Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands
Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) ist eine kommunistische Partei in Deutschland.
Ziele
Die MLPD sieht sich als „Vorhut der Arbeiterklasse“. Sie kämpft für den von ihr so genannten ‚echten Sozialismus‘. Nach Ansicht der MLPD wurde in der DDR und in der Sowjetunion 1956 der Sozialismus durch eine neue bürokratische Kapitalistenklasse zerstört. Die Partei zieht daraus den Schluss, dass sich der Sozialismus nur auf Grundlage einer ‚proletarischen Denkweise‘ erkämpfen und aufbauen lasse. Die MLPD bezieht sich theoretisch auf Karl Marx, Friedrich Engels, Lenin, Stalin und Mao. Zunächst müsse die ‚Diktatur des Proletariats‘ geschaffen werden, bevor sich der Sozialismus entwickeln könne. Dieses Konzept schließt die Existenz der gegenwärtig in Deutschland existierenden bürgerlich-demokratischen Ordnung aus.
Geschichte
Die MLPD wurde 1982 gegründet. Sie ging aus dem Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands) hervor. Der Parteitheoretiker war Willi Dickhut, ein ehemaliger KPD-Funktionär, der zunächst 1968 mit Ernst Aust die KPD/ML gründete und nach Auseinandersetzungen 1972 dann den KABD in Leben rief.
Parteistruktur
Vorsitzender der MLPD ist seit der Parteigründung 1982 Stefan Engel. Das Landesamt für Verfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen spricht in seinem Verfassungsschutzbericht 2003 in Zusammenhang mit dem Parteichef von Führerkult. Die MLPD wird dort als sektenähnlich strukturiert bezeichnet.
Die MLPD wird von einem Zentralkomitee geleitet. Die Partei ist strukturiert in Betriebszellen, Orts- und Kreisgruppen, Bezirken und vereizelt Landesverbänden. Laut Parteiangaben ist die MLPD und ihr Jugendverband REBELL in über 450 Orten in Deutschland vertreten. Angesichts der Mitgliederzahl erscheint diese Angabe zweifelhaft. Nach Parteiangaben werden auch Hochschulgruppen aufgebaut.
Regional konzentriert die MLPD ihre Kräfte auf den Parteiaufbau in Sachsen-Anhalt, „dem schwächsten Kettenglied der Herrschenden“. Im Pateiaufbau in Ostdeutschland wird der Motor des gesamten Parteiaufbaus der MLPD gesehen. Eine entscheidende Rolle spielen dabei ‚Organizer‘, Parteimitglieder, die freiwillig für ein Jahr eine „berufsrevolutionäre Tätigkeit“ zum zielgerichteten Parteiaufbau durchführen.
Mit etwa 2.100 Mitgliedern ist die MLPD nach der DKP die zweitgrößte Kommunistische Partei in Deutschland. Die Mehrzahl der Mitglieder sind Arbeiter und Angestellte, es gibt unter ihnen aber auch Selbständige wie Ärzte und Anwälte.
Zentralkommitee
Das Zentralkomitee (ZK) ist das Leitungsgremium der MLPD. Mitglieder sind (Ende 2004):
- Stefan Engel (Vorsitzender der MLPD)
- Klaus Arnecke
- Peter Borgwardt (Mitglied des Sekretariat des ZK)
- Reinhard Funk
- Monika Gärtner-Engel
- Dieter Ilius
- Günter Slave
- Klaus Wallenstein
- Peter Weispfenning
- Anna Bartholomé (Frauenpolitische Sprecherin)
- Otwin Herzig (Verantwortlicher des ZK für Betrieb und Gewerkschaft)
- Roland Meister (Internationalismus-Verantwortlicher des ZK
- Jörg Weidemann (Pressesprecher des ZK und Redaktionsleiter der Rote Fahne)
- Wolfgang Göller (Bundesgeschäftsführer)
Nebenorganisationen und beeinflusste Organisationen
Bereits Kinder sollen mithilfe der Kinderorganisation Rotfüchse an die Ideologie der MLPD herangeführt werden. Die Jugendorganisation der Partei heißt REBELL.
Eine Reihe von Organisationen sind von der MLPD beeinflusst, so
- Frauenverband COURAGE
- Frauenpolitischer Ratschlag, begründet von Monika Gärtner-Engel
- Solidaritätsorganisation Solidarität International
- Gesellschaft zur Förderung von Studien zur Arbeiterbewegung e.V.
