Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) ist eine der ältesten bestehenden Parteien Österreichs und eine der beiden großen Volksparteien des Landes.
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Basisdaten | ||||
Gründungsdatum: | 31. Dezember 1888 / 1. Jänner 1889 | |||
Gründungsort: | Hainfeld (Niederösterreich) | |||
Vorsitzender: | Alfred Gusenbauer | |||
Bundesgeschäftsführer: | Josef Kalina Reinhard Winterauer | |||
Klubvorsitzender: | Josef Cap | |||
Mitglieder: | 300.000 (Stand: 2005) | |||
Frauenanteil: | ca. 30 Prozent | |||
Staatliche Parteienfinanzierung: |
ca. 8,7 Mio € (2004) | |||
Parteigliederung: |
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Hausanschrift: | Löwelstraße 18, 1010 Wien | |||
Website: | www.spoe.at | |||
E-Mail-Adresse: | spoe@spoe.at | |||
Telefon-Hotline: | 0810 810 211 |
Politische Standpunkte
In ihrem Grundsatzprogramm, beschlossen am Parteitag 1998, bekennt sich die SPÖ zur Demokratie und zu den Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Vollbeschäftigung. Gleichzeitig wird aber auch die Notwendigkeit von politischer Liberalisierung, Modernisierung und Veränderung thematisiert.
Forderungen im Wahlkampf 2006 und deren Realisierungschancen in der am 11. Jänner 2007 angelobten SPÖ-ÖVP-Koalitionsregierung:
- Abschaffung der Studiengebühren - komplette Abschaffung nicht durchsetzbar, Ersatz durch 60 Stunden Sozialarbeit pro Semester in Diskussion; Studentenproteste wegen "SPÖ-Wahlkampflüge" rund um die Angelobung der Regierung erfolgt
- Widerruf des Eurofighter-Kaufvertrages - der angelobte SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos wird nach Beendigung des Untersuchungsausschusses mit EADS in Verhandlungen treten
- Mindestlohn in Höhe von 1000€ - wird realisiert.
- Gleiche Schule für alle bis 14 - ein längerfristiges Projekt, bei dem die ÖVP hinhaltenden Widerstand leisten wird
- Grundsicherung in der Mindesthöhe von 800 € - wird in ähnlicher Form realisiert werden können
- aktivere Politik gegen Arbeitslosigkeit - kann in bestimmten Wirtschaftszweigen durch Aufträge des neuen SPÖ-Infrastrukturministers Werner Faymann (Bahnausbau, Straßenbau usw.) betrieben werden; läge branchenübergreifend beim alten und neuen ÖVP-Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein
- Beibehaltung der Erbschaftssteuer - Die Abschaffung wird eine SPÖ-geführte Regierung nicht vornehmen
- Ende der Privatisierungswelle - Eine SPÖ-geführte Regierung wird den weiteren Verkauf von Staatseigentum nicht forcieren
Geschichtliche Entwicklung
Bis 1918: Sozialdemokratie in der Monarchie
Die österreichische Arbeiterbewegung ist kein Kind der Revolution des Jahres 1848. Auf den Barrikaden Wiens standen zwar auch Arbeiter, doch ihr Handeln war noch nicht vom Klassenbewusstsein, sondern vom Wunsch getragen, dem absolutistischen Regime mehr Rechte für alle Bürger abzutrotzen. Die österreichische Arbeiterbewegung ist vielmehr als Tochter der (reichs)deutschen Sozialdemokratie entstanden, deren ideologische und organisatorische Führungsrolle auf dem Vorsprung der Industrialisierung in Preußen beruhte.
