Gerhard Bronner

österreichischer Komponist, Autor, Musiker und Kabarettist
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Gerhard Bronner (* 23. Oktober 1922 in Wien; † 19. Januar 2007 in Wien)[1] war ein österreichischer Komponist, Schriftsteller, Musiker und Kabarettist.

Leben

Bronner wuchs in der Favoritener Senefeldergasse in bescheidenen Verhältnissen als Sohn einer jüdisch-proletarischen Familie auf. Seiner eigenen Aussage zufolge lernte er erst in der Mittelschule hochdeutsch zu sprechen, zuvor hatte er nur den Favoritner Dialekt beherrscht. Er bekannte sich stets zur jüdischen Kultur, lebte aber nicht religiös. 1938 verlor er nach dem Anschluss Österreichs und dem Einmarsch der Wehrmacht seine Stelle als Lehrling eines Schaufensterdekorateurs, außerdem wurden sein Vater und sein Bruder im KZ Dachau interniert. Für diese Haft musste die Familie auch noch eine monatliche Gebühr von 10 Reichsmark aufbringen. Angesichts der Aussichtslosigkeit seiner finanziellen wie existentiellen Lage floh Bronner über die grüne Grenze in die Tschechoslowakei. Bronners Familie wurde von den Nationalsozialisten vollständig getötet. Er lebte zunächst in Brünn und reiste später über England nach Palästina. Einer seiner damaligen Freunde, der Bronner auch einige Male weiterhalf, war Erich Lessing. Bronner verdiente sich dort seinen Lebensunterhalt als Straßensänger, Barpianist und Komponist, schließlich als Leiter des Musikprogramms des Ablegers der BBC in Palästina. Als die Engländer von dort 1948 abzogen, bekam er die Einladung, in der Zentrale in London weiter für den Sender zu arbeiten. Auf dem Wege dorthin blieb er kurz auf Besuch in Wien (auf Bestreben seiner damaligen Gattin); er wollte ursprünglich nicht in dieser Stadt, die er damals nicht mehr als seine Heimat betrachtete, bleiben. Jedoch fanden sich nach kurzer Zeit viele Aufgaben, vom Barpianisten bis zum Musikredakteur im Rundfunk, sodass die Weiterreise nach London immer weiter aufgeschoben und schließlich abgesagt wurde. Er begann beim Sender "Rot-Weiß-Rot". Seit dieser Zeit bestand auch eine Freundschaft mit Hans Weigel, der ihn ebenfalls zum Bleiben in Wien überredete.

Am 12. November 1952 hatte die Kabarettrevue „Brettl vor'm Kopf“ Premiere. Die fünfzehn Nummern des Programms stammten aus der Feder von Gerhard Bronner, Michael Kehlmann, Carl Merz und Helmut Qualtinger. Danach war erst mal Pause, weil Bronner und Kehlmann nach Hamburg gingen, da dort das erste und einzige Fernsehstudio im deutschen Sprachraum war und beide in diesem (damals völlig neuen) Medium arbeiten wollten. Bronner war dort bis 1955 musikalischer Leiter der Unterhaltungsabteilung beim NDR, (wo er dann auch die hochdeutsche Fassung vom „g'schupften Ferdl“ als „Der blasse Gustav“ herausbrachte, der dann von vielen, heute kaum noch bekannten Gruppen, wie etwa „Die drei Johls“ oder „Die drei Travellers“, nachgespielt wurde). Anschließend kehrte er dann nach Wien zurück.

1955 pachtete Bronner die „Marietta-Bar“, die bald ein beliebter Künstlerteff wurde, und engagierte für diese u.a. Peter Wehle und Georg Kreisler. 1956 pachtete er gemeinsam mit Kreisler das „Intime Theater“ in der Liliengasse. Dort brachte das namenlose Ensemble (neben Bronner Merz, Qualtinger, Kehlmann, Kreisler, Wehle und Louise Martini u.A.) das Kabarettprogramm „Blattl vor'm Mund“ und weitere heraus. Als ihnen 1958 der Vertrag gekündigt wurde, spielten sie das nächste Programm, „Spiegel vor'm Gsicht“, im Fernsehen (ORF). Übertragen wurde zu Anfang aus dem „Bürgertheater“, später aus dem „Stadttheater“ (Etablissement Ronacher).

1959 übernahm Bronner das „Neue Theater am Kärntnertor“, wo das Programm „Dachl überm Kopf“ Premiere hatte. Als sich dann 1961, besonders durch den Weggang von Qualtinger, der von nun an lieber Theater spielen wollte, die Gruppe auflöste, führte Bronner das Theater mit Gastspielen und eigenen Programmen bis 1966 fort.

Die „Travnicek-Dialoge“ mit Helmut Qualtinger (Autoren: Merz und Qualtinger) sind (nicht nur) in die österreichische Kabarettgeschichte eingegangen. Viele Lieder, die Qualtinger zugeschrieben werden, stammen aus Bronners Feder.

Er arbeitete aber nicht nur mit bekannten Kabarettisten, sondern entdeckte auch damals junge Talente, denen er Lieder schrieb. So wurde Marianne Mendt mit der Glock'n, die 24 Stundn leit bekannt.

Von 1979 bis 1988 leitete Bronner das Kabarett „Fledermaus“, die frühere Marietta-Bar.

