Czernowitz
Vorlage:Infobox Stadt in der Ukraine Czernowitz (ukrainisch Чернівці/Tscherniwzi; rumänisch Cernăuţi; polnisch Czerniowce) – ist die Hauptstadt der Oblast Czernowitz und die traditionelle Hauptstadt der Bukowina im ukrainischen Karpatenvorland. Sie liegt in der südwestlichen Ukraine.
Die bedeutendste Sehenswürdigkeit von Czernowitz ist die ehemalige erzbischöfliche Residenz, ein imposanter Ziegelbau auf dem „Bischofsberg“, in dem seit sowjetischer Zeit die Universität untergebracht ist. Zuvor befand sich die 1875 gegründete Universität teilweise im Pädagogium in der Bischofsgasse, teilweise (Naturwissenschaften) im Priesterhaus bei der Residenz (nebst verschiedenen Sammlungen).
Des Weiteren ist der Kuppelbau der im Stile der Sankt-Petersburger Isaakskathedrale gebauten, 1864 vollendeten griechisch-orthodoxen Kathedrale am Franz-Josephs-Platz und das Opernhaus hervorzuheben.
Der bedeutendste Platz ist der Austria-Platz mit dem 1875 errichteten, 1918 verschollenen und erst 2003 teilweise wiederaufgefundenen Austria-Monument, einer Marmorfigur der Austria auf einem mit Bronzereliefs und Inschriften ausgestatteten Sockel.
Geschichte
Die Stadt gehörte im Laufe des Mittelalters, bis 1775, zum Fürstentum Moldau. 1407 erstmals als „Markt“ und 1408 als Zollposten erwähnt, war Czernowitz im 16. Jahrhundert türkisch. 1775 wurde die Stadt österreichisch und war bis 1918 Hauptstadt des Herzogtums Bukowina. Im Jahre 1918 kam die Stadt an Rumänien, 1940 wurde sie sowjetisch, 1941 wieder rumänisch, 1944 sowjetisch; seit 1991 gehört Czernowitz zur Ukraine.
Seine kulturelle Blüte erlebte Czernowitz während seiner Zugehörigkeit zur österreich-ungarischen k.u.k. Monarchie als Hauptstadt des Kronlandes Bukowina. In der Stadt lebten Ukrainer, Rumänen, Polen, Ruthenen, Juden ,Roma und Deutsche. Czernowitz war für seine Malerei und Literatur berühmt - und ist es bis heute für seine Architektur. Durch die Ermordung der Juden und die Vertreibung der meisten Volksgruppen, vor allem der Deutschen und Rumänen, ging diese Tradition nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend verloren. Die jüdische Gemeinde von Czernowitz in der Diaspora hält heute noch weltweit Kontakt untereinander durch die Zeitung «Die Stimme».
Geographie
Czernowitz liegt in 248 m Höhe in einem gewellten, von Wäldern und Feldern umgebenen Gebiete am rechten Ufer des Flusses Pruth.
Wirtschaft
Nahrungsmittel-, Textil- und Holzindustrie.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Georg Marco (1863–1923), österreichischer Schachmeister und Autor
- Rose Ausländer (1901–1988), Lyrikerin
- Charles K. Bliss, (1897–1985), Erfinder der Bliss-Symbole
- Josef Burg, (*1912), letzter lebender jiddischer Dichter in Czernowitz
- Paul Celan (1920–1970), Dichter
- Erwin Chargaff (1905–2002), Biochemiker
- Eugen Ehrlich (1862–1922), Rechtssoziologe
- Maria Forescu (1875–1943), rumänische Operettensängerin und Filmschauspielerin
- Joseph Gregor (1888–1960), Theaterwissenschaftler und Librettist
- Friedrich Kiesler (1890–1965) Architekt und Visinonär
- Eusebius Mandyczewski (1857–1929), Musikwissenschaftler und Komponist, Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
- Itzig Manger (1901–1969), jüdischer Schriftsteller, der in jiddischer Sprache schrieb
- Carol Miculi (1821–1892), rumänischer Pianist und Komponist, Schüler von Frédéric Chopin
- Anton Pawlowski [* 20.06.1830 + 28.04.1901], k.u.k Oberbaurat, Komandeur des königlisch-rumänischen Kronenordens Ehrenphilister des akad. Corps alemannia etc.