Von dort her kam auch der Anstoß zur Gründung der ersten Arbeiterbildungsvereine, die - mit der Dezemberverfassung des Jahres 1867 legalisiert - wesentlich zum Wecken des politischen Bewusstseins der österreichischen Arbeiterklasse beigetragen haben. Die Arbeit der Funktionäre der ersten Stunde basierte auf dem Gedankengut des Reformisten und Etatisten Ferdinand Lassalle und dessen Allgemeinem Deutschen Arbeiterverein, der nach Lassalles Tod auf dem Parteitag von Gotha mit der (deutschen) Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP)fusuionierte und dessen 1869 im thüringischen Eisenachpropagiertes marxistisches Programm übernommen hatte. Das Bekenntnis zur revolutionären Umgestaltung der bestehenden Ordnung wurde nun auch von den österreichischen Funktionären übernommen, was wie in Deutschland erneut zu Repressionen gegen die Arbeiterbewegung und zu Spaltungen in gemäßigte und anarchistische Gruppen führte.
Der Plan zur Gründung einer geeinten österreichischen sozialdemokratischen Partei entstand 1874 auf einer Zusammenkunft von Delegierten gewerkschaftlicher Arbeitervereine im damals ungarischen, heute burgenländischen Neudörfl. Die Richtungsstreitigkeiten konnten jedoch nicht beigelegt werden, die Arbeiterbewegung wurde vorübergehend politisch bedeutungslos.
Gegründet wurde die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAP) erst an der Jahreswende 1888/89 im niederösterreichischen Hainfeld, wo es dem Armenarzt Viktor Adler bereits im Vorfeld gelungen war , die verschiedenen Strömungen und Gruppierungen auch über die Sprachgrenzen der cisleitanischen Reichshälfte hinweg zusammenzuführen. Victor Adler schwor die Partei auf einen gemäßigten Kurs ein, bei dem das Kommunistische Manifest nicht als Richtlinie, sondern als Zukunftsvision präsent war und als erstes Ziel auf diesem Weg der Kampf um das Wahlrecht festgelegt wurde. Die Gründung zahlreicher Institutionen zur Verbesserung der Lage der Arbeiterklasse förderte deren Zusammenhalt und brachte steigende Mitgliederzahlen vor allem in Wien, Böhmen und Mähren, aber auch in den industrialisierten Gebieten der Steiermark, Ober- und Niederösterreichs.
Mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts für Männer gelang Viktor Adler gelang 1905 ein historischer Kompromiss zwischen Krone, Bürokratie und Arbeiterschaft, der bei den ersten Wahlen nach der Reform (1907) knapp hinter den Christlichsozialen die zweithöchste Mandatszahl erringen konnte. 1911 wurde die SDAP die stärkste Fraktion. Da der k.k. Ministerpräsident das Vertrauen des Monarchen und nicht das des Reichsrates benötigte, bedeutete diese Fraktionsstärke jedoch keineswegs eine Regierung unter sozialdemokratischer Führung. Die Freude über die Wahlrechtsform wurde durch den sich verschärfenden Nationalitätenhader auch in den eigenen Reihen getrübt. 1912 mit der tschechischen Fraktion beginnend führte er zum Exodus aller nicht deutschsprachigen Arbeiterbewegungen.
Adler gab nun als nächstes Ziel die materielle Besserstellung der Arbeiterklassse aus, was jedoch nicht mehr umgesetzt werden konnte. Gemeinsam mit den reaktionären Ungarn brach Kaiser Franz Joseph I. 1914 einen Krieg vom Zaun brach, der die Welt in einen der blutigsten Auseinandersetzungen der Geschichte stürzen sollte. Trotz ihres Bekenntnisses zu den Friedenszielen der Zweiten Internationale unterstützte die SDAP Österreichs in den ersten Jahren des Ersten Weltkriegs die Kriegspolitik Österreich-Ungarns gegen Serbien und das zaristische Russland.