Für den ORF moderierte Bronner die Sendung „Schlager für Fortgeschrittene“ und wirkte im Radiokabarett „Der Guglhupf“ mit. Dort wie auch auf der Bühne in der "Fledermaus" trat Bronner mit Wehle auf. Er wurde auch bekannt als Übersetzer von Ephraim Kishons Satiren (nachdem Friedrich Torberg 1979 verstorben war), schuf 1969 eine Wiener Fassung von My Fair Lady und bearbeitete das Musical Cabaret.

Bronners ältester Sohn, Oscar Bronner, ist der Gründer und Herausgeber der Tageszeitung Der Standard. Bronner war mit der Schauspielerin Bruni Löbel verheiratet und hat mir ihr einen Sohn, Felix Bronner. Insgesamt hatte Gerhard Bronner vier Kinder – Neben Oscar und Felix noch David Bronner, der Musik-Produzent im Bereich der Popmusik ist, und Tochter Vivien, die heute als TV-Producerin und Drehbuchreferentin arbeitet.

Auf Grund von drohenden Steuerstrafen übersiedelte Bronner 1988 in die USA, wo er in Florida lebte. Eine erfolgreiche Spendenaktion unter Freunden und Bewunderern ermöglichte die Begleichung von Bronners Außenständen (der Geldstrafe, die Steuerschuld holte sich der Fiskus durch Pfändung) beim österreichischen Staat. Er kehrte 1993 nach Wien zurück, wo er wieder auftrat. Noch am 31. Dezember 2006 bestritt er einen Auftritt im Wiener Theater Akzent, der aufgezeichnet wurde und nach Bronners Tod im ORF unter dem Titel Ein Abend mit Gerhard Bronner ausgestrahlt wurde. Dabei sang Bronner noch einmal seine großen Erfolge, etwa Der g'schupfte Ferdl oder Der Papa wird's schon richten.

Tod

Gerhard Bronner starb am 19. Jänner 2007 84-jährig in einem Wiener Krankenhaus an den Folgen eines Schlaganfalls.

Werke

Bekannte Lieder

  • „Der g'schupfte Ferdl“, 1952 (auch: hochdeutsch „Der blasse Gustav“, 1953, und englisch „Dirty Ferdy“Georg Kreisler, 1958)
  • „Der Halbwilde“ (auch: „Der Wilde mit seiner Maschin' “), 1956
  • „Der Bundesbahnblues“, 1956
  • „Der Karajanuskopf“, 1956
  • „Weil mir so fad is' “, 1957
  • „Der Jedermann-Kollapso“, 1957
  • „Die alte Engelmacherin“, 1957
  • „Der Papa wird's schon richten“, 1958
  • „Der Cocktail-Bolero“, 1959
  • „Die Pizzi K. und die Kato Polka“ (auch: „Die Demelinerinnen“), 1959
  • „Das Holzhackerlied“, 1959
  • „Selbst ist das Mannequin“, 1960
  • „Die Unterentwickelten“, 1960
  • „Krügel vor'm G'sicht“, 1960
  • „Meinem Kind“, 1960

Kabarettprogramme

  • „Brettl vor'm Kopf“, mit Michael Kehlmann, Carl Merz, Helmut Qualtinger, Susi Nicoletti u.A., 1952, im „Kleinen Theater im Konzerthaus“
  • „Blattl vor'm Mund“, mit Carl Merz, Helmut Qualtinger, Kurt Jaggberg, Georg Kreisler, Peter Wehle, Louise Martini, Laszlo Gati und Norbert Kamill, 1956, im „Intimen Theater“
  • „Brettl vor'm Klavier“, mit Peter Wehle, Georg Kreisler und Herbert Prikopa, 1957, im „Intimen Theater“
  • „Glasl vor'm Aug“, mit Helmut Qualtinger, Peter Wehle, Carl Merz, Louise Martini, Georg Kreisler, Johann Sklenka, Karl Hackenberg und Rosemarie Thon, 1957, im „Intimen Theater“
  • „Spiegel vor'm Gsicht“, mit Peter Wehle, Helmut Qualtinger, Carl Merz, Louise Martini, Georg Kreisler und Karl Hackenberg, 1958/59 (Fernsehproduktion mit immer neuen, aktuellen Beiträgen, 10 Sendungen)
  • „Dachl über'm Kopf“, mit Peter Wehle, Helmut Qualtinger, Carl Merz, Georg Kreisler, Louise Martini, Johann Sklenka, Nikolaus Haenel u.A., 1959, im „Neuen Theater am Kärntnertor
  • „Hackl vor'm Kreuz“, mit Peter Wehle, Helmut Qualtinger, Carl Merz, Louise Martini, Johann Sklenka, Kurt Sobotka, Eva Pilz, 1959, im „Neuen Theater am Kärntnertor

Literatur

  • Gerhard Bronner: Spiegel vorm Gesicht. Erinnerungen. – München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2004. – ISBN 3-421-05812-1
  • Gerhard Bronner: Die goldene Zeit des Wiener Cabarets (incl. CD). – St. Andrä-Wördern/Österreich: Hannibal Verlag, 1995. – ISBN 3-85445-115-6
Neuauflage (ohne Fotos und CD) als: Meine Jahre mit Qualtinger. – Wien: Amalthea Verlag, 2003 – ISBN 3-85002-499-7
  • Gerhard Bronner: Kein Blattl vor’m Mund. Ein ungeschriebenes Buch, Prolog: Lore Krainer, Epiloge: Fritz Muliar, Peter Orthofer, Erwin Steinhauer u.A. – Wien: Astor Verlag, 1992. – ISBN 3-900277-16-8

Auszeichnungen

Quellen

  1. ORF Wien, am 19. Jänner 2007 – Stadtleben: Ein Meister des Kabaretts ist tot [1]