Bushidō (jap. 武士道, dt. Weg des Kriegers), bezeichnet heutzutage den Verhaltenskodex und die Lebensphilosophie des japanischen Militäradels der Feudalzeit - den Samurai, ähnlich dem europäischen Konzept der Ritterlichkeit.
Seine Popularität und Bekanntheit verdankt der Begriff in besonderer Weise dem 1899 in englischer Sprache entstandenen Werk Bushido - the Soul of Japan von Inazo Nitobe. Danach ist Bushido ein ungeschriebener Kodex:
- "Bushido ist also der Codex der moralischen Grundsätze, welche die Ritter beobachten mussten. Es ist kein geschriebener Codex; höchstens besteht er aus einigen Grundsätzen, die von Mund zu Mund überliefert oder aus der Feder einiger wohlbekannter Ritter oder Gelehrter geflossen sind. Häufiger ist es ein unausgesprochener und ungeschriebener Codex, der um so mehr die mächtige Heiligung wahrhafter Taten besitzt, ein Gesetz, das im Herzen geschrieben steht. Er gründet sich nicht auf die schöpferische Tätigkeit eines, wenn auch noch so fähigen Gehirnes, oder auf das Leben einer einzelnen wenn auch noch so berühmten Person. Er ist das Produkt des organischen Wachsens von Jahrzehnten, Jahrhunderten militärischer Laufbahn." (Bushido. Die Seele Japans, 1903, S.4; dt. Übersetzung: Ella Kaufmann)
Etymologie
Der Begriff selbst taucht als formalisierter Verhaltenskodex erstmals im 17. Jahrhundert in der Gesetzgebung der Tokugawa-Periode auf.[1] [2] Unabhängig vom Bedeutungsinhalt selbst ist er schriftlich hinterlegt erst ein Produkt jener Zeit; einer Zeit, in der in Japan längst Frieden herrschte und die des Bürgerkriegs vorbei war. Als Nitobe Ende der 19. Jahrhunderts "Bushido - the Soul of Japan" verfasste, war ihm nicht bewusst, dass der Ausdruck schon existierte. Er dachte, er würde einen neuen schaffen und äußerte sich später überrascht, als er auf diese Tatsache hingewiesen wurde. [3] Es ist deshalb nicht zwingend anzunehmen, dass das "Bushido" der Tokugawa-Zeit und dasjenige von Nitobe zwangsläufig Gemeinsamkeiten aufzeigen.
Allgemein
Bushidō ist eine Weiterentwicklung der Philosophie des Budō, die auf die Tätigkeit und Aufgaben eines Samurai abgestimmt wurde. Sie beschäftigt sich hauptsächlich mit der absoluten Loyalität des Samurai bzw. bushi gegenüber seinem Daimyō und der Bereitschaft, für diesen und die Werte des Bushidō sein Leben zu lassen. Die Samurai und der Lebensweg Bushidō waren hoch anerkannt, nicht zuletzt weil die Samurai einen der höchsten Stände der japanischen Gesellschaft zu den verschiedensten Epochen der japanischen Geschichte darstellten.
Für die Samurai war es selbstverständlich, neben dem Kriegshandwerk auch eine Ausbildung in den Bereichen Kunst, Wissenschaft, Religion und Philosophie zu machen (文武両道 bumbu ryōdō, dt. beide Wege von Literatur und Krieg(skunst)). An erster Stelle stand jedoch immer die Loyalität zum Lehnsherrn. Die Samurai entwickelten einen strengen Verhaltenskodex, der u. a. die sieben Tugenden eines Kriegers (Bushi) beinhaltete. Dieser Kodex war die Basis für alle Verhaltensweisen, auch im privaten Bereich. Verstöße gegen diesen Ehrenkodex wurden als unehrenhaft empfunden. Die Scham, gegen den Bushido verstoßen zu haben, führte oft zum rituellen Suizid, dem Seppuku.