- Willi-Dickhut-Stiftung e.V. mit Willi-Dickhut-Museum
Einrichtungen und Parteivermögen
Die MLPD finanziert sich eigenen Angaben zufolge ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden, zum Beispiel im Rahmen von Spendenkampagnen. Nach Angabe der Funktionärszeitschrift Lernen und Kämpfen (LuK), Heft 1/2004 soll das „Treuhandvermögen der MLPD vom letzten Parteitag im Dezember 1999 in Höhe von 8,5 Millionen bis 2004 auf 12,1 Millionen Euro“ angewachsen sein. Das Parteivermögen ist überwiegend in Immobilien und Betrieben angelegt:
- der Ferienpark Alt Schweriner Werder
- der Ferien- und Freizeitzentrum in Truckenthal im Landkreis Sonneberg
- das Gebäude des ZK in Gelsenkirchen
- das Gebäude Horster Mitte (ehemaliges Sparkassengebäude) in Gelsenkirchen
- das Gebäude der MLPD-Kreisleitung in Stuttgart
- das Gebäude der MLPD-Kreisleitung in Berlin
- das Arbeiterbildungszentrum (ABZ) mit Einrichtungen in Gelsenkirchen,Alt-Schwerin sowie Stuttgart
- die Mediengruppe Neuer Weg GmbH in Gelsenkirchen und Berlin mit Druckerei, Verlag, Internetdiensten und Werbeagentur
Einen Immobilienzuwachs erhofft die MLPD nach Verfassungsschutz-Angaben über Schenkungen und Erbschaften zu erhalten.
Das Parteivermögen wird vom Vermögensverwaltungsverein Koststraße 85 e.V. (VVV) in Gelsenkirchen verwaltet. Vereinsvorsitzender ist der MLPD-Vorsitzende Stefan Engel.
Bedeutung
Bisher konnte die MLPD am ehesten in industriebetrieblichem Rahmen in Großbetrieben, ihrem wichtigsten Arbeitsfeld, gelegentlich Einfluss gewinnen. In verschiedenen nicht-gewerkschaftlichen Streiks waren Mitglieder der MLPD-Betriebsgruppen maßgeblich beteiligt. Trotz gewerkschaftlicher Unvereinbarkeitsbeschlüsse, zum Beispiel von Seiten der IG Metall, die eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der MLPD und der Gewerkschaft für unzulässig erklären, sind MLPD-Mitglieder häufig Mitglied einer Gewerkschaft und üben dort teilweise auch Funkionen aus. Deswegen kam es bereits zu Ausschlüssen aus Gewerkschaften. So wurde etwa Stefan Engel, der Vorsitzende der MLPD, aus der IG Metall ausgeschlossen. Die hiergegen gerichtete Klage von Engel wurde letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof abgewiesen (AZ: II ZR 255/89).
Bei Wahlen blieb die MLPD bisher nahezu bedeutungslos. Bei der Bundestagswahl 1998 erreichte sie mit 4713 Stimmen nur 0,0095% der abgegebenen Zweitstimmen. 2002 trat die Partei nicht zur Bundestagswahl an und rief stattdessen die Bevölkerung zum Wahlboykott auf. Bei den Landtagswahlen in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt kandidierte sie chancenlos. Für konkrete Kommunalpolitik hatte sich die MLPD in der Vergangenheit wenig interessiert. Seit der Vorsitzende, Stefan Engel, in einer Grundsatzrede zum „proletarischen Parlamentarismus der MLPD“ aufrief und forderte, dass die „kämpferische Opposition sich schrittweise das Feld der Kommunalpolitik“ erobern solle, wendet sich die MLPD verstärkt der Kommunalpolitik zu. Eine Kampagne „Neue Politiker braucht das Land“ wurde initiiert. In der Folge konnten verschiedentlich MLPD-Mitglieder in Stadträte einziehen, so in Wolfen mit zwei Ratssitzen. In anderen Kommunen gelang dies mit von der MLPD initierten lokalen Personenwahlbündnissen in Darmstadt, Gelsenkirchen, Kassel, Reutlingen, Saarbrücken, Stuttgart, Albstadt und Ulm. Die Kommunalwahlen in NRW am 26.09.04 wurden von der MLPD als Test für ihr kommunalpolitisches Handeln verstanden. Die von der MLPD initierten Wahlbündnisse erreichten landesweit 14 Ratsmandate, was parteiintern als "wichtiges Signal für den weiteren Weg der kämpferischen Opposition" gewertet wurde. Es wurden Ratsmandate errungen in