- Michail Prodan (1912–2002), Forstwissenschaftler
- Gregor von Rezzori (1914–1998), Schriftsteller und Journalist
- Walther Rode (1876–1934), Schriftsteller, Rechtsanwalt
- Ludwig Rottenberg (1864–1932), Dirigent und Komponist
- Elieser Steinbarg (1880–1932), jüdischer Schriftsteller, der in jiddischer Sprache schrieb
- Stefanie von Turetzki (1868–1929), Gründerin des 1. Mädchenlyzeums in der k.u.k. Monarchie in Czernowitz
- Viorica Ursuleac (1894–1985), rumänische Opernsängerin (dramatischer Sopran)
- James Immanuel Weissglas (1920–1979), Übersetzer und Lyriker
- Zvi Yavetz, (*1925), israelischer Althistoriker
Sonstige Persönlichkeiten
- Gala Galaction, eigentlich Grigore Pisculescu (1879–1961), Schriftsteller
- Friedrich Kleinwächter (1877–1959), Nationalökonom, studierte in Czernowitz
- Alfred Margul-Sperber (1898–1967), Dichter und Übersetzer
- Andreas Mikulicz, Architekt
- Moses Rosenkranz (1904–2003), Dichter
- Joseph Schmidt (1904–1942), Sänger (Tenor), geboren im nahen Dawideny
- Joseph Schumpeter (1883–1950), Volkswirtschaftler und Finanzminister, 1909–1911 Professor in Czernowitz
- Alexander Supan, Geograph
- Constantin Tomaszczuk, Gründer der Universität Czernowitz
- Karl Emil Franzos (1848–1904), Schriftsteller und Publizist, wuchs in Czernowitz auf und setzte dem jüdischen Ghetto ein literarisches Denkmal: "die Juden von Barnow"
- Antonin Borovec, auch Anton Borowetz (1870–1925), Tschechoslowakischer Diplomat in Czernowitz, Begründer des „Sozial innovativen Konzeptes für Witwen und Waisen.“
- Wilhelm Reich (1897–1957), Psychoanalytiker und Sexualforscher, geb. in Dobzau, ging in Czernowitz zur Schule
- Wilhelm Stekel (1868–1940), Psychoanalytiker und Sexualforscher, geb. in Boyan, Bukowina, wuchs in Czernowitz auf und besuchte das Gymnasium
Literatur
- Braun, Helmut (Hrsg.): Czernowitz: Die Geschichte einer untergegangenen Kulturmetropole, Ch. Links Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-86153-374-X
- Corbea-Hoisie, Andrei: Czernowitzer Geschichten. Über eine städtische Kultur in Mittel(Ost)-Europa. Wien, Köln, Weimar, Böhlau Verlag 2003, ISBN 3-205-77034-X
- Heppner, Harald (Hrsg.): Czernowitz. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Stadt, Böhlau, Köln 2000, X, 225 Seiten, 10 s/w Abb., Gebunden, ISBN 3-412-04900-X
- Scharr, K.: Städtische Transformationsprozesse in der Westukraine seit der Unabhängigkeit 1991 am Beispiel der Entwicklung von Czernowitz. Eine Bestandsaufnahme. In: Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft 146 (2004), 125-146.
Filme
- „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“, Deutschland 1998/1999, Dokumentarfilm, 132 Min., Regie: Volker Koepp (Filminformationen auf Filmportal.de)
- „Dieses Jahr in Czernowitz“, Deutschland 2003/2004, Dokumentarfilm, 134 Min., Regie: Volker Koepp (Filminformationen auf Filmportal.de)