Wägezellen sind eine Sonderform der Kraftaufnehmer (Kraftsensoren) zum Aufbau von Wägevorrichtungen, d. h. zum Verwiegen mit Waagen. Sie sind in Gramm (g) Kilogramm (kg) oder Tonnen (t) kalibriert, nicht in Newton (N) wie die Kraftaufnehmer. In der Praxis sind jedoch weit mehr Wägezellen als Kraftaufnehmer im Einsatz.




Aufbau
Wägezellen bestehen wie Kraftaufnehmer aus einem Federkörper, d. h. einem geeignet geformten Stück Metall, dessen Geometrie unter Einwirkung des Gewichts leicht verändert wird. Diese Verformung wird für Gewichte über einige 100 Gramm bis zu mehreren 1000 Tonnen von Dehnungsmessstreifen erfasst und in ein elektrisches Signal umgeformt. Unterhalb dieser Grenze werden andere Prinzipien verwendet, z. B. die elektromagnetische Kraftkompensation. Typische Federkörperformen für Wägezellen sind der Doppelbiegebalken für kleine Lasten sowie für größere Lasten Scherstab und säulenförmige Federkörper (Druckstab oder Hohlzylinder) sowie für hohe Lasten der Ringtorsionsfederkörper. Für sehr hochwertige Waagen werden auch Systeme mit Multibiegebalkenfederkörpern verwendet. Sogenannte Membran-Federkörper ergänzen die Palette der üblichen Federkörper und bieten kleine Baugrößen bei hohen Steifigkeiten.
Mechanische Eigenschaften
Je nach Federkörper verfügen Wägezellen über unterschiedliche dynamische Eigenschaften. Hohe Dynamik ist bei vielen Abfüll- und Sortieranlagen wichtig, da für den eigentlichen Verwiegevorgang oft nur Sekundenbruchteile zur Verfügung stehen. Ältere Wägezellen arbeiten dabei mit Ölfüllungen als Dämpfung, in neueren Systemen verwendet man eine Kombination aus mechanisch sehr steifen Wägezellen und elektronisch darauf abgestimmten Filtern im nachgeschalteten Messgerät. Bei statischen Anwendungen kommt es in der Regel nur auf die Baugröße und die Art der Lasteinleitung (Montage) an, z. B., ob die Wägezellen harmonisch integriert werden sollen oder sich die Aufbauhöhe eines Behälters nicht verändern darf etc.
Messtechnische Eigenschaften
Hierzu gehören die Nennlast, bis zu der die Wägezelle (Waage) betrieben werden soll, die Grenzlast, bei der eine bleibende Zerstörung des Aufnehmers eintritt (Deformation des Federkörpers) sowie der Kennwert, das ist das Ausgangssignal bei Nennlast (meist 2 mV/V). Bei der Angabe der Messabweichungen wird meist direkt auf den Einbau in eine Waage Bezug genommen und die Anzahl der Teile (Schritte) angegeben, die eine Waage mit dieser Wägezelle erreichen könnte: 1000, 3000, 4000, 6000 oder 10000 Teile nach OIML (Organisation Internationale de Métrologie Légale). Der zweite wichtige Wert für den Waagenkonstrukteur ist der Mindestteilungswert vmin der Wägezelle, aus dem über vmin x (Anzahl der Wägezellen)1/2 die kleinste mögliche Schrittweite folgt. Für eine Wägezelle mit vmin = 10000, einer Nennlast von 10 t und einer Teilezahl von 3000 könnte z. B. eine Waage mit einer Auflösung von 1 kg und einer Last von 3 t gebaut werden. Da die Wägezelle selbst bis 10 t belastet werden darf, kann hier also eine Taralast (Vorlast, z. B. Behältergewicht) von bis zu 7 t in Kauf genommen werden. Für den Bereich der Plattformwaagen ist noch die Eckenlastabhängigkeit wichtig, d. h., wie groß eine auf der Wägezelle montierte Fläche sein darf, ohne dass das Auflegen eines Gewichtes in einer der Ecken zu einer (unzulässigen) Abweichung führt. Insbesondere für den nichteichpflichtigen Bereich werden auch Angaben über die Nichtlinearität der Kennlinie bei auf- und absteigender Belastung sowie die Hysterese des Nullpunktes gemacht oder kombiniert und als Summenfehler (zusammengesetzter Fehler) angegeben. Abweichungen, die durch Temperaturschwankungen hervorgerufen werden, werden jedoch separat spezifiziert. Weitere wichtige Kennwerte sind das Belastungskriechen (Änderung des Ausgangssignals über 30 Minuten bei Nennlast) und der Ausgangswiderstand bzw. das Verhältnis aus Ausgangswiderstand und elektrischem Kennwert (Signal bei Nennlast). Diese Angaben sind wichtig, falls mehrere Wägezellen parallel geschaltet werden sollen, z. B. bei einer Plattformwaage oder der Behälterverwiegung, bei der mehrere Wägezellen an den Ecken positioniert werden.
Einsatzgebiete
Bei den Wägevorrichtungen unterscheidet man zwischen dem eichpflichtigen (siehe Eichamt) und dem nichteichpflichtigen Bereich. Der eichpflichtige Bereich umfasst z. B. alle Waagen im Handel (Fleisch, Obst und Gemüse etc.). Hier regelt das Gesetz über das Mess- und Eichwesen (siehe Eichung) der EU die Anforderungen an Waagen und dementsprechend an die Wägezellen und die nachgeschaltete Elektronik. Wägezellen, die für diesen Einsatzfall vorgesehen sind, müssen über bestimmte Eigenschaften hinsichtlich Messabweichungen und Wiederholbarkeit verfügen. Fast alle Güter des täglichen Bedarfs werden verwogen: von Nudeln, Schrauben oder Briefen über Getränke und andere Flüssigkeiten, z. B. Öl, bis hin zu Obst und Gemüse, z. B. Äpfeln oder Kartoffeln, die gleichzeitig auch sortiert werden, damit entsprechende Gebinde erstellt werden können. Je schneller und genauer hier die Verwiegung und Kategorisierung erfolgen kann, desto weniger „Überschuss“ wird in die Gebinde, z. B. eine 500 g-Packung, abgefüllt. Hier kann selbst das Einsparen einer kleinen Menge von nur 1% des Gesamtinhalts zu großen Spareffekten führen. Neben diesen dynamischen Einsatzgebieten gibt es auch viele statische Anwendungsfälle, bei denen das Gewicht eines Behälters permanent verwogen wird, um den Zu- und Abfluss des in ihm enthaltenen Materials zu erfassen. Anwendungen hierfür finden sich in allen Industriebereichen, von Vorratstanks über die Tanks mit den „Zutaten“ in der chemischen Industrie oder bei Lebensmitteln. Dabei werden z. B. in der Lebensmittelindustrie besondere Anforderungen an die „Waschbarkeit“ oder in der chemischen Industrie an den Explosionsschutz gestellt. Dies ist mit ein Grund für die vielen unterschiedlichen Ausführungsformen der am Markt erhältlichen Wägezellen.
Weblinks
- http://www.oiml.org - OIML, Organisation Internationale de Métrologie Légale
- http://www.welmec.org - WELMEC, Arbeitsgruppe zur Koordinierung der Zusammenarbeit zwischen den Messdiensten der Mitgliedsstaaten der EU und der EFTA
- http://www.agme.de - AGME , Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen
- http://www.ptb.de - PTB, Physikalisch-Technische Bundesanstalt
- Hersteller derartiger Aufnehmer mit Erklärungen auf der Webseite