Wikipedia:Wie erstelle ich Strukturformeln?

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Dies ist ein kleiner Leitfaden darüber, wie man chemische Strukturformeln erstellt und welche Konventionen beachtet werden sollten.

Welche Formel ist die Richtige?

Bevor man einen Chemikalienartikel mit einer Strukturformel versieht, sollte man überlegen und ggfs. in der Fachliteratur oder einem Lehrbuch nachsehen, welche Bindungsart überhaupt vorliegt.

Generell gilt: Wenn es sich um rein ionische Verbindungen handelt (das sind zumeist anorganische Salze), dann ist eine Strukturformel mit Valenzstrichen fehl am Platz.

Valenzstrichformeln kommen eigentlich nur bei Verbindungen zur Anwendung, die auch tatsächlich kovalente Bindungen enthalten. Es gibt natürlich Grenzfälle, in denen sowohl kovalente als auch ionische Bindungen vorkommen. Diese sind dann so darzustellen, dass klar hervorgeht, welche Bindungen ionisch und welche kovalent sind.

In komplexen Metall-Koordinationsverbindungen können Bindungsstriche verwendet werden, diese deuten dann aber eher die Geometrie der Ligandenanordnung an, als dass sie auf die Bindungsart Bezug nehmen. Die Angabe von Ladungen ionischer Liganden ist dann sehr sinnvoll.


Verbindung Darstellung Beispiel
rein ionisch Ionendarstellung und/oder Kristallgitter Na+ Cl     
rein kovalent Valenzstrichformel  
kovalent/ionisch Valenzstrichformel mit Angabe der Ladungen  
Komplexverbindung geometrische Darstellung, ggfs. mit Ladungen  

Falls nicht klar ist, welche Strukturdarstellung in Frage kommt, ist die Redaktion Chemie gerne bereit, mit Rat und Tat zu helfen. Ansonsten ist es besser, die Struktur zunächst einmal wegzulassen. Dies gilt besonders für die bzgl. der Strukturen etwas problematischen ionischen Verbindungen. Eine einfache Ionendarstellung wie in obiger Tabelle ist sicher kein Fehler, eine Kristallgitterdarstellung sollte man aber nur versuchen, wenn man ein gewisses "Gefühl" für die richtige Perspektive und den richtigen Ausschnitt des Gitters besitzt, sonst verwirrt eine solche Darstellung mehr, als sie zur Erklärung der strukturellen Verhältnisse beiträgt.

Software

Formel-Editoren sind in großer Auswahl erhältlich als Freeware/OpenSource-Programme. Hier eine Auswahl:

  • 3D
    • Jmol OpenSource
    • MoluCAD 3D-Darstellung ... Demo ist kostenlos
    • PyMOL 3D-Darstellung, besonders für Proteine geeignet. Freie GNU GPL Lizenz
    • QuteMol Open Source 3D mit GL
    • VMD OpenSource mit spez. Lizenz, kostenlose Registrierung, Source und Binaries, sehr prof. (Biochemie)
    • diese Liste darf (und soll) ergänzt werden

Siehe auch: Liste Chemiesoftware für Linux

Empfohlene Formate und das Hochladen

Für Strukturformeln sind SVG oder PNG die empfohlenen Formate. Bilder im PNG-Format sollten eine hohe Auflösung haben (Breite von mindestens 2000 Pixeln), um in druckbaren Medien genutzt werden zu können. Bei so hoher Auflösung ist ein zusätzliches Glätten entbehrlich. Einfaches Schwarz/Weiß ist für 2D-Formeln ausreichend.

Das Hochladen auf Wikimedia Commons ermöglicht es Schwester-Projekten, die Strukturformeln mitnutzen zu können. Daraus folgt auch, dass Verbindungsnamen oder anderer deutschsprachiger Text in der Bildlegende untergebracht werden sollte, nicht in der Bilddatei selbst.

Da Strukturformeln nicht die nötige Schöpfungshöhe erreichen, um geschützt zu sein, reicht es, sie unter einer Public Domain-Lizenz einzustellen.