Gegen diese „Burgfriedenspolitik“, wie sie u. a. Karl Renner vertrat, gab es in der Partei zunächst keinen offenen Widerspruch. Lediglich eine kleine Gruppe um den Sohn Viktor Adlers, Friedrich Adler, konnte sich mit diesem Kurs nicht abfinden. Am 21. Oktober 1916, wenige Wochen vor dem Tod Franz Josephs I., erschoss er den vom Kaiser 1911 bestellten und aufgrund der Obstruktionspolitik der Nationalitäten seit März 1914 ohne Parlament regierenden k.k. Ministerpräsidenten, Graf Karl Stürgkh. (Das Parlament wurde erst wieder vom neuen Kaiser, Karl I., 1917 einberufen.) Auf Distanz zur Staatsführung ging die Sozialdemokratie erst am Parteitag 1917, nicht ohne die Administration noch bei der Eindämmung der Hungerstreiks im Winter 1917/18 erneut zu unterstützen.
1918-1934: Von der Republikgründung bis zum Verbot der Partei
Als die nicht deutschsprachigen Nationalitäten kurz vor Kriegsende aus der Monarchie ausschieden, waren die deutschösterreichischen Sozialdemokraten die ersten, die mit einem klaren Programm vor das Volk traten und eine parlamentarische Republik anstrebten. Die provisorische Nationalversammlung, bestehend aus den 1911 gewählten deutschen Reichsratsabgeordneten Altösterreichs, wählte im Oktober 1918 Karl Renner zum Staatskanzler Deutschösterreichs; die Staatsform blieb noch offen. Nachdem sich auch die anderen Parteien dazu durchgerungen hatten, die Republik anzustreben, und Kaiser Karl I. zum „Verzicht auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften“ bewogen werden konnte, wurde am 12. November 1918 die Republik Deutsch-Österreich ausgerufen.
Die SDAP Österreichs trat, wie die anderen im Nationalrat vertretenen Parteien, auch nach dem Vertrag von Saint-Germain, der Österreich dies und den Namensbestandteil „Deutsch“ verboten hatte, für den Anschluss an Deutschland ein. Man erwartete sich im großen Staat mehr Kraft für die sozialistische Revolution. Der Anschlusswunsch wurde am Parteitag 1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Deutschen Reich, gestrichen.
Während der gesamten Ersten Republik standen sich zwei Parteiflügel gegenüber: die gemäßigten Sozialdemokraten (liberale Demokratie, Wohlfahrtsstaat) unter Karl Renner und die radikaleren Austromarxisten unter dem „Chefideologen“ Otto Bauer, dessen Rhetorik den Bürgerlichen Angst machte. Parteiobmann war zwar der gemäßigte Wiener Bürgermeister Karl Seitz, Bauer gilt aber als bedeutendster Führer der Sozialdemokraten in der Ersten Republik (1919-1934).
1918-1920 bildeten die Sozialdemokraten eine Große Koalition mit den Christlichsozialen. Damals wurden neben der Verfassung wesentliche soziale Verbesserungen verabschiedet (Achtstundentag, Gründung der Arbeiterkammer als gesetzliche Interessensvertretung, Betriebsrätegesetz etc.). Nachdem die Christlichsozialen 1920 die Nationalratswahlen gewonnen hatten, ging die Sozialdemokratische Partei in der Bundespolitik in Opposition und blieb dort bis zu ihrem Verbot 1934, obwohl sie 1931 zur Beteiligung an der Regierung eingeladen worden war. Es wurde später diskutiert, ob diese konsequente Weigerung, Mitverantwortung zu übernehmen, wenn man nicht den Bundeskanzler stellen konnte, klug und sinnvoll war. In der Zweiten Republik nahm die Sozialdemokratie jedenfalls eine ganz andere Haltung zum Mitregieren ein.
Vor allem in Wien, wo sie unter den Bürgermeistern Jakob Reumann und Karl Seitz mit Zweidrittelmehrheit regierte, und in kleinerem Umfang in den Industrieregionen der Steiermark und Oberösterreichs entwickelte die Sozialdemokratie ein politisches Gegenmodell zur konservativen Bundesregierung. Vor allem durch den sozialen Wohnbau wurde das „Rote Wien“ international bekannt. Bemerkenswert ist auch die kulturelle Offenheit der damaligen Sozialdemokratie, die viele Intellektuelle anzog.
