Strizz

Comic-Strip-Serie von Volker Reiche
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Januar 2007 um 15:03 Uhr durch Shannon (Diskussion | Beiträge) (Kant wieder rein). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Strizz ist eine von Volker Reiche für die Frankfurter Allgemeine Zeitung geschaffene Comic-Strip-Serie und deren gleichnamige Hauptfigur.

Datei:Strizz-gruppenbild.gif
Von Volker Reiche für die Wikipedia gezeichnet

Nach einer längeren Konzeptionsphase erschien am 21. Mai 2002 der erste Streifen auf der letzten Seite des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Seither erscheint Strizz von Montag bis Freitag als zweizeiliger Comic Strip. Strizz war auch der erste Comic Strip, der es zu einer vierfarbigen ganzen Seite in einer überregionalen deutschen Tageszeitung brachte: an Silvester 2003. Seither ist auch in weiteren Silvesterausgaben der FAZ jeweils eine kolorierte Langfolge erschienen.

Entstehungsgeschichte

Die FAZ hatte bereits seit 2001 den Versuch, einen regelmäßigen Comic Strip zu etablieren, mit einer Serie von Steven Appleby gemacht, die jedoch bei den Lesern nur auf geringe Resonanz stieß. Reiche bewarb sich daraufhin bei der Feuilletonredaktion und erhielt Anfang 2002 den Auftrag, ein Konzept zu entwickeln. Nach viermonatiger Planungsphase erhielt er dann den Zuschlag.

Reiche plante einen Strip, der im heutigen Deutschland spielen sollte, mit einem festen Stamm von Charakteren, die die jeweils aktuellen Ereignisse aus ihrer Sicht kommentieren. Als Titel erwog Reiche ursprünglich "Neustadt", was einen gleichnamigen Schauplatz in den Vordergrund gestellt und unter der vielköpfigen Akteursschar keinen Protagonisten privilegiert hätte. Dann entschied er sich dennoch für das letztere: Der Name Strizz ist abgeleitet vom Familiennamen eines Freundes des Zeichners (der aber in der Schreibweise abgewandelt wurde, damit eine eigene .de-Domäne registriert werden konnte). Der Schauplatz des Geschehens hingegen blieb zunächst namenlos, wenn auch die Verwendung bestimmter Straßennamen (z.B. Friedrichstraße, Grüneburgweg) stets die Vermutung nahelegte, dass es sich um die Heimatstadt der F.A.Z. handelt. Erst im Dezember 2006 fiel in einem Gespräch zwischen Tassilo und Herrn Paul explizit der Name Frankfurt.

Besonderheiten

Die Folgen entstehen täglich neu; nach eigenen Angaben ist Reiche nicht in der Lage, Strizz auf Vorrat zu zeichnen.

Einzigartig in der Welt ist die tagespolitische Aktualität der Serie, die durch eben diese veröffentlichungsnahe Entstehung erst möglich wird. Anspielungen auf das reale Weltgeschehen, das sich außerhalb des Strips in der Zeitung abgehandelt findet, sind charakteristisch für Strizz. Durch die Vielfalt der Figurentypen wird eine politisch pluralistische Glossierung des Weltgeschehens ermöglicht; letztlich dominiert freilich jener Grundton des bürgerlichen Konservatismus, der das FAZ-Feuilleton allgemein prägt.

Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus ebendieser ständigen Referenz auf den Ablauf des Weltgeschehens: Die un-erzählt bleibende Zeit "zwischen den Einzelfolgen" ist nicht statisch. Zwar sind die Figuren - genretypischerweise - keiner physischen Alterung ausgesetzt, jedoch durchlaufen sie Erfahrungsprozesse, die ihre Charaktere nachhaltig anreichern und mit neuen Eigenschaften ergänzen; gelegentlich nehmen Figuren auch explizit Bezug auf Erlebnisse aus Episoden, die Wochen oder Jahre zurückliegen.

