Pfingstgemeinden und charismatischen Gemeinden Verbreitung gefunden hat. Sie stammt aus dem angelsächsischen Raum und ist in Deutschland vor allem durch die Bücher des US-Amerikaners Kenneth Hagin bekannt geworden. Sie ist auch bekannt unter dem Namen "Glaubensbewegung".

Theologie

Glauben

Kernpunkt der Theologie der Wort-des-Glaubens-Bewegung ist Hebräer 11. Darin wird Glaube als etwas definiert, das den empirischen Bereich übersteigt. Festhalten an biblischen Verheissungen trotz gegenteiliger Erfahrungen ist für die Wort-des-Glaubens Lehre zentral. Man bleibt also in einem Zustand der Erwartung und der Gespanntheit auf die Dinge, die Gott einem verheißen hat. Wichtig dafür ist auch die Lehre, dass der gläubige Christ insofern er an der Erlösungstat Jesu festhällt, bereits vollkommen ist. Es liegt also dieser Theologie grundlegend eine Spaltung der Wirklichkeit in unsichtbare Realität und sichtbare noch nicht verwirklichte Realität zugrunde. Gott hat sich laut Glaubensbewegung festgelegt, immer laut den biblischen Verheißungen und Prinzipien (ein beliebtes Wort in der Bewegung) zu handeln. Glauben hat jetzt damit zu tun, diese Prinzipien auf sein Leben anzuwenden. Der Glaubensbegriff hat also weniger die Dimension der Gottesbeziehung und mehr den Charakter von Inanspruchnahme bestimmter Verheißungen. Deswegen ist eine häufige Redewendung in diesen Kreisen, dass man "für etwas" glaubt; also "Glauben hat" bestimmte Dinge zu erlangen.

Offenbarung

Die Wort-des-Glaubens Bewegung unterscheidet zwischen zwei Arten von Lehre: Logos und Rhema: Logos ist die vernünftige Rede, das geschriebene Wort der Bibel, theologische Reflexion und Lehre. Rhema hingegen ist das Wort Gottes, das sich "ereignet". Es bezeichnet einen bestimmten ekstatischen Zustand, in dem einem das Wort Gottes bewusst wird. Man erfährt biblische Wahrheiten existentiell, spürt wie sie für das eigene Leben Bedeutung haben. Dies ist der Zustand, der eigentlich dem Glauben (wie oben definiert) voraus geht. Recht plötzlich erhält man einen tieferen oder gar korrigierten Einblick in biblische Zusammenhänge und es steigt der Mut in einem auf, diese auf sein Leben zu beziehen.

Das Objekt des Glaubens

Es gibt einige wiederkehrende Themen in der Glaubensbewegung. Das wichtigste ist sicher die neue Identität in Christus. Man lehrt aufgrund von Römer 10,4, dass der Gläubige nun eine neue, gottähnliche Natur hat. Diese Natur zeigt sich in einer neuen ethischen Qualität, die mehr Liebe ausstrahlt als es die alte Natur vermochte. Zur neuen Natur gehört aber auch persönlicher Erfolg im Leben. Da Gott möchte, dass seine Kinder Erfolg haben werden, müssen wir ihm trotz widriger Umstände Vertrauen schenken und nicht daran zweifeln, dass der verheißene Segen eintrifft. Dazu gehört - und hier gibt es durchaus Unterschiede in der Akzentuierung - auch materieller Reichtum und Gesundheit. Man kann also auch davon sprechen, dass eine typisch charismatische Wundersehnsucht dogmatisiert wird. Es wird sogar von einem Anspruch der Gläubigen geredet. Gott kann außerhalb seiner Verheißungen, die mit Glauben empfangen werden müssen, nicht oder kaum handeln.

Das Bekennen

Der Glauben allein reicht noch nicht. In Anlehnung an Römer 10:10 ("Wer im Herzen glaubt und mit dem Munde bekennt, der wird gerettet") ist es wichtig, die durch Offenbarungserkenntnis erlangten Einsichten über den Segen, der den Gläubigen zusteht, müssen gebietend ausgesprochen werden. Dahinter steht die Ansicht, dass das gesprochene Worte eine Kraft enthält. Hier stellt sich die Frage, inwieweit man schon von einem magischen Verständnis reden kann.

Praxis

Akzentuierungen und Verbreitung

Verschiedene Gemeinden und Prediger, die sich zur Glaubensbewegung zählen, heben durchaus sehr unterschiedliche Dogmen aus diesen Lehrgebäude hervor. Zum einen wird von manchen besonders stark die neue Identität in Christus betont. Diese Lehre stößt auch als Gegenmodell eines krampfhaften Heiligungsbestreben bis in nichtcharismatische evangelikale Kreise vor. Ein Anknüpfungspunkt an klassisch pfingstliche Vorstellungen ist die Betonung von (Heilungs-)Wundern und die Vorstellung, dass jeder Gläubige geheilt wird. Eine andere Richtung ist die Wohlstandstheologie. Typischerweise wird hier als eines der "Prinzipien, nach denen Gott arbeitet" das von "Aussaat und Ernte" angesehen. Man könnte von "Konsumieren durch Investieren" sprechen. Wenn der Gläubige finanzielle Schwierigkeiten hat, muss er mehr Geld fortgeben. Es gibt auch die Betonung, vor allem seiner Gemeinde zu geben oder Leitern, die besonders gesegnet scheinen. So lässt sich auch der Anstieg des Reichtums bei einigen Leitern erklären. Im Unterschied zu calvinistischen Vorstellungen jedoch, ist dieser Reichtum weniger die Bestätigung der Erwählung des Gläubigen (Wort-des-Glaubens Gemeinden sind in der Regel nicht calvinistisch) und mehr Anspruch des Gläubigen und missionarisches Zeichen, wie gut es Anhängern des christlichen Gottes geht.

Gemeindeleben

Nicht selten kann man beobachten, dass Gemeinden der Glaubensbewegung um einen einzelnen äußerst talentierten Prediger herum entstehen. In vielen Punkten gleicht das Gemeindeleben dem einer typisch charismatischen Freikirche. Man verfolgt ein attraktionistisches Modell von Mission, in dem Nichtgläubige vor allem von dem Erfolg und dem Wohlergehen der Gläubigen aber auch von eigenem Erleben von Vorteilen und Segnungen zu Glauben kommen. Folglich sind die zentralen missionarischen Veranstaltungen auch Heilungsgottesdienste.


Würdigung und Kritik

Die Lehre und Praxis der Glaubensbewegung mobilisiert den Einzelnen Gläubigen sehr stark, über sich hinaus zu wachsen. Sie bringt Menschen hervor, die der Meinung sind mit Gottes Hilfe noch das Beste aus sich (bzw. ihrer neuen Natur) herauszuholen. Allerdings kann diese Lehre für psychisch labile Menschen eine große Belastung darstellen, da sie über alle Maßen die Vorstellungs- und Willenskraft beansprucht und wenig Hilfestellungen anbietet. Gott und andere Gläubige können nicht viel tun, man muss selber die Verheißungen in Anspruch nehmen. Außerdem gibt es Stimmen, die in dieser Lehre eine Verkürzung des christlichen Glauben auf "das Individuum und Gott" sehen. Die Gefahr besteht, in ein Konsumdenken zu verfallen. Es hat außerdem nur eine sehr geringe Bandbreite der menschlichen Erfahrung Platz in dieser Theologie. Leid (in mancher Rhetorik auch Mitleid), Zweifel, Scheitern und andere Unannehmlichkeiten sind Teile des Lebens die es zu ignorieren gilt.