1924 wurde der „Republikanische Schutzbund“ als paramilitärische Organisation der SDAP gegründet, dem die Heimwehren gegenüberstanden. Das Linzer Programm von 1926, wesentlich von Otto Bauer beeinflusst, verstärkte die Kluft zwischen „Rot“ und „Schwarz“: Die „Diktatur des Proletariats“ - die allerdings auf demokratischem Weg erreicht werden sollte („Demokratie der Weg, Sozialismus das Ziel“) - wurde von politischen Gegnern gern zur Angstmache vor den „Roten“ bzw. den „Bolschewiken“ zitiert.
1927 war in Schattendorf, Burgenland, auf einen Schutzbündleraufmarsch geschossen worden; ein Invalider und ein Kind wurden getötet. Der Freispruch der Schützen (Schattendorfer Urteil) führte am 15. Juli 1927 nach einem überaus kritischen Artikel der „Arbeiter-Zeitung“ zu einer Demonstration vor dem Justizpalast, die trotz Besänftigungsversuchen führender Sozialdemokraten in Gewalt radikaler Elemente mündete. Der Justizpalast wurde in Brand gesteckt. Die Polizei erschoss Dutzende Demonstranten und büßte selbst vier Mann ein. Der überaus brutale Polizeieinsatz wurde auch vom Nicht-Sozialdemokraten Karl Kraus heftig kritisiert; er forderte öffentlich den Rücktritt von Polizeipräsident Johann Schober. Die Regierung unter Prälat Ignaz Seipel verteidigte den Polizeieinsatz und bezeichnete das Ereignis als „Julirevolte“; es war ein Schock für das ganze Land.
Gegen die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise hatte auch die Sozialdemokratie kein Rezept. Dies führte dazu, dass in der Arbeiterschaft ab Anfang der dreißiger Jahre radikale Ideologien (Nationalsozialismus, Kommunismus), die bis dahin nur wenige Anhänger hatten, verstärkt Fuß fassen konnten.
1933 nutzte die christlichsoziale Dollfuß-Regierung die von ihr so genannte Selbstausschaltung des Parlaments, um mit Notgesetzen autoritär weiter zu regieren. Die Einschränkung der politischen Rechte (u.a. war der traditionelle Maiaufmarsch der Sozialdemokraten auf der Ringstraße am 1. Mai 1933 verboten worden) führte im Februar 1934 zum Bürgerkrieg.
An ihm beteiligte sich bei weitem nicht die gesamte österreichische Sozialdemokratie; sie war darauf nicht vorbereitet. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem Republikanischen Schutzbund einerseits und Polizei und Bundesheer andererseits fanden nur punktuell statt; in anderen Stadt- und Landesteilen sah man nichts davon. Deshalb war die Bekämpfung des „Februaraufstandes“ für die Regierung kein großes Problem.
1934-1938: Illegale Parteiarbeit im „Ständestaat“
Nach der Niederlage der „Aufständischen“ (Regierungsvokabular) bzw. der „Kämpfer für die Demokratie“ (sozialdemokratische Lesart, die von vielen Beobachtern geteilt wurde; siehe den Roman The Lost City des US-Amerikaners John Gunther) wurde die SDAP verboten und der Ständestaat errichtet. Die Konservativen von heute räumen ein, dass er eine Diktatur war, die Sozialdemokraten sprechen von Austrofaschismus. Dieser Begriff wurde bereits damals von Bundespräsident Wilhelm Miklas - allerdings nicht öffentlich - verwendet.