Die sieben Tugenden
- Gi (義): Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit
- Yu (勇): Mut
- Jin (仁): Güte
- Rei (礼): Höflichkeit
- Makoto (誠) oder Shin (信): Wahrheit und Wahrhaftigkeit
- Meiyo (名誉): Ehre
- Chūgi (忠義): Treue oder auch Chū (忠): Pflicht und Loyalität
Die fünf Hauptforderungen
Die fünf Hauptforderungen des Bushidō, die auch unter dem Begriff Dōjōkun zusammengefasst werden, waren:
- Treue
Treue gegenüber deinem Herrscher und Heimatliebe
Treue und Achtung vor den Eltern
Treue zu dir selbst, Fleiß - Höflichkeit
Liebe
Bescheidenheit
Etikette - Tapferkeit
Härte und Kaltblütigkeit
Geduld und Ausdauer
Schlagfertigkeit - Offenheit und Aufrichtigkeit
Ehrgefühl
Gerechtigkeit - Einfachheit
Reinheit
Manche religiös orientierte Schriften ordnen das Bushidō auch in sieben Tugenden (ursprünglich, s.o.), entsprechend den sieben großen Kami des Shintō: Ehrlichkeit, Mut, Mitgefühl, Höflichkeit, Ehrhaftigkeit, Aufrichtigkeit und Loyalität.
Geschichtliche Einordnung
Das Bushidō war ein Ehrenkodex und darf nicht mit einer Quelle für die historische Wirklichkeit verwechselt werden, was man angesichts der Vorkommnisse in der japanischen Geschichte leicht nachvollziehen kann.
Genauso wie innerhalb des Ritterstandes in Europa gab es bei den Samurai Verrat, Bestechung, Meuchelmord und Parteiwechsel.
Bushidō wurde so auch nie schriftlich oder religiös als Manifest für die Samurai vorlegt, sondern summierte sich aus der japanischen Kultur beeinflusst durch verschiedene Religionen und Philosophien, sowie den ganz speziellen Zeitumständen der unterschiedlichen Perioden. Es war mehr eine den Alltag beeinflussende Denkweise, weniger eine festgelegte Geisteshaltung. Am stärksten war die Prägung des Bushidō während der Edo-Zeit, also während des langen Friedens unter dem Tokugawa-Shogunat.
Die Philosophie des Bushidō beeinflusste einige Kampfkünste, die mit den Waffen der Samurai ausgeführt werden, wie auch waffenlose Systeme. Geprägt wurde diese Philosophie wiederum vom Zen.
Dazu gehören:
Bushido heute
Wegen der Forderung nach einer bedingungslosen Unterwerfung des Individuums unter einen Fürsten oder ein Ordnungsprinzip wird Bushidō vor allem in der westlichen Gesellschaft von vielen als nicht mehr zeitgemäß angesehen.
Bushidō hat heute aber durchaus noch seine Bedeutung in den traditionellen japanischen Kampfkünsten. In der sportlichen Auseinandersetzung ist der Gegner deshalb nicht als Feind zu betrachten. Er soll vielmehr als Freund gesehen werden, der es einem ermöglicht, seine eigenen Fähigkeiten zu erproben.
Quellen
- ↑ Furukawa Tesshi, Bushidó no shisó to sono shúhen (Tokyo: Fukumura Shuten, 1957); zit. nach G. Cameron Hurst, III, Death, Honor and Loyalty: the Bushido Ideal, ursprünglich in: Philosophy East & West, 40 (1990), pp. 512-13.
- ↑ Karl Friday The Historical Foundations of Bushido, 2002
- ↑ Óta, "Bridge Across the Pacific", 11-12; zit. nach G. Cameron Hurst, III, Death, Honor and Loyalty: the Bushido Ideal, ursprünglich in: Philosophy East & West, 40 (1990), pp. 512-13.
Siehe auch
Literatur
- Inazo Nitobe: Bushido. Die Seele Japans. Erweiterte Ausgabe. Angkor Verlag, 2003. ISBN 3-936018-16-2
- Inazo Nitobe: Bushido - The Soul of Japan. 1904, im englischsprachigen Project Gutenberg
- Miyamoto Musashi: Das Buch der fünf Ringe. Econ Verlag, 1999, ISBN 3-430-16967-4
- Gustav Meyrink: Tschitrakarna, das vornehme Kamel, im Projekt Gutenberg
- Tsunetomo Yamamoto: Hagakure. Band I+II. Kabel-Verlag. ISBN 3-8225-0644-3
Weblinks
- Online Martial Arts Magazine
- judo-preetz.de - Bushido-Wunschdenken und Wirklichkeit
- Zenforum.de - Bushido
- Karl Friday, Bushidó or Bull? A Medieval Historian’s Perspective on the Imperial Army and the Japanese Warrior Tradition, ursprünglich in: The History Teacher, Volume 27, Number 3, May 1994, pages 339-349.