Erläuterung zur Lizensierung

Lizenzen sind dazu da, geistiges Eigentum zu schützen. Die meisten Strukturformelgrafiken dürften aber aufgrund der geringen bzw. nicht vorhandenen Schöpfungshöhe ohnehin nicht zu den schutzfähigen Werken gehören (vgl. §§ 1 und 2 Abs. 2 UrhG), wären also gemeinfrei und könnten gar nicht geschützt werden. Solche Strukturformelgrafiken sollten daher nicht unter eine Lizenz (weder die GNU FDL, noch eine CC-Lizenz) gestellt, sondern lieber gleich als public domain (in Commons als „{{PD-ineligible}}“) gekennzeichnet werden.

Uniformität von 2D-Formeln

Maße

 

Um innerhalb der Wikipedia ein einheitliches Aussehen der Strukturformeln zu erreichen, sollten Heteroatome auf die Schriftart Arial mit Schriftgröße 13 pt eingestellt werden, Bindungen sollten eine Länge von 0,7 cm aufweisen. In den etwas besseren Editoren lassen sich diese Parameter manuell justieren. Nebenstehendes Bild kann (in Originalgrösse) als Vergleichsstandard dienen. Es empfiehlt sich ein Rand von etwa 5px.

PNG-Dateien sollten eine Auflösung von 1000 bis 2000 Pixeln besitzen. Kleinere Dateien sind für den Druck ungeeignet! Bei SVG spielt die Auflösung keine Rolle.

Gerüstdarstellung / Ausführliche Darstellung

Das explizite Zeichnen von Kohlenstoffatomen ist unüblich, außer wenn das Atom eine besondere Bedeutung in der Struktur besitzt, z.B. um eine Stereoisomerie zu markieren, oder als Reaktionspartner, oder allg. in Verbindungen mit weniger als zehn Atomen. Das heißt also auch, dass z.B. endständige Methylgruppen nicht als   dargestellt werden, sondern als einfacher Strich. Eine solche Darstellung nennt man Gerüstdarstellung oder Skelettformel und sie ist bei uns der Standard, außer in den angesprochenen Fällen.

Momentan gibt es keinen dtspr. Artikel über diese Darstellung, aber Englischkundige können bei en:Skeletal formula nachsehen.

3D-Formeln

 

Das Erstellen korrekter 3D-Formeln erfordert einiges an Sachverstand! 3D-Formeln sollten nur dort eingefügt werden, wo es für das Verständnis erforderlich ist. Das kann dann der Fall sein, wenn z.B. sterische und/oder elektronische Charakteristika eines Pharmakophors erklärt werden sollen. Eine Inflation "bunter Bildchen" soll hingegen vermieden werden. 3D-Darstellungen sollen grundsätzlich in energieminimierter/-armer Konformation abgebildet werden, andernfalls verfehlen sie ihren Zweck. Dazu sind unbedingt(!) in der Bildbeschreibung (Commons) präzise und ausreichende Angaben zu machen: a) zur benutzten Software, b) zum benutzen Näherungsverfahren und c) ggf. weitere zur Nachvollziehbarkeit nötige Daten. Der Algorithmus sollte mindestens "semi-empirisch" basiert sein.

Beim Darstellungsmodus sind Modelle zu bevorzugen, die sowohl einen guten Tiefenblick ermöglichen als auch Atome farblich markiert zeigen. Klobige Kalottenmodelle sind also in der Regel wenig zweckdienlich. Optimal sind für gewöhnlich Ball-Stick-Darstellungen (siehe Bild). Als Faustregel kann gelten: wenn eine Kalottenansicht nicht alle Atome zumindest teilweise zeigt, ist ein Ball-Stick-Modell vorzuziehen. Ergo: Kalotten sind nur für kleinere Moleküle geeignet. Zuletzt sollte das Molekül räumlich so gedreht werden, dass die wesentlichen Strukturelemente gut sichtbar sind. In manchen Fällen liefern erst zwei unterschiedliche Ansichten optimalen Informationsgewinn. Solange ein genügender Kontrast gewährleistet ist, sollte die Hintergrundfarbe (im 3D-Editor) möglichst auf "weiß" gesetzt werden.