Otto Bauer und Schutzbundchef Julius Deutsch konnten flüchten und in Brünn das Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokraten (ALÖS) einrichten. Von dort aus unterstützten sie die als Nachfolgeorganisation der verbotenen SDAP geheim gegründeten Revolutionären Sozialisten (R.S.), die von 1935 bis 1938 von Joseph Buttinger geführt wurden. Ende März 1938 schloss sich die aus Österreich emigrierte Führungsmannschaft der R.S. mit Otto Bauers Auslandsbüro zur Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten (AVOES) zusammen, deren Funktionäre zunächst in Paris und dann in New York und London tätig wurden.
siehe auch: Geschichte Österreichs: Februarkämpfe, Austrofaschismus und Ständestaat
1938-1945: Sozialdemokraten im „Dritten Reich“
Bemerkenswert ist, dass der prominente Sozialdemokrat Karl Renner, der als pensionierter Spitzenpolitiker in Österreich geblieben war, bei der von den Nazis nach dem „Anschluss“ vom März 1938 abgehaltenen „Volksabstimmung“ in einer von der NS-Presse veröffentlichten Erklärung für den „Anschluss“ eintrat. (Das konservative Pendant dazu war Kardinal Innitzers Heil-Hitler-Brief an Adolf Hitler.) Renner war immer für den Anschluss Deutschösterreichs an Deutschland gewesen. In seiner Erklärung gab er an, der Anschluss sei zwar nicht mit den Mitteln erreicht worden, die er gewählt hätte, sei nun aber unabhängig von der politischen Richtung der Regierung eine geschichtliche Tatsache.
In Österreich verbliebene prominente Sozialdemokraten wie Renner, der ehemalige Parteivorsitzende Karl Seitz oder Adolf Schärf verhielten sich zum Selbstschutz unauffällig. Als Schärf 1943 von deutschen Sozialdemokraten einer Zusammenarbeit „nach Hitler“ wegen kontaktiert wurde, hat er laut Friedrich Heer („Der Kampf um die österreichische Identität“, Böhlau, Wien 1981, S. 441) spontan Der Anschluss ist tot. Die Liebe zu Deutschland ist den Österreichern ausgetrieben worden geantwortet. Karl Seitz wurde von den NS-Behörden nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 vorsorglich in Haft genommen.
1945-1966: In Koalition mit der Volkspartei
Während die Kämpfe im Großraum Wien noch andauerten (Wiener Operation 1945) und die Rote Armee Wien gerade erst von der NS-Herrschaft befreit hatte, wurde Mitte April 1945, drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und der Befreiung ganz Österreichs, die Sozialistische Partei Österreichs (Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten) (SPÖ) gegründet. Der Parteivorsitzende bis 1934, Karl Seitz, konnte erst Monate später nach Wien zurückkehren.
Am 12. April 1945 fand das erste Treffen führender Sozialdemokraten im schwer beschädigten Wiener Rathaus statt. Am 14. April wurde dort ein provisorischer Parteivorstand bestellt; erster Vorsitzender wurde Adolf Schärf. (Erst viel später konnte Kontakt mit jenen Sozialdemokraten aufgenommen werden, die in den entfernteren Bundesländern die Landesorganisationen der Partei wiedererrichtet hatten.)
Karl Renner, der seit 1938 ein Haus in Gloggnitz (70 km südlich von Wien) bewohnt hatte, nahm „im April 1945 mit dem Kommando der heranrückenden Sowjetarmee Verhandlungen auf, die zur Bildung einer von der Besatzungsmacht akzeptierten Regierung führten“ (Historisches Lexikon Wien, Wien 1995, Bd. 4, S. 660). Zu diesem Zweck schrieb Renner einen persönlichen Brief an Stalin, der sich an den „alten Fuchs“ (wie er ihn genannt haben soll) noch als Politiker vor der NS-Zeit noch erinnern konnte.
Am 27. April 1945 - der Zweite Weltkrieg war noch nicht zu Ende - einigten sich „der Vorstand der Christlichsozialen Volkspartei bzw. nunmehr Österreichische Volkspartei“, die „Kommunistische Partei Österreichs“ und der „Vorstand der österreichischen Sozialdemokratie, nunmehr Sozialistische Partei Österreichs (Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten)“ auf die Unabhängigkeitserklärung (Staatsgesetzblatt Nr. 1/1945), mit der „die demokratische Republik Österreich ... wiederhergestellt“ und der „im Jahre 1938 dem österreichischen Volk aufgezwungene Anschluß“ als „null und nichtig“ erklärt wurde. Für die SPÖ unterschrieben Karl Renner, der am gleichen Tag Staatskanzler der von den drei Parteien gemeinsam eingesetzten „provisorischen Staatsregierung“ wurde, und Parteivorsitzender Adolf Schärf.