- [Bergkamen]]: Wählergruppe BergAUF - 4,29 Prozent, 2 Sitze
- Essen: Wählergruppe Essen steht AUF - 0,8 Prozent, 1 Sitz
- Gelsenkirchen: Wählergruppe AUF Gelsenkirchen - 2,98 Prozent, 2 Sitze
- Herten: Wählergruppe AUF Herten - 2,43 Prozent, 1 Sitz
- Leverkusen: Wählergruppe LAUF Leverkusen - 1,2 Prozent, 1 Sitz
- Mülheim/R.: Wählergruppe WIR AUS Mülheim - 2,8 Prozent, 2 Sitze
- []Neukirchen-Vluyn]]: Wählergruppe NV AUF geht's - 5,3 Prozent, 2 Sitze
- Solingen: Wählergruppe Solingen AKTIV - 2,7 Prozent, 2 Sitze
- Witten: Wählergruppe AUF Witten - 1,6 Prozent, 1 Sitz
Der Einfluss der MLPD ist auch innerhalb der Linken eher gering und umstritten, auch wenn sie in vielen sozialen Bewegungen wie der Friedensbewegung oder der Bewegung gegen den Sozialabbau (vgl. Neue soziale Bewegungen) auffallende und engagierte Präsenz zeigt. Sie wird von vielen anderen Gruppen als äußerst dogmatisch empfunden. Insbesondere isoliert sich die MLPD durch ihre Verteidigung Stalins und der Relativierung derjenigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die vom Stalinismus ausgingen. Für Misstrauen und Skepsis sorgt auch die Taktik der MLPD, bei Demonstrationen und Kundgebungen der Arbeiterbewegung oder anderer sozialer Bewegungen eher selten unter ihrem Namen aufzutreten. Durch Redebeiträge von verschiedenen MLPD-Mitgliedern bei von einigen durch die MLPD dominierten Aktionen entsteht so oft der Eindruck eines vielseitigen Spektrums, wenn sich die entsprechenden Redner als Vertreter einer Gewerkschaft, der Frauengruppe Courage oder anderer Bündnisse vorstellen. Ohne die Partei zu nennen, werden dabei oft spezifische Positionen und Forderungen der MLPD als vorgegebene Mehrheitsmeinungen der Bevölkerung artikuliert.
Von den Verfassungsschutzbehörden der Bundesländer wird die MLPD regelmäßig wegen des Verdachts auf verfassungsfeindliche Aktionen beobachtet. Allerdings wurde selbst in Kreisen der Staatsschützer die These geäußert, dass eine Beobachtung angesichts der Erfolglosigkeit der MLPD vor allem Geldverschwendung sei. Es besteht dort jedoch auch die Einschätzung, dass die MLPD verstärkt die Hartz IV-Gesetzgebung und die sich dagegen aufbegehrende Bewegung nutzt, um verfassungsfeindliche Ziele zu verbreiten.
Mit dem Aufkommen der Montagsdemonstrationen gegen die Hartz IV-Gesetze im Sommer 2004 verstärkte auch die MLPD ihr Engagement. Steigende Mitgliederzahlen, zahlreiche Demonstrationen, die von ihnen oder von ihnen dominierten Gruppen organisiert werden, stehen im Verhältnis zu Auftritten, die von anderen Spektren der Hartz IV-Gegner als bündnisfeindlich und arrogant gegenüber der restlichen außerparlamentarischen Linken empfunden werden.
Parteipresse
- Rote Fahne (RF), wöchentliche Auflage ca. 7.500
- Lernen und Kämpfen (LuK), Mitglieder- und Funktionärschrift, vierteljährliche Auflage ca. 1.000
- Galileo – streitbare Wissenschaft, Zeitung der Hochschulgruppen der MLPD
- REBELL, Magazin der Jugendorganisation
- sowie etliche Kleinzeitungen (Betriebs- und Stadtteilzeitungen)