Beispiel (subtil falsch)

 

Als Beispiel, wie man es nicht machen sollte und warum, ist rechts die 3D-Stick-Darstellung von Reserpin gezeigt. Um die Datei zu erstellen, wurde zunächst der SMILES-Code manuell erzeugt und in CORINA eingegeben. Die zurückgelieferte pdb-Datei wurde mit jmol in die optimale Position gebracht und damit auch das Stick-Modell zum Rendern mit Povray produziert, was eine Minute dauerte.

Allgemeines: Das Beispiel demonstriert sehr schön, dass man „korrekte“ 3D-Formeln nicht im Vorbeigehen aus dem Hut zaubert, und es erklärt obige „mahnende“ Ausführungen. Die Kenntnis und korrekte Bedienung der Algorithmen ist durchaus das kleinere Problem. Der Zeichner braucht vor allem viel Gespür/Erfahrung und Geduld, bzw. den Willen, Recherche zu betreiben, was auch lästige Fernleihe mit einschließen kann.

Zur Ästhetik: Colorierung, perspektivische Erscheinung, Wahl des Renderings (Sticks) und Bildschärfe sind ausgezeichnet gelungen. Die Perspektive wäre gut gewählt, würde die Formel stimmen.

Aber warum ist die Formel falsch? Alle Atome sind mit den richtigen Partnern verbunden, auch die fünf stereoisometrischen Zentren haben die richtige Anordnung. Die Konformation jedoch offenbart das ganz typische Dilemma. Sie ist aus physikalischer und biologischer Sicht richtig schön falsch und damit aus allgemeiner Sicht irrelevant und – das ist entscheidend –, im Gegensatz zur unproblematischen 2D-Formel, grob irreführend. Der Laie denkt, das Molekül sähe in natura genau so und nicht anders aus, und wird mit diesem Irrtum sich selbst überlassen.

Zur Korrektur: Ring D gehört umgeklappt (an N4 und C15); damit stehen die Ringe C und D cis (also genauso wie die Ringe D und E) zueinander, es ergibt sich also eine „Treppe“. In anderen Worten, bei tertiären Aminen ist die Konformation des Stickstoffatoms zu berücksichtigen (durch Protonierung entsteht ein weiteres Stereozentrum!). Eigenhändiges Nachrechnen bestätigte eine klare Energiedifferenz. In dieser Konformation stehen die Ester schön entspannt äquatorial, statt axial. Schwenkt man dann noch das Indol-OCH3 nach hinten, dann sollte es für mittlere Ansprüche reichen.

Folgerungen

Daraus folgt zunächst: CORINA online per se berechnet noch nicht die energieärmste Konformation und reicht daher nicht aus. Andere PC-Programme lassen keine besseren Ergebnisse erwarten.

Daher sind nur dreierlei Zustände für die Standard-Darstellung sinnvoll:

  • Die Konformation im berechneten absoluten Energieminimum
  • Die natürliche Kristallstruktur (Modifikationen beachten!)
  • Die adaptierte Struktur im biologischen System (zB. Hauptwirkrezeptoren).

Bei vielen Molekülen liegen diese drei Zustände einigermassen dicht beieinander, daher dürfte es genügen, einen der Zustände mit genauer Herkunftsangabe zu verwenden.

Um an präzise Infos zur 3D-Struktur eines Stoffs zu kommen, lohnt es sich in vielen Fällen, eine online-Recherche zu machen, Anlaufadresse erster Wahl ist PubMed: dort die Suchbegriffe „Stoffname“ und „crystal-structure“ eingeben, liefert in diesem Fall: PMID 5694643.

(Quelle: Text entstammt größtenteils aus Diskussion mit 84.136.203.171, daher Dank an dieser Stelle)

Artikel mit fehlender 2D-Strukturformel

In der "Formatvorlage für Chemikalien" ist der Baustein "Strukturformel nicht vorhanden" von haus aus integriert. Dieser Baustein verweist per Link auf die hiesige Seite. Artikel, die Deiner Meinung nach einer Strukturformel bedürfen, kannst Du mit dem Baustein wie folgt versehen:

{{Strukturformel nicht vorhanden}}

Eine Liste, die "noch zu zeichnende" Strukturformeln enthält, findet sich hier. Ihr könnt mithelfen, diese Liste abzuarbeiten.

Kategorie:Bild:Strukturformel

Siehe auch

Literatur