Die provisorische Regierung „von Gnaden der Roten Armee“ stieß bei den Besatzungsmächten Großbritannien, Frankreich und USA auf enormes Misstrauen. Man hielt Renner für eine Marionette Stalins. Die provisorischen Landeshauptleute der westlichen Bundesländer waren jedoch unter Führung des späteren Außenministers Karl Gruber sehr früh bereit im Sinne eines ungeteilten Österreich mit Renner zusammen zu arbeiten und leisteten diesbezüglich auch bei den Alliierten wertvolle Überzeugungsarbeit, ohne die gesamtösterreichische Wahlen im Dezember 1945 nicht möglich gewesen wären.
Nach den ersten Nationalratswahlen der Zweiten Republik vom 25. November 1945, die eine ÖVP-Mehrheit brachten, wurde das SPÖ-Mitglied Karl Renner am 20. Dezember 1945 durch die Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat) zum ersten Bundespräsidenten der 2. Republik gewählt. Die SPÖ vertrat einen gemäßigten, pragmatischen Kurs und wirkte in der Konzentrationsregierung und in mehreren Koalitionen unter ÖVP-Bundeskanzlern mit. Sie konnte unter anderem die Verstaatlichung vieler Betriebe (vor allem jener, die zuvor „Deutsches Eigentum“ gewesen waren) und darüber hinaus eine Verbesserung der Situation der Arbeiterschaft bewirken. Sie erreichte gemeinsam mit der ÖVP den Staatsvertrag und den Abzug der Besatzungstruppen. Als Vizekanzler und Parteivorsitzender fungierte 1945-1957 Adolf Schärf und 1957-1966/1967 Bruno Pittermann. Die SPÖ stellte nach Karl Renner drei weitere sozialdemokratische Bundespräsidenten: Theodor Körner, 1951-1957, Adolf Schärf, 1957-1965, und Franz Jonas, 1965-1974.
1966-1970: SPÖ in Opposition
Von 1966 bis 1970 war die SPÖ in Opposition. (folgende Abschnitte werden bearbeitet)
1970-1983: Die Ära Kreisky
1970 bildete der neue Parteivorsitzende Bruno Kreisky eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der FPÖ. Von 1971 bis 1983 regierte die SPÖ mit absoluter Mehrheit. In der Zeit der Alleinregierung wandelte sich die SPÖ von einer Arbeiterpartei zu einer linken Volkspartei. Danach bildete sie eine Koalition mit der Freiheitlichen Partei Österreichs.
1983-1999: Koalitionen unter SPÖ-Führung
Diese Koalition wurde allerdings 1986, nach der Wahl Jörg Haiders zum FPÖ-Obmann, aufgelöst. 1991 wurde die Partei in Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) umbenannt. Die SPÖ regierte bis 1999 in Koalition mit der ÖVP.
2000-2007: Von der Opposition an die Regierung
Im Jahr 2000 musste die SPÖ aufgrund der ÖVP-FPÖ-Koalition in Opposition gehen, obwohl sie stimmen- und mandatsstärkste Partei geblieben war. Bei der Nationalratswahl 2002 wurde die SPÖ von der ÖVP überholt.
Bei den Landtagswahlen in Oberösterreich gewann die SPÖ im Jahr 2003 11% hinzu (von 27% auf 38%) und ist daher mit vier von neun Landesräten in der Landesregierung vertreten. In Salzburg gewann die SPÖ im März 2004 13% hinzu und erreichte 45 Prozent. Damit überholte sie die ÖVP, die auf 38% kam und stellt mit Gabi Burgstaller in Salzburg erstmals die Landeshauptfrau (diese Bezeichnung wird von Burgstaller vorgezogen). Ebenfalls 2004 gewann mit Heinz Fischer wieder ein SPÖ-Kandidat die Bundespräsidentenwahl. Auch in der Steiermark überholte die SPÖ die ÖVP und stellt seit 25. Oktober 2005 den Landeshauptmann Franz Voves.