Bereits im Laufe der ersten Folgen entstand die bis heute gültige Grund-Besetzung, jedoch ergänzt Reiche diese immer wieder um neue Figuren. Eine im Strip-Genre ausgesprochen rare Besonderheit leistet sich Reiche seit Herbst 2005: Da ließ er Irmi, Strizz´ Ehefrau, schwanger werden; am Tag des WM-Endspiels 2006 gebar sie Zwillinge. Damit führte Reiche in seine fortlaufende Erzählung endgültig den Faktor der personalen Lebenszeit und damit eines Alterungsprozesses von - zumindest einzelnen - Figuren ein. Abzuwarten bleibt, ob für die Babys die Geburt der letzte lebenschronologische Akt geblieben sein wird und sie fortan ebensowenig altern wie die übrigen Figuren, oder ob umgekehrt diese künftig parallel zu den Zwillingen älter werden.

In den Namen mancher Strizz-Figuren hat Reiche seine Freunde aus der Comic-Szene verewigt: So ist der Titelheld nach dem Comichändler und Buchmessen-Koordinator Wolfgang Strzyz benannt, der Archivar Berres nach dem Zeichner und ICOM-Dokumentaristen Werner P. Berres. Namenspatin für Strizz´ Ehefrau Irmi ist Volker Reiches eigene Gattin, während Herrn Leos Sekretärin, Frau Gerhardt, nach der Donaldistin Martina Gerhardt benannt ist. FAZ-Redakteur Andreas Platthaus hatte einen Gastauftritt als geiziger "Bankier Platthans".

Vorbilder

Verschiedene motivisch geprägte Genre-Vorbilder wie der funny-animals-Comic, der klassische Bürocomic mit Chef und Angestellten (vgl. Dilbert oder Gaston) sowie die sophisticated kids in der Tradition von Peanuts und Calvin & Hobbes wirkten ebenfalls in die Genese von Strizz hinein.

Andererseits dürfte Strizz der einzige Strip der Welt sein, in dem die Theorien Immanuel Kants zur Aufklärung diskutiert werden.

Charaktere

  • Strizz, ein denkender Buchhalter, der auch bei der Arbeit zu leben versucht;
  • Irmi, seine Maler-Frau (Hochzeit war am 28. April 2006), die ihm gegenüber sozusagen den gesunden Menschenverstand verkörpert;
  • Leo, der väterliche Chef von Leo & Co., der alle Kapriolen von Strizz mit stoischer Gelassenheit – trotz mancher Ausbrüche – erduldet;
  • Rafael, Strizz' Neffe, philosophischer Bubenkopf und Direktor eines Schokoladenmuseums, und die übrigen Mitglieder seines philosophischen Sextetts:
  • Krock, das grimmige Krokodil;
  • Dino, der patente Dinosaurier;
  • Leonie, die etwas kokette Giraffe;
  • Driver, der agile Autofahrer;
  • Herr Teddy, der traurig schauende Bär;

dazu

  • Irmis Mutter Paula; auch Omi genannt, eine Frau mit viel Lebenserfahrung;
  • Gabriele, deren kettenrauchende Freundin;
  • Paula und Vincent, die Zwillinge von Strizz und Irmi, geboren am 9. Juli 2006, dem Tag des WM-Finales;
  • Herr Berres, der misanthropische Archivar von Leo & Co., der mit den Ratten Lilo und Bernd im Keller bzw. in einem Papiermüllcontainer oder einem Wohnwagen auf dem Firmenhof haust;
  • Clara, eine oft dreiste Spielkameradin von Rafael;

schließlich:

  • Herr Paul, Leos Kater, der stets mit jedem Streit anfängt, insbesondere mit seinem Intimfeind Wolle vom Grüneburgweg;
  • Tassilo, der Haiku-dichtende Hofhund;
  • Müller, Irmis altruistischer Dackel
  • Frau Gerhardt, Herrn Leos Chefsekretärin, taucht erstmals im Oktober 2004 auf. Sie benutzt ein Spracherkennungssystem zum Bedienen ihres Computers und verehrt ihren Chef, dem sie Pullover strickt.
  • Inga, Frau Gerhardts weiße Katze, kam im September 2006 ins Spiel. Sie hat ihren Artgenossen Herrn Paul für sich eingenommen.
  • Wolle, ungebildeter Kater, Freund von Müller und Tassilo
  • die Jungkater des Grüneburgweges

Buchveröffentlichung

Alle Bände erschienen bei C.H. Beck / Beck'sche Reihe

Außer dieser Reihe:

  • Strizz. Frankfurt am Main: Frankfurter Allgemeine Zeitung 2005. (Klassiker der Comic-Literatur. 6) ISBN 3-89981-087-2