2005 wurde nach mehr als dreijähriger Forschung der Bericht über die Aufklärung der sogenannten „braunen Flecken“ innerhalb der Partei abgeschlossen. Er befasst sich mit SPÖ-Mitgliedern und SPÖ-Funktionären, die Mitglieder der NSDAP (vor dem Anschluss in Österreich illegal) gewesen waren. Als Beispiel wird der NS-Arzt und vermutliche Kindermörder in der NS-Euthanasieanstalt „Am Spiegelgrund“, Heinrich Gross, genannt, der in der SPÖ zu hohen Ehren kam. Gross wurde mit mehreren Auszeichnungen der Republik versehen und von der österreichischen Justiz über lange Zeit vor Strafverfolgung geschützt. (s. auch Literatur, Links)
2006 fügte der BAWAG-Skandal der SPÖ einen erheblichen Imageschaden zu, trotzdem wurde sie bei der Nationalratswahl im Oktober 2006 wieder zur stärksten Parlamentsfraktion; ihr Stimmenrückgang fiel mit -2 % wesentlich geringer aus als der der ÖVP (-8 %). Die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP führten am 11. Jänner 2007 zur Angelobung einer SPÖ-ÖVP-Koalitionsregierung unter Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Teile der Partei erklärten ihre Unzufriedenheit mit dem Koalitionspakt, weil Schlüsselministerien (Inneres, Äußeres, Finanzen) bei der ÖVP verbleiben und wichtige SPÖ-Wahlkampfforderungen (siehe oben) in dieser Koalition nicht realisierbar erscheinen.
Bundesparteivorsitzende seit 1945

Wahlergebnisse
Die SPÖ stellt vier Landeshauptmänner bzw. -frauen (Wien, Burgenland, Salzburg und Steiermark) und regiert in Tirol, Oberösterreich, Niederösterreich und Kärnten in der Landesregierung als Juniorpartner oder mittels Proporzsystem der Landesräte mit (Stand Dezember 2005). Sie stellt viele Bürgermeister, u.a. in Wien, Linz, Salzburg, St. Pölten, Wels, Steyr, Amstetten, Villach, Wolfsberg, Leoben, Bruck an der Mur, Kapfenberg, Wiener Neustadt, Knittelfeld, Judenburg. Darüber hinaus ist sie besonders stark in den Gewerkschaften und der Arbeiterkammer sowie einigen Betrieben vertreten. Der SPÖ stehen zahlreiche Vorfeldorganisationen in allen Bereichen nahe, darunter ARBÖ, ASKÖ, Volkshilfe, Kinderfreunde , SJÖ und die Aktion kritischer SchülerInnen .
Nationalrat 2006: 35,34%
Mandate (total 183): 68
Europaparlament 2004: 33,5%
Mandate (total 732, Österreich 18): 7
Landtagswahlen Wien 2005: 49,1% (+2,2% Prozentpunkte gegenüber 2001)
Landtagswahlen Burgenland 2005: 51,8% (+5,2 Prozentpunkte gegenüber 2000)
Landtagswahlen Steiermark 2005: 40,7% (+8,4 Prozentpunkte gegenüber 2000)
Landtagswahlen Salzburg 2004: 45,3% (+13,1 Prozentpunkte gegenüber 1999)
Landtagswahlen Kärnten 2004: 38,4% (+5,5 Prozentpunkte gegenüber 1999)
Landtagswahlen Vorarlberg 2004: 16,8% (+3,9 Prozentpunkte gegenüber 1999)
Landtagswahlen Oberösterreich 2003: 38,3% (+11,3 Prozentpunkte gegenüber 1997)
Landtagswahlen Niederösterreich 2003: 32,4% (+3,2 Prozentpunkte gegenüber 1998)
Landtagswahlen Tirol 2003: 25,9% (+3,1 Prozentpunkte gegenüber 1999)
Prominente Mitglieder
Die Partei stellte mehrere Bundeskanzler und Bundespräsidenten:
- Karl Renner, Staatskanzler 1918-1920 und 1945 sowie Bundespräsident 1945-1950
- Theodor Körner, Bundespräsident 1951-1957
- Adolf Schärf, Bundespräsident 1957-1965
- Franz Jonas, Bundespräsident 1965-1974
- Bruno Kreisky, Bundeskanzler 1970–1983
- Fred Sinowatz, Bundeskanzler 1983–1986
- Franz Vranitzky, Bundeskanzler 1986–1997
- Viktor Klima, Bundeskanzler 1997–2000
- Heinz Fischer, Bundespräsident seit 2004
- Alfred Gusenbauer, Bundeskanzler seit 2007
Eine Auswahl aktiver SPÖ-Politiker und -Politikerinnen:
- Barbara Prammer, Nationalratspräsidentin
- Claudia Schmied, Bildungs- und Kulturministerin
- Norbert Darabos, Verteidigungsminister
- Maria Berger, Justizministerin
- Werner Faymann, Infrastrukturminister
- Erwin Buchinger, Sozialminister
- Doris Bures, Frauenministerin im Bundeskanzleramt
- Michael Häupl, Wiener Bürgermeister
- Hans Niessl, Burgenländischer Landeshauptmann
- Gabi Burgstaller, Salzburger Landeshauptfrau
- Franz Voves, Landeshauptmann der Steiermark
- Josef Cap, Obmann des Parlamentsklubs
- Christoph Matznetter, Staatssekretär im ÖVP-Finanzministerium
- Josef Broukal, Journalist und Abgeordneter zum Nationalrat
- Renate Brauner, Wiener Sozial- und Gesundheitsstadträtin
- Caspar Einem, Abgeordneter zum Nationalrat
Außerdem stellte die SPÖ mit Johanna Dohnal die erste Frauenministerin.
Parteizeitungen der SPÖ
Literatur
- Caspar Einem, Wolfgang Neugebauer, Andreas Schwarz: Der Wille zum aufrechten Gang. Czernin Verlag, 2005. ISBN 370760196X / Buchbesprechung gibt es hier zu lesen.
- Maria Mesner (Hrsg.): Entnazifizierung zwischen politischem Anspruch, Parteienkonkurrenz und Kaltem Krieg. Das Beispiel der SPÖ. Oldenbourg Verlag, 2005.
- Martin van Amerongen: KREISKY und seine unbewältigte Gegenwart, Styria Verlag, Graz, 1977
- Barbara Kaindl-Widhalm: Demokraten wider Willen? Autoritäre Tendenzen und Antisemitismus in der 2. Republik, Verlag für Gesellschaftskritik, Wien, 1990
- Wolfgang Neugebauer: Widerstand und Opposition, in: NS-Herrschaft in Österreich, öbv und hpt, Wien, 2000.
Siehe auch
- SPÖ Tirol
- Bund Sozialdemokratischer Akademikerinnen und Akademiker, Intellektueller, Künstlerinnen und Künstler
- ARBÖ
- Kinderfreunde Österreich
- Rote Falken
- Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs
- Junge Generation
- Sozialistische Jugend Österreich
- ÖGB
- Naturfreunde Österreich
- Bekannte Mitglieder der SPÖ
- SPÖ-Abgeordnete zum Österreichischen Nationalrat (22.Legislaturperiode)
Weblinks
- Vorlage:Aeiou
- Sozialdemokratische Partei Österreichs
- Lexikon der Wiener SPÖ zu Geschichte und Begrifflichkeiten
- Linzer Programm (3. November 1926)
- Geschichtspolitik der SPÖ 1970 bis 2000
- Der Mut zum Fleck Artikel im Falter über die Aufarbeitung der „braunen Flecken“.